Barbarossa hat geschrieben:RedScorpion hat geschrieben:... es ist mir völlig unbegreiflich, wie man nicht sehen kann,
dass es sehr wohl noch eine Stufe höher ging im Deutschen Reich als Vertreibungen, bei denen halbwegs oder auch ganz und gar billigend in Kauf genommen wurde, dass die Bev. dabei draufging durch Erfrieren, Verhungern, Zwangsarbeit, Krankheiten usw. (wobei sich die Wehrmacht aber auch mal ganz gern die von deutschen Trecks verstopften Strassen freischoss und eben nicht anhielt wie der von Dieters Mutter gestoppte Panzer),
nämlich systematische Entrechtung, Vernichtungskrieg, Verschleppung, KLs/KZs und bis ins Detail organisierter Massenmord.
Das wäre der eine Punkt, den ich nicht verstehe.
Nö, ich sehe da keine "höhere Stufe" zu den Vertreibungen von Deutschen aus ihrer Heimat, die ebenso auf ihrer Flucht verhungert und erfrohren sind und ganze Flüchtlingstrecks von sow. Panzern überrollt wurden und viele Frauen vergewaltigt worden sind und die Männer sich ebenso in den Gulags zu Tode schuften mußten. Und genauso mußten die Sudetendeutschen eine Armbinde tragen, damit sie für die anderen erkennbar waren und wer wollte, durfte sie schlagen, treten oder was weiß ich und es gab auch Progrome an Sudetendeutschen - genau, wie es die Deutschen zuvor mit den Juden gamacht haben. Aber wer mit vermeintlichen Tätern ganz genauso umgeht, wie die Täter zuvor, der darf hinterher aber auch nicht mit dem Finger auf den Täter zeigen.
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Das kann ja wohl nicht Dein Ernst sein, oder?
Stell Dir vor, Du seist wieder 14 oder 15 oder so. In dem Alter, vllt auch schon vorher, fragt man sich ja manchmal, bzw. fragte ich mich bisweilen (je näher zeitlich und familiär, desto öfter), was ich in best. Situationen in der Vergangenheit wohl am besten gemacht hätte, mit und ohne Ex-post-Wissen. Nenn es jugendlichen Leichtsinn, Spiel mit Feuer oder Perversion oder Versuch zur Empathie oder was auch immer, natürlich auch immer im Hinterköpfchen: Wie ist's oder wär's wohl den eigenen Vorfahren/Familienangehörigen und Freunden und so ergangen, was haben oder hätten sie für Möglichkeiten gehabt als Opfer oder als Täter, Mitläufer, Kämpfer auf welcher Seite auch immer, usw.
Es kann ja wohl nicht sein, dass man nicht sieht, dass die Ueberlebensrate bei Ostflüchtlingen zwar alles andere als rosig war, aber
weit besser aber als z.B. für Verfolgte im 3. Reich in den ganzen Jahren zuvor. Sei es quantitativ, als auch qualitativ, die Systematik und Art betreffend, den Neuanfang, Aufarbeitung, Versuch zur Gerechtigkeit und so weiter und so fort.
Abgesehen davon, dass mitunter - wie bereits mehrfach aufgeführt - auch die Wehrmacht sich ggf. den Weg von
deutschen Flüchtlingen freischoss, sprich nicht alle Opfer an deutschen Flüchtlingen der Roten Armee, den Polen oder Tschechen zuzurechnen ist (während die Shoa eine ausschliesslich deutsche bzw. oesterreichische Erfindung darstellt).
Barbarossa hat geschrieben:
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Darum: Es bringt nichts, wenn man hier irgendetwas aufzurechnen versucht. Man sollte es lieber ganz lassen und sagen: Nie wieder!
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Nein. Es geht überhaupt nicht ums Aufrechnen, das verstehst Du nicht nur völlig falsch, dafür hast Du m.E. überhaupt kein Empfinden (was ich - wobei es sein kann, dass das ein Vorurteil ist - auf Deine Herkunft zurückführe, denn ich halte für gut möglich, dass eine Diktatur, die sich noch dazu ausschliesslich in der Opferrolle sah, alles daransetzte zu verhindern, dass sich Jugendliche mit dem Thema beschäftigten wie anderswo, z.B. im Westen, wie oben geschrieben.).
Es geht darum, erst einmal zu beschreiben, was denn überhaupt die Verbrechen sind, worin sie sich von anderen unterscheiden, und wer dafür verantwortlich sein kann.
Denn bisher besteht hier nicht einmal darin Minimalkonsens. Nichtmal darin. Und das 2013. In einem Geschichtsforum.
Barbarossa hat geschrieben:
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RedScorpion hat geschrieben:Es ist kein besonders schlimmes Volk. Es ist bzw. war ein besonders schlimmer Staat...
Ich würde sagen, er war auch nicht "schlimmer", als Japan, Italien oder die SU. Alle hatten Großmachtsambitonen, nur daß D. und auch Japan zudem noch besonders leistungsfähig waren, um der Verwirklichung dieser Großmachtsambitionen zumindest eine Zeit lang relativ nahe zu kommen.
Vielleicht einigen wir uns lieber auf den Satz:
Es war eine besonders schlimme Zeit.
Jooo, na denn ...
LG