Hochinteressant. Kannst Du das ausführen? Bisher galt Franco immer als derjenige der "ungwöhlich elegant" Hitlers Werben um den Kreuzzug gegen den Bolschwismus nahezu umging, bis auf die blaue Legion, die er ohnehin 1943 auf Druck Churchills abzog.Orianne hat geschrieben:Offiziell schon, aber es sind neue Dokumente aufgetaucht, die das Franco System doch nicht so neutral da stehen lässt.dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
da hast Du sicherlich recht. Aber wieso bis an die portugiesische Grenze Meiner Meinung nach war Spanien, trotz Franco-Diktatur offiziell neutral.
Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki kriegsentscheidend?
Moderator: Barbarossa
Liebe Orianne,Orianne hat geschrieben:Offiziell schon, aber es sind neue Dokumente aufgetaucht, die das Franco System doch nicht so neutral da stehen lässt.dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
da hast Du sicherlich recht. Aber wieso bis an die portugiesische Grenze Meiner Meinung nach war Spanien, trotz Franco-Diktatur offiziell neutral.
schließlich hat die Franco-Diktatur den 2. Weltkrieg überlebt.
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Genau Dieter, Franco war sehr intelligent und wusste wie man sich halten konnte, vermied er doch eine Auseinandersetzung mit den Briten, indem er die von Hitler geforderte Besetzung Gibraltars ablehnte. Tatsächlich war das eine kluge Entscheidung, denn diese Massnahme hätte den spanischen Diktator in den WWII hinein gezogen, und das konnte sich das wirtschaftlich am Boden liegende Land nach dem Bürgerkrieg nicht leisten. Ehrlich gesagt wundert mich die Entsendung der Blauen Division schon, da Franco Hitler verachtete. Ich sehe das einfach ganz pragmatisch, dass Franco mit dieser Truppenentsendung gegen den Kommunismus kämpfen wollte, auf der anderen Seite war Spanien seit März? 1939 Mitglied des Antikominternpakt, meiner Meinung nach ein Verbund von Verbrechern.dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,Orianne hat geschrieben:Offiziell schon, aber es sind neue Dokumente aufgetaucht, die das Franco System doch nicht so neutral da stehen lässt.dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
da hast Du sicherlich recht. Aber wieso bis an die portugiesische Grenze Meiner Meinung nach war Spanien, trotz Franco-Diktatur offiziell neutral.
schließlich hat die Franco-Diktatur den 2. Weltkrieg überlebt.
Franco machte nicht bei den Achsenmächten mit, weil er wegen Gibraltar und ein wenig Nordafrika nicht viel (die Macht) riskieren wollte. Das war im Nachhinein clever, aber im Grunde war es Verrat an den Verbündeten, ohne die er gar nicht an die Macht gekommen wäre. Solidarität einfordern aber egoistisch handeln, ein feiner Charakterzug...Orianne hat geschrieben: Tatsächlich war das eine kluge Entscheidung, denn diese Massnahme hätte den spanischen Diktator in den WWII hinein gezogen, und das konnte sich das wirtschaftlich am Boden liegende Land nach dem Bürgerkrieg nicht leisten.
Aber eins war auch klar: Mit dem Spanien Francos wollte später fast niemand etwas zu tun haben.
Man weiß auch nicht, ob ein Kriegseintritt Spaniens nicht den Verlauf des gesamten Krieges geändert hätte, mit Sicherheit hätte sich Hitler mehr dem Mittelmeer zugewandt.
Pfft, Hitler verachtete Franco genauso, der einfach rückgratlos war. Die blaue Division bestand aus echten Freiwilligen, die aus innerer Überzeugung gegen den Kommunismus kämpfen wollten, wie schon zuvor im Bürgerkrieg.Orianne hat geschrieben:Ehrlich gesagt wundert mich die Entsendung der Blauen Division schon, da Franco Hitler verachtete.
