Traudl Junge - Ein Opfer ihrer Jugend, und auch ihrer Zeit

Der zerstörerische Krieg von Hitler und seinen Schergen gegen Europa

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Orianne
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Gertraud „Traudl“ Junge wurde als Gertrauds Humps am 16. März 1920 als Tochter des Bierbraumeisters Max Humus, und der Generalstochter Hildegard Humps (geborene Zottman) geboren. 1923 wurde ihre Schwester Inge Kaye geboren.
Max Humps wurde bald arbeitslos, und er trat in das Freikorps Oberland ein, einem rechtsextremen Verband, der gegen die Weimarer Republik kämpfte. Der Verband wurde sehr schnell verboten. 1925 verliess der Vater die Familie und siedelte in die Türkei um, wo er wieder seinen Beruf aufnahm.
Erfolglos versuchte er Frau und Keiner nachzuholen. Hildegard Humps liess sich scheiden, was zu jener Zeit ein Skandal war.

Hildegard Humps wohnte nun wieder bei ihrem Vater dem General Max Zottmann (1852 - 1942) Zottman liess seine Tochter und Enkelinnen spüren, wer das Sagen zu Hause hatte, auch bezahlte er das Leben seiner Tochter und Kinder, er war pedantisch ordnungs- und disziplinliebnd.
Im Alter von 13 Jahren wollte Traudl Tänzerin werden, doch der Grossvater und die Mutter wollten das nicht. Mit 16 Jahren vierliess sie die Schule mit der Mittleren Reife, und trat in eine Handelsschule ein, sie wollte Sekretärin werden. Nach der Handelsschule arbeitete sie als Bürolistin, in einer Zeitschrift für das Schneiderhandwerk und als Sekretärin in einem grösseren Betrieb (Name unbekannt).

1942 zog Traudl Humps nach Berlin wo ihre Schwester als Inge Zottmann als Tänzerin auftrat, Sie verschaffte ihrer Schwester via Albert Bormann eine Anstellung in der Reichskanzlei Adolf Hitlers. Dort bearbeitete sie die Post von Adolf Hitler.
Später nahm sie an einem Sekretärinnenwettbewerb teil mit Schreibmaschine schreiben und stenographieren. Schliesslich wurde Traudl Humps in die Wolfsschanze eingeladen, wo sie mit 3 anderen Kandidatinnen ein Diktat auf der Schreibmaschine dem Führer als Prüfung schreiben sollte. Sie machte am wenigsten Fehler und wurde von Hitler engagiert.

Traudl Junge gehörte ab 1943 zum engeren Kreis von Hitler, sie lebte in Berlin auf dem Berghof und in Berchtesgaden, aber auch wieder in der Wolfsschanze. Mit den 3 anderen Sekretärinnen Johanna Wolf, Christa Schroeder und Gerda Christian bildete sie ein Quartett.
Mit der Zeit ass Hitler nur noch mit seinen Sekretärinnen, so konnte man aus seinen Monologen viel über ihn erfahren. Der ganze Tagesablauf musste Hitler angepasst werden, morgen um 5 ins Bett, aufstehehen um 15 Uhr, das ging den jungen Frauen doch an die Substanz.
Am 19. Juli 1943 heiratete Traudl Humps den SS-Obersturmführer Hans-Hermann Junge in München. Junge fiel am 13. August 1944 In der Normandie.

1945 zog Hitler mit seinen Sekretärinnen, der Adjudantur und nach Berlin in den Bunker unter der Reichskanzlei. Hitler wollte alle Frauen am 20. April aus dem umkämpften Berlin ausfliegen lassen, doch die sie wollten bleiben. Am 28. April 1945 heiratete Hitler Eva Braun, Traudl Junge war Gast in dem Zimmer im Bunker. Sofort nach der Hochzeit diktierte Hitler Junge sein politisches und privates Testament. Am 30. April beging er und seine Frau Selbstmord durch Gift und Hitler schoss sich in die Schläfe. Die Leichen Hitlers und seiner Frau wurden von Günsche und seinen Leuten nach oben getragen, wo der Chauffeur und Fuhrparkchef Kempka mehrere Benzinkanister mit Benzin auf Wunsch Hitler bereit stellen liess. Die Leichen wurden mit dem Benzin übergossen und angezündet. Zu dieser Zeit betreute Traudl Junge die Goebbels Kinder.

