Neues Rentengesetz beschlossen - Entwicklung der Rente.

Arbeits und Lehrstellenmarkt, Arbeits- und Sozialrecht, Rente

Moderator: Barbarossa

Cherusker
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Skeptik hat geschrieben: 03.08.2022, 22:00
Wie zum Beispiel Japan das schaffen will ist mir schleierhaft:
Die Folgen für den Arbeitsmarkt hat die Japanische Agentur für internationale Zusammenarbeit (JICA) genauer untersucht. Die Zahl der Erwerbsfähigen werde bis 2040 um zehn Prozent sinken, so die Prognose. Japan müsse die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte im selben Zeitraum deutlich erhöhen - auf etwa 6,7 Millionen. Aktuell sind es nur rund 1,7 Millionen. Mit anderen Worten: Die Zahl der zugewanderten Erwerbstätigen müsse sich vervierfachen. Nur dann habe Japans Volkswirtschaft die Chance, die kommenden Lücken auf dem Arbeitsmarkt zu schließen und das von der Regierung angestrebte Wirtschaftswachstum zu halten.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/we ... n-101.html
Man sollte eins nicht vergessen: den Fortschritt in der Automatisierung und Digitalisierung, dazu noch die KI. D.h. es ist naiv zu glauben, daß man in Zukunft noch soviele Arbeitskräfte benötigt wie heutzutage. Das kann man an einfachen Beispielen erklären. Man braucht sich nur die Beschäftigungszahlen der Autoindustrie, Versicherungen und Banken vor 50 Jahren anschauen. Selbst wenn man nur 20 oder 30 Jahre zurückgeht, dann gibt es da ganz andere Beschäftigungzahlen bei den Unternehmen. Wo es früher eine Abteilung mit mehreren Angestellten gab, sitzen heute nur noch ein Bruchteil der damals Beschäftigten.

Wer also Rechnungen auf heutiger Basis vornimmt, der kann nur zu einem falschen Ergebnis kommen, da die Automatisierung und Digitalisierung ihn überholen wird. :mrgreen: :wink:

P.S.
Spätestens wenn es menschenähnliche Roboter gibt, ist die Nachfrage nach menschlichen Arbeitskräften vorbei. Das hört sich nach Science Fiction an, wird aber von Zukunftsforschern in 20-30 Jahren erwartet. Die Geschichte wiederholt sich. Bei den Römern waren es die Sklaven, die die Römer "arbeitslos" machten und in Zukunft werden es die Automaten und Roboter sein. :wink: Dann hat die Politik wieder das Problem der "Brot und Spiele". :crazy:
Skeptik
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Das sind sehr interessante Gedanken und es wird sicher in diese Richtung gehen.
Marianne E.
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Nur zur weiteren Information:
Das von mir erwähnte Ergebnis in dem Buch von 1998 bleibt aktuell, wenn man den derzeitigen Äußerungen der verschiedenen Arbeitgeberverbände zuhört.
Das Buch ist alt, die Erkenntnisse jung.
Die Digitalsierung - wenn sie denn einmnal in Deutschland vollständig umgesetzt ist - wird einige Arbeitsanforderungen überflüssig machen, dafür andere schaffen.

Tatsache ist, durch Zuwanderung, auch nicht mit green- oder whitecard ist das Problem zu lösen. Es bedarf auch eines guten und verbesserten Bildungssystem für alle.
Cherusker
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Marianne E. hat geschrieben: 05.08.2022, 13:05
Tatsache ist, durch Zuwanderung, auch nicht mit green- oder whitecard ist das Problem zu lösen. Es bedarf auch eines guten und verbesserten Bildungssystem für alle.
Ja, aber Zuwanderung ist nicht gleich Zuwanderung. :wink: Während Asiaten aus dem fernen Osten (Japan, Südkorea, Vietnam,...) überdurchschnittliche schulische Leistungen aufzeigen und sich gut in unser westliches System integrieren, z.B. die größte Anzahl von Japanern in Deutschland lebt in Düsseldorf (aber hat es da schon jemals negative Berichte gegeben ?), sind gerade Einwanderungen aus muslimischen Ländern durch das Gegenteil aufgefallen. Gerade hier fehlt es an Qualifikationen und dem Willen. Damals unter der Schröder-Regierung benötigte man dringend Computer-Spezialisten (IT-Bereich). Zwar hatte der Gazprom-Gerhard vorher noch die Fakultät Informatik in Hildesheim an der FH geschlossen, aber jetzt brauchte er welche.... :mrgreen: Es gab damals das Stichwort "Computer-Inder".....d.h. qualifizierte Personen, die man aus dem Ausland anwerben wollte. Aber der Schuß ging gewaltig nach hinten los. Diese "Computer-Inder" gingen viel lieber in den englisch-sprachigen Raum, z.B. USA. Eine Anwerbung von Fachkräften erfolgte also keinesfalls.

