Deutschland Schuld am Kommunismus und Stalinismus?

Lenin, Revolution, Zarenreich, Stalin

Moderator: Barbarossa

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Marek1964
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Hier soll von folgendem Thread die Diskussion weitergeführt werden:

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 180#p39380
Spartaner hat geschrieben:
RedScorpion hat geschrieben:
und es sei die Frage, die ich schon öfters angebracht hab' in diesem Zshang, erlaubt,

ob denn der Stalinismus nicht überhaupt erst doppelt durch deutsche Mitverantwortung entstanden ist und daher auch erst durch deutsche Schuld auf die hohe Opferzahlen erst kommen konnte:

Nämlich einmal durch die deutsche Unterstützung Lenins in WWI,


LG
Gehört zwar nicht zum Thema aber ich werde dir hierzu mal kurz antworten. Deutschland ist nicht für alles verantwortlich, was auf der Welt entsteht. :shock:
Der Anlass war eher ein zufälliger, „unwesentlicher“ Auslöser für eine Wirkung (Stalinismus) neben einer eigentlichen, Ursache ( der Machtergreifung Stalins) Lenin hat sogar vor Stalin gewarnt.
Zitat;http://books.google.de/books?id=ije8USu ... nt&f=false
"Selbstverständlich hatten Marx und Engels unter Diktatur des Proöetariats nicht das verstanden, was Lenin und Trotzki 1917/18 in Russland etablierten.Sogar diese Begründer und Verdeitiger der Sowjetmacht hatten ihre Rechnung nicht mit Stalin gemacht.
Wenn Marx und Engels die Pariser Komune zum Vorbild einer Diktatur erklärten, dann hatte sie eine zunächst durch und durch demokratische Institution vor den Augen, die erst durch Konterrevolution zu diktatorischen Maßnahmen gezwungen wurde.
Lenin hat bekanntlich in seinem politischen Testament vor Stalin gewarnt. Dass er aber das Schicksal der Sowjetmacht so mit einer Personalentscheidung verknüpfen musste, beweisst geradezu, auf welch schwachen Füßen die von ihm propagantierte Diktatur des Proletariats stand, und wie wenig sie mit dem gemein hatte, was Marx und Engels als ihr Vorbild ansahen."
aus dem Buch : Das Scheitern diktatorischer Legitimationsmuster und die Zukunftsfähigkeit ...
von Richard Saage
Gemäss Sebastian Haffner gehört die Einschleusung von Lenin und anderen nach Russland und die Finanzierung der Bolschewikij zu einen der sieben Todsünden des Deutschen Reiches rund um den ersten Weltkrieg.

Was denkt Ihr darüber?
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Titus Feuerfuchs
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Marek1964 hat geschrieben:Hier soll von folgendem Thread die Diskussion weitergeführt werden:

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 180#p39380
Spartaner hat geschrieben:
RedScorpion hat geschrieben:
und es sei die Frage, die ich schon öfters angebracht hab' in diesem Zshang, erlaubt,

ob denn der Stalinismus nicht überhaupt erst doppelt durch deutsche Mitverantwortung entstanden ist und daher auch erst durch deutsche Schuld auf die hohe Opferzahlen erst kommen konnte:

Nämlich einmal durch die deutsche Unterstützung Lenins in WWI,


LG
Gehört zwar nicht zum Thema aber ich werde dir hierzu mal kurz antworten. Deutschland ist nicht für alles verantwortlich, was auf der Welt entsteht. :shock:
Der Anlass war eher ein zufälliger, „unwesentlicher“ Auslöser für eine Wirkung (Stalinismus) neben einer eigentlichen, Ursache ( der Machtergreifung Stalins) Lenin hat sogar vor Stalin gewarnt.
Zitat;http://books.google.de/books?id=ije8USu ... nt&f=false
"Selbstverständlich hatten Marx und Engels unter Diktatur des Proöetariats nicht das verstanden, was Lenin und Trotzki 1917/18 in Russland etablierten.Sogar diese Begründer und Verdeitiger der Sowjetmacht hatten ihre Rechnung nicht mit Stalin gemacht.
Wenn Marx und Engels die Pariser Komune zum Vorbild einer Diktatur erklärten, dann hatte sie eine zunächst durch und durch demokratische Institution vor den Augen, die erst durch Konterrevolution zu diktatorischen Maßnahmen gezwungen wurde.
Lenin hat bekanntlich in seinem politischen Testament vor Stalin gewarnt. Dass er aber das Schicksal der Sowjetmacht so mit einer Personalentscheidung verknüpfen musste, beweisst geradezu, auf welch schwachen Füßen die von ihm propagantierte Diktatur des Proletariats stand, und wie wenig sie mit dem gemein hatte, was Marx und Engels als ihr Vorbild ansahen."
aus dem Buch : Das Scheitern diktatorischer Legitimationsmuster und die Zukunftsfähigkeit ...
von Richard Saage
Gemäss Sebastian Haffner gehört die Einschleusung von Lenin und anderen nach Russland und die Finanzierung der Bolschewikij zu einen der sieben Todsünden des Deutschen Reiches rund um den ersten Weltkrieg.