Nach der Aufgabe des Bunkers floh Junge in einer Werhmachtsuniform und nannte sich Gerda Alt, doch sie wurde verraten und von der Militärpolizei der Amerikanischen Armee fest genommen. Nach zahllosen Verhören wurde sie als Mitläuferin eingestuft und frei gelassen.

1947 schlug ihr ein Bekannter vor ein Buch über ihre Erlebnisse zu schreiben, das Buch wurde fertig gestellt, jedoch erschien das Buch nie, mit der Begründung, die Leute wollen von dieser Zeit nichts mehr wissen.
Traudl Junge arbeitete als Sekretärin beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege, als Chefredaktonssekretärin für die Illustrierte Quick und als freie Journalistin.

Mitte der 70er Jahre gab sie mehrere Interviews, auch für die Autoren des Buchs Die Katakombe - Das Ende in der Reichskanzlei von Uwe Bahnen und James O’Donnell, und für die Doku Die Welt im Krieg von Michael Darlow.

Im Jahr 2000 wurde der Künstler André Heller auf sie aufmerksam. Mit dem Regisseur und Kameramann Othmar Schmiderer machte er einen Dokumentarfilm mit Traudl Junge über ihre Erlebnisse. Kurz nach dem Erscheinen des Films Im toten Winkel - Hitlers Sekretärin starb Traudl Junge am 11.Februar 2002 in München an Krebs.

Traudl Junge war die typische Mitläuferin, und ein Opfer des NS-Regimes, erst später erkannte sie, dass sie einem menschenverachtendem Mann gedient hatte.

Traudl Junge Interview:

https://www.youtube.com/watch?v=h3I0pm14cRU

Zeugen des Untergangs - Die.verschollenen Inteviews von 1948

https://www.youtube.com/watch?v=ymBo1C6B1PA
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General William Tecumseh Sherman
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Triton
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Ihr Buch habe ich gelesen. Sie stellte sich selbst klüger dar als sie war, wenn sie Beispiele über die scheinbare Einfältigkeit Hitlers bringt.
Ich bin mir sicher, dass sie unglaublich naiv war und genau deshalb von Hitler auserwählt wurde, der in seiner unmittelbaren Umgebung keine klugen Köpfe mochte und gerade bei Frauen ein sehr simples Gemüt durchaus schätzte.
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RedScorpion

Ich find' nicht, dass sie in Interviews als naiv ankommt.
Freilich war sie allerdings 50 Jahre zuvor viel jünger und unerfahrener als zur Zeit der Abnahme der Interviews.



LG
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Orianne
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Ich sehe es ähnlich wie Du, zuerst war es die kindliche Naivität, dann ein gewisses Unvermögen - Ich hatte mir das Buch auch durchgelesen, sah den Film von André Heller, und die Dokumentation über den Richter Captain Michael Musmanno, wenn ich bedenke, dass er nicht wusste wer Blondie war, dann lief bei diesen Nürnberger Prozessen doch einiges schief, als Grund sehe ich fehlende Papiere und Zeugen, die entweder tot waren, oder von den Russen verschleppt wurden, aufgrund fehlender Papiere bzw. Aussagen wurde sicher Speer nicht gehängt, bei Dönitz sehe ich es anders, bei ihm konnte man noch die vielen Flüchtlinge aus dem Osten, die die Kriegsmarine gerettet hatte in die Waagschale werfen.

Traudl Junge konnte sich nach dem Krieg auf jeden Fall auf die Braunen Seilschaften verlassen, die haben sie nicht im Stich gelassen. Am Anfang ihrer "Karriere" bei Hitler las sie ja Briefe aus der Bevölkerung, ich denke mir, dass man sich da schon ein Bild über die Lage machen konnte, es gibt dazu ja auch ein Buch "Briefe an Hitler: Ein Volk schreibt seinem Führer". Unbekannte Dokumente aus Moskauer Archiven - zum ersten Mal veröffentlicht [Gebundene Ausgabe] Henrik Eberle (Autor)
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Orianne
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RedScorpion hat geschrieben:Ich find' nicht, dass sie in Interviews als naiv ankommt.
Freilich war sie allerdings 50 Jahre zuvor viel jünger und unerfahrener als zur Zeit der Abnahme der Interviews.