Als 2015 der große Zustrom von überwiegend muslimischen jungen Männern erfolgte, versuchten Politiker uns zu erklären, daß es sich hierbei um Fachkräfte und Akademiker handelte. Schon damals wurde von einer Vollbeschäftigung gejubelt. :crazy: Die Realität sah aber ganz anders aus. Wo sollten denn auch diese angeblichen Fachkräfte und Akademiker vorher auch gearbeitet haben ? In Syrien ??? :roll: :mrgreen: :crazy: Was wir verzeichnen konnten, daß war eine Zunahme von Sisha-Bars, Barber-Shops, Wettbüros, Gebrauchtwagen-Handel, Döner-Läden......d.h. überwiegend selbständige Arbeit, aber nicht in Berufen mit hohen Qualifikationsansprüchen. Eine Stadt im Ruhrgebiet hat jetzt eine weitere Ansiedlung von Sisha-Bars usw. in einem Stadtteil untersagt, weil diese eindeutig Überhand genommen haben und so das Stadtbild prägen. :lolno: Man sollte sich auch mal Gedanken machen, wieviele Bücher in der muslimischen Welt pro Jahr veröffentlicht werden (außer religiösen Schriften) ? :wink:

Fazit: die jetzige Zuwanderung führt nicht zum erhofften Ziel. Wunschdenken ersetzt nicht die Realität.
Skeptik
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Cherusker hat geschrieben: 06.08.2022, 10:07 Was wir verzeichnen konnten, daß war eine Zunahme von Sisha-Bars, Barber-Shops, Wettbüros, Gebrauchtwagen-Handel, Döner-Läden......d.h. überwiegend selbständige Arbeit, aber nicht in Berufen mit hohen Qualifikationsansprüchen.
Ja, die Zahl der Shisha-Bars hat in den letzten Jahren explosionsartig zugenommen. Fast 6000 dieser orientalisch anmutenden Etablissements gibt es Schätzungen zufolge. Es gibt kaum eine Stadt in Deutschland, in der sich nicht in geselliger Runde ein Pfeifchen rauchen lässt. Pro Kilo Wasserpfeifentabak steigen die Preise um circa 15 Euro. Die wichtige Einnahmequelle brachte im Jahr 2020 rund 14,7 Milliarden Euro in die Staatskasse. Anscheinend zu wenig, denn 2022 gab es einen kräftigen Aufschlag.

Ab dem 1.1.2022 gibt es eine extreme Tabaksteuererhöhung. Pro Kilo Wasserpfeifentabak steigen die Preise um circa 15 Euro. Diese Erhöhung betrifft alle Tabaksorten mit einer Steuerbanderole. Dabei spielt das Gewicht keine Rolle – egal, ob es sich um eine Shisha Tabak 200g Dose oder eine Kilo-Dose handelt.
Vorgesehen sind 15 Euro Zusatzsteuer pro Kilo Shisha Tabak. 2023 steigt dieser sogar auf 19 Euro, 2025 rechnet man mit 21 Euro und ab 2026 wird dieser auf sage und schreibe 23 Euro steigen. Ab dem 1. Juli darf Shishatabak in Deutschland maximal nur noch in 25-Gramm-Verpackungen verkauft werden. Bis anhin war die glibberige Paste, die zum Rauchen in den Kopf der Wasserpfeife gefüllt werden muss, in allen möglichen Größen verfügbar: Zwischen 10 und 250 Gramm war alles dabei. Eigentlich will der Bund vermeiden, dass ihm Steuereinnahmen flöten gehen. Doch die neue Regelung in der Shishabranche könnte dafür sorgen, dass ein riesiger Schwarzmarkt entsteht. Der Zoll ist alarmiert.

