Polen in der Zwischenkriegszeit - Intermaria, Medzymorze

Deutschland zwischen den Kriegen: Stresemann, Goldene Zwanziger, Völkerbund, Zerstörung einer Demokratie, Weimarer Republik

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
Marek1964
Mitglied
Beiträge: 1474
Registriert: 30.11.2013, 12:53

Diskussionsüberleitung (teilweise) von hier

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =45#p44478
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =45#p45559
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =60#p45817

Mehr später.

Hauptfrage: Welchen Charakter hatte die Politik und Charakter des polnischen Zwischenkriegsstaates?

Ein aggressiver, rassistischer Staat, wie des Titus suggeriert?
Zuletzt geändert von Marek1964 am 23.10.2014, 23:58, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Marek1964
Mitglied
Beiträge: 1474
Registriert: 30.11.2013, 12:53

Hier der letzte Post:
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben: Es gehört aber zum Deutschen Revisionsmus, zu behaupten, andere wären auch aggressiv gewesen, wenn sie nur gekonnt hätten. Zum Glück gibt es nur wenige, die diesem Revisionismus heute noch vertreten.
Tatsachen sind kein Revisionismus, aber gehen wir in medias res:


1) Das Intermarum sollte unter polnischer Führung stattfinden, also nix mit Konföderation unabhängiger Staaten.
Mit Międzymorze wurde zudem von Piłsudski das Konzept eines von Ostsee bis Schwarzem Meer reichenden slawisch-baltischen Bundesstaates in Mittel- und Osteuropa unter polnischer Führung vorgeschlagen,[25] das von den anderen Nationen abgelehnt wurde.

http://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Pol ... n_Nachbarn




2) Die Zweite Polnische Republik stand mit fast jedem (!) seiner Nachbarstaaten in Konflikt:
Im Fall der Zweiten Republik Polen waren das folgende Konflikte:

Posener Aufstand (1918–1919)
Polnisch-Ukrainischer Krieg von 1918 und 1919
Aufstände in Oberschlesien, drei bewaffnete Konflikte in Oberschlesien zwischen 1919 und 1921
Polnisch-Tschechoslowakischer Grenzkrieg vom 23. Januar bis 5. Februar 1919 um das Olsagebiet und Teschen
Polnisch-Litauischer Krieg gegen Litauen, August 1920 bis 7. Oktober 1920
Polnisch-Sowjetischer Krieg von 1920

Polen war also mit fast jedem Nachbarland in Konflikte verwickelt. Im Osten hatte Polen seine Grenzen nach den Kämpfen mit Sowjetrussland etwa 200 km östlich der von Polen als auch Sowjetrussland nicht akzeptierten Curzon-Linie gefestigt. Nur mit Rumänien und Lettland unterhielt Warschau spannungsfreie Beziehungen
.

http://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Pol ... n_Nachbarn





3) Minderheiten (Ukrainer, Deutsche, Weißrussen,...) wurden unterdrückt und hatten wenig zu lachen. Propagandaplakate bejubelten z.B. den Rückgang der deutschen Volksgruppe im Korridor.


Bild

http://de.wikipedia.org/wiki/Polnischer ... ntwicklung
Tausende Deutsche verließen das Gebiet schon im letzten halben Jahr vor der Abtretung an Polen, als die Beschlüsse des Versailler Vertrages bereits bekannt, jedoch noch nicht in Kraft getreten waren.[...] Der spätere polnische Bildungsminister Stanisław Grabski hatte zum Beispiel im Oktober 1919 in Posen erklärt: „Das fremde Element wird sich umsehen müssen, ob es nicht anderswo besser aufgehoben ist.“[22]
[Rassismus hoch x; Anm]