Was denkt Ihr darüber?

Wiewohl ich Haffner und seine Analysen grundsätzlich schätze und grosso modo auch teile, ist es lächerlich, D auch noch die Schuld für die kommunistischen Verbrechen in die Schuhe zu schieben.

Denn das, was die Russen und diverse andere Länder daraus gemacht haben, geht nur auf ihre eigene Kappe.

Mit der gleichen kruden Argumentation könnte man Henry Ford für den NS verantwortlich machen, schließlich unterstützte der erklärte Antisemit Ford Hitler nach Kräften.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Marek1964
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Mit der gleichen kruden Argumentation könnte man Henry Ford für den NS verantwortlich machen, schließlich unterstützte der erklärte Antisemit Ford Hitler nach Kräften.
Da sehe ich aber einen kardinalen Unterschied. Die Nazis sind ohne Henry Ford an die Macht gekommen. Ja, und Ford LKW wurden im Rahmen von lend and lease auch an die Sowjetunion geliefert.

Ohne die Einschleusung von Lenin und die Finanzierung der Bolschewikij durch die Reichsregierung wären die Kommunisten wohlvermutlich nicht an die Macht gekommen. Russland wäre wohl eine parlamentarische Demokratie und wir hätten heute Putin nicht.

Ich würde einfach mal sagen: Die Reichsregierung hat ab 1914 so ziemlich alles falsch gemacht, was sie falsch machen konnte, leider hörte dies erst 1945 so richtig auf, von ein Paar Ausnahmen abgesehen. Kurzsichtig, verblendete, alle Prinzipien über Bord werfend, ausser dem, dass man nicht zugibt, falsch gelegen zu haben.
Spartaner
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Marek1964 hat geschrieben: Ohne die Einschleusung von Lenin und die Finanzierung der Bolschewikij durch die Reichsregierung wären die Kommunisten wohlvermutlich nicht an die Macht gekommen. Russland wäre wohl eine parlamentarische Demokratie und wir hätten heute Putin nicht.
Sicherlich hatte die Finanzierung der Bolschweikij eine katalytische Wirkung, die die Ausbreitung des Bolschewissmus beschleunigte. Aber die Grundidee hat sie nicht hervorgebracht , die stammt aus den Werken von Marx und Engels .
Die Deutschen haben die Bolschewikij aus anderen Gründen finanziell unterstützt. Sie wollten den Gegner im Osten schwächen. Sie wollten das zaristische Kaiserreich destabilisieren von innen heraus zum Sturz bringen.
Auch ohne finanzielle Hilfe der Deutschen für die Bolschewikij, wäre es zu dieser Entwicklung in Russland gekommen. Die Wirtschaft in Russland hatte nach dem 1. Weltkrieg am Boden gelegen und schon vorher sah es nicht gerade rosig aus. Der Auslöser der revolutionären Aktionen wäre die Unzufriedenheit der Menschen in den Städten und auf dem Lande gewesen. Die Unzufriedenheit mit dem zaristischen Kaiserreich war in Russland weit verbreitet. Die bolschwistische Propaganda wurde aus Überzeugung betrieben und nicht weil man damit Geld verdienen konnte, wenn man ein paar Flugblätter vertireb und sie landete scheinbar auf fruchtbaren Boden. Sie wurde wissbegierdig aus Neugierde und aus der Situation geschuldet, von den Menschen auf der Strasse aufgesogen. Es war der Wille nach Veränderung, was die Menschen in die Hände der Bolschewikij trieb.

Richtig ist das der Informationsaustausch und das Drucken von Propagandamaterial ohne finanzielle Unterstützung nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre, da die Mittel gefehlt hätten. Aber die Entwicklung und die Richtung der Entwicklung hätte das nicht aufgehalten . Eine hauptsächiche Schuld an dem Bolschewismus in Russland war die wirtschafliche Situation in Russland und daran hatte das zaristische Kaiserreich Mitschuld und auch der 1. Weltkrieg .
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Triton
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Der Bolschewismus stammt nicht von Marx und Engels.

