Der frühe Nationalismus der Deutschen

"Deutschland - aber wo liegt es?" Goethe

Moderator: Barbarossa

RedScorpion

Peppone hat geschrieben: ...
Stopp. Mit "teodisce" bezeichneten die (Ober-)Italiener zuerst die (Umgangs-)Sprache derjenigen von nördlich der Alpen, mit denen sie Kontakt hatten. Und das waren zuallererst Schwaben/Alemannen sowie Bajuwaren/Bayern.
Und nachdem Schwaben und Bayern im Frühmittelalter im Wesentlichen noch den gleichen Dialekt sprachen, war die einheitliche Bezeichnung für diese Sprache und damit auch für die dazugehörige Bevölkerung auch logisch. Als sich im Norden der Alpen ein relativ einheitliches Reichsgebiet etablierte, das dann auch auf Oberitalien ausgriff, bürgerte sich die Bezeichnung bei den Oberitalienern für alle, die nördlich der Alpen lebten und eine ähnliche (!) Sprache sprachen, ein.

Für die ITALIENER also hörten sich alle Ostfranken ähnlich an, lediglich die Bayern und Schwaben waren aus ihrer Sicht EIN Volk.
...
Wär' mir neu.

Die Stotterer im Norden wird man sowieso nicht an der Sprache unterschieden haben, denn gemein ist und war ihnen ja, dass sie alle gleichviel stotter(te)n, und da vom Kulturvolk ein wenig viel abverlangt wird, aus dem unästhetischen Kauderwelsch auch noch Unterschiede heraushören zu müssen.
Sondern einfach halbwegs an der geographisch-kulturellen Herkunft bzw. Zuordnung derselben.

So war das Fondaco dei Tedeschi in Venedig m.W. für alle Händler aus dem Gebiet nördlich der Alpen und westlich der Mosel vorgesehen, auch für Polen und "sogar" für Russen.



LG
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dieter
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Peppone hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:die Italiener, die es damals natürlich noch nicht gab, bezeichneten die Sprache, welche die Ostfranken sprachen als theodisk und betrachteten die Ostfranken als ein Volk, das setzte sich anscheinend bei unseren Ahnen erst viel später durch. :wink:
Stopp. Mit "teodisce" bezeichneten die (Ober-)Italiener zuerst die (Umgangs-)Sprache derjenigen von nördlich der Alpen, mit denen sie Kontakt hatten. Und das waren zuallererst Schwaben/Alemannen sowie Bajuwaren/Bayern.
Und nachdem Schwaben und Bayern im Frühmittelalter im Wesentlichen noch den gleichen Dialekt sprachen, war die einheitliche Bezeichnung für diese Sprache und damit auch für die dazugehörige Bevölkerung auch logisch. Als sich im Norden der Alpen ein relativ einheitliches Reichsgebiet etablierte, das dann auch auf Oberitalien ausgriff, bürgerte sich die Bezeichnung bei den Oberitalienern für alle, die nördlich der Alpen lebten und eine ähnliche (!) Sprache sprachen, ein.

Für die ITALIENER also hörten sich alle Ostfranken ähnlich an, lediglich die Bayern und Schwaben waren aus ihrer Sicht EIN Volk. Und ursprünglich war es ja auch so. Hier hätten wir also einen von AUßEN aufgeprägten (Frühest-)Nationalismus vor uns. Die Bayern und Schwaben und noch viel mehr die Franken/Hessen, Sachsen und Friesen sahen das GANZ anders...

Ähnliches passierte von Seiten der Westfranken, für die östlich des Rheins irgendwann einmal nur noch Alemannen lebten, und auch von Seiten der Böhmen/Tschechen, deren Begriff für "Deutscher (m)" bzw. "Deutsch (f)" - Nemec bzw. Nemka - ebenfalls ursprünglich lediglich die Bezeichnung für Bayern war und dann zur Bezeichnung für alle Deutschen wurde.