Weitere Zehntausende Deutsche verließen das Gebiet nach dem Anschluss an Polen aufgrund repressiver Maßnahmen des polnischen Staates: Im Gegenzug zu vorangegangener Diskriminierung und Germanisierungsversuchen an der polnischen Bevölkerung im und durch den preußischen Staat bemühte sich die polnische Regierung, die Deutschen zu verdrängen, die nun eine Minderheit im polnischen Staat darstellten. Viele Deutsche wurden ausgewiesen, insbesondere Militärangehörige und Beamte, die als Repräsentanten der vorangegangenen Unterdrückung galten.[23] Dasselbe galt für alle Deutschen, die ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten wollten (die so genannten „Optanten“) Sie wurden 1925 als illegale Ausländer des Landes verwiesen.[19] Dabei kam es auch zu Enteignungen und Zwangsräumungen. Einige der prinzipiell garantierten deutschen Schulen wurden geschlossen.[24][25][26] Auf Grund des Antisemitismus in Polen, der insbesondere nach dem polnisch-sowjetischen Krieg in allen polnischen Gesellschaftsschichten manifest wurde, emigrierten in der Zwischenkriegszeit auch viele Juden aus dem Korridor nach Deutschland.[27]


http://de.wikipedia.org/wiki/Polnischer ... ntwicklung
Anderen Minderheiten ging es auch nicht wesentlich besser:
Widerstand der ukrainischen und weißrussischen Minderheiten im Osten wurden mit polizeilichen Methoden unterdrückt.
http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B3zef ... n_Republik

[...]In Ostgalizien wurden hingegen der ukrainischen Minderheit die versprochene ukrainische Universität Lemberg vorenthalten. Im zuvor russischen Ruthenien hingegen wurde von den Behörden eine wohlwollender Kurs eingeschlagen. Im Südosten des Landes war die Organisation Ukrainischer Nationalisten aktiv und bekämpfte den polnischen Staat mit Anschlägen und Sabotageakten was zu Militäraktionen Polens führte.[21] Am 13. September 1934 kündigte Polen den Minderheitenschutzvertrag und kündigte an ein solches Abkommen nur erneut zu unterschreiben wenn es einheitliches für ganz Europa geben würde.[...]

http://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Pol ... tenpolitik







4) Pilsudski drängte bereits 1933 (!) zwei Mal einen präventiven Angriffskrieg gegen Deutschland zu führen, wofür die Westmächte allerdings micht zu haben waren.
Dennoch wurde 1932 ein polnisch-sowjetischer Nichtangriffspakt unterzeichnet und, nachdem die Westmächte 1933 zweimal einen von Piłsudski vorgeschlagenen Präventivkrieg gegen das sich gerade etablierende NS-Regime in Deutschland abgelehnt hatten,[...]
http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B3zef ... n_Republik
Benutzeravatar
Orianne
Mitglied
Beiträge: 3147
Registriert: 11.06.2014, 21:14
Wohnort: Suisse
Kontaktdaten:

Man kann es mit Vorbehalten mit einer Militärdiktatur vergleichen, der Chef war ja Józef Piłsudski, ein starker Mann, der die 2. Republik formte. Da er immer einem Konflikt mit Deutschland auswich, könnte man nach seinem Tod 1935 mehrere Theorien aufstellen, da ja Piłsudski 1933 die Briten und Franzosen zu einem Präventivkrieg gegen das Deutsche Reich drängte.
Diese Tatsache wurde von Adolf Hitler dankend angenommen, und 6 Jahre gegen Polen verwendet, sei es öffentlich oder auf dem diplomatischen Weg. Piłsudski hatte zweifelsohne zwei Gesichter, aus ihm bin ich nie schlau geworden.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
Bild
Paul
Mitglied
Beiträge: 2739
Registriert: 29.04.2012, 18:44
Wohnort: Mittelhessen an der Loganaha

