Als Hamburger überrascht mich das Ergebnis nicht wirklich. Zumindest nicht grundsätzlich, einige Details sind allerdings bemerkenswert.
Fangen wir vielleicht mit der Union an, die vorgemacht hat, wie man es nicht macht. Der Abgang von Ole von Beust war schlecht organisiert und kommuniziert, der neue Kandidat vollkommen ... nun sagen wir mal nüchtern. Damit kann man keine Sympathien erzielen. Das sich Ahlhaus im Wahlkampf dann auch noch weitgehend instinktlos zeigte, ist dabei beinahe noch schlimmer, als seine eigene Farblosigkeit. Zudem hat Schwarz-Grün, dass ich noch immer als interessnte Option wahrnehme, im Grunde nicht ein einziges Projekt von Bedeutung in immerhin knapp drei Jahren Regierungsverantwortung umsetzen können. Meine Freundin ist US-Amerikanerin und sie war ganz erstaunt, wie man binnen sieben Jahren im deutschen Wahlsystem und mit der deutschen Wahlgewohnheit von einer absoluten Mehrheit auf nur mehr knapp über 20 % der Stimmen kommen kann. Ich habs versucht ihr zu erklären und ihre Reaktion: Klingt als hätte man Bob Dole nominiert.
Die mit Abstand beste Analyse, die ich bislang gehört habe.
Die SPD brauchte folglich die Macht eigentlich nur einsammeln und hatte den Vortiel in diesem Jahr einen prominenten und solide beliebten Kandidaten zur Verfügung zu haben. Das es zur absoluten Mehrheit gereicht hat, ist für die Genossen natürlich erfreulich und vielleicht auch gar nicht so schlecht für die Stadt, wir werden sehen. Das Ergebnis jedoch als neue Stärke der SPD zu deuten, halte ich für unangebracht. Erstens ist Hamburg, trotz der vergangenen neun Jahre, ein Stadt mit großer sozialdemokratischer Tradition und von daher eigentlich ein Heimspiel und zweitens liegen wesentliche Teile des starken Wahlergebnisses eben in der schwer nachvollziehbaren Performance der CDU begründet.
Die Grünen dürften sich ärgern, nachdem sie Koalition (wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen) mit der CDU beendet haben. Erstens konnten sie die Umfragewerte auf Bundesebene (und die auch in Hamburg zeitweise gehandelten 17 %) in wirklich keinster Weise bestätigen und zweitens kommen sie nicht wieder in die Regierung, was wohl die eigentliche Hoffnung nach Beendigung von Schwarz-Grün gewesen sein dürfte. Klassischer Fall von dumm gelaufen. Allerdings: Rein von den Ergebnissen in der Politik sind selbst die guten 11 % kaum zu erklären: Die Grünen haben in den drei Jahren Regierungszeit nicht ein einziges eigenes Projekt durchbekommen. Stadtbahn, Baustopp vom Kohlekraftwerk Moorwerder, Einschränkung der Hafenprivilegien, Schulreform etc. sind entweder am politischen Partner im Koalitionsvertrag, an den Realitäten oder eben am Bürgerwillen gescheitert. Zudem: Wer vor drei Jahren grün gewählt hatte, wollte aller Wahrscheinlichkeit nach keine Koalition mit der CDU.
Die FDP ist das erste Mal seit sieben Jahren wieder souverän in die Bürgerschaft eingezogen. Bei den erdrutschartigen Verlusten der CDU ist das aber auch kein so großes Wunder, schon eher sind dann die in ihren Dimensionen doch eher geringen Zuwächse überraschend. Das hat aber weder mit einer Erholung der FDP insgesamt, noch mit einer besonders gelungenen Kampagne in Hamburg zu tun. Selbst die FDP, die hier in der Hansestadt eigentlich ausschließlich durch interne Streiterein auffällt (wenn überhaupt), konnte den Wiedereinzug eigentlich gar nicht verhindern, da ein Teil des abgewanderten CDU-Klientels grundsätzlich bei den Lieberalen landet.
Schließlich die Linken: Das Ergebnis von vor drei Jahren nahezu bestätigt bei insgesamt etwas niedrigerer Wahlbeteiligung. Sie haben sich auch in Hamburg etabliert und dürften aus der politischen Landschaft, obwohl sie im Wahlkampf eigentlich kein Thema waren, mittelfristig erst einmal nicht mehr wegzudenken sein.
Der Anteil der sonstigen Parteien hat sich gegenüber der Bürgerschaftswahl auf 5,6 % mehr als verdoppelt. Erstmals waren die Piraten und die Freien Wähler ernsthaft mit von der Partie, beide hatten zum Ende allerdings keine Chance auf den Einzug ins Parlament.
Ein Wort noch zum neuen Wahlrecht in Hamburg, das ich für total daneben halte: Wir haben hier diesmal 3,3 % ungültige Stimmen gehabt. Rund dreimal so viele, wie noch vor drei Jahren, was zu einem großen Teil eben diesen neuen Wahlsystem geschuldet sein dürfte. Die Wahlbeteiligung ist indes, wie bereits angedeutet, abermals gesunken und hat die 60 % klar verfehlt. Das ist ein Armutszeugnis und die bittere Quittung für unsere Politiker.