Der 17. Juni 1953 in der DDR

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Barbarossa
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Heute jährt sich der Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 zum 70. mal. Es gab dazu Ansprachen u. a. auch vom Bundespräsidenten und Bundeskanzler.
Bei uns im Lexikon habe ich kein Extra Thema dazu gefunden. Es gibt aber Einflechtungen in einem Magazin zur Entstehung der Parteien in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.
der Link: https://geschichte-wissen.de/magazin/en ... utschland/

Die Einflechtungen befinden sich in den Abschnitten:

- CDU, im Unterpunkt: Gleichschaltung der Ost-CDU
Zitat: >>Auch im Zusammenhang mit dem DDR-weiten Aufstand am 17. Juni 1953 zeigte sich die Ost-CDU loyal zur SED und der Hauptvorstand erklärte am 18. Juni 1953, dass durch die rasche "Unterstützung der Sowjetunion die Angriffe der faschistischen Provokateure" zusammengebrochen seien. Die CDU-Führung beeilte sich und schickte zudem noch am selben Tag ein Telegramm an den DDR-Ministerpräsidenten, in dem die Treue der CDU zur DDR zugesichert wurde. Trotz dieser Erklärung und der darauf folgenden parteiinternen Untersuchung der Parteibasis bezüglich der Ereignisse des 17. Juni beschloss das MfS Mitte August 1953 per Dienstanweisung, die CDU und die LDPD wegen der "in einigen Bezirken entwickelter Untergrundbewegungen" verstärkt zu beabrbeiten. Nuschke und Götting fürchteten aufgrund der Ereignisse um Ihre Position, wurden von der SED aber nicht fallengelassen.<<

- DBD, im Unterpunkt: LPG
Zitat: >>Die SED erhöhte hingegen den Druck auf nicht beitrittswillige Bauern - die Ablieferungsverpflichtungen wurden erhöht, es kam zu Verhaftungen und zu Schauprozessen und zunehmend auch zu Enteignungen. Erst nach dem Tod Stalins im März 1953 ordnete die Moskauer Führung den Abbruch der Zwangskollektivierungsmaßnahmen in der DDR an, was die DDR-Führung jedoch zunächst kaum befolgte. Dies führte dazu, dass die SED-Führung Anfang Juni 1953 nach Moskau bestellt wurde, so dass am 10. Juni 1953 der sog. "Neue Kurs" öffentlich gemacht werden musste, wo auch Fehler eingeräumt wurden. Dies wurde von der Bevölkerung auf dem Lande als Unfähigkeit der DDR-Führung aufgefasst, so dass es bereits ab dem 12. Juni - noch vor der Erhebung der DDR-Bevölkerung in den Städten am 17. Juni - zu Widerstandsaktionen gegen die SED-Funktionäre kam. Auch auf dem Lande wurde der Aufstand mit militärischen Mitteln niedergeschlagen - Dörfer wurden mit Panzern umstellt und es kam zu zahlreichen Verhaftungen. Die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft wurde von der SED jedoch zunächst abgebrochen - zumindest bis 1959.<<

- NDPD
Zitat: >>Bezüglich der Positionierung zur Einheit der Deutschen Nation änderte die NDPD in den folgenden Jahren ihre Haltung, denn mit der fortschreitenden Westintegration der Bundesrepublik unter Konrad Adenauer stellte sich die Partei fest auf die Seite der SED und bekannte sich bereits 1952 zum "Aufbau des Sozialismus". Diese Haltung wurde auch beibehalten, als man bei einer Besprechung des Hauptausschusses der NDPD am 6. und 7. Juli 1953 feststellte, dass seit Monaten zahlreiche hohe Funktionäre der Partei in den Westen geflohen waren. Auch nach den Ereignissen des 17. Juni 1953 folgte die NDPD weitgehend der Propaganda der SED, auch wenn Bolz einräumte, dass dieser Tag für die Partei und deren Mitglieder eine besondere Herausforderung darstellte. Tatsächlich scheinen die Ereignisse um den 17. Juni die Partei vor eine Zerreißprobe gestellt zu haben, denn einerseits versicherte die Parteiführung am 24. Juni 1953 Ministerpräsident Grotewohl ihre Unterstützung zu, andererseits war eben dieser Parteiführung Anfang Juli bekannt, dass etwa zwei Duzend ihrer Parteifreunde aus 26 Kreisverbänden verhaftet worden waren. Die NDPD erklärte die Unruhen offiziell mit der mangelhaften Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern - nicht im Sozialismus selbst - und übergab am 25. Juli 1953 dem Ministerpräsidenten Vorschläge zur Verbesserung der Lage der Bevölkerung und des Mittelstandes. Damit offenbarte die NDPD ihre feste Einbindung in das System als Blockpartei auch in einer Krisensituation<<

Das ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch nicht uninteressant.
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andreassolar
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Öfter wird als ein Auslöser eine sogenannte Normerhöhung angeführt.
Tatsächlich hatten Arbeiter in den Betrieben bis dahin vielfach eine relativ niedrige Norm zu erfüllen, Ergebnis der unmittelbaren Nachkriegszeit und der Bemühungen um die Arbeiterschaft in den Betrieben; die Mehrarbeit bzw. Mehrleistung über diese alte Norm hinaus wurde zusätzlich zum Lohn ausbezahlt. Was sich wohl im Wortsinne lohnte.

Die Normerhöhung hatte also meist nicht Mehrarbeit bedeutet, die war schon vorher extra geleistet worden. Die Normerhöhung vom Juni 1953 führte vielfach bei den Arbeitern zu einem spürbaren Einkommensrückgang bzw. drohte zu einem solchen zu führen.

Der Aufstand bzw. die Unruhen gerade auch unter den Arbeitern führte meiner Erinnerung nach dazu, dass die neue Normerhöhung im Stillen teils zurück genommen wurde.
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Barbarossa
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An mindestens eine Normerhöhung kann ich mich im Stahlwerk Hennigsdorf auch noch erinnern (hab ja 1987 ausgelernt).
Es musste danach die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit für den gleichen Lohn geleistet werden. Niemand regte sich großartig auf (oder es wagte niemand).
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Skeptik
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Barbarossa hat geschrieben: 18.06.2023, 00:08 An mindestens eine Normerhöhung kann ich mich im Stahlwerk Hennigsdorf auch noch erinnern (hab ja 1987 ausgelernt).
Es musste danach die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit für den gleichen Lohn geleistet werden. Niemand regte sich großartig auf (oder es wagte niemand).
Da gibt es im Netz Berichte zu Hennigsdorf. Sind Dir sicher schon bekannt:

...Parteiberichte über den 30. Mai, als Arbeiter im Stahlwerk Hennigsdorf erstmals die Arbeit niederlegten, weil ihre Normen um bis zu 34 Prozent erhöht wurden - was faktisch mit einer ebensolchen Lohnsenkung gleichzusetzen war.
https://www.morgenpost.de/printarchiv/b ... traft.html

9. Juni: Im Stahlwerk Hennigsdorf bei Berlin treten rund 2000 Beschäftigte in den Streik. Die Werksleitung stellt 1000 Ostmark Prämie für die Benennung von "Rädelsführern" in Aussicht. Fünf Streikende werden von der Staatssicherheit verhaftet. Am folgenden Tag gehen die Proteste weiter und die örtliche Parteileitung gibt schließlich nach: Die Gefangenen kommen frei, die Normerhöhungen werden zurückgenommen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/chr ... s-1.421246

Und aus den Stasi-Unterlagen zum 17. Juni in Hennigsdorf:
https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/ ... gsdorf.pdf
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