Lenin kam zum richtigen Zeitpunkt nach Russland und fand trotz Kerenski ein Machtvakuum vor, das er mit seiner Splittergruppe ausfüllen konnte. Ohne Lenin keine Oktoberrevolution und ohne die Deutschen kein Lenin in Russland, also lag Haffner schon richtig.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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Marek1964
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Spartaner hat geschrieben:... Es war der Wille nach Veränderung, was die Menschen in die Hände der Bolschewikij trieb.

Richtig ist das der Informationsaustausch und das Drucken von Propagandamaterial ohne finanzielle Unterstützung nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre, da die Mittel gefehlt hätten. Aber die Entwicklung und die Richtung der Entwicklung hätte das nicht aufgehalten . Eine hauptsächiche Schuld an dem Bolschewismus in Russland war die wirtschafliche Situation in Russland und daran hatte das zaristische Kaiserreich Mitschuld und auch der 1. Weltkrieg .
Und das ist gerade das Verbrechen, man hat diesen Geist aus der Flasche gelassen, nur um ein kurzfristiges Ziel anzuvisieren, dass man dann ohnehin nicht erreichte.

Kerenskýs Fehler war sicher die Offensive. Die hätte er sich schenken sollen, ebenso hätten ihn die Westalliierten mehr unterstützen sollen, wenn sie von ihm schon die Kriegsfortsetzung verlangten. Hier http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =70&t=4318 haben wir das Thema schon besprochen.

Aber die Reichsregierung hat nun mal diese später "jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung" genannte Bewegung vor ihrer Machtübernahme unterstützt, darüber lässt sich nicht spekulieren, ob es vielleicht auch ohne dies zur Machtübernahme der Kommunisten gekommen wäre, das ist spekulativ.

Allein dafür hätten die Verantwortlichen den Tod verdient angesichts des Völkergemetzels, das sie schon angerichtet hatten und das noch folgen sollte. Stattdessen bekamen sie Pensionen. Verkehrte Welt.
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Barbarossa
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Ich würde nicht sagen, dass Deutschland an sich Schuld insbesondere am Stalinismus ist.
Die Fakten (von Vorwürfen würde ich nicht mal sprechen wollen), die ich gelten lassen würde, sind:

- Deutsche haben die kommunistische Ideologie erdacht - hier sind vor allem Marx und Engels zu nennen, die ihre Utopie zu einem gewissen Teil auf Hegel aufbauten. Allerdings lebten beide eine Zeit lang auch im Ausland.
Lenin baute auf diese Utopie auf und veränderte sie ganz geringfügig, so dass wir in diesem Fall vom Marxismus-Leninismus sprechen.

- die kaiserliche Reichsregierung hat die Bolschewiki in Russland nach Kräften unterstützt - sowohl finanziell, als auch mit der geheimen Einschleusung Lenins.
Auch das sind nunmal Fakten. Aber hätte nicht auch jede andere in Bedrängnis geratene europäische Regierung nach jedem Strohhalm gegriffen, um vielleicht doch noch eine Wende im Krieg zu erreichen? Meine Antwort: Natürlich hätten sie das. Lenin versprach nunmal, Frieden mit Deutschland zu schließen, wenn "seine Revolution" erfolgreich wäre.
Zudem waren die Bolschewiken auch vor der Oktoberrevolution bereits mit an der Regierung - also auch schon vor Lenins Eintreffen. Und oftmals ist es auch so, dass sich gerade in nicht gefestigten Demokratien die radikalsten Kräfte durchsetzen und das waren nunmal die Bolschewiken. Darum würde ich vermuten, dass der Verlauf der Geschichte nicht wesentlich durch die deutsche Regierung beeinflusst wurde - es fand höchstwahrscheinlich nur eine Beschleunigung um ein oder zwei Jahre statt.
Ich würde hier Spartaner zustimmen.
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Marek1964
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Wie schon gesagt - dass es so gekommen ist, ist Tatsache. Wie es anders gekommen wäre, ist Spekulation. Ein Frieden mit den Westmächten und dem demokratischen Russland hätte der Menschheit viel Leid erspart, das ist wohl auch ausser Frage.

Die Unterstützung der Bolschewikij ist eine der Todsünden der Deutschen Politik, die, wenn man so will, mehr Leben gefordert hat als der Holocaust.

