Der frühe Nationalismus der Deutschen

"Deutschland - aber wo liegt es?" Goethe

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

[Mod. an:]
Die Beiträge, in denen es ausschließlich um "vertrottelte Meinungen" (was immer das sein soll) o. ä. geht, habe ich in den Pfad
>> Zum Umgang im Forum << verschoben.
[Mod. aus]
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Harald
Mitglied
Beiträge: 595
Registriert: 30.04.2012, 12:44
Wohnort: Frankfurt a.M.

Wieder mal sehr gut von dir, Barbarossa. Aber jetzt wollte ich das Thema wieder aufnehmen und keinen scheint das zu interessieren.

[ Post made via iPad ] Bild
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Lieber Harald,
ich habe doch darüber ausführlich geschrieben. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Ja gut, interessant finde ich das Thema schon, wann denn nun die deutsche Nation entstanden ist. Einige Historiker meinen hier erst das Jahr 1871. Mir ist das eigentlich zu spät. Schließlich bezeichnete sich das alte Reich ja bereits seit 1474 selbst als "...Deutsche Nation". Zudem bekam das Reich mit der Wahlkapitulation von 1519 auch verfassungsrechtlich mehr nationalstaatliche Züge. Lange Zeit war das Reich aber noch ein Vielvölkerstaat, das wäre dabei auch zu bedenken.

[ Post made via Android ] Bild
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Lieber Barbarossa,
ich würde auch 1871 nehmen, 1848/49 hat der preußische König die Kaiserkrone vom Parlament der Paulskirche abgelehnt, außerdem hatte Ö-U und Preußen noch zu viele andere Völkerschaften in ihren Grenzen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
Peppone
Mitglied
Beiträge: 2414
Registriert: 30.04.2012, 18:41

Barbarossa hat geschrieben:Schließlich bezeichnete sich das alte Reich ja bereits seit 1474 selbst als "...Deutsche Nation".
Das hatte aber mit Nationalismus nix zu tun, schließlich zählten da auch die Böhmen ganz zwanglos dazu! Außerdem gab´s an den Unis, wo die "Nationes" überhaupt erst entstanden sind, viele "Nationen", die man heut nicht im Traum so sehen würde:
(Auszug aus Wiki):
"An der Pariser Universität wurden die nationes gallicorum, normannorum, picardorum und anglicorum unterschieden, wobei zur „gallischen“ auch die Italiener, Spanier, Griechen und Orientalen zählten und zur „englischen“ auch die Deutschen und ihre nördlichen und östlichen Nachbarvölker. An der Prager Universität gehörten zur „polnischen“ Nation neben den Studenten aus dem Königreich Polen auch die Studenten der östlichen Reichsteile, zur „böhmischen“ auch Ungarn und Südslawen, zur „bayerischen“ außer den Bayern die Schwaben, Franken, Hessen, Rheinländer und Westfalen sowie zur „sächsischen“ die Norddeutschen, Dänen, Schweden und Finnen."

Erst seit der Französischen Revolution kann man von Nationen im heutigen Wortsinn reden, der Begriff erfuhr damals eine entscheidende Neubewertung. Mit der "deutschen" Nation gingen erst die Anti-Napoleonisten vom Schlage des Turnvater Jahn um, da würde ich den Beginn des deutschen Nationalismus sehen: Bei den Studentenbünden und den Liberalen des frühen 19.Jhs.

Beppe
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Ja, sowas in der Richtung meinte ich auch mit der Anmerkung, "zu bedenken wäre..."
;-)

Ich will da jetzt auch nicht darauf herumreiten, aber verfassungsrechtlich wurden schon damals mehr deutsche Elemente integriert. (Die Hintergründe dafür sind natürlich klar.)
Klar, über Böhmen und Mähren kann man sich nun auch trefflich streiten, doch die hatten in dieser Zeit ja ebenfalls überwiegend Regenten deutscher Herkunft (Luxemburger und Habsburger).

[ Post made via Android ] Bild
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Zur Frage, was überhaupt unter einer Nation zu verstehen ist, hatte ich vor geraumer Zeit mal etwas ausgearbeitet.

