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Kritik an Papst Pius XII. beim Umgang mit dem NS

Der zerstörerische Krieg von Hitler und seinen Schergen gegen Europa

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Weiterführung von Thema:
viewtopic.php?p=76129#p76129

--> Ich habe nun doch entschieden, die Diskussion um Papst Pius XII. in einem gesonderten Thema fortzuführen.
Ein solches Thema hatten wir hier auch noch nicht. Daher bin ich der Ansicht, dass es sich lohnt, die Disukussion hier weiterzuführen.

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Zu Pius XII. (1939 - 1958):
Diesem Papst wird ja stets vorgeworfen, zu den faschistischen Verbrechen geschwiegen zu haben.
Sein Vorgänger, Pius XI. (1922 - 1939), verfasste ja wenigstens noch die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ - auf Deutsch.

Zu Pius XII. habe ich jetzt gerade einmal recherchiert und folgendes gefunden. Ich stelle jetzt mal nur einige Zitate dazu aneinandergereiht ein:

»Nach Ansicht des Münsteraner Kirchenhistorikers Hubert Wolf hat sich Papst Pius XII. (1939-1958) sehr schwer getan damit, dass er sich verpflichtet gefühlt habe, als Papst zur Vernichtung der Juden zu schweigen. Das zeigten neue Erkenntnisse aus seinen Forschungen in den Vatikan-Archiven, berichtete Wolf...«
»Pius XII. lasse dort an manchen Stellen erkennen, "dass ihn diese Selbstfesselung fast zerreißt".
.
In einem Schreiben an den Würzburger Bischof Matthias Ehrenfried etwa habe Pius damals geschrieben: "Wo der Papst laut schreien möchte, da legt ihm sein Amt Zurückhaltung und Schweigen auf...«
.
»Die Akten zeigten sehr genau die interne Entscheidungsfindung im Vatikan und die Grundentscheidung in der Amtszeit von Pius XII., dass der Papst im Krieg nicht Partei werden dürfe. Das oberste Gebot sei unbedingte Neutralität gewesen, fügte Wolf hinzu: "Und diese Neutralität zwingt ihn 1940, zur Ermordung einer Million katholischer Polen nichts zu sagen. Und weil er 1940 zur Ermordung einer Million katholischer Polen nichts gesagt hat, kann er natürlich 1942 nichts zur Ermordung von sechs Millionen Juden mehr sagen."«
Quelle: https://katholisch.de/artikel/58954-his ... -zerrissen
.
»Der unbedingten Parteilosigkeit habe sich Pius XII. deshalb verpflichtet gefühlt, weil er aus der gescheiterten Friedensinitiative von Papst Benedikt XV.« (1914 - 1922) »während des Ersten Weltkriegs die Lehre gezogen habe, dass der Vatikan immer neutral bleiben müsse, erklärte Wolf. "Dies mit dem Ziel, am Ende als überparteiischer Vermittler auftreten zu können".«
Quelle: https://katholisch.de/artikel/59238-wol ... -holocaust
.
Er schwieg also aus einer bestimmten Überlegung heraus, auch wenn es ihm anscheinend schwer fiel.
Es war eine Art Doktrin.
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Marianne E.
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Papst Pius XII. und der Holocaust
Stand 08.10.2023

Mehrere Jahrzehnte beschäftigte sich die katholische Kirche mit der Frage, ob und was Papst Pius XII. vom Holocaust wusste.
In den päpstlich-vatikanischen Archiven wurde ein Brief mit Datum vom 14.12.1942 gefunden, der keine Zweifel lässt, der Papst war sehr gut darüber informiert, dass die Nazis systematisch und massenhaft Juden ermordeten. Der Absender des Briefes war eine vertrauenswürdige, sehr gut informierte Quelle.
Mit diesem Dokument wurde der Vatikan darüber informiert, dass in den SS-Verbrennungslagern täglich die Leichen von etwa 6.000 Juden, Polen, Sinti, Roma usw. vernichtet werden. Unter anderem wird hier auch Auschwitz erwähnt. Ein weiterer Hinweis in diesem Brief ist die Botschaft, dass die Nazis ernst machten mit der Ausrottung von Juden und Polen.
Der Vatikan-Archivar betont die Wichtigkeit dieses Briefes und, dass der Papst von diesen Nachrichten erfuhr.

https://www.tagesschau.de/ausland/europ ... t-100.html

Der Papst schwieg aus seiner Verpflichtung zur Neutralität. Diese Auffassung vertrat er öffentlich.
Das inständige Bitten der Bischöfe und anderer Persönlichkeiten, sich der Situation zu stellen und Position zu beziehen, kam er nicht nach.

Warum auch? Pius XII. war eben der Neutralität verpflichtet.
Marianne E.
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Als 2020 die Geheimarchive des Vatikans geöffnet wurden, sprachen die Historiker von einer Weltsensation.

Der Historiker David Kertzer entdeckte Geheimverhandlungen zwischen Pius XII. und den Abgesandten Hitlers. Der Schock war groß, denn es ergab sich, dass Hitler die katholische Kirche brauchte, um die „Endlösung“ der Judenfrage durchzusetzen.

