Hamburg – neuer Gottesstaat?

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Moderator: Barbarossa

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Seit dem 1.Mai treiben sie wieder ihr (Un)Wesen in Hamburg, die Klerikalen vom Evangelischen Kirchentag. Während ich in meinem Büro in der Universität sitze, hat sich direkt vor dem Fenster ein Chor freudig erregter Menschen versammelt und trällert unentwegt fromme Lieder. Ich musste alles verrammeln, der Krach ist unerträglich. Donnerstag und Freitag halte ich normalerweise Vorlesungen, aber vor wenigen Tagen teilte mir unser Unipräsident mit, dass er kurzfristig die Räume an den Kirchentag vermietet hat und meine Veranstaltungen leider ausfallen müssen. Ich bin sauer, die Studenten sind sauer. Ich habe nichts dagegen, wenn ich nicht arbeiten muss, aber wegen der Klerikalen, das geht zu weit!

Das Motto von der Veranstaltung heißt diesmal: „Soviel du brauchst“ und auf der Eröffnungsveranstaltung im Hamburger Hafen erzählte uns die Hamburger Bischöfin die Geschichte von den Israeliten, die unter Führung von Moses durch die Wüste irrten und ständig maulten, vor allem über das fehlende Essen. Am nächsten Tag ließ Gott Manna vom Himmel fallen, um die Querulanten zu beruhigen. Die Klerikalen verteilen in der Stadt jetzt überall kleine Tüten mit Sand, damit wir dieses Wunder nachvollziehen können. Doch die Bischöfin schwärmte so begeistert über diese göttliche Offenbarung und tat, als ob wir kleine Kinde wären. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Als dann auch Herr Gauck auftrat und sagte: „Hier bin ich!“ reichte es mir. Ich versuchte, nach Hause zu kommen, aber es war alles hoffnungslos überfüllt. Über 100.000 Besucher auf den vier Eröffnungsveranstaltungen.

„Soviel du brauchst.“ Was heißt das? Einige brauchen einen Porsche, Privatflug
zeuge oder riesige Häuser, wie z.B. Berlusconi. Als ihm damals Leute zuriefen, er solle nach Hause abhauen, meinte er nur: „Ja, aber wohin denn? Ich habe doch über 20 Villen.“ Solche Probleme haben die meisten Menschen zum Glück nicht. Vielleicht wird sich die Bedeutung der kirchlichen Losung im Laufe der nächsten Tage erschließen.

Die Stadt ist überfüllt von gottbewegten Menschen. Als anständiger Atheist kann man sich unmöglich wohlfühlen. Zum Glück ist es am Sonntag vorbei mit Halleluja.

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Titus Feuerfuchs
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Karlheinz hat geschrieben: [...]Als anständiger Atheist kann man sich unmöglich wohlfühlen. Zum Glück ist es am Sonntag vorbei mit Halleluja.

Was hat Atheismus mit Anstand zu tun? Sind Atheisten aus deiner sicht per se anständiger als Theisten, Deisten oder Agnostiker?
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Karlheinz hat geschrieben: [...]Als anständiger Atheist kann man sich unmöglich wohlfühlen. Zum Glück ist es am Sonntag vorbei mit Halleluja.

Was hat Atheismus mit Anstand zu tun? Sind Atheisten aus deiner sicht per se anständiger als Theisten, Deisten oder Agnostiker?
Das Wort „anständig“ wurde in diesem Satz nicht als moralische Kategorie verwendet, sondern sollte ihm einen leicht ironischen Unterton vermitteln. Ich hatte gehofft, dass dies dem aufmerksamen Leser auch unschwer entgehen würde, denn schließlich ist ja der gesamte Text nicht so bierernst zu verstehen und in einem leicht ironischen Unterton verfasst, worauf ja auch schon die Überschrift hindeutet.

Nun gut, um Missverständnisse auszuschließen, hätte ich das Wort vielleicht in Parenthese setzen sollen oder möglichweise „überzeugten Atheisten“ schreiben sollen, denn als solcher fühlt man sich natürlich etwas unwohl in einer Menschenmenge, die völlig andere Vorstellungen teilt als man selbst.

Wenn man nun aber unbedingt den Gebrauch des Wortes „anständig“ in meinem Satz als wertende moralische Kategorie verstehen will, dann bin ich der Meinung, dass ein Atheist genauso viel oder genauso wenig Anstand besitzt wie ein Deist, Agnostiker oder was auch immer es so geben mag auf dieser Welt. Ich glaube nicht, dass es hier Unterschiede gibt.
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Balduin
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Die Religion jetzt außer Acht lassend: Ist das nicht bei Großereignissen immer so? Ich bin nicht gerade ein Fußballfanatiker - Sonntag Abends wenn ich auf dem Weg nach Heidelberg im Stuttgarter Bahnhof ankomme, werde ich aber von grölenden und brüllenden Fanhorden empfangen, die im Weg herumstehen, die Zuge verstopfen und dabei noch einen herben Biergeruch ausströmen...
Ähnliches bei Konzerten oder Veranstaltungen...