Orianne hat geschrieben:Man kann es mit Vorbehalten mit einer Militärdiktatur vergleichen, der Chef war ja Józef Piłsudski, ein starker Mann, der die 2. Republik formte. Da er immer einem Konflikt mit Deutschland auswich, könnte man nach seinem Tod 1935 mehrere Theorien aufstellen, da ja Piłsudski 1933 die Briten und Franzosen zu einem Präventivkrieg gegen das Deutsche Reich drängte.
Diese Tatsache wurde von Adolf Hitler dankend angenommen, und 6 Jahre gegen Polen verwendet, sei es öffentlich oder auf dem diplomatischen Weg. Piłsudski hatte zweifelsohne zwei Gesichter, aus ihm bin ich nie schlau geworden.
Pilsudski ist dem Konflickt mit Deutschland nicht ausgewichen, sondern hat ihn mit der Anexion der deutschen Gebiete in Westpreußen und in Oberschlesischen Gebieten provoziert. Das besiegte entwaffnete Deutschland konnte nicht reagieren. So wurde der Aufstieg der Nationalsozialisten und die Remilitarisierung Deutschlands begünstigt.
Während das Schulwesen in den anektierten Gebieten sofort polonisiert wurde, wurden die deutschen Minderheitsschulen in Zentralpolen etwa 1930 geschlossen. Meine Mutter ging dann ab 1939 in Lodz auf ein deutsches Gymnasium.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Benutzeravatar
Orianne
Mitglied
Beiträge: 3147
Registriert: 11.06.2014, 21:14
Wohnort: Suisse
Kontaktdaten:

Trotzdem arbeitete Piłsudski an einer Verständigung mit dem DR, ausserdem richtete er sich gegen die Sowjetunion, verfolgte die Juden nicht, was er aber tat, er unterzeichnete 1932 einen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion, um 1933 nach Berlin zu marschieren, aber wir wissen ja, dass das nicht geklappt hatte. Natürlich unterschrieb er auch einen Nichtangriffspakt mit Berlin 1934, er sicherte sich so auf beide Seiten ab. Polen war damals eine Präsidialdiktatur, so ähnlich wie heute viele Staaten in Südamerika. Piłsudski war ein geschickter Taktiker, der wirklich alle Möglichkeiten für ein "Grosspolen" suchte und soweit möglich auch ausnutzte.


Zu lesen im Buch von Holger Michael - Józef Piłsudski 1867-1935. Schöpfer des modernen Polens
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
Bild
Paul
Mitglied
Beiträge: 2739
Registriert: 29.04.2012, 18:44
Wohnort: Mittelhessen an der Loganaha

Orianne hat geschrieben:Trotzdem arbeitete Piłsudski an einer Verständigung mit dem DR, ausserdem richtete er sich gegen die Sowjetunion, verfolgte die Juden nicht, was er aber tat, er unterzeichnete 1932 einen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion, um 1933 nach Berlin zu marschieren, aber wir wissen ja, dass das nicht geklappt hatte. Natürlich unterschrieb er auch einen Nichtangriffspakt mit Berlin 1934, er sicherte sich so auf beide Seiten ab. Polen war damals eine Präsidialdiktatur, so ähnlich wie heute viele Staaten in Südamerika. Piłsudski war ein geschickter Taktiker, der wirklich alle Möglichkeiten für ein "Grosspolen" suchte und soweit möglich auch ausnutzte.
Zu lesen im Buch von Holger Michael - Józef Piłsudski 1867-1935. Schöpfer des modernen Polens
Ich würde aber nicht sagen, das er ein geschickter Taktiker war. Indem er 2 Großmächte durch Anexionen fundamental angriff, provozierte er einen 2 Frontenangriff. So passierte es ja dann auch. Er trug seinen Anteil dazu bei, das Polen angegriffen wurde und die Welt in einem Weltkrieg versank. Solche verantwortungslosen Menschen brauch die Welt nicht.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Benutzeravatar
Orianne
Mitglied
Beiträge: 3147
Registriert: 11.06.2014, 21:14
Wohnort: Suisse
Kontaktdaten:

Paul hat geschrieben:
Orianne hat geschrieben:Trotzdem arbeitete Piłsudski an einer Verständigung mit dem DR, ausserdem richtete er sich gegen die Sowjetunion, verfolgte die Juden nicht, was er aber tat, er unterzeichnete 1932 einen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion, um 1933 nach Berlin zu marschieren, aber wir wissen ja, dass das nicht geklappt hatte. Natürlich unterschrieb er auch einen Nichtangriffspakt mit Berlin 1934, er sicherte sich so auf beide Seiten ab. Polen war damals eine Präsidialdiktatur, so ähnlich wie heute viele Staaten in Südamerika. Piłsudski war ein geschickter Taktiker, der wirklich alle Möglichkeiten für ein "Grosspolen" suchte und soweit möglich auch ausnutzte.
Zu lesen im Buch von Holger Michael - Józef Piłsudski 1867-1935. Schöpfer des modernen Polens
Ich würde aber nicht sagen, das er ein geschickter Taktiker war. Indem er 2 Großmächte durch Anexionen fundamental angriff, provozierte er einen 2 Frontenangriff. So passierte es ja dann auch. Er trug seinen Anteil dazu bei, das Polen angegriffen wurde und die Welt in einem Weltkrieg versank. Solche verantwortungslosen Menschen brauch die Welt nicht.
Sicher kann die Geschichte auf solche Leute verzichten, aber er war nun einmal da, und er wird in Polen (leider) immer noch sehr verehrt. Für mich war er ein Faschist und Wendehals, mehr nicht.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
Bild
Benutzeravatar
Gontscharow
Mitglied
Beiträge: 363
Registriert: 14.09.2014, 01:14

Ich habe mal den Begriff "grüner Faschismus" gelesen -
für die Zwischenkriegszeit waren solche halb - bis dreivierteldiktatorischen Regime wie das Pilsudskis in vielen europäischen Staaten die Regel,nicht die Ausahme....
Alle wollten sie mit staatlichem Dirigismus bis in die intimste Privatsphäre ihrer Bürger hinein
den "novo estado" (Portugal) oder gleich den neuen Menschen ( Kommunismus, Nationalsozialismus)
schaffen.
Alle hätten sie - wenn sie gekonnt hätten - ihre Nachbarländer unterworfen und ausgeplündert und
Teile ihrer Territorien annektiert ( war deshalb in Europa nicht mehr Mode, bis Putin auf die Idee
kam, man könne es ja mal wieder versuchen), ihre Bevölkerung assimiliert oder ausgerottet.
Diese Politik ist zu Recht im und nach dem II. Weltkrieg völlig diskreditiert worden.
Als historisch Interessierter kann man sich ruhig damit beschäftigen - Ich hoffe, daß man
zu dem Schluß kommt, die Unmoral, den Keim von Vernichtung und Tod dieser Politik zu erkennen -
und nicht mit dem Schluß "Ihr wart auch nicht besser" die alten Grabenkämpfe erneut eröffnen zu wollen :cry:
Benutzeravatar
Marek1964
Mitglied
Beiträge: 1474
Registriert: 30.11.2013, 12:53

Paul hat geschrieben:
Ich würde aber nicht sagen, das er ein geschickter Taktiker war. Indem er 2 Großmächte durch Anexionen fundamental angriff, provozierte er einen 2 Frontenangriff. So passierte es ja dann auch. Er trug seinen Anteil dazu bei, das Polen angegriffen wurde und die Welt in einem Weltkrieg versank. Solche verantwortungslosen Menschen brauch die Welt nicht.
Eine sehr vereinfachende Wertung.

In der Sowjetunion herrschte damals Bürgerkrieg, die bolschewistische Regierung war den Westmächten ein Dorn im Auge, man war froh, dass die Polen sich dem entgegenstellten, übrigens zusammen mit Ukrainischen Nationalen, die man gerade erst vorher bekämpft hatte.

Was aus der Sowjetunion oder Russland werden würde, konnte keiner ahnen. Die polnische Westgrenze war so in Versailles vereinbart worden.

Für den Angriff Polens durch Hitler, der sich mit Stalin einigte, Pilsudski verantwortlich machen zu wollen, ist ohnehin unhaltbar. Hitler wollte in jedem Fall Polen einnehmen, allenfalls satellisieren, unter Einnahme derjenigen Gebiete, die er sich vorgestellt hatte, und mit langfristig ohnehin geplanter Helotisierung. Polen wäre dem auch nur vorübergehend entgangen, wenn es sich für Hitlers "Kreuzzug" gegen die Sowjetunion hätte einspannen lassen.

