Der Mechanismus in der kommunistischen Philosophie

Lenin, Revolution, Zarenreich, Stalin

Moderator: Barbarossa

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Marek1964
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Karl Marx werte ich heute als einen historischen Wirtschafts- Gesellschaftstheoretiker und Philosoph, der aber die Kernprobleme des 19. Jahrhunderts nicht richtig verstand - nämlich die Bevölkerungsexplosion. Ihr entgegen wirkte die Industrialisierung, für die eine Kapitalbildung ein Ding der schlichten Notwendigkeit war. Ihr Wirtschaftssystem vermochte aber immerhin dieses Bevölkerungswachstum einiger Massen zu verkraften, wenn auch mit vielen negativen Begleiterscheinungen wie Kinderarbeit und tiefen Löhnen für die Arbeiter, Auflösung der Grossfamilie etc.

Der Kapitalismus, den man eigentlich eher freie Marktwirtschaft nennen sollte, verkraftete diesen Prozess viel besser als später die Versuche, Marx Ideen umzusetzten. Die Industrialisierung in der Sowjetunion und später in China kostete, je nach Berechnungen, irgendetwas zwischen 50 und 100 Millionen Menschenleben. George Soros kommentierte das Mal so: Karl Marx Medizin war schlimmer als die Krankheit.

Schon die Ausbeutungs- und Verelendungstheorie war falsch. Das Konzept einer Diktatur des Proletariats weltfremd. Auch der Klassenkampf eine zu oberflächliche Theorie. Materieller Unterbau und ideeler Überbau - naja, das findet immer mal so in Wellen statt. Mal ist eine Gesellschaft mehr, mal weniger materialistisch, aber genug zu essen braucht sie immer. Aber dieses Philosophische Konstrukt, das kompliziert beschrieben ist, dass man es kaum versteht, mag interessant für Philosophieliebhaber sein, der praktische Bedeutungswert ist gering, als Grundlage für ein besseres Gesellschaftskonzept ist es ungenügend weil unvolständig, wichtige Zusammenhänge auslassend.

Karl Marx hat die Wirtschaftsmechanismen seiner Zeit wie auch die Probleme der Bevölkerungsexplosion wie auch Chancen der Industrialisierung nicht verstanden. Die Revisionisten stellten das schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fest und rückten von Marx Theorien ab, als klar wurde, dass die Verelendung so nicht stimmte.

Bismarck als zumindest in einigen Dingen Real- und Gleichgewichtspolitiker tat das Richtige, indem er den Kapitalismus mit Einführung der Sozialversicherungen abfederte, und so die spätere soziale Marktwirtschaft vorwegnahm. Wenn man so will, brachen seine Nachfolger einen idiotischen Krieg vom Zaun, der viele der geschaffenen Werte vernichtete und tatsächlich Verelendung brachte, und damit Grundlage für Kommunismus und Faschismus/Nationalsozialismus schuf. Hatte aber eigentlich nichts mit dem Kapitalismus zu tun, sondern mit der Inkompetenz der Entscheidungsträger.

Heute haben wir einen globalen Konkurrenzkampf und einer Gefahr des Verlusts der Konkurrenzfähigkeit der traditionellen Industrieländer Europas und Nordamerikas.

Sollte es uns gelingen, unsere globale Wirtschaft ressourcenschonend weiterzuentwickeln, die Bevölkerungsentwicklung in Griff zu bekommen und destruktive Religionen und Ideologien in Zaum zu halten, können wir zuversichtlich sein. Wir brauchen umweltschonende Technologien. Ansonsten wird nur Bescheidenheit helfen.

Karl Marx hat zu all den Themen wohl genauso viel zu bieten wie Sokrates, Seneca oder Platon, ja wohl noch weniger.
Spartaner
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Marek1964 hat geschrieben: Sollte es uns gelingen, unsere globale Wirtschaft ressourcenschonend weiterzuentwickeln, die Bevölkerungsentwicklung in Griff zu bekommen und destruktive Religionen und Ideologien in Zaum zu halten, können wir zuversichtlich sein. Wir brauchen umweltschonende Technologien. Ansonsten wird nur Bescheidenheit helfen.