Es betrifft also nicht nur die anständigen Atheisten ;) Ob gläubig oder nicht - manchmal muss man einfach Ruhe bewahren ;)
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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dieter
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Lieber Karlheinz,
bin zwar ev., war aber noch bei keinem Kirchentag dabei. Das Motto "Soviel Du brauchst" bezieht sich sicherlich auf den Ausspruch von Jesus, der sagte: "die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht und ihr Himmlicher Vater ernährt sie doch." Mir ist aber jede Veranstaltung der EKD lieber, als grölende und besoffene Fans der Fußballvereine.
Ich nehme den christlichen glauben auch nicht wörtlich, Jesus war für mich ein Philosoph, siehe Bergpredigt und ein Rabbi den es zu dieser Zeit viele in Judäa gab.
Die Ev. Kirche ist für mich die moderne Fortsetzung des Christentums, Du schriebest selbst von einer Bischöfin, welche das Motte mitteilte. Frauen haben in der Ev.Kirche mehr Verantwortung als bei den Katholiken, sie dürfen Pfarrerin werden, habe selbst bei der Konfirmation unseres Sohne eine nette Pfarrerin kennengelernt. Pfarrer dürfen heiraten und sich zu ihren Kindern bekennen anders als bei den Katholiken, sogar homosexuelle Gemeinschaften werden anerkannt, Kondome sind bei uns nicht verboten :wink: :mrgreen: und Luther hat die Bibel übersetzt und somit die deutsche Schriftsprache geschaffen. :)
Die EKD ist für mich im Gegensatz zu Kathol. Kirche ein Hort der Liberalität. Benedikt hat es fertiggebracht nach 800 Jahren als zweiter Papst einfach den Bettel hinzuschmeißen, der Generalsekretär in Rom sagte, dass keine körperliche Erkrankung vorliegt.
Mein Fazit: Wenn es die EKD nicht gäbe, dann müßte sie erfunden werden, als Gegensatz zur Kathol. Kirche. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Dieter:
Das Motto "Soviel Du brauchst" bezieht sich sicherlich auf den Ausspruch von Jesus, der sagte: "die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht und ihr Himmlicher Vater ernährt sie doch."
Nein, das zugrunde liegende Bibelwort findet sich in der alttestamentarischen Geschichte des Wunders, dass dem hungernden Volk Israel auf seinem Zug durch die Wüste Manna vom Himmel fällt.2.Buch Moses, Kapitel 16, Vers 18. Am Ende haben jede und jeder so viel, wie er oder sie braucht. „Das ist das göttliche Prinzip vom täglichen Brot“, sagte die Theologin, die das Zentrale Büro des Kirchentages in Fulda leitet. Die wegweisende „Routenplanung“ liegt für Ueberschär in der doppelten Aussage: "Gott sorgt für dich, es ist so viel da, wie du brauchst“ – aber auch: „Gebrauche nur so viel, wie da ist!"

Diesen Gedanken schließt sich auch Kirsten Fehrs, die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der gastgebenden Landeskirche, an: „ Es geht um das richtige Maß. Die Israeliten sollen sich nehmen, so viel sie brauchen. Doch – es geht ihnen wie den meisten – das, was der Mensch wirklich braucht, weiß er gar nicht so genau. Geschweige denn, was der oder die Andere wirklich braucht. Und so nehmen die einen viel, die anderen wenig. Folge: Das, was zu viel ist, verdirbt. Den Charakter übrigens auch. Quintessenz: Das, was du wirklich brauchst, gibt Gott überreichlich und täglich neu“.
demark
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Karlheinz hat geschrieben:
...
„Soviel du brauchst.“ Was heißt das? Einige brauchen einen Porsche, Privatflug
zeuge oder riesige Häuser, wie z.B. Berlusconi. Als ihm damals Leute zuriefen, er solle nach Hause abhauen, meinte er nur: „Ja, aber wohin denn? Ich habe doch über 20 Villen.“ Solche Probleme haben die meisten Menschen zum Glück nicht. Vielleicht wird sich die Bedeutung der kirchlichen Losung im Laufe der nächsten Tage erschließen.

Die Stadt ist überfüllt von gottbewegten Menschen. Als anständiger Atheist kann man sich unmöglich wohlfühlen. Zum Glück ist es am Sonntag vorbei mit Halleluja.