Andere Vasallen-Verbündete Hitlers wie Rumänien oder Ungarn sehe ich aus heutiger Sicht positiver, die wenigstens bereit waren, für ihre eigenen Interessen ein Risiko einzugehen.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Trotzdem lieferte Hitler Spanien bis weit in das Jahr 1944 Rüstungsgüter und landwirtschaftliche Geräte. Wo wir aber gerade bei Leuten ohne Rückgrat sind fällt mir der Name Jozef Tiso ein, der Staatspräsident der Slowakei, ein katholischer Priester (bin auch katholisch), der die christlichen Grundsätze mit Füssen trat, genau so wie Pater Miroslav Filipovic, der in Kroatien während der Regierungszeit von Ante Pavelić mordete und morden liess. Pavelić ging ins Exil nach Argentinien und später nach Spanien wo er nach einem Attentatsversuch starb.
Wurde hier im Forum schon einmal ein Thread über Tiso oder Pavelić eröffnet, denn es gibt viel über die zu schreiben.
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Nein, über die beiden haben wir noch keinen Pfad - da brauche ich auch nicht einmal nachschauen.Orianne hat geschrieben: ...
Wurde hier im Forum schon einmal ein Thread über Tiso oder Pavelić eröffnet, denn es gibt viel über die zu schreiben.
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Finde gar nicht, dass die Führer der meisten mit NS-Deutschland verbündeten Staaten die ganz wichtigen Kapitel in der Geschichte geschrieben haben. Allgemein kann man da trennen zwischen denen, die schon vor Einflußnahme durch das 3.Reich an der Macht oder zumindest bedeutend in ihren Staaten waren wie zum Beispiel eben Franco, Mannerheim sowieso, Horthy, mit Abstrichen Antonescu.Orianne hat geschrieben:Wurde hier im Forum schon einmal ein Thread über Tiso oder Pavelić eröffnet, denn es gibt viel über die zu schreiben.
Im Gegensatz dazu die Marionetten wie Tiso und Konsorten, die "Quislinge" also mitsamt ihrem Namengeber. Das waren Sonderlinge, Spinner und Außenseiter, die dann unverhofft zur Macht gelangten und diese dann natürlich prompt missbrauchten.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Ich bin eben der Ansicht, dass jeder Tote, sei es dass er unter Hitler oder unter Tiso starb, es verdient, dass man ihre Mörder ein wenig unter die Lupe nimmt.Triton hat geschrieben:Finde gar nicht, dass die Führer der meisten mit NS-Deutschland verbündeten Staaten die ganz wichtigen Kapitel in der Geschichte geschrieben haben. Allgemein kann man da trennen zwischen denen, die schon vor Einflußnahme durch das 3.Reich an der Macht oder zumindest bedeutend in ihren Staaten waren wie zum Beispiel eben Franco, Mannerheim sowieso, Horthy, mit Abstrichen Antonescu.Orianne hat geschrieben:Wurde hier im Forum schon einmal ein Thread über Tiso oder Pavelić eröffnet, denn es gibt viel über die zu schreiben.
Im Gegensatz dazu die Marionetten wie Tiso und Konsorten, die "Quislinge" also mitsamt ihrem Namengeber. Das waren Sonderlinge, Spinner und Außenseiter, die dann unverhofft zur Macht gelangten und diese dann natürlich prompt missbrauchten.
Ja, nur die Annahme, dass die Herrschaften irgendwas ohne zumindest ein Placet aus Berlin (bzw. Wolfsschanze) hätten unternehmen können, halt' ich für sehr gewagt.
Das ist m.E. einfach nur die dritte oder vierte Garnitur, die nicht viel zu melden hatten. Was nicht heisst, dass sie grundsätzlich unschuldig oder gar unschädlich war;
aber eben nicht auf dem Kaliber deutscher NS-Grössen.
LG
Das ist m.E. einfach nur die dritte oder vierte Garnitur, die nicht viel zu melden hatten. Was nicht heisst, dass sie grundsätzlich unschuldig oder gar unschädlich war;
aber eben nicht auf dem Kaliber deutscher NS-Grössen.
LG
Wenn ich mir die Bios verschiedener NS-Grössen so anschaue, dann ist da auch nicht so viel los gewesen, wenn ich es so artikulieren darf. Der Hass auf andere Religionsangehörige, so war es ja in erste Linie bei Pavelic kam von seiner Jesuitenausbildung (die waren ja lange verboten in der Schweiz), brachte ihn sogar dazu sich mit Islamisten zu verbünden, nur um die Serbisch Orthodoxen und Juden auszurotten, dabei halfen ihm die Franziskaner mit Rat und Tat, und das finde ich ungeheuerlich, und ich bin davon überzeugt, dass dieses Verbrechen auch ohne Hitler passiert wäre. Die Osmanen brauchten auch keinen Hitler um die Armenier fast auszurotten, im Gegenteil, Hitler soll sich dort sogar orientiert haben, wenn auch nicht persönlich.RedScorpion hat geschrieben:Ja, nur die Annahme, dass die Herrschaften irgendwas ohne zumindest ein Placet aus Berlin (bzw. Wolfsschanze) hätten unternehmen können, halt' ich für sehr gewagt.