Beppe
Lieber Beppe,
vielen Dank für diese Aufklärung. :) Dass es mal mit der Sprache angefangen hat, ist doch völlig klar. :wink:
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Barbarossa
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In dieses Thema passt auch ganz vorzüglich eine Frage dazu. In gleich zwei Büchern von mir wird folgende Reichsbezeichnung erwähnt: >>920: Erstmalige urkundliche Erwähnung des Namens "Regnum Teutonicum"<< (Quelle: Daten der Weltgeschichte - Hellweg/Linne) und >>Erhebung Arnulfs von Bayern zum König "in regno Teutonicum"<< (Weltgeschichte, Band 1)
Anscheinend gab es bereits eine frühzeitige Reichsbezeichnung als Deutsches Reich. Ich bin bisher immer davon ausgegangen, daß einzig die Erhöhung zum HRR diese Reichsbezeichnung in den Hintergrund treten ließ.
Oder was sonst hat es damit auf sich?

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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:In dieses Thema passt auch ganz vorzüglich eine Frage dazu. In gleich zwei Büchern von mir wird folgende Reichsbezeichnung erwähnt: >>920: Erstmalige urkundliche Erwähnung des Namens "Regnum Teutonicum"<< (Quelle: Daten der Weltgeschichte - Hellweg/Linne) und >>Erhebung Arnulfs von Bayern zum König "in regno Teutonicum"<< (Weltgeschichte, Band 1)
Beide Angaben beziehen sich auf das gleiche Ereignis: Nach dem Tod Konrads I. kehrte Arnulf von Bayern ("der Böse", der Beiname kam von den Klöstern, die Arnulf säkularisiert hatte, um seine Schulden aus den Ungarnkriegen zu bezahlen) mit ungarischer Hilfe nach Bayern zurück und baute sich eine Stellung auf, die der eines Königs (von Bayern) gleichkam. Für 920 wird berichtet, er habe sich zum "rex teutonicorum" krönen lassen.
Ob er sich je König von Bayern nannte b zw. als solcher anerkannt war oder ob er sich gar zum Gegenkönig von Heinrich I. machen ließ, ist nach wie vor ein Streitpunkt.
Meine Meinung ist, dass es eben zu dieser Zeit völlig unüblich war, von einem "regnum teutonicum" zu reden, wenn man das Gesamtreich meinte. Die Titulatur Arnulfs ist also demzufolge ein Indiz dafür, dass er sich lediglich zum König der Bayern machte, die zu dieser Zeit auch nachgewiesenermaßen mit dem Begriff "teutonicum" gemeint waren. Die anderen später "deutschen" Völker bezeichnete man damals noch als Ostfranken bzw. als Schwaben, Sachsen, Franken, Friesen, Slawen.
Da er sich allerdings in dieser königsgleichen Stellung behaupten konnte, königliche Pflichten und Rechte innerhalb Bayerns wahrnahm, sogar eine eigenständige Außenpolitik betrieb (Böhmen, Italien) und darin NICHT von Heinrich beeinträchtigt wurde, gehe ich davon aus, dass seine Stellung als bayerischer Unterkönig von Heinrich I. akzeptiert war.

Beppe
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Barbarossa
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Ah ja. Taucht diese Reichsbezeichnung nach Arnulf nie wieder irgendwo in Dokumenten auf? Auch nicht für den deutschen Reichsteil?
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:Ah ja. Taucht diese Reichsbezeichnung nach Arnulf nie wieder irgendwo in Dokumenten auf? Auch nicht für den deutschen Reichsteil?
Doch, wenn die Päpste oder andere Kaisergegner die "römisch-deutschen" Kaiser herabsetzen wollten.

Denn die Volkssprache wurde erst im Zuge der Neuzeit den "klassischen" Sprachen Griechisch, Latein und Hebräisch als gleichwertig erachtet. Und obwohl auch schon Meister Eckhard, Walther oder Wolfram bemerkenswert diffizile Sachverhalte in (Mittelhoch-)Deutsch ausdrücken konnten, war das Deutsche auch tatsächlich noch lange Zeit den alten Sprachen unterlegen. Darüberhinaus war Latein ganz einfach "die" Sprache schlechthin, alle Volkssprachen waren "Gestotter", wie´s RS so schön ausdrückte, Gebrabbel, Kauderwelsch, eines wahrhaft Gebildeten unwürdig - zumindest in der Einschätzung derer, auf die es ankam...

Wer also einen Herrscher allein mit der ach so primitiven Volkssprache in Verbindung brachte, bezeichnete ihn damit selbst als unwürdig, quasi als "Bauernkaiser".