"So viel du brauchst!"
Das ist genau so ein blöder Spruch wie: Unser täglich Brot gib uns heute! Seit wann hat Gott nach der Vertreibung aus dem Paradies Brot verteilt, schon gar nicht, so viel gebraucht wurde.
Der Gottesfürchtige musste sich jeden Bissen hart erarbeiten! Und ist am Ende doch verhungert!
"Jedem das Seine!" ist wohl auch ein biblischer Spruch?
Stand am Tor eines bekannten Konzentrationslagers.
"Jedem das Seine für seine Scheine!", damit wollte vor Jahren eine bekannte Handelskette eine Werbekampagne starten, die aber durch das Veto der ostdeutschen Händler abgesagt wurde.
Wieviel besser ist die Losung: "Wir sind das Volk!"
RedScorpion

demark hat geschrieben: ...
Das ist genau so ein blöder Spruch wie: Unser täglich Brot gib uns heute! Seit wann hat Gott nach der Vertreibung aus dem Paradies Brot verteilt, schon gar nicht, so viel gebraucht wurde.
Der Gottesfürchtige musste sich jeden Bissen hart erarbeiten! Und ist am Ende doch verhungert!
...
Ja, leider. Frag Hiob oder Elie Wiesel.

demark hat geschrieben: ...
"Jedem das Seine!" ist wohl auch ein biblischer Spruch?
...
Nö. Eher paganisch.

demark hat geschrieben: ...
Wieviel besser ist die Losung: "Wir sind das Volk!"
Mal losgelöst vom Missbrauch sei es von dem einen Spruch, als auch vom anderen Begriff durch den NS,

wieso? Suum cuique ist jedenfalls realer, konkreter als ein Appell an Phantasmen wie ein Etwas, wie das "Volk".



LG
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dieter
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Karlheinz hat geschrieben:
Dieter:
Das Motto "Soviel Du brauchst" bezieht sich sicherlich auf den Ausspruch von Jesus, der sagte: "die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht und ihr Himmlicher Vater ernährt sie doch."
Nein, das zugrunde liegende Bibelwort findet sich in der alttestamentarischen Geschichte des Wunders, dass dem hungernden Volk Israel auf seinem Zug durch die Wüste Manna vom Himmel fällt.2.Buch Moses, Kapitel 16, Vers 18. Am Ende haben jede und jeder so viel, wie er oder sie braucht. „Das ist das göttliche Prinzip vom täglichen Brot“, sagte die Theologin, die das Zentrale Büro des Kirchentages in Fulda leitet. Die wegweisende „Routenplanung“ liegt für Ueberschär in der doppelten Aussage: "Gott sorgt für dich, es ist so viel da, wie du brauchst“ – aber auch: „Gebrauche nur so viel, wie da ist!"

Diesen Gedanken schließt sich auch Kirsten Fehrs, die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der gastgebenden Landeskirche, an: „ Es geht um das richtige Maß. Die Israeliten sollen sich nehmen, so viel sie brauchen. Doch – es geht ihnen wie den meisten – das, was der Mensch wirklich braucht, weiß er gar nicht so genau. Geschweige denn, was der oder die Andere wirklich braucht. Und so nehmen die einen viel, die anderen wenig. Folge: Das, was zu viel ist, verdirbt. Den Charakter übrigens auch. Quintessenz: Das, was du wirklich brauchst, gibt Gott überreichlich und täglich neu“.
Lieber Karlheinz,
Danke für die Aufklärung, mir ist diese Interpretation auch recht. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Titus Feuerfuchs
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Karlheinz hat geschrieben:
Das Wort „anständig“ wurde in diesem Satz nicht als moralische Kategorie verwendet, sondern sollte ihm einen leicht ironischen Unterton vermitteln. Ich hatte gehofft, dass dies dem aufmerksamen Leser auch unschwer entgehen würde, denn schließlich ist ja der gesamte Text nicht so bierernst zu verstehen und in einem leicht ironischen Unterton verfasst, worauf ja auch schon die Überschrift hindeutet.

Nun gut, um Missverständnisse auszuschließen, hätte ich das Wort vielleicht in Parenthese setzen sollen oder möglichweise „überzeugten Atheisten“ schreiben sollen, denn als solcher fühlt man sich natürlich etwas unwohl in einer Menschenmenge, die völlig andere Vorstellungen teilt als man selbst.
Dass der geschriebene Text sich mitunter schwer tut, dieselbe Bedeutung zu vermitteln, wie das gesprochene Wort in einem persönlichen Gespräch, ist leider nichts Neues.

Danke jedenfalls für die ausführliche Klärung.

Mir sind -gerade in letzter Zeit- schon eine ganze Reihe Atheisten über den Weg gelaufen, die in puncto Fanatismus und Intoleranz so manchem radikalen Theisten in nichts nachstehen. Von daher bin ich wohl etwas übersensibilisiert. :|
Karlheinz hat geschrieben: Wenn man nun aber unbedingt den Gebrauch des Wortes „anständig“ in meinem Satz als wertende moralische Kategorie verstehen will, dann bin ich der Meinung, dass ein Atheist genauso viel oder genauso wenig Anstand besitzt wie ein Deist, Agnostiker oder was auch immer es so geben mag auf dieser Welt. Ich glaube nicht, dass es hier Unterschiede gibt.
Ich auch nicht.

