Der Mensch als "Overkiller"

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Moderator: Barbarossa

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Peppone
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BildDer Großteil der großen Landtiere, und zwar ganz egal ob es sich um Säugetiere, Vögel oder Reptilien handelte, Hauptsache, die Tiere waren schwerer als 45 Kilogramm ("Megafauna"), verschwand in Australien und Nordamerika über einen Zeitraum von einigen tausend Jahren, meistens relativ kurz nachdem Menschen den Kontinent erreicht hatten. Es ist naheliegend, Ankunft, Ausbreitung und Wanderung der Menschen für dieses Aussterben verantwortlich zu machen, aber auch Klimaumschwünge kommen als Verursacher in Frage.

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Vergobret
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Na, ich weiß ja nicht.
Australien meinetwegen, das leuchtet noch ein.
Aber Amerika, bei dessen Ausmaßen und der geringen Population an Menschen? Weiß man warum die Simulation zu diesen Schlüssen kam?
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

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Peppone
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Vergobret hat geschrieben:Na, ich weiß ja nicht.
Australien meinetwegen, das leuchtet noch ein.
Aber Amerika, bei dessen Ausmaßen und der geringen Population an Menschen? Weiß man warum die Simulation zu diesen Schlüssen kam?
In der Tat ist es unwahrscheinlich, dass eine Spezies eine andere, geschweige denn gleich mehr als die Hälfte aller großen Pflanzenfresser einer Region, bis zum letzten Exemplar ausrottet. Ein Actio-Reactio-Zusammenhang zwischen "Räuber" und Beute würde das schon allein verhindern (wenn die Beute zu wenig wird, werden nicht auch noch die letzten Exemplare gejagt, sondern das Jagdverhalten der Jäger ändert sich und sie stellen sich auf eine neue, lohnendere Beuteart um).

Und doch verschwanden 73% der nordamerikanischen großen Pflanzenfresser in auffallender zeitlicher Nähe zum ersten gesicherten menschlichen Auftreten in Nordamerika (Menschen mögen früher angekommen sein, aber "gesichert" bedeutet gleichzeitig auch eine gewisse Anzahl von Menschen).

Die Simulation untersuchte über einen Zeitraum von 2500 Jahren die bei einer menschlichen Population ("Landungspunkt" war 49°N, 114°W)
- die "Jagdfähigkeit"
- die Nahrungskonkurrenz zwischen den Pflanzenfressern
- die maximal anzunehmende Bevölkerungsdichte der Menschen
- die am Ende des untersuchten Zeitraums anzunehmende Bevölkerungsdichte der Menschen
- den Fleischanteil in der menschlichen Nahrung
- den Energiebedarf der Pflanzenfresser
- ob eine Spezies wirklich ausgestorben ist oder überlebt hat
- die Rate, mit der das Schicksal die Tierspezies mit dem von der Simulation vorhergesagten Schicksal übereinstimmt (als Maximum ergibt sich für diesen Wert 41, nämlich 30 ausgestorbene und 11 überlebende Spezies)
- der Zeitraum, in dem laut Simulation eine Spezies ausgestorben ist

Als Ergebnis ergibt sich eine Kurve, bei der die Menschen etwa 1000 Jahre nach ihrem Eintreffen auf einem Bevölkerungsmaximum befinden, das danach in eine waagrechte Kurve übergeht; das ist also dann die Bevölkerungszahl, die das Land maximal verkraften kann.
Zusammen mit dem Bevölkerungsmaximum für etwa 1000 Jahre das Aussterben von 30 Tierarten zu verzeichnen; währenddessen nimmt die Zahl der Individuen der letztendlich überlebenden 11 Arten entweder zu oder pendelt sich auf einem niedrigeren Niveau als dem Ausgangsniveau ein, sodass nach etwa 2000 Jahren nach Eintreffen des Menschen sich die Tierwelt auf einem neuen stabilen Niveau eingependelt hat, unter Verlust von 30 Spezies.