Das ist m.E. einfach nur die dritte oder vierte Garnitur, die nicht viel zu melden hatten. Was nicht heisst, dass sie grundsätzlich unschuldig oder gar unschädlich war;
aber eben nicht auf dem Kaliber deutscher NS-Grössen.
LG
Orianne hat geschrieben:Wenn ich mir die Bios verschiedener NS-Grössen so anschaue, dann ist da auch nicht so viel los gewesen, wenn ich es so artikulieren darf.RedScorpion hat geschrieben:Ja, nur die Annahme, dass die Herrschaften irgendwas ohne zumindest ein Placet aus Berlin (bzw. Wolfsschanze) hätten unternehmen können, halt' ich für sehr gewagt.
Das ist m.E. einfach nur die dritte oder vierte Garnitur, die nicht viel zu melden hatten. Was nicht heisst, dass sie grundsätzlich unschuldig oder gar unschädlich war;
aber eben nicht auf dem Kaliber deutscher NS-Grössen.
LG
...
Natürlich gab es auch Quer- und Späteinsteiger, Umsattler und Trittbrettfahrer. Speer und den Rasenden Roland, z.B.
Aber sie profitierten aus dem NS heraus vom NS,
dass ist bei den Quislings usw. doch ganz anders. Ohne die Wehrmacht (sprich die Zerschlagung der entsprechenden Verteidigungsinstitutionen des angegriffenen Landes durch die Deutschen) hätten's nie den Hauch einer Chance gehabt.
Wie denn das?Orianne hat geschrieben: ...
und ich bin davon überzeugt, dass dieses Verbrechen auch ohne Hitler passiert wäre.
...
Ohne Hitler wäre er auch beknackt gewesen, das schon. Aber eben ohne Macht.
Analogie wo?Orianne hat geschrieben: ...
Die Osmanen brauchten auch keinen Hitler um die Armenier fast auszurotten, im Gegenteil, Hitler soll sich dort sogar orientiert haben, wenn auch nicht persönlich.
Freilich gab es auch vor und nach Hitler Völkermorde, Verbrechen und Unrecht.
Das hilft aber der Betrachtung von Verbrechen durch Hitler und den NS nicht (und da gehört Jugoslawien dazu).
LG
Der ganze Krieg auf dem Balkan in den 90er Jahren resultierte doch von dieser merkwürdigen Grenzziehung 1941, hier ein Zitat aus meinem Lehrbuch:
"Mit dem Auseinanderbrechen anderer künstlicher Staatenprodukte des Ersten und Zweiten Weltkriegs, allen voran der Sowjet-Union, begehren auch die von den Serben unterdrückten Minderheiten Jugo-Slawiens auf: Slowenen, Kroaten, Bosniaken, Albaner und Makedonier erklären ihre Unabhängigkeit, um die ein Jahre langer blutiger Bürgerkrieg entflammt. Am Ende rücken ausländische Besatzungstruppen ein und verhindern, daß die Probleme ausgefochten und damit einer dauerhaften Lösung zugeführt werden - die wohl nur so aussehen könnte, dass die im Juli 1941 unter deutschem Schutz gezogenen Grenzen wieder hergestellt werden." Genau da liegt der Punkt, dass es immer noch Leute gibt, die nicht in ihre Häuser zurück können, ich kenne zwei serbische Familien, in den Häusern wohnen jetzt Kroaten, da sind Konflikte vorprogrammiert.
Du weisst ja sicher, dass die Schweiz das Swisscoy Engagement wieder verlängert hat, und das sicher nicht ohne Grund, denn wenn die Soldaten weg sind, dann knallt es da wieder, so wie jetzt im Irak.