Ich denke allerdings, dass die meisten Menschen irgendein -nennen wir es ethisches Gerüst- brauchen. Das eigene Gewissen reicht da nicht immer. Welches ist das der Atheisten? Ev. andere (politische) Ideologien? :?:
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Barbarossa
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:... Ich denke allerdings, dass die meisten Menschen irgendein -nennen wir es ethisches Gerüst- brauchen. Das eigene Gewissen reicht da nicht immer. Welches ist das der Atheisten? Ev. andere (politische) Ideologien? :?:
Interessante Frage, die du da aufwirfst. :wink:

Ich bin ja auch erklärter Atheist und hab für mich eine klare ethisch-moralische Position gefunden. So schrieb ich bereits im Artikel Gehört der Islam zu Deutschland?:
Schon von König Friedrich II. von Preußen - dem "Alten Fritz" - stammt der Satz:

„Jeder soll nach seiner Façon selig werden“.

Dieser Satz war so modern, dass er noch heute Gültigkeit hat. Die Religion eines jeden Menschen - also woran jeder glaubt oder eben nicht glaubt - ist die Privatsache eines Jeden und geht im Grunde genommen niemand anderen etwas an.
Die Traditionen und damit die Wurzeln der Gesellschaft unserer Republik mögen ganz überwiegend christlich geprägt sein. Die Bundesrepublik wurde überwiegend von Abgeordneten christlichen Glaubens gegründet.
(...)
Neben der Geschichte Deutschlands - die klar christlich geprägt ist - muss man also auch die gegenwärtige Situation erfassen und versuchen, in die Zukunft schauen. Bereits heute ist feststellbar, dass die Bürger in ganz Deutschland zunehmend atheistischer werden oder die Bedeutung des Glaubens für ihr Leben zumindest immer mehr abnimmt. Dies manifestiert sich insbesondere in den zunehmenden Kirchenaustritten. Viele können mit Begriffen wie "reilgiöse Werte", "christliche Leitkultur" oder auch mit dem "Glauben" allgemein kaum noch etwas anfangen. Auch auf solche Entwicklungen muß sich der Staat einstellen können - er muß ausreichend flexibel sein.
(...)
Wenn Menschen auch heute noch sagen, ihnen tut der Glaube gut - er bringt ihnen etwas, weil er ihnen Halt gibt, dann ist das durchaus in Ordnung. Es ist die Privatsache eines Jeden, woran er glauben möchte.
Insgesamt halte ich es persönlich aber mit dem Satz: "Glauben heißt nicht Wissen". Da wir uns zu einer Informations- und Wissensgesellschaft entwickeln, halte ich Religionen bzw. den Glauben langfristig für ein Auslaufmodell. Die staatliche Verfassung hat längst neue Verhaltens- und Rechtsnormen geschaffen, an die sich nun jeder halten muß. Moralisches Handeln ist auch ohne den Glauben und ohne Kirche als moralische Instanz realisierbar.
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RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben:
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:... Ich denke allerdings, dass die meisten Menschen irgendein -nennen wir es ethisches Gerüst- brauchen. Das eigene Gewissen reicht da nicht immer. Welches ist das der Atheisten? Ev. andere (politische) Ideologien? :?:
Interessante Frage, die du da aufwirfst. :wink:

Ich bin ja auch erklärter Atheist und hab für mich eine klare ethisch-moralische Position gefunden.
...
Naja, wobei dabei auch für mich fraglich ist, wie man denn ein Gewissen (welches ja irgendwie schon 'was mit dem "Guten" und dem "Leitenden" an und für sich zu tun hat) losgelöst sehen kann von einer göttlichen Macht in irgendeiner Form zumindest. Warum sollte man "Menschenfreund" oder "Kreationsfreund" sein, wenn man nicht an göttlichen Willen und göttliche Erschaffung glaubt? Aus Opportunismus? Selbsterhaltungstrieb? :problem:

Barbarossa hat geschrieben: ...
Schon von König Friedrich II. von Preußen - dem "Alten Fritz" - stammt der Satz:

„Jeder soll nach seiner Façon selig werden“.
...
Kann ja auch; aber das ist nicht der Punkt.

Viel eher geht's doch darum, ob und wie sich denn das "Gute" auch ausserhalb des Glaubens finden lässt (bzw. ohne den Glauben bzw. ohne Bezugnahme auf den Glauben), und wenn, wie sich das dann konkret äussern soll.

Denn allein die Gesetze tun's eben gerade nicht (jedenfalls nicht allein), was in der Geschichte, gerade eben in der neueren, vielfach brutal sichtbar ist. Ohne die beiden Systeme auf eine Stufe stellen zu wollen, waren weder der NS noch die DDR gesetzlos.