Das letzte Datum, zu dem ein Fossil eines Vertreters der tatsächlich ausgestorbenen Arten belegt ist, ist 12.260 b.p., was ungefähr mit der von der Simulation vorhergesagten Dauer des Aussterbeereignisses zusammenpasst.

Selbst unter der Annahme, dass die Menschen nicht gezielt auf einige (sprich 30) Arten von Herbivoren "losgingen", ist der Einfluss des Menschen auf das Ökosystem, das er in Nordamerika vorfand, laut Simulation derart, dass eben 30 Arten aussterben und 11 Arten überleben.
Diese 11 Arten waren entweder in so großer Stückzahl vorhanden, dass sie den "Bevölkerungsrückgang" verschmerzen konnten, oder sie nutzten die durch das Aussterben von Nahrungskonkurrenten freiwerdenden ökologischen Nischen und nahmen an Zahl sogar noch zu oder sie waren so wenig spezialisiert, dass sie sich den neuen Umständen anpassen konnten.

Beppe
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Vergobret
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Peppone hat geschrieben: In der Tat ist es unwahrscheinlich, dass eine Spezies eine andere, geschweige denn gleich mehr als die Hälfte aller großen Pflanzenfresser einer Region, bis zum letzten Exemplar ausrottet. Ein Actio-Reactio-Zusammenhang zwischen "Räuber" und Beute würde das schon allein verhindern (wenn die Beute zu wenig wird, werden nicht auch noch die letzten Exemplare gejagt, sondern das Jagdverhalten der Jäger ändert sich und sie stellen sich auf eine neue, lohnendere Beuteart um).
Nicht nur das, es klingt auch immer wieder an, der frühe Mensch sei nur mit Jagd beschäftigt gewesen. Das allein scheint mir aber zweifelhaft, zumal mit den begrenzten Mitteln der frühen Amerikaner. Außer Spießen, Fallen und Bogen blieben da ja recht wenig Möglichkeiten. Und Fallen und Spieße sind passive Methoden, also noch mehr vom Jagdglück abhängig.
Peppone hat geschrieben:Und doch verschwanden 73% der nordamerikanischen großen Pflanzenfresser in auffallender zeitlicher Nähe zum ersten gesicherten menschlichen Auftreten in Nordamerika (Menschen mögen früher angekommen sein, aber "gesichert" bedeutet gleichzeitig auch eine gewisse Anzahl von Menschen).
Möglich, aber mir erscheint die Hypothese, die von einer Klimaveränderung UND dem Auftreten der Menschen ausgeht plausibler.
Andererseits muss man sich sicherlich vom Bild der Frühmenschen (und auch später Indianer) verabschieden, die friedlich mit der Natur im Einklang lebten. Seitdem der Mensch existiert, hat er seine Umwelt schon immer massivst verändert.

Peppone hat geschrieben:Die Simulation untersuchte über einen Zeitraum von 2500 Jahren die bei einer menschlichen Population ("Landungspunkt" war 49°N, 114°W)
- die "Jagdfähigkeit"
- die Nahrungskonkurrenz zwischen den Pflanzenfressern
- die maximal anzunehmende Bevölkerungsdichte der Menschen
- die am Ende des untersuchten Zeitraums anzunehmende Bevölkerungsdichte der Menschen
- den Fleischanteil in der menschlichen Nahrung
- den Energiebedarf der Pflanzenfresser
- ob eine Spezies wirklich ausgestorben ist oder überlebt hat
- die Rate, mit der das Schicksal die Tierspezies mit dem von der Simulation vorhergesagten Schicksal übereinstimmt (als Maximum ergibt sich für diesen Wert 41, nämlich 30 ausgestorbene und 11 überlebende Spezies)
- der Zeitraum, in dem laut Simulation eine Spezies ausgestorben ist
Das klingt dann aber doch recht logisch, was bedeutet hier "die maximal anzunehmende Bevölkerungsdichte"? Dass immer vom denkbaren Maximum an Menschen ausgegangen wurde, oder eher ein Grenzwert? Im ersteren Fall, dürfte eine geringe Veränderung an der Annahme massive Auswirkungen auf das Ergebnis haben.

