Porträts der KPD – Führer in Weimar 1919-1933

Deutschland zwischen den Kriegen: Stresemann, Goldene Zwanziger, Völkerbund, Zerstörung einer Demokratie, Weimarer Republik

Moderator: Barbarossa

Wallenstein

(Dieser Bericht erschien bereits anderweitig. Vielleicht findet er hier auch Interessenten)

Die KPD wurde Ende 1918 maßgeblich von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gegründet als linke Abspaltung von der SPD. Sie wollten in Deutschland den Kommunismus einführen durch eine Revolution. Doch hier gab es zwei Hindernisse:

1. Nicht immer war die Zeit für eine Revolution günstig, dann musste man auf parlamentarische Arbeit setzen. Über die Frage der richtigen Strategie wurde erbittert in der Partei gerungen. Wann war die Zeit für Aufstände günstig, wann war der friedliche Weg erfolgreicher?

2. Wie sollte man sich zu der stärkeren Konkurrenzpartei, der SPD, verhalten? Einheitsfront von oben, mit den Führern der Sozialdemokratie zusammen oder Einheitsfront von unten, also die SPD-Mitglieder von ihren Führern abwerben und mit der KPD vereinigen.

Die erste Frage wurde sofort Anfang 1919 akut. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht waren für eine Beteiligung an den Januarwahlen 1919, die Mehrheit aber, Anarchisten und Linksradikale, wollten den Aufstand, gegen den Willen der beiden KPD-Gründer. Diese Ultralinken führten den Spartakus-Aufstand durch, der von der SPD mit Hilfe von Freikorps niedergeschlagen wurde. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ließen sich in diesen Aufstand hineinziehen und wurden ermordet.

Paul Levi 1919 – Februar 1921, der nüchterne Jurist

Die Führung der Partei übernahm nun der frühere Rechtsanwalt und Freund von Rosa Luxemburg, Paul Levi (1883 – 1930). Ein nüchterner, wenig charismatischer Anführer, der zu dieser Position gekommen war, ohne sich danach zu drängeln. Als ihn Lenin einmal fragte, wann denn nun in Deutschland endlich die Revolution stattfindet, soll er gesagt haben:
„Vielleicht in 3 Monaten, vielleicht in 3 Jahren, vielleicht auch überhaupt nicht.“

Er sah sehr deutlich die Realität, die Partei war nur klein und einflusslos, die Gesamtlage für sie nicht günstig. Er entfernte zunächst alle Linksradikalen aus der Partei und sprach sich für die Beteiligung an Wahlen aus. Im Sommer 1920 konnte er nicht verhindern, dass sich die KPD der Komintern anschloss. Damit wurde sie zu einem Organ der UDSSR. Ende 1920 schloss sich die Partei mit Teilen der USPD zusammen und wurde dadurch erheblich stärker. Gleichzeitig übte der Vorsitzende der Komintern, Sinowjew, immer größeren Druck auf die Partei aus. Die Sowjets wollten endlich wieder revolutionäre Taten sehen, was Levi strikt ablehnte. Diesen Druck hielt Levi letztlich nicht aus und trat im Februar 1921 vom Parteivorsitz zurück.

Heinrich Brandler, erste Phase Frühjahr 1921 - der Putschist

Als Nachfolger wurde Heinrich Brandler (1881-1967), ein Bauhandwerker, gewählt. In Moskau träumte man noch immer von der Weltrevolution und drängte die Deutschen, aktiv zu werden. Im Frühjahr 1921 schien die Lage in Mitteldeutschland für die KPD wieder günstig zu werden. Die Bergleute in Mansfeld und die Chemiearbeiter in Leuna streikten. Die KPD unterstützte dies mit Waffenlieferungen und Sprengstoffattentaten (sogenannte März-Aktion). Doch diese Unruhen blieben lokal begrenzt und wurden von der Reichswehr blutig unterdrückt. („Bei Leuna sind viele gefallen, bei Leuna floss Arbeiterblut; Kampflied der KPD). Die putschistische Aktion wurde von Levi scharf kritisiert und aus Rache drängte Sinowjew die Genossen, ihn aus der Partei auszuschließen, was dann auch geschah. Levi wechselte später in die SPD. Brandler flüchtete nach Moskau.