LG
Das ist wahr, und wie gesagt, sie war damals sicher noch naiv, was ja nicht dumm heisst, und vielleicht auch zu jung.
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Balduin
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Ich habe weder das Buch gelesen noch die Interviews angeschaut. Das werde ich aber nachholen.

Aber kann es nicht sein, dass die junge Dame damals einfach dem Reiz der Macht erlegen ist? Sekretärin von Hitler war ja nun doch eine Ausnahmestellung für so ein Mädchen, um die sich wahrscheinlich Zehntausende gerissen haben.
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Orianne
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Gewiss Ralph, das meine ich auch, dennoch schaue ich Frau Junge damals als naiv an, klar sie war noch sehr jung, und ich glaube sie war die jüngste Sekretärin des Kleeblatts, und dennoch konnte sie sich mit diesen Briefen ein Bild machen, wobei sicher mehr als 98 % der Inhalte positiv waren. Es ist eben schwierig sich in die Lage von damals zu versetzen. Ich meine sie war knapp über 21 Jahre alt, als sie in der Reichskanzlei anfing, und Triton hat da schon recht, wenn er meint Hitler wollte dumme und/oder naive Frauen um sich haben.
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Orianne
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Orianne hat geschrieben:
RedScorpion hat geschrieben:Ich find' nicht, dass sie in Interviews als naiv ankommt.
Freilich war sie allerdings 50 Jahre zuvor viel jünger und unerfahrener als zur Zeit der Abnahme der Interviews.



LG
Das ist wahr, und wie gesagt, sie war damals sicher noch naiv, was ja nicht dumm heisst, und vielleicht auch zu jung.
Ich bezog mich auf das Interview mit Richter Musmanno, dort erschien sie mir ein wenig naiv, oder sie war nervös, ich meine sie war zu jenem Zeitpunkt schon entnazifiziert, und sie wurde als Mitläuferin* eingestuft, vielleicht hatte sie Angst, dass sie den Russen ausgeliefert wird, obwohl ja Musmanno diese Befragungen quasi als Hobby betrieb.

*Mitläufer, dieses Wort bezeichnet in meinem Augen einen Menschen als Naivling. :? :?: Auf der anderen Seite kann ein cleverer Mensch sich als Mitläufer aber auch sehr viele Vorteile verschaffen, so wie Kannenberg der Butler von Hitler, ihn mochte ich überhaupt nicht.
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Triton
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RedScorpion hat geschrieben:Ich find' nicht, dass sie in Interviews als naiv ankommt.
Eben, sie gab sich mit dem Wissen von heute als durchschauender als sie war. Wobei ihr Buchtitel "Im toten Winkel" einräumt, dass sie weniger wusste als der Durchschnittsbürger. Was alles sagt, sie wollte nichts wissen, ich glaube, dass sie sich mehr für Beauty-Tipps interessierte als für alles andere.

Alexandra Maria Lara hat sie im "Untergang" so dargestellt, wie sie sich selber sah, das darf man nicht als Maßstab nehmen.

In ihrem Interview beschrieb sie das "Casting" zur Hitler-Sekretärin und dass sie ihm eine besonders dämliche und naive Antwort gab, worauf sie prompt ausgewählt wurde. Trotzdem ist ihr Buch lesenswert und kurzweilig, eben weil es leichte Kost ist. Man erfährt aber nichts Neues, es sei denn, man denkt immer noch, dass Hitler auch privat ein ständig wild gestikulierender Choleriker und Teppichbeißer war.
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dieter
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Lieber Joerg,
das war er sicherlich nicht. Ihm hätte es sicherlich auch Schwierigkeiten bereitet KZ-Kommandant zu sein. Theorie ja, aber wie es so ist, Theoretiker sind keine Praktiker. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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