Auch wenn das damalige Ostpolen der Sowjetunion nach 1921 verblieben wäre, hätte sich Stalin mit höchster Sicherheit auf einen Deal mit Hitler eingelassen, hatte dieser ihm doch das Baltikum, Finnland und Bessarabien zugestanden, etwas, was die Westmächte nie zugestanden hätten. Sein und Molotows Kalkül wäre dann immer noch das gleiche gewesen: Deutschland sollte sich mit Polen und den Westmächten sich in einen langen Abnützungskrieg verwickeln lassen, und er würde dann später dann der lachende Dritte sein.

Pilsudski war ein typischer Vertreter seiner Zeit, Staatspräsident einer für die Demokratie nicht reifen Nation, in einem schweren Umfeld und einer schweren Zeit, sicher auch Patriot mit wenig Sensibilität für nationale Minderheiten. Verurteilungen sind da leicht.
Benutzeravatar
Marek1964
Mitglied
Beiträge: 1474
Registriert: 30.11.2013, 12:53

Orianne hat geschrieben: da ja Piłsudski 1933 die Briten und Franzosen zu einem Präventivkrieg gegen das Deutsche Reich drängte.
Er hat halt, wie auch viele in der Tschechoslowakei, HItler und seine langfristige Politik erkannt. War ja eigentlich nicht so schwer. Man brauchte nur Mein Kampf zu lesen und sich den Schreihals anhören und seine braunen Paraden anschauen.
Benutzeravatar
Marek1964
Mitglied
Beiträge: 1474
Registriert: 30.11.2013, 12:53

Gontscharow hat geschrieben: Alle hätten sie - wenn sie gekonnt hätten - ihre Nachbarländer unterworfen und ausgeplündert und
Teile ihrer Territorien annektiert ( war deshalb in Europa nicht mehr Mode, bis Putin auf die Idee
kam, man könne es ja mal wieder versuchen), ihre Bevölkerung assimiliert oder ausgerottet.
Das ist mir zu undifferenziert. Polen wollte das Polen von 1772 - kein Grossgermanisches Reich wie Hitler und keine Weltrevolution wie die Bolschewiken. Die Grenzziehung von 1918 aus den Konkursmassen der drei Kaiserreiche war alles andere als einfach, - zu sehr waren die einzelnen Gebiete national durchmischt. Dazu noch der Bürgerkrieg und die bolschewistische Regierung in Russland, Unruhen, Streiks und Revolutionen allenthalben.

Die Konflikte und Kämpfe, die ja auch nicht nur zwischen Polen und seinen Nachbarn es gab, waren eher dem geschuldet als dass man die Nachbarländer ausgeplündern und unterwerfen wollte. Mit Hitlers Wahn kann man diese Konflikte nicht gleichsetzen, auch nicht annährend.

Wahr ist, dass man die Vorstellung hatte, durch Assimilierungen und kulturelle Dominanz sein eigenes Ethnikum durchzusetzen, obschon man sich verpflichtet hatte, Minderheitenrechte zuzugestehen.

Gontscharow hat geschrieben: Als historisch Interessierter kann man sich ruhig damit beschäftigen - Ich hoffe, daß man
zu dem Schluß kommt, die Unmoral, den Keim von Vernichtung und Tod dieser Politik zu erkennen -
und nicht mit dem Schluß "Ihr wart auch nicht besser" die alten Grabenkämpfe erneut eröffnen zu wollen :cry:
Genau das aber versuchen die Revisionisten -aber eben, mit Hitlers Wahn kann die Situation in keinem Land Mitteleuropas in der Zwischenkriegszeit gleichsetzen.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Ihr Lieben,
ich hoffe nicht, dass das Ganze in Osteuropa durch Putin wieder los geht. Wir haben einen neuen User hier im Forum, der behauptet, dass es Ebola in der Ukraine gäbe und es schon zu Toten gekommen ist. Wie groß muss der Hass aufeinander sein, solche Thesen zu behaupten :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
Orianne
Mitglied
Beiträge: 3147
Registriert: 11.06.2014, 21:14
Wohnort: Suisse
Kontaktdaten:

Marek1964 hat geschrieben:
Orianne hat geschrieben: da ja Piłsudski 1933 die Briten und Franzosen zu einem Präventivkrieg gegen das Deutsche Reich drängte.
Er hat halt, wie auch viele in der Tschechoslowakei, HItler und seine langfristige Politik erkannt. War ja eigentlich nicht so schwer. Man brauchte nur Mein Kampf zu lesen und sich den Schreihals anhören und seine braunen Paraden anschauen.
Frankreich wie auch Grossbritannien waren zu der Zeit vom WWI ausgeblutet, dazu hatte sich Frankreich mit der Maginot Linie für die Verteidigung entschieden, Grossbritannien hatte genug mit inneren Problemen und den Kolonien zu tun.

Aber es ist wahr, fast in jedem Land regierte so ein "Westentaschenmussolini", die Populisten hatten es damals noch leichter, die Wirtschaftslage trieb sie nach oben. Beispiele gibt es genügend.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
Bild
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Orianne hat geschrieben:
Aber es ist wahr, fast in jedem Land regierte so ein "Westentaschenmussolini", die Populisten hatten es damals noch leichter, die Wirtschaftslage trieb sie nach oben. Beispiele gibt es genügend.
Zumal im Polen der 30er noch nicht mal 20 Jahre vergangen waren, dass man zu einem nationalstaatlichen Territorium gekommen war. Die polnischen Teilungen waren den Menschen damals noch präsent. Die Gefahr wieder einmal zwischen Rußland, Preußen u.a. zerrieben und aufgeteilt zu werden, mussten nicht mal Populisten heraufbeschwören, die war konkret vorhanden.
Stimmt schon, Populismus, überbordender Nationalismus, auch als Antwort auf die kommunistische Gefahr war in den 30ern en vogue. Vielleicht hat man Hitler auch deshalb nicht ernst genug genommen.
Ist heute auch nicht so viel anders, wenn man die kommunistische gegen die islamistische Gefahr austauscht, aber das ist ein anderes Thema.
Paul
Mitglied
Beiträge: 2739
Registriert: 29.04.2012, 18:44
Wohnort: Mittelhessen an der Loganaha

Marek1964 hat geschrieben: Was aus der Sowjetunion oder Russland werden würde, konnte keiner ahnen. Die polnische Westgrenze war so in Versailles vereinbart worden.

Für den Angriff Polens durch Hitler, der sich mit Stalin einigte, Pilsudski verantwortlich machen zu wollen, ist ohnehin unhaltbar. Hitler wollte in jedem Fall Polen einnehmen, allenfalls satellisieren, unter Einnahme derjenigen Gebiete, die er sich vorgestellt hatte, und mit langfristig ohnehin geplanter Helotisierung. Polen wäre dem auch nur vorübergehend entgangen, wenn es sich für Hitlers "Kreuzzug" gegen die Sowjetunion hätte einspannen lassen.
Pilsudski war ein typischer Vertreter seiner Zeit, Staatspräsident einer für die Demokratie nicht reifen Nation, in einem schweren Umfeld und einer schweren Zeit, sicher auch Patriot mit wenig Sensibilität für nationale Minderheiten. Verurteilungen sind da leicht.
Ohne die Pilsudskia nach dem 1. Weltkrieg hätte es Hitler und den 2. Weltkrieg nicht gegeben. Bei einer gerechten Grenzziehung, von Volksabstimmungen abhängig gemacht, hätte es keine so großen Minderheiten gegeben, deren Rechte Pilsudski hätte wegnehmen können. Er hätte dann auch eine kleine deutsche Minderheit in Posen und Lodz nicht als Bedrohung wahrgenommen, denn es wäre keine gewesen.
Im Deutschen Reich hätte es eine stabile Demokratie gegeben, von der alle Nachbarn profitiert hätten.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Zwischenkriegszeit“