Karl Marx hat zu all den Themen wohl genauso viel zu bieten wie Sokrates, Seneca oder Platon, ja wohl noch weniger.
Da sind wir wieder bei der Maßlosigkeit . Man sollte die Maßlosigkeit und Verschwendung überall bekämpfen, dort wo sie auftritt. Dafür brauch man auch kein Kapital von Marx lesen, dafür reicht allein schon der gesunde Menschenverstand.
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dieter
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Lieber Spartaner,
mit dem "gesunden Menschenverstand" ist es so eine Sache, meistens haben andere Menschen einen anderen "gesunden Menschenverstand" als ich ihn habe. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Marek1964
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Diskussion aus dem Marcuse Thread über Karl Marx hierherüberführt.
Karlheinz hat geschrieben:
Marek1964
Zu Karl Marx Unterständnis habe ich mich schon einmal ausführlich geäussert:

viewtopic.php?f=73&t=2607&hilit=Marx&start=30
Diesen Aufsatz kannte ich noch nicht. Er enthält aber einige Fehler, wie hier zum Beispiel:
Karl Marx werte ich heute als einen historischen Wirtschafts- Gesellschaftstheoretiker und Philosoph, der aber die Kernprobleme des 19. Jahrhunderts nicht richtig verstand - nämlich die Bevölkerungsexplosion. Ihr entgegen wirkte die Industrialisierung, für die eine Kapitalbildung ein Ding der schlichten Notwendigkeit war
Marx hatte sehr wohl die Bevölkerungsexplosion gesehen und zwar anders als Malthus oder Ricardo. Malthus glaubte, das die Bevölkerung auf der Erde ständig wächst und zwar in geometrischer Folge, während die Nahrungsmittelproduktion nur in arithmetischer Reihenfolge wächst. Das würde zur Katastrophe führen. Marx wies daraufhin, dass es so ein absolutes Bevölkerungsgesetz nicht gibt. Die Vermehrung ist abhängig von der Produktionsweise. Jäger- und Sammlergesellschaften können nur wenige Menschen ernähren und haben deshalb nur kleine Populationen. Die deutsche Feudalgesellschaft hatte gleichfalls nur begrenzte Möglichkeiten, deshalb lebten hier im Mittelalter nur 6-8 Millionen Menschen. Die bestimmende Variable ist also die Produktionsweise, die bestimmte Variable dagegen die Bevölkerungszahl. Das Bevölkerungswachstum ist somit eine Folge der Industrialisierung und nicht eine völlig unabhängige Variable. Die fortschreitende Industrialisierung führt laut Marx zu Wachstum und kann daher auch mehr Arbeiter beschäftigen.
Materieller Unterbau und ideeler Überbau - naja, das findet immer mal so in Wellen statt. Mal ist eine Gesellschaft mehr, mal weniger materialistisch, aber genug zu essen braucht sie immer.

Hier ist etwas vielleicht etwas falsch verstanden worden. Materialismus bedeutet nicht Schlemmen, Völlerei oder dergleichen. Der sogenannte Unterbau ist die Art und Weise wie die Menschen produzieren, so etwas tun sie immer. Der Überbau ist hingegen alles andere, der Staat, Kunst, Religion, die Eigentumsverhältnisse.
Schon die Ausbeutungs- und Verelendungstheorie war falsch
Was die Löhne betrifft, er hat seine Theorie im Laufe der Zeit verändert. In der Endfassung: Der Wert der Arbeitskraft wird bestimmt durch das Quantum der zur ihrer Rekonstruktion benötigten Lebensmittel. Die Höhe der Löhne hängt ab von der Kapitalakkumulation und der zur Verfügung stehenden Masse der Arbeitskraft. In dem Maße wie der Wert der Lebensmittel durch die steigende Produktivität sinkt, vermindert sich der Wert der Arbeitskraft. Aber andererseits, durch die steigende Produktivität wird auch der Preis früherer Luxusprodukte herabgesetzt und eine ganze Reihe neuer Waren fließt in das lebensnotwendige Minimum mit ein. Also, der Lohn kann im Wert sinken, doch sagt dies noch nichts aus über die Kaufkraft. Durch die wachsende Produktivität sind nämlich viele Waren billiger geworden und der Lebensstandard steigt. Dieser Aspekt, den Marx schon richtig antizipierte, war zu seinen Lebzeiten aber noch nicht sichtbar.
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