weiter lesen: http://geschichte-wissen.de/go/schmidtueberstolpeGEBURTSTAG:
Einer mit innerem Kompass
Altkanzler Helmut Schmidt über Brandenburgs Ex-Regierungschef Manfred Stolpe, der Montag 75 Jahre alt wird
Nach meinem Ausscheiden aus der Bundesregierung 1982 wurde ich des Öfteren von der Evangelischen Kirche der DDR zu Vortragsreihen und Diskussionen in ostdeutsche Städte eingeladen. Auf diesen Veranstaltungen konnte ich im direkten Gespräch von manchen der Meinungen, Hoffnungen und Ängste der Menschen in der DDR erfahren. Ich habe es dem Engagement von Manfred Stolpe zu verdanken, dass ich diese wertvollen Eindrücke sammeln konnte.
Manfred Stolpe, zu jener Zeit stellvertretender Vorsitzender des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, hatte meine Besuche organisiert. Er ging damit auch persönlich große Risiken ein. Ich war mir zwar damals bei meinen Vorträgen des schmalen Grats zwischen offener Kritik einerseits und Provokation eines öffentlichen Eklats andererseits bewusst. Aber das Risiko eines spontanen Aufbegehrens meiner Zuhörer und deshalb ebenso deren Risiko staatlicher Repression war eindeutig gegeben. Es wurde in den letzten Jahren vor dem Mauerfall größer.
(...)
Ich habe Manfred Stolpe als Mann der Kirche kennengelernt. Als einen, der sich für die Menschen in der DDR einsetzte und der vielen in Notlagen konkret helfen konnte. Nach der Wiedervereinigung gab es Kritik daran, auf welchen Wegen diese Hilfen manchmal zustande gebracht werden mussten. Dieser Kritik habe ich stets widersprochen. Sie resultierte zumeist aus Unwissenheit, aber auch aus Scheinheiligkeit. Wer in einem diktatorischen System anderen in ihrer Bedrängnis helfen will, der muss manchmal krumme Wege gehen, die in kein Schwarz-Weiß-Schema passen. Auch im DDR-Regime war Hilfe oft nur im direkten Kontakt mit dem Machtapparat möglich. Als ich die DDR-Führung warnen wollte, sich im Falle einer sowjetischen Intervention in Polen auf keinen Fall mit DDR-Streitkräften zu beteiligen, habe ich es sehr geschätzt, dass ich Manfred Stolpe bitten konnte, als eine Art Briefträger zu fungieren. Ich konnte mich dabei auf seine Integrität verlassen...
Ja gut, ich schätze natürlich Helmut Schmidt und seine Meinung sehr, aber Stolpe ist bis heute die Erklärung schuldig geblieben, wofür er die vielen finanziellen Zuwendungen von der Stasi bekam. Das wurde im ZDF mal gezeigt und das stört mich daran.