Die achtziger Jahre
Verfasst: 11.12.2015, 15:55
Die achtziger Jahre sind seit einiger Zeit wieder Thema in den Medien. Ohne Zweifel vollzogen sich damals große Veränderungen und dies macht sie vergleichbar mit den sechziger Jahren. Zwar war ich damals schon über dreißig, doch man konnte, wenn man es wollte, in dieser Zeit eine zweite Jugend erleben.
Als Folge der Wirtschaftskrisen Ende der siebziger und frühen achtziger Jahre kamen in den USA mit Reagan, in England mit Thatcher und in Deutschland mit Helmut Kohl konservative Regierungen an die Macht, die ihren Wählern eine Rückkehr in die sicheren goldenen fünfziger Jahre versprachen. Doch wer das glaubte, sah sich schnell getäuscht. Die rapiden gesellschaftlichen Veränderungen, die zur Verunsicherung vieler Menschen geführt hatten, nahmen jetzt erst richtig Fahrt auf.
Veränderung der Wirtschaftsstruktur
Die alten Industrien wie Stahl, Bergbau, Werften und viele andere erlebten einen raschen Niedergang, besonders dramatisch in den USA und in England, weniger ausgeprägt in Deutschland, aber auch hier kam es zum Verfall einst blühender Industrieregionen im Ruhrgebiet und im Saarland.
In den verbliebenen Industrien kam es angesichts des verschärften Wettbewerbs durch die EU zu tiefgreifenden Veränderungen. Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland, Flexibilisierung der Beschäftigung, Auslagerung von Fertigungsbereichen (Verringerung der Fertigungstiefen, Zulieferproduktion, Just-in time-Anlieferung, Rationalisierungsstrategie der Massenproduktion (economics of scale) mit der Notwendigkeit einer vielfältigeren Produktpalette (economics of scope), Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien auf Basis der Halbleitertechnologien führte zur Flexibiliserung der Massenproduktion, zu Kleinserien und Rationalisierung der Einzelfertigung. Diese Technologien veränderten die starren Hierarchien im Betrieb, Informationsverarbeitung, Steuerungs- und Entscheidungsebenen wurden nach unten verlagert, die Betriebsabteilungen wurden nicht nur für sich als Abteilungen immer stärker computergesteuert konzipiert (in Konstruktion, Fertigung, Qualitätsssicherung), sondern auch über die neuen Technologien miteinander integriert (computerintegrierte Fertigung – CIM).
Die dritte technologische Revolution
Die achtziger Jahre erlebten den Beginn der dritten industriellen Revolution, den Einbruch der Mikroelektronik und integrierten Schaltungen in die Arbeitswelt. Hatte die erste industrielle Revolution vor 200 Jahren mit der Dampfmaschine hauptsächlich Muskelkraft durch Maschinen ersetzt, besteht das Wesen der dritten industriellen Revolution darin, das intellektuelle Fähigkeiten der Menschen auf Maschinen übertragen werden.
Nach Alexander King, dem ehemalige Leiter des Club of Rome befinden wir uns in einer bedeutenden Umbruchphase der Menschheitsgeschichte, die etwa noch dreißig bis fünfzig Jahre dauern wird, an deren Ende ein neuer Typ von Weltgesellschaft stehen wird mit neuen Wertvorstellungen, neuen politischen und administrativen Strukturen und einer veränderten technologischen Basis, die den Lebensstil völlig verändern wird. Der Soziologe Daniel Bell sprach bereits 1973 von der Entstehung einer postindustriellen Gesellschaft, die gekennzeichnet ist durch drei Merkmale: den Übergang zu einer Informations- und Wissen Gesellschaft, Ablösung alter Wirtschaftseliten durch neue Wissensbürokratien und dem Aufkommen einer antibürgerlichen Kultur.
Die Risikogesellschaft
Die neuen Strukturen wurden begleitet von „Deregulierung“ und „Privatisierung“ und „mehr Markt“, das Credo des Neoliberalismus. Auflösung der bisherigen „Normalarbeitsverhältnisse“, flexible Arbeitszeiten, befristete Beschäftigungsverhältnisse, Entstehung von Zeitarbeitsfirmen, Forderung nach Eigeninitiative und „Privatisierung“ des Beschäftigungsgsrisiko, persönliche Vorsorge für Alter und Krankheiten, teilweiser Rückzug des Staates aus der gesellschaftlichen Verantwortung (Helmut Kohl: Die Staatsaufgaben müssen auf ihren Kern zurückgeführt werden).