Das Blubbern von Wasserpfeifen hat sich bei den Deutschen, die ihren 30. Geburtstag noch nicht gefeiert haben, in den vergangenen Jahren zum Megatrend gemausert. Allein 14 Prozent der Jugendlichen rauchen nach einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mindestens einmal im Monat Wasserpfeife.
Ein zentrales Problem das nach einer Lösung schrie. Die Deutschen sind ja gut in Gesetzen. Alles wird geregelt und der Deutsche liebt eben von Natur aus besonders die Ordnung. Und unsere Finanzminister sind ganz groß darin sich auf Wesentliches zu konzentrieren. Mit vereinten Kräften konnten unsere Finanzspitzen Schäuble und Scholz das Shisha-Problem meistern. Dass bei solchem Eifer immer mal was auf der Strecke bleibt, kann man bei der CumEx-Problematik beobachten. - Da geht es aber auch nur um einen Steuerschaden von 35 Milliarden Euro. - Für Finanzminister Peanuts gewissermaßen!

Quellen
https://www.t-online.de/finanzen/news/u ... -euro.html
https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstl ... 12558.html
Zuletzt geändert von Balduin am 28.08.2022, 15:40, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Quellen ergänzt
Cherusker
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Irgendwo in den Medien hatte ich mal einen Bericht gelesen, indem stand, daß es in ganz NRW keine Shisha-Bar gibt, die gewinnbringend arbeitet. :shock: Dazu kann ich nichts sagen, aber mir ist aufgefallen, daß in unserem Ort gewisse Döner-Läden nach relativ kurzer Zeit (meist 1-2 Jahre Laufzeit) wieder schließen und dann unter einem anderen Namen wieder aufmachen. Mir sagte jemand, wenn es an die Steuerzahlungen geht, dann wird Konkurs angemeldet und danach übernimmt dann ein anderes Familienmitglied diesen Laden und eröffnet ihn wieder neu. :mrgreen: Natürlich mit neuem Mobiliar und Geräten.....ein Schelm, wer Böses dabei denkt. :wink:
Dieser häufige Wechsel ist also nicht nur mir aufgefallen.... :wink:
Auch fragt man sich, wie die vielen Barber-Shops (teilweise auf Sichtweite) existieren können ? Sie bieten ihre Leistungen meist deutlich unter dem Preis anderer Friseurläden an. In den Barber-Shops sitzen auch häufiger viele Leute, aber die sitzen nur rum..... :wink:
Ruaidhri
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Umso froher bin ich, dass dich etliche aus meinen Kursen in Lohn und Brot stehen, vom Arzt über den Dipl. Ing. Biologin ,Informatikerin zum Schreiner, Maler, Krankenpfleger: in und zwei arbeiten in der gehobenen Gastronomie.
Die Unterschiede innerhalb der Flüchtlinge sind immens.
Meine drei afghanisch- stämmigen Mädchen gehen ab morgen in den 13. den 12.Jahrgang und in die 7. Klasse Gymnasium.
Beide älteren Brüder arbeiten bzw. studieren.