(23.08.2006)
Die Auffassungen, wie der Begriff der "Nation" zu definieren sei, sind mannigfaltig.
Dabei gab es u. a. in den verschiedenen geschichtlichen Epochen auch verschiedene Definitionen:

Nation
[lateinisch natio, „Geschlecht“, „Volk“, „Stamm“]
Und da sind wir schon bei der wohl ältesten Definition dieses Begriffs. Die alten Römer bezeichneten einfach eine bestimmte Gemeinschaft als "natio", d. h. bei ihnen konnte das sowohl das gesammte Römische Reich, als auch ein einzelner germanischer Stamm sein.

Bis zum Mittelater hatte sich dieser Begriff dann grundlegend gewandelt. Hier wurden sogar mehrere Staaten zu "Nationen" zusammengefaßt, so bildeten z. B. Italien, Frankreich, Spanien und Portugal eine "Nation" und Länder wie Deutschland, Dänemark, England Schweden und Island eine andere "Nation"
(Hab ich so ungefähr mal vor Jahren irgendwo gelesen, konnte die Quelle jetzt aber nicht mehr finden. Aber es deckt sich in etwa mit den Ausführungen von Peppone :wink: )

Am Ausgang des 18. Jahrhunderts entwickelte sich in Mittel- und Osteuropa die Vorstellung einer Kulturnation (F. Meinecke) im Sinn einer über alle staatlichen Grenzen hinausgreifenden ethnischen und Sprachgemeinschaft, wie z. B. Deutschland, Österreich und die deutschsprachige Schweiz.

Jedoch haben Nationalsprachen fast immer etwas von einem Kunstprodukt und sind gelegentlich, wie das moderne Hebräisch, so gut wie erfunden. Sie sind das Gegenteil dessen, wofür die nationalistische Mythologie sie ausgibt, nämlich die archaischen Fundamente einer Nationalkultur und der Nährboden des nationalen Denkens und Fühlens. Sie stellen gewöhnlich Versuche dar, aus einer Vielfalt von gesprochenen Idiomen ( Dialekten ) ein einheitliches Idiom zu machen, wobei das Problem hauptsächlich darin besteht, welcher Dialekt als Grundlage für die normierte und vereinheitlichende Sprache gewählt werden soll.
Das gilt auch für die Nationalsprachen, die aus der Abwertung und Vernichtung bestehender Spachen resultiert. Bevor die Nationalsprachen von oben verschrieben wurden, herrschte nämlich überall ein Komplex von Regionalsprachen, von lokalen Varianten und "Dialekten", neben der Bildungsprache des Lateins, Griechisch oder was auch immer. Vor der Einführung der allgemeinen Schulpflicht gab es außer Bildungs- und Amtsprachen nicht das vereinheitlichende Moment. Am Hofe Friedrichs II. z. B wurde französisch geprochen und der alte Fritz konnte kein "richtiges Deutsch", wie es dann später propagiert wurde.

Gleichzeitig - in der Französischen Revolution - entstand der Begriff der Staatsnation, d. h. die moderne Bedeutung des Begriffs, als eine bewusste und gewollte politische Gemeinschaft, die zwar in vielen Fällen von einer Mehrheit eines Volkes mit gleicher Sprache getragen wird, aber darüber hinaus auch fremdstämmige und anderssprachige Volksteile aufnehmen kann, die sich mehr oder minder freiwillig zu ihr bekennen. Die Nation ist also weitgehend eine Willensgemeinschaft in stetiger politischer Integration. Prägend für die Nation ist vor allem die gemeinsame Geschichte und Kultur.

Es entstanden also um das Jahr 1800 zwei verschiedene Interpretationen des Begriffs der "Nation", die heute noch nebeneinander existieren.
Wärend sich also z. B. Deutschland eher als Kulturnation definiert, versteht sich etwa die USA als Staatsnation.
Die Unterschiede in der Interpretation dieses Begriffs haben z. B. auch Unterschiede im Staatsbürgerrecht zur Folge.

Beispiel:
Ein Kind geboren in den USA hat automatisch die Staatsangehörigkeit der USA, wird es in Deutschland geboren, ist es staatenlos, obwohl die Eltern Amerikaner sind. Umgekehrt hat ein Kind bundesdeutscher Eltern, das in USA geboren wird, eine doppelte Staatsangehörigkeit, nach dem jus soli der USA und nach dem jus sanguinis auch die der BRD. Ohne Frage ist gegenüber dem jus sangunis das jus soli ein historischer Fortschritt. Und um das Debakel der Entstehung von Staatenlosigkeit zu verhindern, müßte das jus soli weltweit gelten oder die Möglichkeit doppelter Staatsbürgerschaften eingeführt werden.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Gerade zum Thema der Entstehung der Nationalstaaten sind die Forschungen noch nicht abgeschlossen. Es ist hier also noch möglich, Akzente zu setzen.
Nun zu meiner Theorie zur Entstehungsgeschichte der Deutschen Nation, die ich auch schon vor einiger Zeit in einem anderen Forum gepostet habe:

(22.04.2012)
Es ist doch tatsächlich so, daß die Entstehung der Nationalstaaten auch (nicht nur) durch plebizitäre Elemente geprägt war.