Das Ergebnis war eine Art Burgfrieden und lautete, keine Einmischung der Kirche und Ausklammerung der „Judenfrage“. Als Gegenleistung ließ Hitler die Verfahren wegen Kindesmissbrauch einstellen und sagte großzügige Finanzierung zu.

Es blieb die Fragestellung, ob und was Papst und Kirche getan haben, um evtl. Unheil abzuwenden und wie groß der Antisemitismus in der katholischen Kirche und im Vatikan waren.

https://www.arte.tv/de/videos/097505-00 ... holocaust/

https://www.nzz.ch/feuilleton/pius-xii- ... ld.1756700

https://www.diepresse.com/16924415/brie ... -holocaust
repo
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Registriert: 27.03.2025, 07:27

Der Holocaust, die Aussonderung und anschließende Ermordung der Juden war nur durch die Mithilfe der deutschen Kirchen möglich.
Es gab keinerlei andere Möglichkeit die konvertierten Juden zu identifizieren.

Es ist schwer, verflucht schwer mit den vielen Wahrheiten zu leben.

Seit den Auschwitz-Prozessen treffen meine Generation immer neue fürchterliche Wahrheiten.
Meine Gefühle beim Gang durch eine der wenigen Synagogen die den 11.11.38 überstanden haben, kann ich nicht schildern.
Und das Schlimmste, sie haben es gewusst, alle haben es gewusst, und alle haben gelogen.
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Barbarossa
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Was mir beim Vatikan u. a. kirchlichen Vertretern nach dem Krieg besonders aufstößt, ist die Förderung der Flucht von Nazi-Verbrechern nach Spanien oder Südamerika - auch Rattenline genannt. Hierzu auch ein paar Recherchen-Zitate:
.
»Der Vatikan selbst rief die Pontificia Commissione Assistenza (kurz: PCA, dt: Päpstliche Hilfskommission) ins Leben. Diese sollte die Flüchtlingsströme koordinieren und vermittelte Hilfesuchende an das Rote Kreuz. Viele dieser Hilfesuchenden verheimlichten nicht, was sie im Krieg gemacht haben, wie Steinacher in seinem Vortrag auf der Konferenz zu Pius XII. darlegte: „Ein weiteres Beispiel für die wissentliche Unterstützung von Nazi-Funktionären durch die PCA und das Rote Kreuz ist der Fall des österreichischen Katholiken Walter Ottowitz. Er wollte 1948 nach Argentinien auswandern und legte in einer kurzen Biografie seine Karriere in der Nazi-Partei dar, als Anlage zu seinem Antrag auf Rotkreuz-Reisepapiere. Dies schloss ihn weder von der PCA, noch vom Roten Kreuz aus, und auch ihm wurden Reisepapiere ausgestellt.“
.
»Hilfsorganisationen für Geflüchtete hat es viele gegeben nach dem zweiten Weltkrieg. Jene, die von den alliierten Siegermächten gegründet wurden, überprüften, wem sie halfen. Täter der nationalsozialistischen Diktatur sollten schließlich nicht einfach ausreisen können, sondern vor Gericht landen. Der Vatikan sah das nicht ganz so eng, erklärte Steinacher. „Der Vatikan hat hier mit verschiedenen Hilfseinrichtungen agiert, die alle auf dem Prinzip der neutralen Humanitätsgedanken basiert sind, also in der Tradition des guten Samariters tätig werden. Egal was die Leute für einen Hintergrund haben, man hilft ihnen. Man hilft jeden, der um Hilfe fragt. Und diese Art von Hilfe wurde natürlich von NS-Tätern dann auch sehr stark ausgenutzt.“«
Quelle: https://www.vaticannews.va/de/vatikan/n ... erenz.html
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Balduin
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Ein Vorschlag an @Barbarossa
Kann man das Thema teilen? Die Diskussion über die Rolle der Kirche im II. Weltkrieg sollte nicht mit dem Gedanken an Papst Franziskus vermengt werden.
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Marianne E.
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Balduin hat geschrieben: 27.04.2025, 17:32 ...
Kann man das Thema teilen? Die Diskussion über die Rolle der Kirche im II. Weltkrieg sollte nicht mit dem Gedanken an Papst Franziskus vermengt werden.
Ein interessanter Vorschlag. Ich gebe aber zu Bedenken, dass zum Gedenken an Papst Franziskus auch das Erinnern an die Tradition und das Verhalten der früheren Päpste sein muss. Wie soll sonst ein ehrliches damit Umgehen möglich sein, wenn die Erinnerung nicht zur Sprache kommt.
Eine Diskussion über die katholische Kirche und die Päpste würde bestimmt spannend, aufschlussreich.und vielen Gläubigen weh tun.
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Barbarossa
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Im nun ersten Beitrag des neuen Themas schieb ich, es gebe hier noch kein Thema über Pius XII.
Eine Diskussion über ihn gab es hier tatsächlich noch nicht.
Es gibt lediglich noch einen Einzelbeitrag mit dem Titel:
»Papst Pius XII. - Kirchenhistoriker Hubert Wolf rekonstruiert jüdische Schicksale aus Dokumenten in vatikanischen Archiv« - siehe:
viewtopic.php?p=73451#p73451
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