Renegat hat geschrieben:Laß gut sein, RS, Barbarossa versteht sowieso nur das, was er kennt. Mir vorzuhalten, dass ich mich über den arabischen Frühling genauso freute wie über die Wende, zeigt mir, dass es keinen Sinn hat, mit ihm über allgemeine Werte zu diskutieren...
Ich verstehe nicht, was du jetzt hast. Ich halte es eigentlich für logisch, daß einem die Ereignisse, die die Verhältnisse im eingenen Land grundlegend änderten und zumindest bei uns im Osten sich auch das eigene Leben veränderte, näher sind als der arabische Frühling, den man nur aus der Entfernung beobachtet. Zudem war die friedliche Revolution nun mal weitgehend friedlich - der arabische Frühling jedoch nicht. Letzterer Aspekt ist ja nun eher beklagenswert.
Karlheinz hat geschrieben:... Es zeigte sich 1990, dass die DDR weltweit auch nie wirklich als zweites Deutschland akzeptiert worden war, sondern nur als Provisorium.
Das ist natürlich bemerkenswert. Könnte das am Alleinvertretungsanspruch liegen, den die Bundesregierungen lange Zeit vertraten? Die "
Hallstein-Doktrin" wurde ja erst 1969 aufgegeben.
Die DDR mag anfangs möglicherweise noch als "Provisorium" gedacht gewesen sein. Aber das war die Bundesrepublik mit dem Grundgesetz, das noch nicht mal "Verfassung" genannt wurde schon erst recht. Spätestens mit der neuen DDR-Verfassung von 1974 sah die DDR-Führungsriege die Teilung als endgültig an.
Aber auch wir als jüngere Generation haben eine eventuelle Überwindung der Teilung als utopisch angesehen - jedenfalls bis 1989.
dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
für mich ist es etwas grundverschiedenes Anderes in einer Kirche zu sein und dem Christlichen Glauben zu haben oder in einer Partei zu sein schon garnicht bei den Piraten, den Chaoten-Club, die kein klares Parteiprogramm haben...
...und für mich wäre das eben genau das selbe. Darum habe ich auch nie eine Veranlassung gesehen, irgendwelche Schritte in dieser Richtung zu unternehmen. Für mich ist der Glaube mit der Kirche fest gekoppelt. Und weder mit Religion oder Glaube hatte ich je etwas zu tun. Ist eben so.
Karlheinz hat geschrieben:...Die Ostdeutschen waren keine Feinde in unseren Augen, so wurde das auch nicht in der Schule gelehrt...
Uns versuchte man in der Schule es so beizubringen. Die wenigsten glaubten es und diejenigen, die es glaubten, hatten auch meist Eltern, die "rot" waren.
An einer Spekulation, ob und wieviele NVA-Soldaten desertiert wären, will ich mich gar nicht beteiligen. Denn klar ist, das Schlachtfeld wäre Mitteleuropa gewesen und höchstwahrscheinlich unter dem Einsatz von Atomwaffen, so daß Desertationen letztlich gar keine entscheidende Rolle auf den Verlauf der Dinge gespielt hätten.
Karlheinz hat geschrieben:... Sie redeten über ihr Land in der Sprache der westlichen Kalten Krieger, aber in einer Art und Weise, wie das selbst die Hardliner bei uns schon lange nicht mehr taten...
(...)
Ansonsten hatte ich den Eindruck: Die Bewohner der DDR sind noch viel antikommunistischer als die Menschen in der BRD.
Kein Wunder, wir hatten ja unter dem Regime zu leiden. Auch nach meiner Erinnerung schimpften eigentlich fast alle auf den Staat, bis auf wenige Parteigenossen.
Karlheinz hat geschrieben:Mich störten damals die vielen rassistischen Bemerkungen über Algerier und andere ausländischen Arbeiter in ihrem Land. Das empfand ich als ziemlich unangenehm...
Das gab es, das stimmt. Es gab wirklich nicht wenige, die auf diese Gastarbeiter herabschauten. Vietnamesen wurden abfällig als "Fidschis" bezeichnet - ich glaube, das tun viele heute noch. Woher das kam, kann ich gar nicht sagen. Ob das vielleicht z. T. daher kam, daß sie nur als Hilfsarbeiter eingesetzt wurden? - Ich weiß es nicht. Ich glaube aber, auf die eigenen Landsleute, die von der Hilfsschule kamen oder auch sonst keinen richtigen Beruf gelernt hatten, wurde in ähnlicher Weise herabgeschaut.
Ich habe sogar von einer Abteilung im Stahlwerk gehört, da wurde noch "Führergeburtstag" gefeiert. Sowas erfuhr man aber nur über mehrere Ecken. Von offizieller Seite wurde das totgeschwiegen.
Ich glaube sogar, Homosexuelle hätten hier im Osten heute noch einen schweren Stand, wenn sie sich outen würden.
Insofern geht es hier noch relativ intolerant zu.
dieter hat geschrieben:Was Du vom Desertieren der NVA-Soldaten schreibst glaube ich nicht so ganz, den schließlich wird heute noch in Ostdeutschland die Linke bei freien Wahlen gewählt. In Berlin hat sie vier Wahlkreise errungen...
Das halte ich in den meisten Fällen inzwischen für reinen Opportunismus.
Der Schwager eines früheren Kumpels von mir ist '89 über die Prager Botschaft in den Westen geflüchtet. 1991 besuchten wir ihn zusammen in Düsseldorf, wo er dann wohnte.
Und jetzt kommt's: Ich traute meinen Ohren kaum, als ich ihn darüber schimpfen hörte, daß die Strompreise und anderes wegen dem Osten immer höher stiegen... Ausgerechnet er!
Ich glaube wirklich, viele Menschen sind einfach so: Jeder ist sich selbst der Nächste.
So ist es auch mit der Linkspartei: Früher wurde auf die Kommunisten geschimpft - heute werden sie von vielen gewählt, weil sie deren Versprechunge glauben und einfach vergessen haben, was die Kommunisten früher verbrochen haben.
Nur ich bin da irgendwie anders und ecke möglicherweise deswegen auch hier häufig an. Aber ich muß mich selbst noch im Spiegel betrachten können. Darauf kommt es für mich an.