Barbarossa hat geschrieben:Vielen Dank für deine Ausführungen, Karlheinz, die sehr verständlich geschrieben sind.
Was mich in Bezug auf die Staatsschuldenkrise einmal interessieren würde:
Ursache ist ja die Überschuldung der Staaten. Aber warum hat man sich derart überschuldet, daß es nun für einige Staaten keinen anderen Ausweg mehr gibt, als unter den Rettungsschrim zu schlüpfen.
Haben die Regierungen einfach nur schlecht gewirtschaftet (im Falle von Griechenland würde ich tatsächlich die exorbitante Korruption ["Fakelaki"] bis in die untersten Schichten der Bevölkerung als Grund vermuten) oder spielt auch der Kalte Krieg dabei noch eine Rolle (Zinseszinseffekt aus Altschulden dieser Zeit, die aufgenommen werden mußten wegen des Konkurrenzkampfes der Systeme)?
Das Problem der Staatsverschuldung ist nicht so ganz einfach zu erklären. Ich versuche es erst allgemein und dann am Beispiel Griechenlands.
Traditionell hat der Staat Einnahmen durch Steuern, dem Ausgaben gegenüberstehen.
Also: Einnahmen (Steuern)= Ausgaben.
Spätestens seit der großen Krise von 1929 reichen aber die normalen Steuereinnahmen nicht aus, deshalb hat jeder Staat auch zusätzlich Schulden aufgenommen, also
Einnahmen (Steuern) + Kredite = Ausgaben
Da Kredite zurückgezahlt werden müssen, erweitert sich die Gleichung noch etwas
Einnahmen (Steuern) + Kredite = normale Ausgaben (z.B. Sozialausgaben) + Sonderausgaben(Tilgung und Zinsen für Kredite)
Solange die Wirtschaft wächst, bereitet die Rückzahlung der Kredite kein Problem. Im Prinzip arbeitet der Staat ähnlich wie eine Firma, die Fremdkapital bei einer Bank aufgenommen hat und dies zurückzahlen muss. Wenn die Geschäfte gut laufen, ist dies kein Problem.
Schwierig wird es, wenn man die aufgenommenen Kredite nicht zurückzahlen kann und Geld aufnehmen muss, um Tilgung und Zinslast alter Kredite gewährleisten zu können. Also neue Kredite aufnehmen, um alte Kredite zu bezahlen. Dann wird es schwierig. So etwas passiert meistens, wenn die Wirtschaft lahmt, die Ausgaben aber nicht kurzfristig gesenkt werden können.
Als Griechenland 1981 in die EU aufgenommen wurde, war es ein sehr armes und unterentwickeltes Land und sollte mit ausländischer Hilfe auf westeuropäisches Niveau angehoben werden. Deshalb bekam Griechenland viele Jahre fast die Hälfte aller EU-Subventionen, die verteilt wurden.
Der griechische Haushalt sah dann so aus:
Einnahmen (Steuern) + Subventionen = Ausgaben
Weil auch das noch nicht reichte, nahm man zusätzlich Schulden auf:
Einnahmen (Steuern) + Subventionen + Kredite = Ausgaben
Die Ausgaben entsprachen nicht der eigenen Wirtschaftsleistung Griechenlands. Sie waren viel zu hoch und überwiegend fremdfinanziert. Dies konnte nicht ewig funktionieren.
Die Lage wäre nicht so schlimm geworden, hätte man das Fremdkapital in Griechenland produktiv angelegt und damit die Wirtschaftskraft erhöht. Das geschah aber nicht, stattdessen wurde es überwiegend konsumtiv angelegt.
Schauen wir uns die Ausgaben an: Es entstand ein riesiger unproduktiver Staatsapparat mit 1,1 Mill Beschäftigten bei 10 Millionen Einwohner (24 % aller Arbeitnehmer). In Deutschland sind es 4,6 Millionen bei 82 Mill. Einwohner. (10% aller Arbeitnehmer). Sie erhielten zumeist 14 Gehälter und sehr hohe Pensionen.
Überdurchschnittlich hohe Löhne im öffentlichen und auch in einigen privaten Sektoren und
sehr hohe Sozialleistungen für die Bevölkerung zeichneten die griechische Gesellschaft aus.
Waren die Ausgaben völlig überproportioniert, ist es bei den Staatseinnahmen genau umgekehrt gewesen. Vermutlich als Wahlgeschenke waren zahlreiche Steuern gesenkt worden. Die Steuersätze auf Gewinne und Vermögen sind viel niedriger als in Deutschland. Es gibt eine umfangreiche Schattenwirtschaft, die überhaupt nichts zahlt. Manche Steuerarten, wie die kürzlich neu eingeführte Grundsteuer, kann gar nicht erhoben werden, da es keine funktionierenden Katasterämter gibt. Die riesige Verwaltung arbeitet im Leerlauf.
Die Troika versucht, die völlig überdehnte Ausgabenstruktur mit der realen Wirtschaftskraft des Landes in Übereinstimmung zu bringen. Das hat erwartungsgemäß zu einer heftigen Rezession geführt. Lediglich Sparen allein wird nicht helfen. Vor allem geht es darum, parallel zur Reduzierung der Ausgaben nun die Einnahmen zu erhöhen. Dies geht aber nur über eine erhebliche Erhöhung der griechischen Wirtschaftsleistung. Wie dies geschehen soll, steht noch in den Sternen.