20. August 1952: Kurt Schumacher (SPD) gestorben

Die junge Republik: Bonn, Adenauer, RAF, Schmidt, Kohl

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Barbarossa
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Heute vor 70 Jahren starb Kurt Schumacher (SPD - * 13. Oktober 1895 in Culm, Westpreußen; † 20. August 1952 in Bonn).

Kurt Schumacher war nach dem 2. Weltkrieg der erste Parteivorsitzende der SPD. Er ging dabei sofort auf Distanz zur Ost-SPD unter Otto Grotewohl und baute im Westteil Deutschlands einen vom Osten unabhängigen Parteiverband auf - anders, als etwa Christdemokraten und Liberale, die zunächst versuchten, Gesamtdeutsche Parteiverbände aufzubauen. (Erst mit zunehmender Gleichschaltung der Parteien im Osten gaben auch sie das Vorhaben auf.)
1949 kandidierte Schumacher gegen Konrad Adenauer (CDU) um das Amt des Bundeskanzlers und unterlag knapp.
Er wandte sich gegen den Kurs Adenauers bei der Westanbindung der Bundesrepublik und wollte mit Stalin über dessen sogenannte ,,Stalin-Noten'' verhandeln.

Kurt Schumacher war Soldat im 1. Weltkrieg und wurde gleich zu Beginn des Krieges im Dezember 1914 so schwer verwundet, dass sein rechter Arm amputiert werden musste - er war seit dem also kriegsversehrt.
Noch im Kaiserreich trat Schumacher in die SPD ein und arbeitete sich in der Weimarer Republik langsam nach oben, bis er 1930 Vorsitzender der SPD in Stuttgart wurde - dem mitgliederstärksten Kreisverband der württembergischen SPD.
Zudem saß er auch nach der Reichstagswahl am 5. März 1933 bis zu deren Verbot am 22. Juni 1933 für die SPD im Deutschen Reichstag.

In der Nazizeit wurde Schumacher zeitweilig in verschiedenen KZs inhaftiert, was seine Gesundheit nachhaltig schädigte. Am 20. August 1952 starb er - nicht ganz 57-jährig - an den Spätfolgen der Inhaftierungen.
zum nachlesen: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kurt_Schumacher
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Danke, Barbarossa, für die ehrende Erwähnung dieses großen Sozialdemokraten. - Nach vielen Jahren KZ im Hitlerreich setzte er sich mit dem unbändigen Willen seiner starken Persönlichkeit für ein neues Deutschland ein. Im 1. Weltkrieg verlor er einen Arm und später konnte eine weitere Amputation des Beines ihn in seiner politischen Arbeit nicht bremsen. Die Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 aus den drei westlichen Besatzungszonen gegründet, nachdem alle Versuche, eine gesamtdeutsche Nation zu gründen, gescheitert waren. Am 12. September 1949 wählte die Bundesversammlung Theodor Heuss (FDP) im zweiten Wahlgang zum Bundespräsidenten, sein stärkster Gegenkandidat war Kurt Schumacher.
Hier sollte auch eine weitere starke Persönlichkeit der Sozialdemokratie, Herbert Wehner, erwähnt werden.
Der erste Deutsche Bundestag hatte sich kaum konstituiert, da schickte der SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher, Oppositionsführer im neuen Parlament, am 21. Oktober 1949 seinen neuen Mann aufs Podium. Herbert Wehner sprach über die Einheit Deutschlands, das Thema, das ihn nicht mehr loslassen sollte. Ganz auf der Linie seines Mentors Schumacher, scharfe Abgrenzung der SPD von der kommunistischen SED, empörte sich der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche Fragen über »jenes angebliche Staatsgebilde«, dieses »Sowjet-Preußen« mit der dort regierenden »sogenannten Sozialistischen Einheitspartei«.

Über das Verhältnis des damals 43jährigen Wehner zu dem damals 53jährigen Schumacher gibt es wenige ganz zuverlässige Nachrichten. Schumacher muß ihn hart ausgeforscht und nicht verhindert haben, daß ihn andere noch härter ausforschten. Ahlers und Augstein sahen ihn am Frühstückstisch auf dem Venusberg gegen die hinter ihm aufgestellte Büste oder Maske des verehrten Toten antoben.