"Mit dem Auseinanderbrechen anderer künstlicher Staatenprodukte des Ersten und Zweiten Weltkriegs, allen voran der Sowjet-Union, begehren auch die von den Serben unterdrückten Minderheiten Jugo-Slawiens auf: Slowenen, Kroaten, Bosniaken, Albaner und Makedonier erklären ihre Unabhängigkeit, um die ein Jahre langer blutiger Bürgerkrieg entflammt. Am Ende rücken ausländische Besatzungstruppen ein und verhindern, daß die Probleme ausgefochten und damit einer dauerhaften Lösung zugeführt werden - die wohl nur so aussehen könnte, dass die im Juli 1941 unter deutschem Schutz gezogenen Grenzen wieder hergestellt werden." Genau da liegt der Punkt, dass es immer noch Leute gibt, die nicht in ihre Häuser zurück können, ich kenne zwei serbische Familien, in den Häusern wohnen jetzt Kroaten, da sind Konflikte vorprogrammiert.
Du weisst ja sicher, dass die Schweiz das Swisscoy Engagement wieder verlängert hat, und das sicher nicht ohne Grund, denn wenn die Soldaten weg sind, dann knallt es da wieder, so wie jetzt im Irak.
Halt ich für nicht besonders zutreffend.
Problem des Balkans sind und waren doch keine Grenzziehungen, sondern politische und wirtschaftliche Instabilität.
Und da sind wir in den meisten Staaten aber meilenweit weg von 1941 oder Anfang der 90er.
LG
Problem des Balkans sind und waren doch keine Grenzziehungen, sondern politische und wirtschaftliche Instabilität.
Und da sind wir in den meisten Staaten aber meilenweit weg von 1941 oder Anfang der 90er.
LG
@RedScorpion: Du fragst nach der Analogie zwischen dem Genozid der Armenier und dem Genozid der Juden? Ja da gibt es Gemeinsamkeiten, denn auch die Osmanen wollten die Armenier vergiften, nur war die "Forschung" noch nicht so weit, deshalb wurden ja fast allen männlichen Personen gleich erschossen, und die Frauen und Mädchen in die Wüste getrieben.
Es gibt noch einen Zusammenhang, beide Völker hatten keinen eigenen Staat.
Hier noch ein Zitat aus dem BuchDer verpasste Friede.Mission, Ethnie und Staat in den Ostprovinzen der Türkei 1839-1938, Zürich: Chronos, 2000, S. 504-508. von Hans-Lukas Kieser (Eine Buchempfehlung von mir) Kapitel: Das armenische und das jüdische Schicksal
In beiden Fällen waren aus den einstigen Schutzbefohlenen des religiös begründeten Ancien Régime nach einer liberalen Zwischenphase auszustossende und auszurottende Elemente geworden. In beiden Fällen setzte ein extrem nationalistisches Regime auf pauschal verteufelnde Weise seine innere Minderheit mit fremder bedrohlicher Weltmacht gleich: Die Armenier wurden mit dem angelsächsisch-imperialistischen Protestantismus und dem russischen Erzfeind identifiziert, die Juden mit dem Bolschewismus und der kapitalistischen angelsächsischen Welt. In beiden Fällen war der Völkermord Teil einer gigantischen «völkischen Flurbereinigungspolitik» (Heinrich Himmler), die auch andere Völker betraf. Auch die administrativen Sprachen glichen einander: Umsiedlung hiess der ominöse Vorgang, der im Falle der Juden und Armenier ins Nichts führte, obzwar in beiden Fällen vorgängig auch improvisierte reale Umsiedlungsziele bestanden. In beiden Fällen spielte eine ähnliche Institution, die Umsiedlungs- und Ansiedlungszentrale beziehungsweise das Asayir ve Muhacirîn Müdüriyet-i Umumiyesi, das Zentraldirektorium für Stämme und Migranten, eine wichtige Rolle. Die wirtschaftliche Umverteilung - die räuberische «Nationalisierung» armenischen beziehungsweise jüdischen Gutes - war eine wichtige Komponente beider Genozide. Wie viele westliche Beobachter während des Ersten Weltkrieges feststellten, widersprach die Vernichtungspolitik indes jeglicher bisherigen rationalen wirtschaftspolitischen Logik. Sie warf Kleinasien auf Jahrzehnte hinaus unternehmerisch zurück, denn die einheimischen Christen spielten in Handel und Industrie eine Vorreiterrolle.
