Wie sieht ihr es?Es gilt als gut belegt, dass die Auflösung jeder akephalen, herrschaftsfreien Gesellschaftsstruktur mit und durch Gewalt erfolgte.
Die Unterwerfungstheorie geht davon aus, dass der Staat in einem Prozess der Unterwerfung friedlicher Bauernvölker durch kriegerische Hirtenvölker entstanden ist: Einer anfänglichen Phase ungeordneter Plünderungen folge eine Institutionalisierung der Abgaben der Unterworfenen, aus der sich in weiteren Phasen die Staatlichkeit entwickelt habe. Dies ist laut Uwe Wesel eine der ethnologisch am besten gesicherten Erkenntnisse.
Meine Kritik liegt daran, dass es ethnologisch gesicherte Erkenntnisse sind. Es werden Völker in der vorstaatlichen Stadium untersucht. Mein Vorwurf wäre in dem, was mir hier von manchen (m. E. unbegründet) vorgeworfen wird. Nämlich – in der Vorstellung der linearen Evolution. Als ob jede Gemeinschaft sich bei der genügend viel Zeit zur den staatlichen Struktur entwickeln müsste. Es ist aber nicht so. Nur ein kleiner Teil der neolithischen Bevölkerung gründete Staaten. Die Analyse der vorstaatlichen Kulturen ist zwar hilfreich uns die damalige Verhältnisse kennenlernen, dennoch wage ich zu behaupten, dass es gerade die notwendige Merkmale sein könnten, die untersuchte Ethnien NICHT HATTEN.
Auf der Stelle möchte ich etwas ansprechen, was auch Beppe in den Beitrag http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 935#p16935schrieb. Es geht um die Rolle der Religion. Die monumentalen religiösen Bauten sind viel früher entstanden als die ersten Städte. Es spiegelt auch die Rolle der Religion in der Gesellschaft. Auch ihre vereinigende Kraft, die verschiedene Stämme unter einem Hut umfasst. Die Bauernvölker als eine Schafherde anzusehen, ist meines Erachtens völlig falsch.
Keiner bestreitet die Spannungen, die zwischen der sesshaften Völkern und der Nomaden entstehen, wenn die Bauern ein Teil der Boden in Besitz nehmen und es auch verteidigen wollen. Die Nomaden haben zwar durch ihre Bewegungsfreiheit einen Vorteil, dennoch darf man die Sesshaftigkeit nicht unterschätzen. Die Nomaden müssen um die Informationen austauschen vorherige Absprache zu treffen. Z.B. wann und wo muss der Bote ankommen. In sesshafter Gesellschaft ist es anders. Ihre vermeintliche Schwäche wird zu ihrer Stärke. Man weiß, dass an bestimmten Ort man den Adressat immer findet.
Wenn ich die damalige Gesellschaft als Wechselwirkungsnetz betrachte, in dessen Kanälen die Information fließt, dann seßhafte Wechselwirkungsnetz einen geregelten Informationsaustausch zwischen der Gemeinschaften ermöglicht. Die Information bedeutet die Erfahrung, das Wissen, die in vermehrte Weise (in Vergleich mit den Nomaden) auf einander trifft, wird beurteilt, mit vorhandenem Wissen fusioniert um ein qualitativ neues Erkenntnis zu erzeugen. Auch eine Entwicklung (der Sternkörperbewegung, die Natur) in der Zeit zu beobachten und die Zusammenhänge zu entdecken, wird von der seßhaften Lebensweise mehr unterstützt.
Dennoch das wesentliche Merkmal war die Religionsart. Hat die Religion in sich konsolidierende Kraft, dann könnten die religiösen Institutionen entstehen. Die Priester erlangen eine Macht, die auch von Stammesführern berücksichtigt werden müsste. Ich sehe die Religion als wesentliches Merkmal in der Gründung der ersten Hochkulturen. Sie war es, die zur Konsolidierung führte. Und gerade dieser Aspekt fehlt m. E. von den Unterwerfungstheorie als Paradebeispiele dargestellten ethnischen Untersuchungen.
Irgendwie führt die Gotverneinung auch zur der Verneinung der Bedeutung der Religion in zivilisatorischen Entwicklung. Ein Beispiel, wenn die Weltanschauung einem blinden Fleck entstehen lässt.
Man kann sicher jetzt fragen: warum die untersuchte Völker, die unter der räuberischen Nomaden Stämmen leiden, hatten nicht die konsolidierende Religion erfunden. Nach meiner Auffassung, der Gleichgewicht war in dem FAll schon gebrochen. Eine Sache ist eine anfängliche Situation, wenn die Bauern und Nomaden in einer allmählich wachsende Gegenwehr sich in rückkoppelnde Wirkung entwickelten. Andere Sache ist, wenn die schon kulturell fortgeschrittenen Nomaden ziehen sich weiter und machen ihren räuberischen Werk auf „jungfreulichen“ Bauern. Diese schon von Anfang an unverhältnis große Druck der Nomaden gerade bremste die Entwicklung der Bauern. Die Hochkulturen, deren "Nebenprodukt" waren diese kriegerische Nomaden, wurden zum harten Nuß. Man zog sich weiter. Denn allmählich bekräftigte sich und könnte den Hochkulturen angreifen. Dennoch sehen sie als Gründer der Hochkulturen ist m. E. falsch. Höchsten als Mitgründer, die die Gründung der Hochkulturen beschleunigten.