Beppe
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Barbarossa
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Peppone hat geschrieben:...Darüberhinaus war Latein ganz einfach "die" Sprache schlechthin, alle Volkssprachen waren "Gestotter", wie´s RS so schön ausdrückte, Gebrabbel, Kauderwelsch, eines wahrhaft Gebildeten unwürdig - zumindest in der Einschätzung derer, auf die es ankam...
Und ich glaube, da liegt auch schon "der Hase im Pfeffer begraben". Eine andere Sprache so zu diffamieren, ist schon Ausdruck einer gewissen Arroganz. Da sieht man, daß auch sogenannte "Gebildete" vor solchen menschlichen Fehlern, wie Überheblichkeit, nicht gefeit sind.
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Der Germane
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Moin Barbarossa,

ganz meiner Meinung!
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
Peppone hat geschrieben:...Darüberhinaus war Latein ganz einfach "die" Sprache schlechthin, alle Volkssprachen waren "Gestotter", wie´s RS so schön ausdrückte, Gebrabbel, Kauderwelsch, eines wahrhaft Gebildeten unwürdig - zumindest in der Einschätzung derer, auf die es ankam...
Und ich glaube, da liegt auch schon "der Hase im Pfeffer begraben". Eine andere Sprache so zu diffamieren, ist schon Ausdruck einer gewissen Arroganz. Da sieht man, daß auch sogenannte "Gebildete" vor solchen menschlichen Fehlern, wie Überheblichkeit, nicht gefeit sind.
Lieber Barbarossa,
sog. "Gebildete" sind auch nur Menschen. :wink:
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Barbarossa hat geschrieben:
Peppone hat geschrieben:...Darüberhinaus war Latein ganz einfach "die" Sprache schlechthin, alle Volkssprachen waren "Gestotter", wie´s RS so schön ausdrückte, Gebrabbel, Kauderwelsch, eines wahrhaft Gebildeten unwürdig - zumindest in der Einschätzung derer, auf die es ankam...
Und ich glaube, da liegt auch schon "der Hase im Pfeffer begraben". Eine andere Sprache so zu diffamieren, ist schon Ausdruck einer gewissen Arroganz. Da sieht man, daß auch sogenannte "Gebildete" vor solchen menschlichen Fehlern, wie Überheblichkeit, nicht gefeit sind.
Hat damit null bis gar nix zu tun.

Wenn es um die Fremdbezeichnung einer Sprache geht, ist das entscheidende Unterscheidungsmerkmal eben der unterschiedliche Klang einer Sprache, wenn man sie nicht versteht,

und da sind Bezeichnungen wie "Barbarisch" oder "Nemec" o.ä. nicht abwertend, sondern eher Ausdruck des Ingroup-Outgroup lang vor dem Auftauchen des Nationenbegriffes.


Im Fall des Lateinischen als Lingua franca sieht's etwas anders aus, war aber eher Reaktion auf mangelnde Standardisierung und v.a. mangelnde Schreibbarkeit der lokalen Idiome,

und nicht Ausdruck einer Geringschätzung der "Volkssprache". Da wär'n wir eher im Bereich der Diglossie, welche aber wieder im Kommen ist.