Die Armenier waren im Gegensatz zu den Zionisten die Verlierer des europäischen Imperialismus im Nahen Osten: Anstatt in ihrem Siedlungsgebiet eine sichere Heimstätte zu erlangen, wurden sie dort vollständig ausgerottet. Immerhin bewahrte sie die Sowjetarmee 1920 vor weiterer türkischer Verfolgung in ihrer kaukasischen Restheimat. Der Preis dafür war der Verlust der Unabhängigkeit der kaum zweijährigen Republik Armenien. Das europäische Versprechen einer armenischen Heimstätte im angestammten Siedlungsgebiet wurde 1923 in Lausanne vor aller Welt gebrochen. Dies war auch ein Zeichen für die tiefe Krise von Europa selbst.
Da es bisher noch keine wissenschaftliche Aufarbeitung der Rezeption des armenischen Völkermordes im Deutschland der Zwischenkriegszeit gibt, ist seine Vorbildfunktion für die Nationalsozialisten schwierig abzuschätzen.**** Das Wissen um den vom einstigen Weltkriegsverbündeten verübten Völkermord war jedenfalls in Staats- und Militärkreisen in aller Breite vorhanden. Ihre Archive bargen die präzisesten, von deutschen Zivilbeamten, Offizieren und Missionaren verfassten Berichte darüber. Zahlreiche Texte belegen, dass die genozidäre unionistische Gewalt, die einer positivistischen Staatsräson zu folgen schien, die rechtsgerichteten Kreise im damaligen Deutschland faszinierte. Allein eine Rezeptionsgeschichte folgender, von Johannes Lepsius überlieferter Sätze Enver Paschas wäre in diesem Zusammenhang aufschlussreich: «Wir können mit unseren inneren Feinden fertig werden. Sie in Deutschland können das nicht. Darin sind wir stärker als Sie.» Es war den rassistisch orientierten Nationalisten klar, dass der Völkermord und die Massnahmen, in die er eingebettet gewesen war, die ethnisch-demographische Grundlage für den Nationalstaat Türkei geschaffen hatten. An ihm bewunderten sie die konsequente ethnische Homogenisierung und die autoritäre Führungsstruktur. Neidisch blickte die deutsche Rechte zudem auf die erfolgreiche Revision des entsprechenden Pariser Vorortsvertrages durch den ehemaligen Weltkriegsverbündeten. Darin war er ihr Vorbild. Die strikte territoriale Beschränkung, die Mustafa Kemal der Aussenpolitik der Republik Türkei auferlegte, nahmen die Nationalsozialisten allerdings nicht zu Herzen.
Dan Diner, ein Spezialist der nahöstlichen und mitteleuropäischen Geschichte, hat kürzlich eine universalhistorische Deutung des 20. Jahrhunderts unternommen: Sieben Seiten in seinem Buch Das Jahrhundert verstehen handeln vom Genozid an den Armeniern; darauf folgt fast nahtlos die Darstellung der Vernichtung der europäischen Juden. Seine Überleitung untermauert die enge Verknüpftheit von europäischer und spätosmanischer Geschichte. In beiden geschichtlichen Räumen führten die Theorien der Volkssouveränität und der Selbstbestimmung zu unabsehbaren Konsequenzen, da sie nicht im angelsächsischen Sinn auf die Bevölkerung, sondern auf eine religiös oder ethnisch definierte Gruppe angewandt wurden. «Die Abspaltung der rumelischen [Balkan-] Christen [...], die gegenseitigen Vertreibungen von Muslimen und Orthodoxen [...] sowie der Genozid am armenischen Volk waren jeweils Ausdruck einer Entwicklung: der Ausbildung von ethnisch homogenen Nationalstaaten [...]. Bei den Staaten Mittel- und Osteuropas traten die für Balkan und Levante konstitutiven Momente religiöser Zugehörigkeit hinter denen der Nationalität zurück, aber sie waren gleichermassen mit Problemen belastet, die dem Widerspruch zwischen der Realität ethnischer Heterogenität und dem Anspruch auf nationale Homogenität entsprangen. [...] Während sich die polnische Regierung eines, wie sie meinte, überschüssigen Teils der jüdischen Bevölkerung mittels Auswanderung [...] zu entledigen suchte, legten es die antijüdischen Massnahmen der Nazis offenkundig darauf an, alle Juden ausser Landes zu treiben. [...] Die Ausrottung selbst begann 1941 parallel zu jener spezifisch antibolschewistischen Kriegsführung, wie sie dem ‚Unternehmen Barbarossa‘ [Russlandfeldzug] von Anfang an eingeschrieben war. [...] Die Erschiessungen männlicher Juden [gemäss ‚Kommissarbefehl‘] wurden bald zu Liquidierungs- und Vernichtungsaktionen auf alle Juden ausgedehnt. [...] Unmerklich war im August und September 1941 die Schwelle vom antibolschewistischen Weltanschauungskrieg zum Genozid an den Juden überschritten worden.»