Ernst Meyer, Sommer 1921 – Ende 1922, der Versöhnler

Nach der sinnlosen März – Aktion führte der aus einfachen Arbeiterverhältnissen stammende Ernst Meyer (1887 – 1930), der es bis zum Doktor der Nationalökonomie gebracht hatte (Promotion 1910) die Partei wieder in ein ruhiges Fahrwasser. Er orientierte auf Wahlen und auf eine Einheitsfront mit den Führern der SPD, wenn auch mit wenig Erfolg. Da seine Strategie nicht die gewünschten Ergebnisse zeigte, geriet er von Seiten der Linken und der Komintern unter heftigen Beschuss. Nach seiner Abwahl trat er in den Hintergrund, später kritisierte er auch die Stalinisierung unter Thälmann. Sein frühzeitiger Tod 1930, bewahrte ihn davor, als kommunistischer Renegat in die Geschichte einzugehen. In der DDR gab es sogar Briefmarken mit seinem Konterfei.

Heinrich Brandler, zweite Phase 1923 – Anfang 1924, der Rechtsopportunist

1923 kehrte Brandler zurück aus dem Moskauer Exil und wurde wieder Parteivorsitzender in dem bisher schwersten Krisenjahr der Republik. Die Lage für eine Revolution schien erneut günstig zu sein, vor allem als ein Generalstreik im Sommer 1923 zum Sturz der Regierung Cuno führte. Brandler orientierte auf eine Einheitsfront mit der SPD, die auch den großen Streik mitgetragen hatte, anschließend aber sich nicht mehr an weiteren Aktionen beteiligte. Die KPD stand nun alleine da und Brandler wusste nicht, was er machen sollte. Aus Moskau kamen völlig widersprüchliche Anweisungen, weil dort ein erbitterter Machtkampf im Politbüro tobte. Aufgrund der schlechten Erfahrung mit der gescheiterten März-Aktion 1921 blies er alle Vorbereitungen für einen Aufstand ab. Ernst Thälmann in Hamburg erfuhr davon nichts, deshalb brach nur dort ein Aufstand aus, der schnell niedergeschlagen wurde.

Nach dem Debakel schlugen alle auf Brandler ein, der nun zum Sündenbock für eine fehlgeschlagene Revolution herhalten musste, die Linken in der Partei und Sinowjew in Moskau attackierten ihn heftig. Anfang 1924 wurde er abgewählt und des Rechtsopportunismus beschuldigt.

1928 hat man ihn aus der Partei ausgeschlossen. Er gründete die KPD-Opposition, die aber keine große Bedeutung erlangte. Nach 1933 emigrierte er zunächst nach Frankreich, dann nach Kuba. 1949 kehrte er nach Westdeutschland zurück und gründete die Gruppe Arbeiterpolitik, eine unbedeutende Splitterpartei. 1967 ist er in Hamburg gestorben.

Ruth Fischer 1924 – 1925 Von ganz links nach ganz rechts

Ruth Fischer (1895 – 1961) stammte aus gutbürgerlichen Verhältnissen und studierte Philosophie und Nationalökonomie. Ihre Brüder waren der Komponist Hanns Eisler und der Journalist und Kommunist Gerhart Eisler.

1923 nahm sie Brandler heftig unter Beschuss und entwickelte eine ausgesprochen linksradikale und putschistische Strategie für die KPD. Dieser neue Linksextremismus der Partei unter ihrer Führung, Anfang 1924 hatte man sie zur Vorsitzenden gewählt, missfiel dem neuen Kremlmachthaber Stalin und er drängte auf ihre Ablösung. Im Herbst 1925 lud er sie nach Moskau ein und hielt sie unter Vorwänden 10 Monate dort fest. In der Zwischenzeit hievte er seinen Günstling Thälmann auf den Parteivorsitz.