Zunehmende Differenzierung des Arbeitsmarktes in einige hoch qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze und in prekäre befristete Arbeitsplätze, viele sehr gut ausgebildete Absolventen von Hochschulen sahen sich gezwungen Beschäftigungsverhältnisse unter ihrer Qualifikation einzugehen oder wurden zur Selbstständigkeit gezwungen, was dann manchmal als alternativer Lebensstil verbrämt wurde. Der vollmobile Single präsentierte den neuen Arbeitnehmer der Marktwirtschaft.
Der Soziologe Beck sprach 1987 von der „Risikogesellschaft“. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt führt zur Enttraditionaliserung von Lebenslagen, Freisetzung von Sozialbezügen und Selbstgestaltung des Lebens, klassische Beziehungsmuster lösen sich auf, Individualisierung und Erosion klassischer Sozialbezüge. Die Existenz wird in einer sich ständig verändernden Gesellschaft zu einem permanenten Risiko, neue Technologien entwerten alte Fertigkeiten und erfordern neue, ganze Berufsgruppen verschwinden und neue entstehen, zunehmende Brüche in der Erwerbsbiographie häufen sich, alles ist in fortlaufender Bewegung, die klassischen Grenzen von Stand, Klasse, nationale Zugehörigkeit oder Ethnie bieten in der modernen Gesellschaft keine Sicherheit mehr.
(Reaktionäre Gruppierungen greifen auf diese veralteten sozialen Merkmale wieder zurück, weil sie sonst nichts haben. Meine Meinung jedenfalls)
Der Soziologe Gerhard Schulz schrieb von der „Erlebnisgesellschaft“. Die Menschen gehen nicht Einkaufen, sondern in „Einkaufsparadiese“, Konsum wird zum Erlebnis, durch den Kauf von Waren erhält der Kunde seine eigene Individualität. Das Auto ist nicht Fortbewegungsmittel, sondern vermittelt Fahrerlebnisse und symbolisiert den Status des Besitzers. Konsumistische Dekadenz ist zum Markenzeichen geworden und dient nicht mehr lediglich der Bedürfnisbefriedigung.
Wertewandel
Die traditionellen Werte wie Hochschätzung der Arbeit, Pflicht, Disziplin und Leistung wurden zunehmend abgelöst durch postmaterielle Werte wie dem Streben nach persönlicher Freiheit und Selbstentfaltung. Laut Inglehart kam es im Bewusstsein vieler Menschen zu einer „stillen Revolution“ hin zu postmateriellen Wertebildungen, ausgelöst durch ein hohes Wohlstandsniveau, mehr Freizeit, Verkürzung der Wochenarbeitszeit, mehr Urlaub, längeres Verweilen im Bildungssystem, längere Lebenserwartung nach Eintritt ins Rentenalter. Dies führte zu einer individuelleren Lebensgestaltung und zur Pluralisierung der Lebensstile, während gleichzeitig ältere Institutionen wie die Kirche an Prägekraft verloren. Die deutsche Gesellschaft begann sich aufzuspalten in verschiedene Milieus, die jeweils ihren eigenen Wertekanon verfolgen, während die klassischen „bürgerlichen“ Werte erheblich an Bedeutung verloren.
Hin zur Dienstleistungsgesellschaft
In den achtziger Jahren begann eine immer stärkere Entwicklung hin zur Dienstleistungsgesellschaft. Waren 1970 noch 41,5% der Arbeitnehmer hier beschäftigt, stieg der Anteil 1985 auf 49,4 % und 1991 auf 55,8, 1995 dann auf 61%. Damit liegt die BRD allerdings noch weit hinter den USA und England zurück, da bei uns der industrielle Sektor weiterhin verhältnismäßig groß ist. Doch obwohl nach Überwindung der Krise Anfang der achtziger Jahre ein stetiges Wirtschaftswachstum einsetzte, konnte die Expansion des tertiären Sektors nicht ausreichend Beschäftigungsmöglichkeiten verschaffen. Dies lag daran das: a.) die Rationalisierungswelle auch hier voll durchschlug b.) der Kapitaleinsatz pro Arbeitsplatz sich ständig erhöhte c.) geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt stießen und d.) ein großer Teil des Kapitals nicht im produktiven Sektor angelegt wurde, sondern in den Finanzsektor strömte, wo nur wenige Arbeitsplätze entstanden (Kasino-Kapitalismus). So pendelte sich ein permanenter Sockel von Dauerarbeitslosen in Höhe von etwa 2 Millionen ein.