Meiner Meinung nach hätte ein Friede im Früjahr oder Sommer 1914 und ein Hilfsprogramm für Russland auf jeden Fall den Kommunismus gestoppt. Dann würden wohl allerdings einige altkluge Linke heute behaupten, man hätte eine Chance verpasst...
Cherusker
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Wenn man bedenkt, wieviele Menschen dem Lenismus zum Opfer fielen, da hatte Stalin schon große Mühe das noch zu überbieten.
Es verschwanden tausende Menschen in Arbeitslagern und jeder Politkommissar wollte sich in Moskau einschleimen um eine Übererfüllung des Plans zur Eliminierung von Volksfeinden vorzuweisen. Da wurden Leute schon verdächtig, wenn sie eine Brille trugen, weil das ja ein Hinweis für eine intellektuelle Einstellung sein könnte.
Wie ich schon oft geschrieben habe: bei schwachen Staatssystemen setzen sich immer die Radikalen durch. Die breite Masse schweigt lieber als zu handeln.
ehemaliger Autor K.

Marek1964
Meiner Meinung nach hätten ein Friede im Frühjahr oder Sommer 1914 und ein Hilfsprogramm für Russland auf jeden Fall den Kommunismus gestoppt. Dann würden wohl allerdings einige altkluge Linke heute behaupten, man hätte eine Chance verpasst...
Das verstehe ich nicht. Frühjahr oder Sommer 1914 war doch kein Krieg.
Am Sieg des Bolschewismus hatten auch die Alliierten ein Gutteil Schuld gehabt. Die Revolution im Februar 1917 fand völlig ohne die Kommunisten statt. Sinnvoll für Russland wäre es gewesen, jetzt sofort den Krieg zu beenden und innenpolitische Reformen durchzuführen. Aber die Westmächte waren daran in keiner Weise interessiert, sondern wollten unbedingt, das Russland den Krieg weiter führt. Das führte dann direkt in die Katastrophe.

Sowohl Deutschland als auch die Alliierten haben aus ganz kurzfristigen Interessen heraus gehandelt. Damals hat niemand daran geglaubt, dass die Bolschewiki überhaupt längerfristig regieren können. Deutschland hoffte, das Land würde im Chaos versinken und auseinanderbrechen.
Die Alliierten unterstützten antibolschewistische Kräfte, zarentreue Generäle und adlige Grundbesitzer, um einen Bürgerkrieg zu inszenieren, damit eine antikommunistische Regierung den Krieg weiterführt. Indem sie das taten, haben sie aber viele Russen überhaupt erst in die Hände der Bolschewisten getrieben, denn die Mehrheit von ihnen wollte seinerzeit keine Rückkehr in zaristische Verhältnisse. Die Anführer der Weißrussen waren außerdem üble Schlächter, die sich vor allem durch ungeheure Massaker an Bauern und an der jüdischen Bevölkerung auszeichneten. Wenn man auf solche Leute setzt, die mit Demokratie nichts zu tun haben, muss man sich nicht wundern, wenn dann die Kommunisten siegen
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Triton
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Karlheinz hat geschrieben:Damals hat niemand daran geglaubt, dass die Bolschewiki überhaupt längerfristig regieren können. Deutschland hoffte, das Land würde im Chaos versinken und auseinanderbrechen.
Lenin war, auch wenn heute verklärt, ein Idealist. Nach Machtübernahme wurde das Geld abgeschafft und das Land enteignet, Betriebe verstaatlicht. Leicht auszurechnen, dass ein sowieso schwer zu regierendes Land wie Russland damit nicht überlebensfähig sein würde und sehr bald Bürgerkrieg und Chaos herrschen würden. Und so war es dann auch.

Die Fehleinschätzung lag in den organisatorischen Fähigkeiten Trotzkis, der eine schlagkräftige Armee in kurzer Zeit organisierte. Der Bürgerkrieg lenkte dann von der katastrophalen Wirtschaftspolitik ab und ließ Lenin Zeit für Korrekturen.

Rapallo wurde noch nicht erwähnt.
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Marek1964
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Karlheinz hat geschrieben:
Marek1964
Meiner Meinung nach hätten ein Friede im Frühjahr oder Sommer 1914 und ein Hilfsprogramm für Russland auf jeden Fall den Kommunismus gestoppt. Dann würden wohl allerdings einige altkluge Linke heute behaupten, man hätte eine Chance verpasst...
Das verstehe ich nicht. Frühjahr oder Sommer 1914 war doch kein Krieg.
Natürlich. Meinte Frühjahr 1917.