Barbarossa hat geschrieben: ...
Insgesamt halte ich es persönlich aber mit dem Satz: "Glauben heißt nicht Wissen".
...
Seh' ich auch so; aber es ist kein Nachteil, dass es das nicht heisst. Im Ggteil.

Barbarossa hat geschrieben: ...
Da wir uns zu einer Informations- und Wissensgesellschaft entwickeln, halte ich Religionen bzw. den Glauben langfristig für ein Auslaufmodell. Die staatliche Verfassung hat längst neue Verhaltens- und Rechtsnormen geschaffen, an die sich nun jeder halten muß.
...
Da liegt der Irrtum.
Abgesehen von der Kontingenz angeblicher Info- und Wissensgesellschaften (ja, die Realität ist real; allein, der Mensch kann nur durch seine Sinne plausibel machen, was sie sein könnte, naturgegebenermassen),

ist es genau das, was Ratzinger meinte, als er von "Etsi Deus daretur" als Antwort auf (wer war's gleich, Grotius?) "Etsi Deus non daretur" sprach. Und da ist er deutlich moderner als Deine Aussage oben.

Ohne Referenz auf eine übergeordnete Struktur (um nicht von "göttlicher Ordnung" zu sprechen) fährt's sich schlechter, und zwar historisch erheblich schlechter. Von daher mag - wir hatten's im Mursi-3d - der Gottesbezug in modernen Verfassungen teilweise lächerlich erscheinen; als übergeordnete Instanz, auch den Gesetzen der Demokratie übergeordnet, ist er politisch aber eine Erfolgsgeschichte, den Glauben über staatliches Wirken zu stellen, zumindest in den staatlich höchsten Texten.

Staatliche Verfassungen (oder was an ihrer Steller funxt) sind nicht per sé "gut", und Gesetze können's nicht sein (höchstens gerecht).



LG
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Barbarossa
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RedScorpion hat geschrieben:Naja, wobei dabei auch für mich fraglich ist, wie man denn ein Gewissen (welches ja irgendwie schon 'was mit dem "Guten" und dem "Leitenden" an und für sich zu tun hat) losgelöst sehen kann von einer göttlichen Macht in irgendeiner Form zumindest...
Wozu braucht man eine "göttliche Macht", wenn sich längst die von der UNO verkündeten Menschenrechte dabei sind, weltweit durchzusetzen. Wurden die von "Gott" erschaffen?
Sicher nicht. Das war ausschließlich Menschenwerk und zwar von Menschen ganz verschiedener Religionen.
RedScorpion hat geschrieben:... allein die Gesetze tun's eben gerade nicht (jedenfalls nicht allein), was in der Geschichte, gerade eben in der neueren, vielfach brutal sichtbar ist. Ohne die beiden Systeme auf eine Stufe stellen zu wollen, waren weder der NS noch die DDR gesetzlos.
Aber Rechtsstaaten waren beide nicht und zwar deswegen, weil es keine Demokratien waren und darin ähnelten sich beide deutsche Diktaturen tatsächlich sehr.
Nur in einer Demokratie ist auch die Rechtsstaatlichkeit und damit auch die Bürgerrechte gewährleistet (im günstigsten Fall jedenfalls). Damit sind auch die im Grundgesetz festgeschriebenen Bürgerrechte nicht nur Makulatur sondern "unmittelbar geltendes Recht". Und auf Grundlage dieser Bürgerrechte ist es möglich, ein von jeglicher Religion losgelöstes Weltbild aufzubauen.
Das ist das, was ich meinte.
:wink:
Barbarossa hat geschrieben: ...
Da wir uns zu einer Informations- und Wissensgesellschaft entwickeln, halte ich Religionen bzw. den Glauben langfristig für ein Auslaufmodell. Die staatliche Verfassung hat längst neue Verhaltens- und Rechtsnormen geschaffen, an die sich nun jeder halten muß.
...
RedScorpion hat geschrieben:Da liegt der Irrtum.
Abgesehen von der Kontingenz angeblicher Info- und Wissensgesellschaften (ja, die Realität ist real; allein, der Mensch kann nur durch seine Sinne plausibel machen, was sie sein könnte, naturgegebenermassen),

ist es genau das, was Ratzinger meinte, als er von "Etsi Deus daretur" als Antwort auf (wer war's gleich, Grotius?) "Etsi Deus non daretur" sprach. Und da ist er deutlich moderner als Deine Aussage oben.