Beispiel Deutschland:
Gerade am Beispiel Deutschlands sieht man, daß Geschichte keinesfalls geradlinig verläuft, sondern beliebig oft "Haken schlagen" kann.
Bis etwa zum 30-jährigen Krieg scheint es in Deutschland die Chance gegeben zu haben, daß ein deutscher Nationalstaat unter der Regie der Aristokratie entstehen hätte können. Wichtige Anzeichen dafür waren z. B. die Aufnahme des Namenszusatzes "...Deutscher Nation" in die Bezeichnung für das HRR. Auch die "Wahlkapitulation" 1519, die bei jeder neuen Wahl den Kandidaten zur Unterschift vorgelegt wurde, sprach eine klare Sprache.
Die Entwicklung zu einem Nationalstaat wurde jedoch durch die Religionskriege und besonders durch den 30-jährigen Krieg jäh unterbrochen - die Fürsten waren nun quasi unabhängige Herrscher ihres Herrschftsbereiches, die Habsburger bauten ihre Hausmacht im Reich nicht mehr weiter aus und spätestens seit Ludwig XIV. von Frankreich spach man auch in Deutschland bei Hofe ausschließlich französisch.
Das waren alles Entwicklungen, die zeigten, daß der deutsche Adel offensichlich kein Interesse mehr daran hatte, Vorreiter bei der Entwicklung zum Nationalstaat in Deutschland zu sein. Die Betonung deutscher Elemente in der Reichsverfassung blieb das Produkt einer Modeerscheinung beim deutschen Adel im 15. und 16. Jh.

Damit kommen wir zum plebizitären Element.
Bereits die urspüngliche Bedeutung des Namens "deutsch" bedeutet nichts weiter, als "Spache des Volkes". Dabei blieb es in weiten Teilen der deutschen Geschichte auch. Die Könige/Kaiser orientierten sich über weite Stecken mehr auf die Außenpolitik, als auf die Innenpolitik. So nannte sich das Reich nach dessen höchst möglicher Würde "Römisch" und durch Heiratspolitik und Expansionen kam es immer wieder dazu, daß Vertreter urspünglich deutscher Fürstenhäuser eine andere Sprache zur Muttersprache hatten, als die deutsche. Das alles behinderte bzw. verzögerte die Entstehung eines deutschen Nationalstaates. Als nach dem 30-jährigen Krieg das Reich endgültig politisch zersplitterte und die Aristokratie erneut von der "Volkssprache" abrückte, blieb diese Sprache für lange Zeit die Sprache des Volkes und auch die Entstehung einer deutschen Nation konnte nur durch das Volk oder durch den Druck aus dem Volk entstehen.
Eine solche Bewegung erhielt während der Zeit Napoleons enormen Auftrieb, im Wiener Kongress wurden aber alle Hoffnungen auf einen Einheitsstaat enttäuscht. In der Revolution von 1848/49 wäre beinahe solch ein Einheitsstaat entstanden, doch die Revolution wurde niedergeschlagen.
Daß eine Einheit Deutschlands dann doch noch "von oben" zustande kam, war vor allem das Verdienst von Bismarck - weniger von Wilhelm I., der laut den Überlieferungen lieber gern ausschließlich preußischer König geblieben wäre. Bismarck erkannte anscheinend die "Zeichen der Zeit" und konnte eine erneute Revolution durch seine Politik abwenden.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Zum plebizitären Element hab ich mir das Thema irgendwann noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich mußte dazu auf eine einigermaßen neutrale Gedankenebene kommen, da mir selbst Begriffe wie "Nationalstolz" bzw. "Patriotismus" und dergleichen nicht fremd sind. Das hat auch einige Tage gedauert.