Soziale Differenzierung
Das verfügbare Einkommen pro Kopf der Bevölkerung stieg von 1970 bis 1991 auf etwa 50 Prozent an, wuchs aber in den achtziger Jahren nicht mehr so schnell. Trotzdem war die Gesellschaft erheblich reicher geworden, doch verteilte er sich dieser nun ungleichmäßiger. Die Lohnquote stieg in den siebziger Jahren von 68 (1970) auf 76% (1980) und fiel dann auf 70% (1991). Die Einkommen der Selbstständigen entwickelten sich umgekehrt, sie begannen in den achtziger Jahren zu steigen. Erzielte diese Gruppe früher ein durchschnittliches Einkommen von circa 140% im Vergleich zum allgemeinen Durchschnitt der Einkommensbezieher, waren es 1990 circa 250 Prozent. Gleichzeitig bildete sich die sogenannte „Neue Armut“ heraus, allein erziehende Mütter, kinderreiche Familien, Jugendliche und Langzeitarbeitslose. Es kam das Stichwort von der „Zwei-Drittel- Gesellschaft“ auf. Während zwei Drittel recht gut leben, vertieft sich der Abstand zum unteren Drittel.
Auch die Jugend differenzierte sich. Es gab unten die „Punks“ und die „Skins“, oben die „Popper“. Dazwischen die Disko-People, die null-Bock Generation und weitere Spielarten.
In der Musik erlebte man den Trend zu einer Unterhaltung, die nun nicht mehr nur auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtet war wie die Popmusik früherer Zeiten, die den Protest der Jugend symbolisierte, sondern sie sollte nun aus marktstrategischen Gründen allen Generationen gefallen. „Modern Talking“ oder „Madonna“ fallen in diese Rubrik, wahrscheinlich auch die „Neue Deutsche Welle“.
Die wichtigste Neuerung im Mediensektor war die Einführung des Privatfernsehens, damit kamen veränderte Inhalt wie unzählige Talkshows, „Seifenopern“ und teilweise ziemlich brutale Spielfilme. Das ist ein eigenes Kapitel.
So, es gäbe noch viel mehr zu sagen, aber jetzt ist erst einmal Schluss. Mir haben die achtziger Jahre sehr gut gefallen, die neue Welt der dritten industriellen Revolution entsprach meinen persönlichen Neigungen und ich hatte zum Glück auch keine finanziellen Probleme.
Als Folge der Wirtschaftskrisen Ende der siebziger und frühen achtziger Jahre kamen in den USA mit Reagan, in England mit Thatcher und in Deutschland mit Helmut Kohl konservative Regierungen an die Macht, die ihren Wählern eine Rückkehr in die sicheren goldenen fünfziger Jahre versprachen. Doch wer das glaubte, sah sich schnell getäuscht. Die rapiden gesellschaftlichen Veränderungen, die zur Verunsicherung vieler Menschen geführt hatten, nahmen jetzt erst richtig Fahrt auf.
Veränderung der Wirtschaftsstruktur
Die alten Industrien wie Stahl, Bergbau, Werften und viele andere erlebten einen raschen Niedergang, besonders dramatisch in den USA und in England, weniger ausgeprägt in Deutschland, aber auch hier kam es zum Verfall einst blühender Industrieregionen im Ruhrgebiet und im Saarland.
In den verbliebenen Industrien kam es angesichts des verschärften Wettbewerbs durch die EU zu tiefgreifenden Veränderungen. Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland, Flexibilisierung der Beschäftigung, Auslagerung von Fertigungsbereichen (Verringerung der Fertigungstiefen, Zulieferproduktion, Just-in time-Anlieferung, Rationalisierungsstrategie der Massenproduktion (economics of scale) mit der Notwendigkeit einer vielfältigeren Produktpalette (economics of scope), Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien auf Basis der Halbleitertechnologien führte zur Flexibiliserung der Massenproduktion, zu Kleinserien und Rationalisierung der Einzelfertigung. Diese Technologien veränderten die starren Hierarchien im Betrieb, Informationsverarbeitung, Steuerungs- und Entscheidungsebenen wurden nach unten verlagert, die Betriebsabteilungen wurden nicht nur für sich als Abteilungen immer stärker computergesteuert konzipiert (in Konstruktion, Fertigung, Qualitätsssicherung), sondern auch über die neuen Technologien miteinander integriert (computerintegrierte Fertigung – CIM).