Ohne Referenz auf eine übergeordnete Struktur (um nicht von "göttlicher Ordnung" zu sprechen) fährt's sich schlechter, und zwar historisch erheblich schlechter...
Sehe ich auf keinen Fall. Der Humanismus und die Aufklärung entstanden ja gerade, weil eine allzu gläubige christliche Gesellschaft sich in der Inquisition und Folter verstrickt hatte und von der Katholischen Kirche spalteten sich die Protestanten ab, weil die Geldgier längst überhand genommen hatte. Auch die Wissenschaft und damit der technische Fortschritt konnte sich erst frei entfalten mit der Durchsetzung des säkularen Staates.
Ich sehe die Kirchen tatsächlich als Bremser jeglichen Fortschritts.
Die Diskussion ist eröffnet!

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RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben:
RedScorpion hat geschrieben:Naja, wobei dabei auch für mich fraglich ist, wie man denn ein Gewissen (welches ja irgendwie schon 'was mit dem "Guten" und dem "Leitenden" an und für sich zu tun hat) losgelöst sehen kann von einer göttlichen Macht in irgendeiner Form zumindest...
Wozu braucht man eine "göttliche Macht", wenn sich längst die von der UNO verkündeten Menschenrechte dabei sind, weltweit durchzusetzen.
...
Ich bin nu bestimmt kein Kulturpessimist; aber "längst" "weltweit"? Und ausgerechnet die UNO ist Deiner Meinung der Garant dafür? :shock:

Barbarossa hat geschrieben: ...
Wurden die von "Gott" erschaffen?
Sicher nicht. Das war ausschließlich Menschenwerk und zwar von Menschen ganz verschiedener Religionen.
...
Hä? Hab' ich irgendwo geschrieben, dass ich dachte, Rechte und Gesetz müssten von Gott geschrieben sein und denkst Du echt, ich wär' beknackt genug, das zu denken (selbst im Iran dürfte man damit Schwierigkeiten haben, imho)?

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:... allein die Gesetze tun's eben gerade nicht (jedenfalls nicht allein), was in der Geschichte, gerade eben in der neueren, vielfach brutal sichtbar ist. Ohne die beiden Systeme auf eine Stufe stellen zu wollen, waren weder der NS noch die DDR gesetzlos.
Aber Rechtsstaaten waren beide nicht und zwar deswegen, weil es keine Demokratien waren und darin ähnelten sich beide deutsche Diktaturen tatsächlich sehr.
Nur in einer Demokratie ist auch die Rechtsstaatlichkeit und damit auch die Bürgerrechte gewährleistet (im günstigsten Fall jedenfalls).
...
Was aber nicht heisst, dass alles, was innerhalb einer voll ausgebildeten, modernen Demokratie geschieht, auch der menschlichen Vorstellung vom "Guten" entspricht (das ist bez. der Kirche(n) auch nicht unbedingt anders, aber ich spreche auch nicht von den Kirchen, sondern vom Glauben). Die nur teilweise gelungene Bewältigung der derzeitigen Euro-Krise ist dafür nicht das schlechteste Beispiel.
Gutgemeinte Policies können sozial und individuell verheerende Folgen haben, während eiskalte Realpolitik mitunter das genaue Gegenteil davon bewirkt. Davon ist die Geschichte geradezu überladen.

Barbarossa hat geschrieben: ...
Damit sind auch die im Grundgesetz festgeschriebenen Bürgerrechte nicht nur Makulatur sondern "unmittelbar geltendes Recht".
...
Bürgerrechte und Gesetze überhaupt sind auch keine Makulatur; allein, sie reichen evtl. nicht. Ein normaler Mensch macht auch dann keine schlimmen Sachen, wenn er nicht Tag und Nacht von staatlichen Organen überwacht wird und mit Gesetzen bedroht.
Auch deswegen hat ein "Allahu akbar" unendlich mehr Power, Anspruch und Gültigkeit als jeglicher Schwur auf Staat und/oder Partei.

Barbarossa hat geschrieben: ...
Und auf Grundlage dieser Bürgerrechte ist es möglich, ein von jeglicher Religion losgelöstes Weltbild aufzubauen.
...
Jein. Will sagen: es reicht nicht. Jeder, der versucht hat, das zu tun (die frz. Revolution tat es gar nicht, es wurde ihr nur angedichtet bzw. Ausländer haben den Eindruck durch die loi de séparation des Églises et de l'État, allerdings von 1905, nicht 1794), ist gescheitert, nicht nur politisch oder militärisch, sondern gerade auch moralisch.


Barbarossa hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: ...
Da wir uns zu einer Informations- und Wissensgesellschaft entwickeln, halte ich Religionen bzw. den Glauben langfristig für ein Auslaufmodell. Die staatliche Verfassung hat längst neue Verhaltens- und Rechtsnormen geschaffen, an die sich nun jeder halten muß.
...
RedScorpion hat geschrieben:Da liegt der Irrtum.
Abgesehen von der Kontingenz angeblicher Info- und Wissensgesellschaften (ja, die Realität ist real; allein, der Mensch kann nur durch seine Sinne plausibel machen, was sie sein könnte, naturgegebenermassen),

ist es genau das, was Ratzinger meinte, als er von "Etsi Deus daretur" als Antwort auf (wer war's gleich, Grotius?) "Etsi Deus non daretur" sprach. Und da ist er deutlich moderner als Deine Aussage oben.