Peppone hat geschrieben:[...] das Aussterben von 30 Tierarten [...]
Welche sind da eigentlich Beispiele?
Wird übrigens Nord- und Südamerika zusammen abgehandelt?
Peppone hat geschrieben: [...] oder sie nutzten die durch das Aussterben von Nahrungskonkurrenten freiwerdenden ökologischen Nischen und nahmen an Zahl sogar noch zu oder sie waren so wenig spezialisiert, dass sie sich den neuen Umständen anpassen konnten.
Das klingt logisch.



Interessantes Thema jedenfalls.
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Peppone
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Vergobret hat geschrieben:Nicht nur das, es klingt auch immer wieder an, der frühe Mensch sei nur mit Jagd beschäftigt gewesen. Das allein scheint mir aber zweifelhaft, zumal mit den begrenzten Mitteln der frühen Amerikaner. Außer Spießen, Fallen und Bogen blieben da ja recht wenig Möglichkeiten. Und Fallen und Spieße sind passive Methoden, also noch mehr vom Jagdglück abhängig.
Gerade WEGEN der begrenzten Möglichkeiten dürften die Frühindianer (ich nenn sie jetz einfach mal so) vorwiegend mit der Nahrungsbeschaffung beschäftigt gewesen sein.
Wenn man nach der Rollenverteilung der späteren Indianer geht, waren die Männer auf der Jagd, die Frauen beim Sammeln.
Rechnet man mal hoch, wie viel Fleisch so eine Gruppe von 10-20 Menschen braucht, wurden pro Stamm oder Clan alle ca. 2 Wochen ein Großtier (>45 kg) erlegt. Bei der niedrigen Reproduktionsrate von vielen Megaherbivoren machte das schon was aus, über 2500 Jahre gerechnet.
Vergobret hat geschrieben:Möglich, aber mir erscheint die Hypothese, die von einer Klimaveränderung UND dem Auftreten der Menschen ausgeht plausibler.
Wahrscheinlich war vorhergehender "Klimastress" durchaus vorhanden. Ohne den Menschen hätten die besagten 30 Arten aber wohl übelebt, zmindest viel länger als mit Menschen.
Vergobret hat geschrieben:Andererseits muss man sich sicherlich vom Bild der Frühmenschen (und auch später Indianer) verabschieden, die friedlich mit der Natur im Einklang lebten. Seitdem der Mensch existiert, hat er seine Umwelt schon immer massivst verändert.
Siehe mein Artikel zur Ökologie von Yellowstone.
Vergobret hat geschrieben:Das klingt dann aber doch recht logisch, was bedeutet hier "die maximal anzunehmende Bevölkerungsdichte"? Dass immer vom denkbaren Maximum an Menschen ausgegangen wurde, oder eher ein Grenzwert? Im ersteren Fall, dürfte eine geringe Veränderung an der Annahme massive Auswirkungen auf das Ergebnis haben.
Ein Maximum ist ein Grenzwert. Mit deiner Schlussfolgerung hast du recht. Allerdings liest sich die Studie derart akribisch, dass ich davon ausgehe, dass hier kaum eine Fehlerquelle liegen dürfte.
Vergobret hat geschrieben:Welche sind da eigentlich Beispiele?
http://de.wikipedia.org/wiki/Overkill-H ... ordamerika
Vergobret hat geschrieben:Wird übrigens Nord- und Südamerika zusammen abgehandelt?
Nein, nur Nordamerika.
Vergobret hat geschrieben:Interessantes Thema jedenfalls.
Find ich auch.

Beppe
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Vergobret
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Wahnsinn was es für krasse Viecher gab. Finde den Kurznasenbären ja mal derb. :wink:


Unangefochten, dass erhabenste und coolste Tier ever ist aber der hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Haastadler
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

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Peppone
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Vergobret hat geschrieben:Finde den Kurznasenbären ja mal derb.
Der könnte allerdings auch "nur" dadurch ausgestorben sein, dass der Braunbär auf der Bildfläche erschien...ungefähr zeitgleich mit dem Menschen.

Beppe
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