Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses

Grundgesetz, Gesetzesfragen, Wahlen, bundespolitische Ereignisse, Polizei

Moderator: Barbarossa

RedScorpion

Spartaner hat geschrieben: ...
Das ist für moderne Architekten dann auch stink langweilig und sie würden gern zeigen, was sie alles mit neuer Architektur auf den Kasten haben. Was mich sehr freut ist, das beim Aufabau des Berliner Schlosses viele Steinmetzbetriebe beteiligt sind und das damit auch die Grundlage für künftig weitere Aufbauprojekte geschaffen wird.
...
Ich denke, es ist eher eine Herausforderung, als Langeweile. Sprich das kann nicht jeder.

Man muss aber auch betrachten, dass schon die alten Kästen den Steuerzahler n Haufen Kohle kosten, und zwar Jahr für Jahr, und wenn man dann noch neue alte dazustellt, möglicherweise noch zweckfrei, dann kostet's halt noch mehr.


Es hatte auch eine gewisse Logik, die alten Innenstädte nach WWII nicht wieder aufzubauen; Stichwort Autoverkehr, dann waren die alten Pläne aus der NS-Zeit genau dafür schon fertig in der Schublade sprich sie waren schon bezahlt, der Zweck der Innenstädte war nicht mehr der von 1860, und es stimmt auch, dass ja niemand in einer Kulisse leben will, wiedererstellt, ohne dass eben an ihr Geschichte (und Politik und Verantwortung und so) abzulesen ist. Gerade der Kontrast an die Erinnerung ist da Bezugspunkt hoch drei. Problem: Nachfolgende Generationen haben die Städte vor 1944 einhalb ja nicht live gesehen und können sich folglich auch an nix erinnern und keinen Gegensatz erleben. Von daher hat zumindest eine Teilrekonstruktion schon Sinn.


LG
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Gontscharow hat geschrieben:OK, ich hatte mir schon gedacht, daß in einem Forum für Geschichtsinteressierte die Rekonstruktion
historischer Gebäude Zustimmung finden würde :-)
Ist auch meine Meinung.
Sind hier keine Architekten anwesend, die solchen historisierenden Schabernack verurteilen ?
Das Argument der Architekten seit dem Wiederaufbau 1945 ff war :
"Was weg ist, ist weg. Es wäre unhistorisch und eine Leugnung der Geschehnisse,
wenn man es einfach 1:1 wieder aufbaut, als wäre nichts gewesen.
Jede Zeit hat ihre Architektur und auch unsere Zeit muß sich in unseren Bauten spiegeln."
Das Ergebnis in den allermeisten kriegszerstörten Städten der BR Deutschland war dann
ein moderner, autogerechter Wiederaufbau mit moderner Architektur, ohne Rücksicht auf
Sentimentalitäten.
In meiner Heimatstadt ist es Gott sei dank anders gelaufen. Die Architekten waren 1945 noch
in Kriegsgefangenschaft ud so haben die Trümmerfrauen zusammen mit den erzkonservativen
Kaufleuten zwar nicht den historischen, aber den historisierenden Wiederaufbau der Altstadt beschlossen
und in Angriff genommen.
Dafür sind sie dann lange Zeit von allen progressiven Kräften des Landes als reaktionär verurteilt worden.
Heute, nachdem 60 Jahre ins Land gegangen sind, sieht es so aus, als hätte dort nie etwas anderes gestanden
und weniger geschichtsbewußte Besucher wissen gar nicht, daß die schönen "alten" Gebäude allesamt Neubauten sind.
Das Fernsehen nimmt die Altstadt auch gerne als Kulisse für seine Produktionen, wie man am letzten Sonntag
in der recht amüsaten Folge des "Tatort" wieder mal sehen konnte.
Jau, Münster hat das gut gemacht und inzwischen haben die Gebäude auch schon wieder Patina angesetzt. Münster hat das aber nicht allein so gehandhabt, direkt nach dem Krieg. In Hildesheim steht auch viel Wiederaufbau, wie in fast allen Großstädten, die zerbombt waren. Dort findet man überall auf den alten Kellern wiederaufgebaute Wohnhäuser, teilweise waren die Fassaden stehen geblieben, so dass oft mit den alten Grundrissen wiederaufgebaut wurde.
Die moderne Stadt mit ihrem Billigrevival des 20er - Bauhausstils kam erst in den 50ern bei den Neubauprojekten, wo der Architekt wieder gefragt war und der war halt oft noch Bauhausgeprägt.

Letztlich gibt es nicht so viele Varianten ein Haus zu bauen und man muß auch nicht alle 20 Jahre das "Rad neu erfinden". Was sich bewährt hat, gerade bei Wohnhäusern für Menschen, darf man ruhig weiterverwenden.
Bestes Beispiel für mich ist die Kreuzung vor meinem Haus. Da steht ein Eckhaus aus der Gründerzeit, ganz typisch mit Erkern und Schmuckfassade in norddeutschen, rotem Klinker. Gegenüber wurde in den 90ern ein ebenso hohes Eckhaus gebaut. Ausmaße ähnlich wie beim Gründerzeithaus aber schlicht mit abgeschrägten Kanten und wieder in rotem Klinker. Ganz neu wurde an der dritten Ecke vor zwei Jahren gebaut. Glücklicherweise entstanden bei der geplanten Sanierung Risse, so dass abgerissen werden durfte. Wieder roter Klinker, aber diesmal mit Fenster- und Türrahmen und Dach in Kupfer. Mir gefallen diese Klinkervarianten sehr gut und ich bin gespannt, ob ich noch die Neubebauung der vierten Ecke erlebe.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Innenpolitik“