Ursprung und Verbreitung der Hörnerhelme

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Seit Richard Wagners Uraufführung vom „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth im Jahre 1876 ist der Hörnerhelm für recht aggressive Krieger und vor allem in Verbindung mit den Wikingern sehr populär.

Die Wissenschaft zeigt aber ein anderes Bild auf - insbesondere für die einfachen Krieger wären solche Helme im Kampf sehr störend gewesen.
Doch existiert haben diese Helme wohl trotzdem. Aber ihren Ursprung hatten sie nicht in Skandinavien - ja nicht einmal in Europa.

Ausschlaggebend für die Erfindung war wohl, dass politische Führer damit begannen, ihren Einflussbereich oder ihre Besitztümer zu markieren. Kultische Bilder bzw. Figuren wurden zu Symbolen der Macht und Hörner am Kopf verwiesen auf Führerschaft und göttliche Legitimation.

So finden sich bereits in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. Darstellungen von Gehörnten im Vorderen Orient. Ab etwa 1.200 v. Chr. erreichten sie Sardinien und die Iberische Halbinsel und schon zwei Jahrhunderte später (also um 1000 v. Chr.!) traten sie in Skandinavien auf, während Mitteleuropa ausgespart blieb.

Wissenschafler schließen daraus, dass die Verbreitung dieser ,,Mode'' nicht über die bekannten Landwege des Metall- und Bernsteinhandels verlief, sondern eher über den Seeweg durch die Straße von Gibraltar und die begehrten Zinnlagerstätten in Cornwall direkt nach Skandinavien. Dabei werden die Phönizier als mögliche Seefahrer vermutet. Von ,,Germanen'' oder gar von ,,Wikingern'' kann für die Zeit um 1000 v. Chr. noch gar keine Rede sein. Die germanische Sprache bildete sich erst bis etwa 500 v. Chr. aus dem Indoeuropäischen heraus.

Doch auch die späteren Wikinger (etwa 2000 Jahre später!) hatten bei den Helmformen Vorbilder aus dem Orient.
Die gern verwendeten sogenannten Brillenhelme (ohne Hörner!), die den ganzen Kopf umhüllen konnten und nur Öffnungen für die Augen frei ließen, weisen Ähnlichkeiten mit dem Kopfschutz frühbyzantinischer Gardetruppen auf.

Quelle und Bilder zum Anschauen: https://www.welt.de/geschichte/article2 ... XU9wF9zpVI
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Marianne E.
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Danke für den Artikel und den Link.
Ich komme aber nicht umhin, die Scherzfrage (Scherzfrage!! hörst Du lieber Barbarossa) zu stellen:
"Ob jemandem die Hörner aufgesetzt werden?"

Schönen Urlaub.
andreassolar
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Schöner Beitrag, vielen Dank.

Der wissenschaftliche Original-Text erschien in Praehistorische Zeitschrift 2022; 97(1): 130–158, unter dem Titel Helle Vandkilde u.a., Anthropomorphised warlike beings with horned helmets: Bronze Age Scandinavia, Sardinia, and Iberia compared.

Noch besser, der Text ist open access erschienen...enthält eine deutschsprachige Zusammenfassung und natürlich weitere Abbildungen. https://www.degruyter.com/document/doi/ ... -2012/html
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Barbarossa
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Liebe Marianne!
Heute ist das mit dem ,,Hörner aufsetzen'' ja eher negativ besetzt. Aber auch daran sieht man, wie sich die Zeiten ändern können. 😉
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Skeptik
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andreassolar hat geschrieben: 16.11.2023, 14:41 Noch besser, der Text ist open access erschienen...enthält eine deutschsprachige Zusammenfassung und natürlich weitere Abbildungen. https://www.degruyter.com/document/doi/ ... -2012/html

In diesem Link wird auch auf Deinen Link verwiesen. Kriegerisch und furchteinflößend sind diese Helme nun wirklich nicht. Vielleicht gab es auch damals schon Anlässe, wo man sowas spaßeshalber trug:
https://www.archaeology.org/news/10270- ... ed-helmets

https://danjones.substack.com/p/history ... didnt-wear
Übersetztes Zitat:
An diesem Wochenende las ich einen Zeitungsartikel mit der Überschrift "Wikinger waren zu schick für Helme mit Hörnern". Wie jedes verantwortungsbewusste Stück Wikingerjournalismus erinnerte er die Leser daran, dass das Bild eines strammen mittelalterlichen Norwegers mit ein paar Aberdeen-Angus-Hörnern an den Schläfen ein reiner Mythos ist, der im neunzehnten Jahrhundert durch die Kostümdesigns für Wagners Ring-Zyklus populär wurde.

Fast auf halbem Weg nach Skandinavien liegt Glauburg in Hessen. Diesen Kelten-Krieger lieben die Kinder. Er kommt ihnen ja so vertraut vor:
https://www.keltenwelt-glauberg.de
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