****Deine Theorie, oder?
Es gibt noch einen Zusammenhang, beide Völker hatten keinen eigenen Staat.
Hier noch ein Zitat aus dem BuchDer verpasste Friede.Mission, Ethnie und Staat in den Ostprovinzen der Türkei 1839-1938, Zürich: Chronos, 2000, S. 504-508. von Hans-Lukas Kieser (Eine Buchempfehlung von mir) Kapitel: Das armenische und das jüdische Schicksal
In beiden Fällen waren aus den einstigen Schutzbefohlenen des religiös begründeten Ancien Régime nach einer liberalen Zwischenphase auszustossende und auszurottende Elemente geworden. In beiden Fällen setzte ein extrem nationalistisches Regime auf pauschal verteufelnde Weise seine innere Minderheit mit fremder bedrohlicher Weltmacht gleich: Die Armenier wurden mit dem angelsächsisch-imperialistischen Protestantismus und dem russischen Erzfeind identifiziert, die Juden mit dem Bolschewismus und der kapitalistischen angelsächsischen Welt. In beiden Fällen war der Völkermord Teil einer gigantischen «völkischen Flurbereinigungspolitik» (Heinrich Himmler), die auch andere Völker betraf. Auch die administrativen Sprachen glichen einander: Umsiedlung hiess der ominöse Vorgang, der im Falle der Juden und Armenier ins Nichts führte, obzwar in beiden Fällen vorgängig auch improvisierte reale Umsiedlungsziele bestanden. In beiden Fällen spielte eine ähnliche Institution, die Umsiedlungs- und Ansiedlungszentrale beziehungsweise das Asayir ve Muhacirîn Müdüriyet-i Umumiyesi, das Zentraldirektorium für Stämme und Migranten, eine wichtige Rolle. Die wirtschaftliche Umverteilung - die räuberische «Nationalisierung» armenischen beziehungsweise jüdischen Gutes - war eine wichtige Komponente beider Genozide. Wie viele westliche Beobachter während des Ersten Weltkrieges feststellten, widersprach die Vernichtungspolitik indes jeglicher bisherigen rationalen wirtschaftspolitischen Logik. Sie warf Kleinasien auf Jahrzehnte hinaus unternehmerisch zurück, denn die einheimischen Christen spielten in Handel und Industrie eine Vorreiterrolle.
Die Armenier waren im Gegensatz zu den Zionisten die Verlierer des europäischen Imperialismus im Nahen Osten: Anstatt in ihrem Siedlungsgebiet eine sichere Heimstätte zu erlangen, wurden sie dort vollständig ausgerottet. Immerhin bewahrte sie die Sowjetarmee 1920 vor weiterer türkischer Verfolgung in ihrer kaukasischen Restheimat. Der Preis dafür war der Verlust der Unabhängigkeit der kaum zweijährigen Republik Armenien. Das europäische Versprechen einer armenischen Heimstätte im angestammten Siedlungsgebiet wurde 1923 in Lausanne vor aller Welt gebrochen. Dies war auch ein Zeichen für die tiefe Krise von Europa selbst.