Alle Deutsche geworden, seit 2015 hier. Gut, dass es auch anders geht, wenn beide Seiten wollen.
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Barbarossa
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,,Deutsche geworden...''
Sagen wir lieber: eingelebt.
Das genügt vollkommen.
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Ruaidhri
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Barbarossa hat geschrieben: 14.08.2022, 19:13 ,,Deutsche geworden...''
Sagen wir lieber: eingelebt.
Das genügt vollkommen.
😏
Das mag Dur genügen, trifft aber wahrlich nicht den Kern. Sie sind Deutsche, und teilweise wissen sie mehr über Deutschland und sprechen besser Deutsch als manch echte Deutsche.
Ich mag solche arrogante Beurteilung nicht, wie sie hier steht.
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Barbarossa
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Nein, nein, das ist von mir gar nicht irgendwie arrogant gemeint gewesen. Ich hab mir schon gedacht, dass da jetzt noch etwas kommt. :-) Ich habe auch erst überlegt, ob ich die Bemerkung großzügig überlese, aber es ging dann doch nicht. ;-)
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Es kratzt nur einfach an der Definition meiner eigenen Identität. Und das ist der springende Punkt:
Nach meiner Definition (und die ist unveränderlich) ist man Deutscher Nationalität aufgrund seiner Muttersprache (außer, man sieht sich als Österreicher oder Deutschschweizer oder so...). Das hat auch nicht einmal etwas mit der Staatsbürgerschaft zu tun - auch das widerspräche wiederum meiner persönlichen Lebenserfahrung. Denn ich habe in meinem Leben inzwischen auch die zweite Staatsbürgerschaft - erst DDR - jetzt Bundesdeutsch. Deutscher Nationalität war und bleibe ich aber immer!
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So ist das für mich auch, wenn fremde Völkerschaften hier einwandern. Sie können zwar gut Deutsch lernen (schön, wenn das gelingt) und können von mir aus auch die Deutsche Staatsbürgerschaft annehmen. Dann sind sie für mich zwar Deutsche Staatsbürger (das ist völlig ok), behalten aber natürlich ihre ursprüngliche Nationalität (die für mich fest gekoppelt ist an die Ethnie).
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Ich kann das nicht anders sehen, denn alles andere würde bedeuten, dass ich meine eigene Identität auch irgendwie anders definieren müsste. Aber es hat mir niemand vorzuschreiben wie und als was ich mich zu definieren habe. Das ist mir wichtig, weil das Thema für mich auch irgendwie emotionsbehaftet ist.
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Dann bleib bei Deiner Meinung, die für mich immer überheblich und arrogant bleiben wird, was einige- nicht alle- gewordenen Deutschen angeht.