Die dritte technologische Revolution
Die achtziger Jahre erlebten den Beginn der dritten industriellen Revolution, den Einbruch der Mikroelektronik und integrierten Schaltungen in die Arbeitswelt. Hatte die erste industrielle Revolution vor 200 Jahren mit der Dampfmaschine hauptsächlich Muskelkraft durch Maschinen ersetzt, besteht das Wesen der dritten industriellen Revolution darin, das intellektuelle Fähigkeiten der Menschen auf Maschinen übertragen werden.
Nach Alexander King, dem ehemalige Leiter des Club of Rome befinden wir uns in einer bedeutenden Umbruchphase der Menschheitsgeschichte, die etwa noch dreißig bis fünfzig Jahre dauern wird, an deren Ende ein neuer Typ von Weltgesellschaft stehen wird mit neuen Wertvorstellungen, neuen politischen und administrativen Strukturen und einer veränderten technologischen Basis, die den Lebensstil völlig verändern wird. Der Soziologe Daniel Bell sprach bereits 1973 von der Entstehung einer postindustriellen Gesellschaft, die gekennzeichnet ist durch drei Merkmale: den Übergang zu einer Informations- und Wissen Gesellschaft, Ablösung alter Wirtschaftseliten durch neue Wissensbürokratien und dem Aufkommen einer antibürgerlichen Kultur.
Die Risikogesellschaft
Die neuen Strukturen wurden begleitet von „Deregulierung“ und „Privatisierung“ und „mehr Markt“, das Credo des Neoliberalismus. Auflösung der bisherigen „Normalarbeitsverhältnisse“, flexible Arbeitszeiten, befristete Beschäftigungsverhältnisse, Entstehung von Zeitarbeitsfirmen, Forderung nach Eigeninitiative und „Privatisierung“ des Beschäftigungsgsrisiko, persönliche Vorsorge für Alter und Krankheiten, teilweiser Rückzug des Staates aus der gesellschaftlichen Verantwortung (Helmut Kohl: Die Staatsaufgaben müssen auf ihren Kern zurückgeführt werden).
Zunehmende Differenzierung des Arbeitsmarktes in einige hoch qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze und in prekäre befristete Arbeitsplätze, viele sehr gut ausgebildete Absolventen von Hochschulen sahen sich gezwungen Beschäftigungsverhältnisse unter ihrer Qualifikation einzugehen oder wurden zur Selbstständigkeit gezwungen, was dann manchmal als alternativer Lebensstil verbrämt wurde. Der vollmobile Single präsentierte den neuen Arbeitnehmer der Marktwirtschaft.
Der Soziologe Beck sprach 1987 von der „Risikogesellschaft“. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt führt zur Enttraditionaliserung von Lebenslagen, Freisetzung von Sozialbezügen und Selbstgestaltung des Lebens, klassische Beziehungsmuster lösen sich auf, Individualisierung und Erosion klassischer Sozialbezüge. Die Existenz wird in einer sich ständig verändernden Gesellschaft zu einem permanenten Risiko, neue Technologien entwerten alte Fertigkeiten und erfordern neue, ganze Berufsgruppen verschwinden und neue entstehen, zunehmende Brüche in der Erwerbsbiographie häufen sich, alles ist in fortlaufender Bewegung, die klassischen Grenzen von Stand, Klasse, nationale Zugehörigkeit oder Ethnie bieten in der modernen Gesellschaft keine Sicherheit mehr.
(Reaktionäre Gruppierungen greifen auf diese veralteten sozialen Merkmale wieder zurück, weil sie sonst nichts haben. Meine Meinung jedenfalls)
Der Soziologe Gerhard Schulz schrieb von der „Erlebnisgesellschaft“. Die Menschen gehen nicht Einkaufen, sondern in „Einkaufsparadiese“, Konsum wird zum Erlebnis, durch den Kauf von Waren erhält der Kunde seine eigene Individualität. Das Auto ist nicht Fortbewegungsmittel, sondern vermittelt Fahrerlebnisse und symbolisiert den Status des Besitzers. Konsumistische Dekadenz ist zum Markenzeichen geworden und dient nicht mehr lediglich der Bedürfnisbefriedigung.