Karlheinz hat geschrieben:Am Sieg des Bolschewismus hatten auch die Alliierten ein Gutteil Schuld gehabt. Die Revolution im Februar 1917 fand völlig ohne die Kommunisten statt. Sinnvoll für Russland wäre es gewesen, jetzt sofort den Krieg zu beenden und innenpolitische Reformen durchzuführen. Aber die Westmächte waren daran in keiner Weise interessiert, sondern wollten unbedingt, das Russland den Krieg weiter führt. Das führte dann direkt in die Katastrophe.

Sowohl Deutschland als auch die Alliierten haben aus ganz kurzfristigen Interessen heraus gehandelt. Damals hat niemand daran geglaubt, dass die Bolschewiki überhaupt längerfristig regieren können. Deutschland hoffte, das Land würde im Chaos versinken und auseinanderbrechen.
Die Alliierten unterstützten antibolschewistische Kräfte, zarentreue Generäle und adlige Grundbesitzer, um einen Bürgerkrieg zu inszenieren, damit eine antikommunistische Regierung den Krieg weiterführt. Indem sie das taten, haben sie aber viele Russen überhaupt erst in die Hände der Bolschewisten getrieben, denn die Mehrheit von ihnen wollte seinerzeit keine Rückkehr in zaristische Verhältnisse. Die Anführer der Weißrussen waren außerdem üble Schlächter, die sich vor allem durch ungeheure Massaker an Bauern und an der jüdischen Bevölkerung auszeichneten. Wenn man auf solche Leute setzt, die mit Demokratie nichts zu tun haben, muss man sich nicht wundern, wenn dann die Kommunisten siegen
Naja, die Bolschewikij massakrierten auch, was das Zeug hielt. Daran wird es wohl nicht gelegen haben. Aber die Frage, wenn sollte denn der Westen unterstützen? War es nicht irgendwo eine Wahl zwischen Teufel und Beelzebub? Gab es eine demokratische Kraft, die stark genug war? Es gab die tscheoslowakischen Legionen... aber auch denen wurden Übergriffe nachgesagt.

Sicher ist eins, wenn man schon den Krieg nicht beendet hat, dann hätte man in jedem Fall Russland mit Nahrungsmittellieferungen versorgen müssen, und anderem, wie dann im zweiten Weltkrieg. Und die Kersenský Offensive war der Ultimative Unsinn.
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Orianne
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Triton hat geschrieben:Der Bolschewismus stammt nicht von Marx und Engels.

Lenin kam zum richtigen Zeitpunkt nach Russland und fand trotz Kerenski ein Machtvakuum vor, das er mit seiner Splittergruppe ausfüllen konnte. Ohne Lenin keine Oktoberrevolution und ohne die Deutschen kein Lenin in Russland, also lag Haffner schon richtig.
Der Zar wäre onehin gestürzt worden, sein Sohn wäre nie in der Lage gewesen das riesige Land zu regieren, ich persönlich halte die "Aktion" der OHL sicher für moralisch verwerflich, aber auch ohne Lenin wäre es auch zu einen Bürgerkrieg gekommen, der die Kommunisten an die Macht gespült hätte, da bin ich mir sicher. Sebastian Haffner, den ich immer noch sehr schätze hat natürlich mit seinen Einschätzungen schon Recht, aber mein ehemaliger Prof. eben auch. Stalin hätten die Bolschewiken verhindern können, das war ihr Fehler, Lenin hatte sie genug vor ihm gewarnt.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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Marek1964
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Ich denke, 1916 hatte sich Russland in eine kostitutionelle Monarchie wandeln sollen. Dann wäre wahrscheinlich auch Hilfe aus den USA möglich gewesen. Wer dann auf dem Thron gesessen hätte wäre nicht so wichtig gewesen.

Dass Lenin vor Stalin gewarnt hat, ist zwar nett, half aber nicht mehr, weil die Dikatatur des Proletariats eben ein Konzept war, dass eben einem Stalin den Weg zur Macht geebnet hat.
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dieter
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Ihr Lieben,
das DR wollte aus dem Zweifrontenkrieg raus und hat deshalb Lenin nach Russland geschickt. Das war nicht vom Ende aus gedacht, aber wieso sollte die deutsche Reichsregierung wissen, wie sich die Bolschewiken entwickeln würden :?: Das wußten die Bolschewiki sicherlich selbst nicht. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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