LG
Renegat
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In den letzten Beiträgen ging es um ein ganz anderes "früher" als im Eingangsbeitrag. Dort ging es um das 19. Jhdt, das Nationenbildungsjahrhundert. Da ich keinen neuen Thread eröffnen will, schließe ich meine Frage hier an.
Durch die zur Zeit aktuellen Diskussionen zum 1. WK, guckt man auch auf die Zeit davor, bes wenn man sich überlegt, dass die Ereignisse zeitlich so nahe zusammenliegen, dass ein damals lebender Mensch einiges selbst erlebt und mündlich an seine Nachkommen weitergegeben haben muß.
Dabei fällt mir auf, dass sich die Nationenbildung iW durch Abgrenzung von Anderen vollzog. Der Andere war oft der benachbarte Feind. Sogar in F reichte die Revolution offensichtlich nicht aus, um aus Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ein Nation zu formen, Napoleon mußte mit diesen Gedanken halb Europa zwangsbeglücken. In D führten erst ein paar Kriege z.B. gegen Dänemark, Preußen gegen Ö + deutschen Bund und gegen F zur Vorherrschaft Preußens.
Vielleicht liegt es auch an dieser mow gewaltsam durchgesetzten Hegemonie Preußens, dass das Nationalgefühl in D so unterschiedlich ausgeprägt ist.
Was meint ihr? Sind rationale, demokratisch entstandene, politische Zusammenschlüsse dauerhafter als solche, die aus gewonnenen Kriegen, also Unterwerfung, entstanden sind?
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dieter
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Lieber Renegat,
das könnte möglich sein, aber soweit wird kein Politiker des 19.Jahrhunderts gedacht haben. :wink:
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Renegat hat geschrieben: ...
Durch die zur Zeit aktuellen Diskussionen zum 1. WK, guckt man auch auf die Zeit davor, bes wenn man sich überlegt, dass die Ereignisse zeitlich so nahe zusammenliegen, dass ein damals lebender Mensch einiges selbst erlebt und mündlich an seine Nachkommen weitergegeben haben muß.
Dabei fällt mir auf, dass sich die Nationenbildung iW durch Abgrenzung von Anderen vollzog. Der Andere war oft der benachbarte Feind.
...
Nach der neulich hier im Forum als "neomarxistisch" abqualifizierten Frankfurter Schule ist die Nation, so wie sie nach dem Abgang Napoleons gesehen wurde, in der Tat ein öffentliches Gebilde, in dem der Einzelne an allen Bereichen des sozialen Lebens teilnehmen konnte, und zwar als Person (also nicht als Ausdruck differenzierter, persönlicher Meinungen zu einzelnen Themen oder Weber'schen Teilsystemen), was auch der Grund dafür ist, warum sich die Nation des 19. Jhs schwertut mit Demokratie und Minderheiten auf allen Gebieten. Und das lief auf Ingroup-Outgroup, Abgrenzung zum Nachbarn und relativer Aggressivität gegenüber dem "Anderen" hinaus (Sozialisten, Katholiken, ...).

Renegat hat geschrieben: ...
Sogar in F reichte die Revolution offensichtlich nicht aus, um aus Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ein Nation zu formen, Napoleon mußte mit diesen Gedanken halb Europa zwangsbeglücken.
...
Ja, nur ist Napoleon ja überhaupt erst Symptom bzw. Ausdruck der Verteidigung der Revolution gegen die Aggression des Absolutismus aus dem Ausland (und teilweise auch Inland sogar), und von daher auch und v.a. Getriebener.
Ansonsten war es für einen Franzosen wurscht, ob ein Macdonald nu frz. oder schottischer Herkunft war, andersherum hat sich die Revolution aber auch nicht darum geschert, dass die Einwohner der Vendée Franzosen waren.


Renegat hat geschrieben: ...
Vielleicht liegt es auch an dieser mow gewaltsam durchgesetzten Hegemonie Preußens, dass das Nationalgefühl in D so unterschiedlich ausgeprägt ist.
...
Davon gehe ich auch aus.
Zumal man Preussen 1848 niemals echt verziehen hat, imho.
Und was ein Hannoveraner oder Hesse zur Zwangsbeglückung nach 1866 sagte, steht auch auf einem anderen Blatt.


Renegat hat geschrieben: ...
Was meint ihr? Sind rationale, demokratisch entstandene, politische Zusammenschlüsse dauerhafter als solche, die aus gewonnenen Kriegen, also Unterwerfung, entstanden sind?
Wahrscheinlich ja. Wobei's so viele Beispiele rationaler, demokratisch entstanderer polit. Zsschlüsse ja nicht gibt. Teilweise zumindest die USA, Schweiz, die NL, Belgien evtl., Staaten in Südamerika (wobei da auch Trennungen Hand in Hand mit den Vereinigungen gehen), VAE.
Sonst auch schonmal durch Personalunion und Erbschaft, auch nicht immer die allerschlechteste Methode.
Imho dauerhaftere Lösungen als der ausschliessliche "Versuch" mit dem Schwert, ja.