Wertewandel
Die traditionellen Werte wie Hochschätzung der Arbeit, Pflicht, Disziplin und Leistung wurden zunehmend abgelöst durch postmaterielle Werte wie dem Streben nach persönlicher Freiheit und Selbstentfaltung. Laut Inglehart kam es im Bewusstsein vieler Menschen zu einer „stillen Revolution“ hin zu postmateriellen Wertebildungen, ausgelöst durch ein hohes Wohlstandsniveau, mehr Freizeit, Verkürzung der Wochenarbeitszeit, mehr Urlaub, längeres Verweilen im Bildungssystem, längere Lebenserwartung nach Eintritt ins Rentenalter. Dies führte zu einer individuelleren Lebensgestaltung und zur Pluralisierung der Lebensstile, während gleichzeitig ältere Institutionen wie die Kirche an Prägekraft verloren. Die deutsche Gesellschaft begann sich aufzuspalten in verschiedene Milieus, die jeweils ihren eigenen Wertekanon verfolgen, während die klassischen „bürgerlichen“ Werte erheblich an Bedeutung verloren.
Hin zur Dienstleistungsgesellschaft
In den achtziger Jahren begann eine immer stärkere Entwicklung hin zur Dienstleistungsgesellschaft. Waren 1970 noch 41,5% der Arbeitnehmer hier beschäftigt, stieg der Anteil 1985 auf 49,4 % und 1991 auf 55,8, 1995 dann auf 61%. Damit liegt die BRD allerdings noch weit hinter den USA und England zurück, da bei uns der industrielle Sektor weiterhin verhältnismäßig groß ist. Doch obwohl nach Überwindung der Krise Anfang der achtziger Jahre ein stetiges Wirtschaftswachstum einsetzte, konnte die Expansion des tertiären Sektors nicht ausreichend Beschäftigungsmöglichkeiten verschaffen. Dies lag daran das: a.) die Rationalisierungswelle auch hier voll durchschlug b.) der Kapitaleinsatz pro Arbeitsplatz sich ständig erhöhte c.) geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt stießen und d.) ein großer Teil des Kapitals nicht im produktiven Sektor angelegt wurde, sondern in den Finanzsektor strömte, wo nur wenige Arbeitsplätze entstanden (Kasino-Kapitalismus). So pendelte sich ein permanenter Sockel von Dauerarbeitslosen in Höhe von etwa 2 Millionen ein.
Soziale Differenzierung
Das verfügbare Einkommen pro Kopf der Bevölkerung stieg von 1970 bis 1991 auf etwa 50 Prozent an, wuchs aber in den achtziger Jahren nicht mehr so schnell. Trotzdem war die Gesellschaft erheblich reicher geworden, doch verteilte er sich dieser nun ungleichmäßiger. Die Lohnquote stieg in den siebziger Jahren von 68 (1970) auf 76% (1980) und fiel dann auf 70% (1991). Die Einkommen der Selbstständigen entwickelten sich umgekehrt, sie begannen in den achtziger Jahren zu steigen. Erzielte diese Gruppe früher ein durchschnittliches Einkommen von circa 140% im Vergleich zum allgemeinen Durchschnitt der Einkommensbezieher, waren es 1990 circa 250 Prozent. Gleichzeitig bildete sich die sogenannte „Neue Armut“ heraus, allein erziehende Mütter, kinderreiche Familien, Jugendliche und Langzeitarbeitslose. Es kam das Stichwort von der „Zwei-Drittel- Gesellschaft“ auf. Während zwei Drittel recht gut leben, vertieft sich der Abstand zum unteren Drittel.
Auch die Jugend differenzierte sich. Es gab unten die „Punks“ und die „Skins“, oben die „Popper“. Dazwischen die Disko-People, die null-Bock Generation und weitere Spielarten.
In der Musik erlebte man den Trend zu einer Unterhaltung, die nun nicht mehr nur auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtet war wie die Popmusik früherer Zeiten, die den Protest der Jugend symbolisierte, sondern sie sollte nun aus marktstrategischen Gründen allen Generationen gefallen. „Modern Talking“ oder „Madonna“ fallen in diese Rubrik, wahrscheinlich auch die „Neue Deutsche Welle“.
Die wichtigste Neuerung im Mediensektor war die Einführung des Privatfernsehens, damit kamen veränderte Inhalt wie unzählige Talkshows, „Seifenopern“ und teilweise ziemlich brutale Spielfilme. Das ist ein eigenes Kapitel.
So, es gäbe noch viel mehr zu sagen, aber jetzt ist erst einmal Schluss. Mir haben die achtziger Jahre sehr gut gefallen, die neue Welt der dritten industriellen Revolution entsprach meinen persönlichen Neigungen und ich hatte zum Glück auch keine finanziellen Probleme.