Für mich ist das Diskriminierung solcher Menschen, die wahrlich mehr Kultur und Manieren haben als viele der hier geborenen angeblich Deutsch beherrschenden Menschen.
Womit ausdrücklich DU nicht gemeint bist.
Es gibt wenigstens einige dieser positiven Beispiele, denen gegenüber niemand das Recht hat, sich als besserer und echter Deutscher zu sehen.
Wir werden uns darüber nie einig werden, wer wann Deutscher ist und sein darf und will.
Meine gebürtigen Afghanen sind Deutsche- mit 4 Sprachen, die Erwachsenen mit steuerpflichtigen Jobs, der türkischstämmige Teil meiner weiteren Familie ist so deutsch wie es geht, wenn hier zweisprachig aufgewachsen ist,studiert und promoviert hat.
Ausnahmen, vielleicht, aber wer denen die Qualifikation Deutscher zu sein, abspricht, dem gehe ich lieber aus dem Weg.
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Barbarossa
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Ich ahne es auch, dass bei uns tatsächlich zwei völlig verschiedene Welten aufeinanderprallen und wir uns über dieses Thema nicht einig werden. Ist aber grundsätzlich nicht schlimm. ;-)
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Nur etwas noch, was ich so nicht stehen lassen möchte, bzw. kann:
Beim Thema, wer ist als ,,Deutscher'' anzusehen und wer eher nicht, geht es absolut nicht um Diskriminierung von Ausländern (jedenfalls bei mir nicht), egal in welcher Form. Es geht dabei vielmehr - wie gesagt - um persönliche Identität.
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Es ist nunmal so, dass jemand, der bspw. in Afghanistan geboren ist und dessen Muttersprache einer der dortigen Sprachen ist (wie etwa Neupersisch), von seiner ursprünglichen Herkunft Afghane ist und das ethnisch auch bleibt. Das kann man sich nicht aussuchen und ist daher nicht beliebig. Das ist das, was mir bei dabei negativ aufstößt, dass inzwischen wirklich alles beliebig wird. (Edit: Auch die Diskussion vor Jahren um eine doppelte oder mehrfache Staatsbürgerschaft ging ja ebenfalls in diese Richtung.) Irgendwo hat Beliebigkeit aber auch seine Grenzen.
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Bei mir ist das ja auch so: Ich bin in der DDR geboren und aufgewachsen. Das ist ein Teil meines Lebens - immerhin volle 23 Jahre lang - und daher auch Teil meiner Identität. Ich hätte auch gern darauf verzichten können, Erfahrungen mit dieser Diktatur zu machen, aber ich konnte es mir nicht aussuchen. Das war nicht beliebig.
Immerhin haben mich die positiven Erfahrungen der politischen Wendezeit (Stichwort: Friedliche Revolution) der Jahre 1989 und 90 dann für vieles entschädigt, was davor war.
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Genauso sehe ich das mit den Migranten. Auch sie konnten es sich nicht aussuchen, in welchem Land sie geboren sind. Wenn es ihnen dort nicht gut ging und sie deswegen herkamen, dann bedaure ich das für sie. Dennoch bleibt diese Herkunft (eben auch die ethnische Herkunft) ein Teil ihres Leben und ihrer Identität. Das kann man nicht einfach löschen. Es ist nicht beliebig.
Und da Deutschland vor allem eine Kulturnation ist (und keine Staatsnation und meines Erachtens auch nicht werden sollte, wie etwa die USA), können diese Migranten zumindest von ihrer ethnischen Zugehörigkeit ihr Leben lang in diesem Sinne auch keine Deutschen sein. (Wenn sie irgendwann die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen, dann sind sie immerhin deutsche Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten.)
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Man darf bei diesem Thema die Historie bei der Entstehung der deutschen Identität nicht vergessen. Denn wer das tut, der handelt eigentlich ignorant.
Denn es ist ja so, dass das nationale Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen im Wesentlichen im 19. Jh. überstaatlich entstanden ist - also in einer Vielzahl von Klein- und Kleinststaaten. Und aus diesem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus ist überhaupt der Wunsch der Deutschen erwachsen, auch in einem Staat zusammen zu leben. Erst 1871 war es dann soweit...
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Und so ähnlich war es im 20 Jh. dann auch wieder - und da spielt dann eben auch meine persönliche Lebenserfahrung mit hinein. In der Zeit der Teilung Deutschlands gab es zwei Deutsche Staaten - die Menschen in Ost- und Westdeutschland verstanden sich aber weiterhin gleichermaßen als Deutsche (es gab keine eigene DDR-Nationalität) und zwar aufgrund ihrer Ethnie - auf beiden Seiten war die Muttersprache Deutsch - egal ob DDR oder BRD.
(Es gab übrigens in der DDR noch die Nationale Minderheit der Sorben. Da war die offizielle Staatsangehörigkeit DDR und die offizielle Nationalität Sorbisch.)
Daraus erwuchs 1989 und 90 dann auch der Wunsch nach einer erneuten staatlichen Einigung. Allerdings habe ich inzwischen das Gefühl, dass der Wunsch im Osten noch viel stärker vorhanden war, als im Westen, da man den Leuten im Westen Werte, wie Nationalstolz (Edit: oder besser: Nationalbewusstsein) und Patriotismus nach meiner Beobachtung im Laufe der Zeit gründlich ausgetrieben hatte. Aber egal...