Ruth Fischer gelang 1926 die Flucht nach Deutschland. Im gleichen Jahr wurde sie aus der KPD ausgeschlossen. 1933 emigrierte sie nach Frankreich und arbeitete in Paris mit Trotzkisten zusammen. Während der Moskauer Schauprozesse wurde sie 1936 in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

In den Kriegswirren gelang ihr 1941 die Flucht in die USA, sie arbeitete für den dortigen Geheimdienst und entwickelte sich nach 1945 zu einem Sprachrohr des amerikanischen Antikommunismus. In Zeitschriftenartikeln und vor dem Komitee für unamerikanische Aktivitäten (HUAC) denunzierte Ruth Fischer ihre Brüder Gerhart und Hanns Eisler als Kommunisten. Bei der Verhandlung gegen Gerhart war sie Hauptzeugin der Anklage. In der Folge kam Gerhart Eisler in Haft, Hanns Eisler wurde ausgewiesen. Ruth Fischer ist ein Beispiel dafür, dass eine radikale Kommunistin sich in eine ebenso radikale Antikommunistin verwandeln kann.

In ihrem Kampf gegen Stalin ließ sie sich mit westlichen Gemeindiensten und Rechtsradikalen ein. Doch 1951 kappte sie diese Beziehungen wieder. Ihr Biograph Mario Keßler schreibt dazu:

„20 Jahre später geriet Ruth Fischer in Kontakt zu einer antikommunistischen Spionageorganisation, dem Volksbund für Frieden und Freiheit. Hinter dieser Organisation, die vom Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen finanziert wurde, befand sich eine Propaganda- und auch Terrororganisation, deren Schlägertrupps Linke in der frühen Bundesrepublik überfielen. Durch einen Zufall fand Ruth Fischer heraus, dass dieser Taubert, der diese Organisation leitete, identisch war mit dem einstigen Folterer ihres Sohnes."

( Ruth Fischer. Ein Leben mit und gegen Kommunisten (1895-1961), Böhlau Verlag siehe: http://www.deutschlandfunk.de/bolschewi ... _id=250343

Anschließend löste sie sich aus der starren Freund-Feind-Haltung des Kalten Krieges. Sie hoffte auf eine Entstalinisierung und setzte auf Veränderungen durch Revolutionen in der Dritten Welt.


Ernst Thälmann 1925 – 1933 Stalins Gefolgsmann


Ernst Thälmann (1886 – 1944) war ein einfacher Hafenarbeiter aus Hamburg, der ein gewisses Charisma ausstrahlte und bei vielen Arbeitern beliebt war. Die vielen Misserfolge der KPD erklärte man sich daraus, dass die Partei nicht richtig organisiert war und deshalb sollte er die „Bolschewisierung“ vorantreiben, die Partei nach stalinistischem Vorbild strukturieren. 1925 wurde er in Abwesenheit von Ruth Fischer zum neuen Vorsitzenden gewählt und schloss alle Linksradikalen aus der Partei aus. Bis 1928 verfolgte er auf Anweisung Moskaus eine gemäßigte Politik und orientierte auf eine Einheitsfront mit der SPD-Führung, wenn auch ohne Erfolg.

Im Februar 1928 änderte sich diese Politik radikal, denn Stalin vertrat jetzt überraschenderweise die These von der dritten revolutionären Phase der Weltrevolution. Der Kapitalismus würde in eine schwere Krise geraten und die Zeit für eine neue Revolution wäre günstig. Das war aber ein Lesen aus dem Kaffeesatz und keine geniale Antizipation der Weltwirtschaftskrise. Die Gründe für den Umschwung lagen in einer Radikalisierung innerhalb der UDSSR. Die KPD sollte jetzt wieder auf bewaffneten Umsturz setzen und im Rahmen der berüchtigten Sozialfaschismustheorie sei nun die SPD der Hauptfeind.
http://geschichte-forum.forums.ag/t506- ... ie-der-kpd

Diese irrwitzige Frontstellung und die völlige Unterschätzung der NSDAP, die man nur für eine Söldnertruppe des Großkapitals hielt, steuerten die Partei in die Katastrophe. Auch nach dem 30. Januar 1933 glaubte man nicht an eine Gefahr. Die Nazis hatten keine Probleme damit, sie in wenigen Wochen vollständig zu zerschlagen.
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