Hugo Chavez kann man wohl einordnen in die Reihe der links-nationalistischen populistischen Führer in Lateinamerika, von denen es viele gab. Cardenas in Mexiko (1934-1940), Vargas in Brasilien 1930-1945, Peron in Argentinien 1943-1955,1973-1974, Estenssoro in Bolivien 1952-1956. Sie sind eine Besonderheit von Lateinamerika und ein Ergebnis der
1. Unterentwicklung der wirtschaftlichen und politischen Strukturen des Kontinents und
2. Der Abhängigkeit vom Ausland
Nach der Unabhängigkeit 1824 betraten Caudillos die politische Bühne- mehr oder weniger einflussreiche Anführer militärischer Verbände, charismatische Personen, die ihren Anhängern Aussicht auf Beute versprachen und das politische Vakuum mit eiserner Hand ausfüllten. Andres als in den USA, in denen nach der Unabhängigkeit sich ein bürgerlicher Rechtsstaat mit einer Verfassung von fast sakralem Charakter herausbildete, entstanden in Lateinamerika eine Reihe Staaten, die von Oligarchien aus Grundbesitzern beherrscht wurden, angeführt von einer politischen Klasse aus Militärs, die ihre Länder mit Gewalt regierten. Das politische Leben wurde von der „violencia“ durchdrungen, Konflikte mit Gewalt ausgetragen, Verfassungen, Recht und Gesetz hatten keine Gültigkeit, die übliche Form des Regierungswechsels war der Militärputsch. Die Oligarchien waren eng mit dem Auslandskapital verflochten.
Im 20. Jahrhundert setzte ein Strukturwandel ein, die Urbanisierung nahm zu, Anfänge von Industrie entstanden. In dieser Zeit entstanden populistische Führer, die den traditionellen Caudillos durchaus ähnelten: Auch sie waren Militärs, jedoch nicht mit den traditionellen Eliten verbunden, dennoch sehr machtbewußt. Um an die Regierung zu kommen, brauchten sie das Volk zur Unterstützung, um die alten Eliten zurückzudrängen.
„Die zentrale Frage jedes populistischen Regimes lautet: Welche Gruppe bildet die Basis, wer steht hinter der jeweiligen Partei oder Militärdiktatur?
Für Christian Suter trägt der lateinamerikanische Populismus folgende Merkmale:
"Anrufung an das Volk und Artikulation eines Eliteantagonismus
Schließung klassenübergreifender Allianzen zwischen massenbasierten Gruppen aus den Mittel- und Unterschichten und Elitegruppen
Charismatische Führerfiguren"
http://www.lateinamerika-studien.at/con ... e-160.html
Die Populisten drängten den Einfluss der Oligarchien zurück, nahmen umfangreiche Nationalsierungen vor, um die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren.
„Durch Reformen konnten die populistischen Machthaber substantielle Verbesserungen erreichen, durch die Bildung von staatstreuen oder para-staatlichen Gewerkschaften und Bauernverbänden wurde das sozialrevolutionäre Potenzial dieser Bewegungen abgefangen. Damit ging die Herausbildung eines klientelistischen Verteilungssystems einher. Gruppen und Bewegungen, die sich dieser Integration nicht beugten und staatlich nicht gebilligte Streiks und Proteste organisierten, begegneten die populistischen Machthaber unvermindert mit scharfer Repression. Den unteren Klassen der Gesellschaft wurde im Populismus einmal entgegengekommen, einmal entgegengetreten.“
http://www.lateinamerika-studien.at/con ... e-160.html
Die Populisten regierten ähnlich selbstherrlich wie die alten Caudillos und kümmerten sich wenig um Verfassungen und Rechtsstaatlichkeit. Sie schafften es aber nicht, weder den Einfluss der alten Oligarchien zu beseitigen oder die Macht des Auslands zu reduzieren. Ihre Volkswirtschaften waren nach wie vor abhängig von wenigen Exportprodukten (Erdöl in Venezuela, Kaffee in Brasilien, Rindfleisch in Argentinien). Der Preisverfall dieser Produkte setzte der Reformpolitik der Populisten enge Grenzen und führte letztendlich zu ihrem Sturz. Dies passierte aber auch vor allem deshalb, weil es auch unter ihren Regierungen zu einem massiven Missbrauch staatlicher Gewalt kam und keine sich selbst tragende Wirtschaft aufgebaut wurde.