Ohne Referenz auf eine übergeordnete Struktur (um nicht von "göttlicher Ordnung" zu sprechen) fährt's sich schlechter, und zwar historisch erheblich schlechter...
Sehe ich auf keinen Fall. Der Humanismus und die Aufklärung entstanden ja gerade, weil eine allzu gläubige christliche Gesellschaft sich in der Inquisition und Folter verstrickt hatte und von der Katholischen Kirche spalteten sich die Protestanten ab, weil die Geldgier längst überhand genommen hatte.
...
Ja, da fehlt nur noch der Hinweis auf Thomas Müntzer als Kämpfer für den Sozialismus. :wink:

Ernsthaft: Natürlich ist Humanismus auch gegen best. Strömungen innerhalb der Kirche entstanden, allerdings nicht als Antwort auf Folter und Inquisition; ebensowenig ist der Protestantismus (Ds grösster Grundbesitzer ist die ev. Kirche) eine Antwort auf Geldgier.
Aufklärung ist auch kein Produkt von Theoretikern allein aus historisch protestantischen Ländern, im Ggteil.

Das war aber nicht mein Punkt. Sondern vielmehr, dass eben unveräusserliche Grundpfeiler menschlichen Zusammenlebens (oder die Garanten dafür) über staatlichen Institutionen stehen, völlig wurscht, was die 50% +1 dazu sagen. Und damit ist man historisch bisher nicht schlecht gefahren. Während all jene Gesellschaften, die ein neues Weltbild, auf neuen Gesetzen beruhend, die den "neuen Menschen" schufen, in der Katastrophe geendet sind. Es hat ganz wenige Ausnahmen davon. Fällt mir i.M. nur Augustus ein, evtl. Napoleon. Das wären dann allerdings bedeutende Ausnahmen.

Barbarossa hat geschrieben: ...
Auch die Wissenschaft und damit der technische Fortschritt konnte sich erst frei entfalten mit der Durchsetzung des säkularen Staates.
...
Nein, kann man so nicht sagen. Technischer Fortschritt basiert auf technischem Fortschritt, und eine der Grundvoraussetzungen ist nicht so sehr der sekuläre Staat, sondern die Gesellschaft, welche den Dissenz zulässt. Das war in der Geschichte aber seltenst der sekuläre Staat (welcher höchstens dann das Resultat dessen war).
Wobei der technische Fortschritt auch wiederum kein Garant ist für Menschenrechte bzw. das Wohlergehen des Einzelnen; wobei da aber noch nicht das letzte Wort gesprochen ist (ich meine, da tut sich mittlerweile doch so einiges in China).

Barbarossa hat geschrieben: ...
Ich sehe die Kirchen tatsächlich als Bremser jeglichen Fortschritts.
Waren sie bzw. sind sie auch, zumindest teilweise. Aber Du vermischst (weltliche) Kircheninstitutionen und (transzendentalen) Glauben. Das hat zwar auch z.T. starke Berührungspunkte, ist aber absolut nicht dasselbe.



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Barbarossa hat geschrieben:Wozu braucht man eine "göttliche Macht", wenn sich längst die von der UNO verkündeten Menschenrechte dabei sind, weltweit durchzusetzen.
...
RedScorpion hat geschrieben:Ich bin nu bestimmt kein Kulturpessimist; aber "längst" "weltweit"? Und ausgerechnet die UNO ist Deiner Meinung der Garant dafür? :shock:
Sollte es sein und ist m. E. zunehmend erfolgreich dabei, weil die Mitgliedsstaaten für die Durchsetzung der UN-Beschlüsse sorgen. Ich sehe die Entwicklung der UNO durchaus positiv und diese Entwicklung wird hoffentlich immer erfolgreicher fortgesetzt.
RedScorpion hat geschrieben:Hä? Hab' ich irgendwo geschrieben, dass ich dachte, Rechte und Gesetz müssten von Gott geschrieben sein und denkst Du echt, ich wär' beknackt genug, das zu denken (selbst im Iran dürfte man damit Schwierigkeiten haben, imho)?
Na - zumindest bei den streng gläubigen Iranern wäre ich mir da nicht so sicher.
:wink:
Aber die 10 Gebote kamen laut der Bibel doch direkt von "Gott" oder? (per e-Mail oder so... :mrgreen: )
RedScorpion hat geschrieben:Was aber nicht heisst, dass alles, was innerhalb einer voll ausgebildeten, modernen Demokratie geschieht, auch der menschlichen Vorstellung vom "Guten" entspricht (das ist bez. der Kirche(n) auch nicht unbedingt anders, aber ich spreche auch nicht von den Kirchen, sondern vom Glauben)
(...)
Bürgerrechte und Gesetze überhaupt sind auch keine Makulatur; allein, sie reichen evtl. nicht...
Warum nicht?
Im Grunde sprechen wir doch von ganz ähnlichen Dingen.
Du meinst, es bedürfe christlicher Werte, um ein halbwegs friedliches und gerechtes Zusammenleben von Menschen zu ermöglichen. Das funktioniert aber nur, wenn alle diese Werte respektieren und sich an die Gebote und die Werte halten. Richtig?

