Re: Darstellung und Bewertung der Person Wilhelm II.
Verfasst: 18.02.2013, 16:44
Nicht ironisch, sondern weitverbreitete Ansicht des damaligen preussischen Establishments. Eigentlich nie richtig begraben, bis zum heutigen Tage.Karlheinz hat geschrieben:Ich verstehe dies nicht. Ist das jetzt irgendwie ironisch gemeint?Das stimmt zwar, im Rahmen der (aber im Zweifelsfall auch nicht sehr zuverlässigen) Bündnisverträge nicht.
Aber wie lange wollte/sollte man denn noch zuschauen, wie sich die depperten Oesterreicher noch an der Nase herumführen liessen, ihreszeichens nichtsnutzige, antigermanische, verräterische und (allerdings eigenhändig) herabgewürdigte drittklassige böhmische Katholiken aus dem kulturellen Dunkelteil des alten Reiches? Das waren ja doch die einzigen, die einem geblieben waren (und die anderen mochten einen früher auch schon nicht, gerade auch wegen des in Deutschland total überschätzten Bismarck), und die (bis heut) kein Fettnäpfchen auslassen. Die hätte man höchstens noch den Russen zum Frass vorwerfen können.
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Ich stimme mit Euch darin überein, dass Bismarck einer der wichtigsten (wenn nicht die wichtigste) Person der Geschichte Ds ist.Karlheinz hat geschrieben: ...Das stimmt nicht! Bismarcks Außenpolitik war ein diplomatisches Meisterstück.Freilich ungeschickt (aber schon seit mindestens 1870, was hier total untergeht); aber war ja nicht Wilhelms Aussenpolitik. Letzterer steht da in Sachen Real- und Machtpolitik, und auch chronologisch, ganz hinten.
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Trotzdem: Von Genialität und Meisterstücken keine Spur (da ist nichts von Napoleon, Garibaldi, Jefferson, Washington, Lincoln oder anderen auch nur im Ansatz vorhanden; das ist ja gerade Deutschlands Elend, z.T. bis heute). Taktisch z.T. nicht ungeschickt, strategisch ein Desaster, sein Konstrukt, und zwar nicht nur nach innen, sondern auch und gerade nach aussen;
denn Papier ist geduldig. Kein Nachbar Ds (z.T. nicht einmal die eigenen Untertanen im D.R. selbst) hat jemals vergessen, wie D als moderner Staat geboren ist, auf wessen Kosten und zu welchen Bedingungen; da konnte man Verträge und Bündnisse schliessen, soviel man wollte, das (oder zumindest ein grosses) Problem war, dass man nicht wusste, wieviel sie überhaupt wert sind, weil man praktisch die Bevölkerungen aller seiner Nachbarstaaten gegen sich hatte; und auf die hörten ausländische Politiker stärker als auf irgendwelche sinistren Diplomaten und ihre Papierfetzen aus dem Kanzleiwesen der Vormoderne, damit konnte man keinen Staat mehr machen, was Bismarck zu schnallen leider zu dumm war. Leider war er aber nicht ganz so dumm wie die Hochkonservativen, sondern gehörte zu den gierigen preussischen Raupen Nimmersatten, die schon wussten, wie sie die Bev. mit ins eigene Boot nehmen konnten, lediglich der Machtposition des eigenen Teilstaates zugute, ohne Rücksicht auf Verluste und unabhängig von jeglicher Ideologie (von daher war's schon logisch, dass der Lotse von Bord musste, denn er war schlecht. Klar, man hätte dann 'was bessres bieten müssen, und das tat man leider nicht; aber dadurch wird B. nicht besser).
Und bei den Liberalen, 48ers u.ä. war Bismarck und dadurch Deutschland eh untendurch. Ausser eben bei den Deutschen, Alldeutschen und eventuell hier und da noch ein paar Schweizern.
Das ist alles andere als eine Erfolgsstory, zumindest politisch. Wirtschaftlich und meinetwegen auch kulturell sieht's in der Tat etwas anders (nämlich weit besser) aus.
Also, keinesfalls.Karlheinz hat geschrieben: ...
Erst Wilhelm hat dann alles verpatzt.
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Ja, aber kein "aussergewöhnliches" in dem Sinne. Ich bin mittlerweile nicht mehr der Meinung, dass jeder Krieg ein Verbrechen ist, noch nicht einmal jeder Angriffskrieg.Karlheinz hat geschrieben: ...Dieser Krieg war von Anfang an ein Verbrechen.Das echte Verbrechen ist nicht der Krieg als solcher, in meinen Augen auch nicht die Verletzung der Neutralität Bs u.ä., sondern, den Krieg nicht abgebrochen zu haben, als man sah, dass man keine echte Chance und auch keinen Plan B mehr hatte (d.h. schon nach dem Nichtgelingen im ersten Anlauf).
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LG