Somit spielt für mich die ethnische Zugehörigkeit eine sehr große Rolle, wenn es um die eigene Identität geht und zwar aufgrund der Lebenserfahrung (vor allem wohl der Ostdeutschen) sogar eine größere Rolle, als die staatliche Zugehörigkeit (bzw. Staatsbürgerschaft).
Ich erwähnte es schon in meinem vorherigen Post: Alle, die in der DDR geboren sind (und wer diese noch live erlebt hat) haben bereits ihre zweite Staatsbürgerschaft - nacheinander: erst DDR und ab 1990 Bundes-Deutsch. Die staatliche Zugehörigkeit kann wechseln, die ethnische Identität als Deutsche, die bleibt. Das ist auch Teil meiner Lebenserfahrung.
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Es war übrigens Helmut Kohl, der in der Hochzeit der Friedlichen Revolution meinte, wir Deutsche sollten wieder in einem Staat zusammenleben. Wer war wohl mit ,,den Deutschen'' gemeint? Sicher nicht: Alle, die aus aller Herren Länder hier her kommen sind sofort ebenfalls Deutsche.
Wir leben nunmal in der Bunderepublik Deutschland und ich lege dabei besonderen Wert auf das Deutsch - und zwar in (Mutter-)Sprache und Kultur.
Angehörige anderer Völker haben diesbezüglich Anderes. Das hat nichts mit Qualifikation zu tun und ist schon mal gar nicht abwertend gemeint, sondern es ist Individualistisch zu sehen.
Es ist keine ,,Qualifikation'', Deutscher zu sein. Daraus könnte man schließen, das Angehörige anderer Völker eine geringere ,,Qualifikation'' haben. Das ist Quatsch...
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Ich halte es übrigens für gefährlich, unsere ostdeutschen Befindlichkeiten (und darum geht es eben auch) einfach als arrogant oder vielleicht sogar - noch schlimmer - als fremdenfeindlich abzutun. Dann hat nämlich solch eine Partei, wie die AfD überhaupt nur die Möglichkeit, in genau diese Lücke hineinzustoßen, nachdem man aus dem Westen so dermaßen abgekanzelt wurde. Vielleicht ist das sogar auch einer der Gründe dafür, dass die AfD prozentual im Osten immer noch höhere Wahlergebnisse hat, obwohl sie hier noch radikaler erscheint, als im Westen.
Und diese Partei ist tatsächlich fremdenfeindllich und auch demokratiefeindlich...
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Barbarossa
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Ruaidhri:
Ich möchte dich natürlich nicht abschrecken, weiterhin hier zu posten.
Ich weiß, dass die Tätigkeit bei den Integrationskursen von Migranten eine sehr schwierige und auch sehr verantwortungsvolle Aufgabe ist.
Diesen Menschen dazu zu verhelfen, sich hier zurechtzufinden und (ich benutze das Wort wieder!) einzuleben - davor habe ich große Hochachtung. Ich kenne persönlich jemanden, die auch Nachhilfestunden gibt und ähnlich Erfahrungen macht, wie du.
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Ich denke auch, dass die Argumente ausgetauscht sind und wenn von dir nichts weiter kommt, dann lasse ich das auch gut sein. Wenn du trotzdem weiterhin hier schreiben solltest, du siehst deine Kursteilehmer schon nach 7 Jahren der Migration als ,,Deutsche'', dann werde ich nicht wieder anfangen, zu diskutieren (auch wenn sich hier an meinem Computer weiterhin die Nackenhaare aufstellen werden ;-) ). Ich hielt es nur für wichtig klarzumachen, dass wir hier vor allem im Osten das ganz anders sehen - ich kenne persönlich zumindest niemanden, der das anders sieht.
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Und nein, es ist kein irgendwie Schmuddelthema - sollte es jedenfalls nicht sein. Sondern es ist ein Thema, das vor allem ostdeutsche Befindlichkeiten berührt und ist damit durchaus politisch relevant.
Wer einfach darüber hinweggeht, weil ihm das irgendwie zu schuddelig oder aus anderen Gründen irrelevant erscheint und deswegen diese Befindlichkeiten verletzt, der darf sich dann auch nicht wundern, wenn bei den Wahlen dann verstärkt eher zweifelhafte Parteien gewählt werden, die mit unserer Demokratie nichts Gutes vorhaben.