(17.04.2012)
Dabei fiel mir auf, daß wir zwischen dem Begriff Nationalstaat und dessen Entstehung einerseits und einem Zusammengehörigkeitsgefühl und dem Patriotismus der Bevölkerung zu diesem Staat andererseits unterscheiden müssen.
Um das zu untersuchen, habe ich mir Frankreich als Beispiel vorgenommen, weil ich vermute, daß hier die Entwicklung angestoßen wurde. Der entscheidende Begriff ist dabei der der "Grande Nation", der von Napoleon I. geformt wurde.
Ausgangspunkt ist jedoch die französische Revolution, in der die Bürgerrechte definiert wurden und wo wohl auch das Gefühl der nationalen Zusammengehörigkeit bei der einfachen Bevölkerung entstand - zunächst aber jedoch, um die Revolution und deren Errungenschaften zu schützen, da es zahlreiche Angriffe ausländischer Mächte und auch der Konterrevolution gab. Napoleon nutzte diese neue Befindlichkeit in der Bevölkerung und brachte den Begriff der "Grande Nation" auf und nutzte dies für seine Eroberungspolitik. Die immer größeren Armeen Napoleons waren nur durch die Einführung der Wehrpflicht sowohl in Frankreich, aber auch in den von ihm unterworfenen Ländern zu erreichen. Nur so kam beispielsweise die Truppenstärke von 420.000 Mann zusammen, die 1812 in Russland einmarschierten. Auch ist nur durch dieses neue "nationale Selbstverständnis" zu erklären, warum Napoleon nach seiner Rückkehr von Elba sofort wieder die Macht in Frankreich an sich reißen konnte, da er jederzeit wieder aufs neue an den Patriotismus der Franzosen appellieren konnte.

Um die Herrschaft Napoleons abschütteln zu können, mußte auch in Deutschland an das nationale Selbstverständnis in der Bevölkerung appelliert werden, das offenbar auch hier entstanden sein mußte. Der Aufruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelms III. "An mein Volk" beweist es eindeutig: Er rief ausdrücklich "Preußen und Deutsche" zum Widerstand gegen Napoleon auf und machte sich dieses Selbstverständnis zu eigen - zumindest bis zur Niederlage Napoleons.

Klar wird dadurch vor allem eines:
Durch die Entstehung des nationalen Bewußtseins in Europa wurde es möglich, die Masse der Bevölkerung zu erreichen, die sich nun für ein "höheres Ideal" - für die Nation - einsetzten und im Ernstfall auch in den Krieg zogen. Das war etwas neues, genau wie die Einführung der Wehrpflicht, die es so vorher nie gab. So wurden aus Söldnerheeren, Heere von Wehrpflichtigen, mit denen sehr viel größere Truppenstärken erreicht werden konnten. Letztlich wurden so auch die beiden Weltkriege mir ihren Millionenheeren möglich - eine vorher nie erreichte Dimension.
Wenn man es von dieser Seite sieht, dann kann man schon den Eindruck bekommen, daß die Entstehung der Nationalstaaten im 19. Jh. in eine Sackgasse führte - in die Sackgasse der beiden Weltkriege mit Millionen von Toten.
Aber eines scheint mir auf der anderen Seite dennoch auch klar zu sein:
Ohne dieses nationale Selbstverständnis hätte es wohl nie ein einheitliches Deutschland gegeben. Zumindest für Deutschand scheint mir diese Aussage zu stimmen, doch da es in Deutschland erst 1871 zur Einheit kam, mußte hier ein besonderes Augenmerk auf die Erziehung zu treuen Staatsbürgern des Kaiserreiches gelegt werden, um die regionalen Identitäten zu überwinden.

So würde ich das nach einigem Überlegen (und nachlesen) sehen.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Barbarossa hat geschrieben:Ja, sowas in der Richtung meinte ich auch mit der Anmerkung, "zu bedenken wäre..."
;-)

Ich will da jetzt auch nicht darauf herumreiten, aber verfassungsrechtlich wurden schon damals mehr deutsche Elemente integriert. (Die Hintergründe dafür sind natürlich klar.)
Klar, über Böhmen und Mähren kann man sich nun auch trefflich streiten, doch die hatten in dieser Zeit ja ebenfalls überwiegend Regenten deutscher Herkunft (Luxemburger und Habsburger).