Daß Wehner dem an Arm und Bein amputierten Schumacher physisch behilflich war, steht bildlich fest:
http://www.hgwst.de/mitten-ins-erbe-hinein/

Ebenso, daß Schumacher nach seinem Zusammenbruch am 21. Dezember 1951 seine schon vorbereitete Rede von Herbert Wehner im Rias verlesen ließ.
In ihrer Verbissenheit waren sich beide ähnlich. »Holz vom gleichen Holz«, wie die »Süddeutsche Zeitung« vermerkte. Solche Charaktere gibt es heute nicht mehr im deutschen Politikbetrieb. Wie ähnlich sich die beiden waren zeigen diese Filme. Hier Kurt Schumacher auf dem Sozialdemokratischen Parteitag in Hannover vom 9.-11. Mai 1946:

https://www.youtube.com/watch?v=1oySkE_xntQ

Herbert Wehner stand seinem Mentor Kurt Schuhmacher in nichts nach. Hier bei einem Rededuell mit Helmut Kohl am 16.2.1978:

https://www.youtube.com/watch?v=6d9W6dXRNnY

Richtig in Fahrt kommt Wehner ab der 3. Minute.
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Barbarossa
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Ja, da sind die Fetzen geflogen. :D
.
Mit Kurt Schumacher stimme ich aber in grunsätzlichen Dingen nicht überein. Ich denke nämlich, dass sich Demokratie und Sozialismus gegenseitig ausschließen. Da gibt es auch aktuelle Beispiele, an denen man das zeigen kann.
Ist ja auch klar: Bei jeder Maßnahme in Richtung eines Sozialismus sind restriktive Eingriffe in die Wirtschaft notwendig. Und je restriktiver die Maßnahmen werden, um so autoritärer muss das Regime werden, damit die Maßnahmen nicht durch eine Nachfolgeregierung rückgängig gemacht werden können - bis hin zur Abschaffung von freien Wahlen, freier Justiz, freien Medien...
Das eine zieht das andere nach sich.
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https://www.geschichte-abitur.de/lexiko ... ozialisten


Liest man dies hier, kann man aber sicher nicht von einem Sozialismus durch Kurt Schumacher sprechen:
http://library.fes.de/fulltext/historik ... .htm#E10E1
Er versuchte wohl die Wähler, die zur KPD tendierten, für die Sozialdemokratie zu gewinnen. Die KPD gewann keinen großen Einfluß.
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Barbarossa
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Doch, im folgenden Zitat aus dem verlinkten Text steht es:
.
>>Neu war, daß er glaubte, das gemeinsame Interesse des ganzen schaffenden Volkes durch ein weitgehendes antikapitalistisches Programm ausdrücken zu

[Seite der Druckausg.: 42 ]

können: "die Überführung der Produktionsmittel aus der Hand der großen Besitzenden in gesellschaftliches Eigentum, die Lenkung der gesamten Wirtschaft nicht nach Profitinteressen, sondern nach den Grundsätzen volkswirtschaftlich notwendiger Planung" [Fn 10: Arno Scholz/Walther G. Oschilewski (Hrsg.), Turmwächter der Demokratie. Ein Lebensbild von Kurt Schumacher, Bd. 2, Berlin 1953,S.37.] - bei Schutz des kleinen und mittleren Besitzes.

Für Schumacher hatte die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft in erster Linie die Funktion der Befestigung der Demokratie durch Brechung der ökonomischen Macht des Großbesitzes, wie er auch im Hinblick auf die Besatzungsmächte ständig betonte. Die katastrophale ökonomische Lage erlaube Deutschland zudem nicht länger den Luxus kapitalistischer Profitwirtschaft, sondern mache den Übergang vom wirtschaftlich, politisch und moralisch zusammengebrochenen kapitalistischen System zur sozialistischen Planung notwendig.

Hier unterlag Schumacher demselben Trugschluß wie andere Funktionäre der Arbeiterbewegung und viele Basisaktivisten in den Betrieben und Gewerkschaften, die die Diskreditierung der Großkapitalisten, die zeitweilige Suspendierung von Eigentümerrechten auch im Westen und die bedeutende Rolle der Betriebsräte beim Wiederingangsetzen der Produktion als Schritte zur Aufhebung des Kapitalverhältnisses interpretierten...<<
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https://www.vorwaerts.de/artikel/75-jah ... scheiterte

Du hast recht und man fragt sich dann, warum gab es zwei Parteien, die das gleiche wolten: SPD und KPD:
"die Überführung der Produktionsmittel aus der Hand der großen Besitzenden in gesellschaftliches Eigentum, die Lenkung der gesamten Wirtschaft nicht nach Profitinteressen, sondern nach den Grundsätzen volkswirtschaftlich notwendiger Planung“.
Die Abhängigkeit der KPD von der Sowjetunion war ein Grund für Differenzen.

Und grundsätzlich ist es wohl ein Jammer und immer wieder der Grund für das Scheitern von Sozialismus: die Unfähigkeit eines Staates die Wirtschaft umfassend im Sinne einer Ideologie zu lenken. Damit das wirklich klappt braucht es wohl immer den natürlichen ganz persönlichen Antrieb einzelner Menschen Erfolg zu haben in dem was sie erfinden, herstellen und verkaufen. Was den Einzelnen antreibt ist Mehrung von Anerkennung und Reichtum. Und wer das nicht kann, profitiert immerhin in gewißem Maße auch davon.
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Barbarossa
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Da sind wir völlig einer Meinung.
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