Das gleiche ist es doch aber auch mit den im Grundgesetz festgeschriebenen Grundrechten bzw. Bürgerrechten. Auch sie (und gerade sie!) sind Garant für unsere Individualrechte, auf die jeder einzelne einen Anspruch hat. Dieser Anspruch muß aber auch jeder einzelne dem anderen zugestehen und auch dessen Rechte respektieren. Daraus entsteht dann der tief moralische Grundsatz:
"Was du nicht willst, das man dir antut, das füge auch keinem anderen zu."
Wenn sich daran jeder hält (zumindest in der Masse), dann hat das genau den gleichen Effekt, wie religiös-ethische Werte. Bei letzteren sehe ich jedoch noch das Problem, daß es nicht nur eine Religion gibt, sondern - vor allem durch Migration - eine Vielzahl von Religionen und Konfessionen. Da stellt sich dann sogar noch die Frage nach welchen religösen Werten man sich richten soll. Da gibt es unter Umständen gravierende Unterschiede.
Die Grundrechte des deutschen Grundgesetzs gelten dafür für alle in Deutschland lebenden Menschen gleichermaßen. Deswegen würde ich dieses vermutlich sogar dann favorisieren, wenn ich religös wäre.
:wink:

Und genau darum würde ich dir auch bei folgender Aussage widersprechen:
RedScorpion hat geschrieben:... Das war aber nicht mein Punkt. Sondern vielmehr, dass eben unveräusserliche Grundpfeiler menschlichen Zusammenlebens (oder die Garanten dafür) über staatlichen Institutionen stehen, völlig wurscht, was die 50% +1 dazu sagen. Und damit ist man historisch bisher nicht schlecht gefahren. Während all jene Gesellschaften, die ein neues Weltbild, auf neuen Gesetzen beruhend, die den "neuen Menschen" schufen, in der Katastrophe geendet sind. Es hat ganz wenige Ausnahmen davon. Fällt mir i.M. nur Augustus ein, evtl. Napoleon. Das wären dann allerdings bedeutende Ausnahmen.
RedScorpion hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: ...
Auch die Wissenschaft und damit der technische Fortschritt konnte sich erst frei entfalten mit der Durchsetzung des säkularen Staates.
...
Nein, kann man so nicht sagen. Technischer Fortschritt basiert auf technischem Fortschritt, und eine der Grundvoraussetzungen ist nicht so sehr der sekuläre Staat, sondern die Gesellschaft, welche den Dissenz zulässt. Das war in der Geschichte aber seltenst der sekuläre Staat (welcher höchstens dann das Resultat dessen war).
Wobei der technische Fortschritt auch wiederum kein Garant ist für Menschenrechte bzw. das Wohlergehen des Einzelnen; wobei da aber noch nicht das letzte Wort gesprochen ist (ich meine, da tut sich mittlerweile doch so einiges in China).
Das ist teilweise richtig. Natürlich ist technischer Fortschritt kein Garant für Menscherechte. Aber er fördert den Wohlstand der Menschen.
Wird die Wissenschaft aber bevormundet und die Wissenschaftler in ihrem Forscherdrang eingeengt, im Extremfall sogar dermaßen, daß ihnen Gefängnis oder schlimmeres droht, dann wird nicht nur der technische Fortschritt behindert, sondern auch Menschenrechte verletzt. Dies ist in den totalitären Diktaturen des 20. Jh. genauso passiert, wie in den christlichen Ländern des Mittelalters, die eben nicht säkular waren. "Das Wort Gottes" stand hier über allem und schon der leiseste Widerspruch dagegen konnte schlimmste Folgen haben.
Der Grund dafür ist klar: Da die meisten Forschungsergebnisse der Wissenschaftler im Widerspruch zur Bibel standen, die Kirche sich aber als unfehlbar betrachtete, konnte eben nicht sein, was nicht sein durfte. Denn völlig zu Recht mußte die Kirche befürchten, daß alles andere ihre Macht erschüttert hätte. Letztlich kam es auch genau so, wie es kommen mußte. Das Ergebnis war der säkulare Staat, der genau in dem Augenblick entstand, als die Kirche die Macht einbüßte.
Aber auch die Bürgerrechte in den säkularen Staaten mußten sich erst entwickeln, aber ich denke, alles in allem sind wir jetzt im begonnenen 21. Jh. auf einem guten Weg.
:wink:
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