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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:In den letzten Beiträgen ging es um ein ganz anderes "früher" als im Eingangsbeitrag. Dort ging es um das 19. Jhdt, das Nationenbildungsjahrhundert. Da ich keinen neuen Thread eröffnen will, schließe ich meine Frage hier an.
Durch die zur Zeit aktuellen Diskussionen zum 1. WK, guckt man auch auf die Zeit davor, bes wenn man sich überlegt, dass die Ereignisse zeitlich so nahe zusammenliegen, dass ein damals lebender Mensch einiges selbst erlebt und mündlich an seine Nachkommen weitergegeben haben muß.
Dabei fällt mir auf, dass sich die Nationenbildung iW durch Abgrenzung von Anderen vollzog. Der Andere war oft der benachbarte Feind. Sogar in F reichte die Revolution offensichtlich nicht aus, um aus Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ein Nation zu formen, Napoleon mußte mit diesen Gedanken halb Europa zwangsbeglücken. In D führten erst ein paar Kriege z.B. gegen Dänemark, Preußen gegen Ö + deutschen Bund und gegen F zur Vorherrschaft Preußens.
Vielleicht liegt es auch an dieser mow gewaltsam durchgesetzten Hegemonie Preußens, dass das Nationalgefühl in D so unterschiedlich ausgeprägt ist.
Was meint ihr? Sind rationale, demokratisch entstandene, politische Zusammenschlüsse dauerhafter als solche, die aus gewonnenen Kriegen, also Unterwerfung, entstanden sind?
Ich glaube, jedes staatliche Gebilde benötigt ein landesweit verbindendes Element.
Um das zu erklären, schaue dazu einfach mal in die Geschichte zurück:

Ich hab an anderer Stelle bereits das Frankenreich als Beispiel gebracht, das abgesehen von den zahlreichen dynastischen Teilungen ansonsten ein stabiles Reich war - und das trotz der Tatsache, dass der romanische Westeil komplett erobert worden war. Alle Bewohner des Reiches verstanden sich als Franken. Um das Reich inklusive der Eroberungen dauerhaft stabil zu halten, trat König Chlodwig zum Katholizismus über. Die unterworfenen germanischen Stämme wurden zum Christentum bekehrt - unter Karl dem Großen sogar vor allem mit dem Schwert. Das bedeutet, der gemeinsame Glaube wurde hier zum verbindenden Element.

Auch das Römische Reich war ein Sammelsorium verschiedener Völker. Dass dieses Reich relativ stabil war, mag an der raschen Gleichberechtigung aller Reichsteile und der Romanisierung großer Teile der Bevölkerung gelegen haben.

Bei Napoleon I. gab es kein verbindendes Element. Sein Versuch, ganz Europa zu unterwerfen, musste irgendwann scheitern, weil seine Herrschaft ausschließlich als Fremdherrschaft empfunden wurde, und das, obwohl sie soziale Erleichterungen für das Volk mit sich brachte.

Das Deutsche Kaiserreich wiederum hatte dieses verbindende Element - den Nationalismus. Ich gehe auch davon aus, dass dieser Staat heute noch existieren würde, hätte es nicht zwei Weltkriege gegeben.

Bei der EU vermisse ich jegliches verbindende Element. Das einzige, das Europa heute zusammenhält, ist die Angst vor einem neuen Krieg in Europa. Das scheint mir aber zu wenig zu sein, zumal man ja sagt: "Angst ist ein schlechter Ratgeber."
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Renegat
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Barbarossa hat geschrieben: Das Deutsche Kaiserreich wiederum hatte dieses verbindende Element - den Nationalismus. Ich gehe auch davon aus, dass dieser Staat heute noch existieren würde, hätte es nicht zwei Weltkriege gegeben.
Irgendwie zirkelschlüssig , die zwei Weltkriege gab es ja auch wegen des Nationalismus.
Barbarossa hat geschrieben:Bei der EU vermisse ich jegliches verbindende Element. Das einzige, das Europa heute zusammenhält, ist die Angst vor einem neuen Krieg in Europa. Das scheint mir aber zu wenig zu sein, zumal man ja sagt: "Angst ist ein schlechter Ratgeber."
Das ist doch nicht das einzige verbindende Element in Europa...guck doch auf die Beispiele in deinem Beitrag oben. Das fränkische und das römische Reich waren europäische Reiche. Also hat Europa eine verbindende Geschichte.
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