Fluchthelfer für DDR-Bürger

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Am 9. November 2024 hat sich der Fall der Mauer zum 35. Mal gejährt. Zu diesem Anlass gab es an diesem Tag in Berlin eine große Veranstaltung.

Hintergrund: Seit dem 13. August 1961 bis zum Abend des 9. November 1989 war das damalige West-Berlin durch einen nach und nach immer perfekter ausgebauten Sperrstreifen vom Umland - der DDR und Ost-Berlin -abgeriegelt und von den sog. „Grenztruppen der DDR“ scharf bewacht. DDR-Flüchtlinge, die in den Westen wollten, wurden von diesen Grenzsoldaten festgenommen oder - wenn sie auf Zuruf nicht stehen blieben - auch erschossen.

Trotz dieser Gefahren gab es auch Fluchthelfer, die Fluchtwillige in den Westen brachten.
Einer von ihnen war der damalige Student Burkhard Veigel, der bei Stuttgart aufwuchs und nach eigenen Angaben zwischen 1961 bis 1970 bis zu 950 Fluchtwillige in den Westen gebracht hatte. Seine Fluchtwege wurden immer perfekter und seine Erfolgsquote soll bei 97% gelegen haben. Weil er immer vorsichtiger wurde, ging bei ihm nach Oktober 1963 nie mehr etwas schief.
Zu einer der gescheiterten Fluchtversuche gehörte auch einer in Hohen Neuendorf (mein heutiger Wohnort) nach Berlin-Frohnau, über den im Artikel ausführlicher berichtet wird. Sowohl der Fluchtwillige - ein desertierter NVA-Soldat, sowie 4 weitere Fluchtwillige und auch 3 seiner Helfer wurden festgenommen. Nur Veigel konnte entkommen.
Er beteuert, durch seine Aktionen keinen Gewinn gezogen zu haben. Anfangs habe er den Flüchtlingen 2000 DM in Rechnung gestellt - später, als die Organisation der Fluchten durch ihn und seine Helfer immer aufwändiger wurde, bis zu 8000 DM. Auch gefälschte Pässe gehörten zur Organisation der Fluchten dazu.
Zu den Fluchtrouten gehörten z. B. auch Fahrten über Ungarn und die ČSSR in einem umgebauten Cadillac, wo unter dem Armaturenbrett Flüchtlinge untergebracht werden konnten.
Dadurch galten aber auch die Fluchthelfer selbst als Staatsfeinde der DDR und sollten von der Stasi liquidiert werden.
Zu seiner Motivation sagt Veigel wörtlich: „Ich fand es unerhört, dass ein Staat seine Bürger einsperrte. Weil ich das nicht akzeptieren wollte, habe ich die Fluchten organisiert.“
Heute (2024) lebt der 86-jährige in Berlin direkt mit Blick auf den früheren Grenzstreifen.
Quelle: Oranienburger Generalanzeiger - Printausgabe v. 9.11.2024
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Skeptik
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Barbarossa hat geschrieben: 17.11.2024, 14:14 Zu seiner Motivation sagt Veigel wörtlich: „Ich fand es unerhört, dass ein Staat seine Bürger einsperrte. Weil ich das nicht akzeptieren wollte, habe ich die Fluchten organisiert.“
Die unglaubliche Kaltblütigkeit und auch Kaltschnäuzigkeit von Burkhart Veigel war schon außergewöhnlich. Ein Ausnahmetalent.
Er wurde mit einem Totenschädel im Gepäck kontrolliert und vernommen. Er linkte die Vopo erfolgreich:
"Seine Antworten kamen an, merkte er und wurde übermütig, ja: dreist. Nun fragte nämlich er seinerseits die Vernehmerin, was sie machen würde, „wenn ich sie die ganze Zeit angelogen hätte“. Die Volkspolizistin stutzte kurz, dann lachte sie und sagte, dass sie genügend Menschenkenntnis besitze, um zu wissen, dass er ehrlich gewesen sei."
https://www.welt.de/geschichte/article2 ... lfers.html
Zuletzt geändert von Balduin am 19.11.2024, 14:54, insgesamt 1-mal geändert.
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