Da es bisher noch keine wissenschaftliche Aufarbeitung der Rezeption des armenischen Völkermordes im Deutschland der Zwischenkriegszeit gibt, ist seine Vorbildfunktion für die Nationalsozialisten schwierig abzuschätzen.**** Das Wissen um den vom einstigen Weltkriegsverbündeten verübten Völkermord war jedenfalls in Staats- und Militärkreisen in aller Breite vorhanden. Ihre Archive bargen die präzisesten, von deutschen Zivilbeamten, Offizieren und Missionaren verfassten Berichte darüber. Zahlreiche Texte belegen, dass die genozidäre unionistische Gewalt, die einer positivistischen Staatsräson zu folgen schien, die rechtsgerichteten Kreise im damaligen Deutschland faszinierte. Allein eine Rezeptionsgeschichte folgender, von Johannes Lepsius überlieferter Sätze Enver Paschas wäre in diesem Zusammenhang aufschlussreich: «Wir können mit unseren inneren Feinden fertig werden. Sie in Deutschland können das nicht. Darin sind wir stärker als Sie.» Es war den rassistisch orientierten Nationalisten klar, dass der Völkermord und die Massnahmen, in die er eingebettet gewesen war, die ethnisch-demographische Grundlage für den Nationalstaat Türkei geschaffen hatten. An ihm bewunderten sie die konsequente ethnische Homogenisierung und die autoritäre Führungsstruktur. Neidisch blickte die deutsche Rechte zudem auf die erfolgreiche Revision des entsprechenden Pariser Vorortsvertrages durch den ehemaligen Weltkriegsverbündeten. Darin war er ihr Vorbild. Die strikte territoriale Beschränkung, die Mustafa Kemal der Aussenpolitik der Republik Türkei auferlegte, nahmen die Nationalsozialisten allerdings nicht zu Herzen.
Dan Diner, ein Spezialist der nahöstlichen und mitteleuropäischen Geschichte, hat kürzlich eine universalhistorische Deutung des 20. Jahrhunderts unternommen: Sieben Seiten in seinem Buch Das Jahrhundert verstehen handeln vom Genozid an den Armeniern; darauf folgt fast nahtlos die Darstellung der Vernichtung der europäischen Juden. Seine Überleitung untermauert die enge Verknüpftheit von europäischer und spätosmanischer Geschichte. In beiden geschichtlichen Räumen führten die Theorien der Volkssouveränität und der Selbstbestimmung zu unabsehbaren Konsequenzen, da sie nicht im angelsächsischen Sinn auf die Bevölkerung, sondern auf eine religiös oder ethnisch definierte Gruppe angewandt wurden. «Die Abspaltung der rumelischen [Balkan-] Christen [...], die gegenseitigen Vertreibungen von Muslimen und Orthodoxen [...] sowie der Genozid am armenischen Volk waren jeweils Ausdruck einer Entwicklung: der Ausbildung von ethnisch homogenen Nationalstaaten [...]. Bei den Staaten Mittel- und Osteuropas traten die für Balkan und Levante konstitutiven Momente religiöser Zugehörigkeit hinter denen der Nationalität zurück, aber sie waren gleichermassen mit Problemen belastet, die dem Widerspruch zwischen der Realität ethnischer Heterogenität und dem Anspruch auf nationale Homogenität entsprangen. [...] Während sich die polnische Regierung eines, wie sie meinte, überschüssigen Teils der jüdischen Bevölkerung mittels Auswanderung [...] zu entledigen suchte, legten es die antijüdischen Massnahmen der Nazis offenkundig darauf an, alle Juden ausser Landes zu treiben. [...] Die Ausrottung selbst begann 1941 parallel zu jener spezifisch antibolschewistischen Kriegsführung, wie sie dem ‚Unternehmen Barbarossa‘ [Russlandfeldzug] von Anfang an eingeschrieben war. [...] Die Erschiessungen männlicher Juden [gemäss ‚Kommissarbefehl‘] wurden bald zu Liquidierungs- und Vernichtungsaktionen auf alle Juden ausgedehnt. [...] Unmerklich war im August und September 1941 die Schwelle vom antibolschewistischen Weltanschauungskrieg zum Genozid an den Juden überschritten worden.»
****Deine Theorie, oder?
Nein.Orianne hat geschrieben:@RedScorpion: Du fragst nach der Analogie zwischen dem Genozid der Armenier und dem Genozid der Juden?
...
Ich fragte oben nach der Analogie in Sachen Kausalität Hitler und Osmanen auf der einen Seite - welche nicht gegeben, im Unterschied zu Hitler und Pavelic (bzw. Mussolini und Hitler und Pavelic) - mit jener des Ustascha-Regimes auf der anderen.
LG
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