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Übrigens lege ich bei mir selbst die gleichen Maßstäbe an, wie nun sehr ausführlich dargelegt:
Nur mal angenommen, ich würde z. B. nach Afrika in die Elfenbeinküste auswandern, mich dort also ansiedeln, die offizielle Landessprache Französisch lernen und nach einiger Zeit vielleicht sogar die ivorische Staatsbürgerschaft annehmen (ich weiß gar nicht, ob das so einfach gehen würde, aber ist ja nur hypothetisch), dann würde ich dennoch nie auch nur auf die Idee kommen, mich als ,,Ivorer'' zu bezeichnen. Ich würde immer ,,der Deutsche'' bleiben. Und das, obwohl ich schon bei meinen Urlauben dort eigentlich alles mögliche mitmache, wie z. B. letztes Jahr beim Festival in Abissa - siehe Fotos ;-)
.
Abissa_05_11_2021_06.jpg
Abissa_05_11_2021_06.jpg (1.48 MiB) 4318 mal betrachtet
Abissa_05_11_2021_07.jpg
Abissa_05_11_2021_07.jpg (1.66 MiB) 4318 mal betrachtet
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Aber es ist nunmal so, dass ich in der Kultur dennoch nicht verwurzelt bin. Und das ist eben der springende Punkt:
Migranten können sich hier wunderbar integrieren, auch sehr gut die Sprache lernen, und am sozialen Leben teilnehmen, vielleicht sogar die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen, aber kulturell werden sie trotzdem irgendwie fremd bleiben. Wirkliche Deutsche können sie nicht werden - ihr Leben lang nicht. Das kann und sollte auch nicht das Ziel der Integrationsarbeit sein.
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Da huscht mir gerade noch ein Gedanke durch den Kopf.
Man kann das nämlich auch noch von der anderen Seite her betrachten:
Für was halten wir uns eigentlich, jeden Migranten sofort nach Integration als ,,Deutschen'' zu bezeichen?
Damit löschen wir auch deren Identität weitgehend aus, die sie ursprünlich hatten. Ist das nicht auch irgendwie anmaßend?
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Barbarossa hat geschrieben: 16.08.2022, 19:14 Daraus erwuchs 1989 und 90 dann auch der Wunsch nach einer erneuten staatlichen Einigung. Allerdings habe ich inzwischen das Gefühl, dass der Wunsch im Osten noch viel stärker vorhanden war, als im Westen, da man den Leuten im Westen Werte, wie Nationalstolz (Edit: oder besser: Nationalbewusstsein) und Patriotismus nach meiner Beobachtung im Laufe der Zeit gründlich ausgetrieben hatte. Aber egal...
Ja, auch meinem Jahrgang 1939 wurde das Nationalbewusstsein gründlich ausgetrieben. (Deshalb war ich 2006 bei der FußballWM so überrascht davon, plötzlich bei den Jungen überall die lustigen Nationalfarben an den Autos und sonstwo flattern zu sehen. tempi passati.
Aber Barbarossa hat in dieser Beziehung wohl recht: Ruaidhri stelle sich vor, er wäre wohl eher durch einen Zufall in Frankreich gelandet und fühle sich dank seines guten Willens beim Einleben von nun an als Franzose. Er empfindet das im täglichen Leben vollkommen richtig und gut für sich. Aber ihm fehlt im Momemt dieser ganze Teil eines Lebens von der Geburt her in diesem Kulturkreis. Ich kann nicht beurteilen, ob in zwei oder drei weiteren Generationen dies sich immer mehr und mehr zum „FranzoseSein“ entwickeln kann. Ob es das „Blut“ grundsätzlich gibt? Was waren „die Deutschen“ vorher und wo kommen sie her? Ich denke das Land, der Boden ist immer bereit zu allen Entwicklungen.
Das „Gefühl“ Deutscher zu sein ist so vielfältig ausgeprägt und doch so unbestimmt, daß es mich erstaunt und ich z.B. keinen Zeitpunkt in der Zukunft mir vorstellen kann, in dem die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen grundsätzlich nicht mehr zu sehen sein werden. - Also wir leben hier, wenns hoch kommt, unsere achtzig, neunzig Jahre und sind dann tot. - Ich grüble über die Bedeutung zwischen einem afghanischen und einem deutschen Toten. - Die Erde hat sie wieder.
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