[ Post made via Android ] Bild
Lieber Barbarossa,
das waren aber die Regierenden und nicht die tschechische Bevölkerung von Böhmen und Mähren. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Barbarossa hat geschrieben: Wenn man es von dieser Seite sieht, dann kann man schon den Eindruck bekommen, daß die Entstehung der Nationalstaaten im 19. Jh. in eine Sackgasse führte - in die Sackgasse der beiden Weltkriege mit Millionen von Toten.
Das ist leider richtig. Ergänzen möchte ich noch, dass es in der franz. Revolution bzw. vorher im amer. Unabhängigkeitskrieg vor allem um Teilhabe und Mitspracherecht ging. Der Adel und die absoluten Kaiser und Könige hatten den Bogen überspannt und wurden von den Bürgern als Bremser empfunden.

Barbarossa hat geschrieben:Aber eines scheint mir auf der anderen Seite dennoch auch klar zu sein:
Ohne dieses nationale Selbstverständnis hätte es wohl nie ein einheitliches Deutschland gegeben. Zumindest für Deutschand scheint mir diese Aussage zu stimmen, doch da es in Deutschland erst 1871 zur Einheit kam, mußte hier ein besonderes Augenmerk auf die Erziehung zu treuen Staatsbürgern des Kaiserreiches gelegt werden, um die regionalen Identitäten zu überwinden.

[/i]
In D ist es schlecht gelaufen, die Entwicklungen im frühen 19. Jhd. mit Zollverein, Paulskirche usw hätten im Nachgang von Napoleons Reformen zu einem Bundesstaat führen können. Genauso wie in der Kuk-Monarchie, wenn die Zeichen der Zeit erkannt und rechtzeitig Veränderungen eingeleitet worden wären. Marek hat in dem anderen Forum kürzlich eine Diskussion über die Kuk-Monarchie und den "Punkt of no retourn" angestoßen.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Lieber Renegat,
die Fürsten wollten aber nicht einen Bundesstaat nach demokratischen Grundsätzen. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Renegat hat geschrieben: In D ist es schlecht gelaufen, die Entwicklungen im frühen 19. Jhd. mit Zollverein, Paulskirche usw hätten im Nachgang von Napoleons Reformen zu einem Bundesstaat führen können. Genauso wie in der Kuk-Monarchie, wenn die Zeichen der Zeit erkannt und rechtzeitig Veränderungen eingeleitet worden wären. Marek hat in dem anderen Forum kürzlich eine Diskussion über die Kuk-Monarchie und den "Punkt of no retourn" angestoßen.
KuK war aber wieder ein ganz anderer Fall mit ganz anderen Voraussetzungen. Zum einen kam die Bildung dieses Staatsgebildes auf dem Wege der dynastischen Einigung zu Stande. Zum anderen fiel er auch wieder auseinander, weil war es ein Vielvölkerstaat war, in dem sich nationale Minderheiten mit zu wenig Rechten ausgestattet sahen. In D hingegen standen die Adelsdynastien einer staatlichen Einigung eher entgegen und auch nach 1871 bestanden ja die verschiedenen Dynastien in den Mitgliedsstaaten weiter - jetzt nur unter einem Kaiser.
Ich sehe hier tatsächlich einen Widerspruch zwischen den alten Herrscherdynastien, die einerseits lokal regierten, andererseits aber über dynastische Bindungen durchaus auch internationalistisch orientiert waren und den aufstrebenden Bevökerungsschichten darunter, die ganz überwiegend Nationalisten waren.
Darum konnte man 1918 in D und Ö/U ganz unterschiedliche Entwicklungen beobachten:
Ö/U zerfiel nach der Abschaffung der Monarchie sofort in eine Reihe von Nationalstaaten, die dem damaligen Zeigeist der nichtadligen Bevölkerungsschichten weitgehend entsprach, während in Deutschland auch nach der Abschaffung der Monarchie das Staatgebiet stabil blieb und Abtrennungen einzig durch den Versailler Vertrag zwangsweise erfolgten.
dieter hat geschrieben: Lieber Barbarossa,
das waren aber die Regierenden und nicht die tschechische Bevölkerung von Böhmen und Mähren. :wink:
Ja, aber der Adel hatte großen Einfluss auf die damalige Identität der Bevölkerung. Wie groß dieser Einfluss gewesen sein muss kann man schon daran ermessen, wie sich der Name "Sachsen" regional verschob. Einzig durch eine dynastische Verschiebung (die Dynastie "von Sachsen" wanderte im 13. Jh. von heutigen Niedersachsen in heutige Sachsen) wanderte auch der Name der Bevölkerung mit. Die heutigen Sachsen sind verwandt mit den Thüringern und haben von ihrer Abstammung her wenig bis nichts mit den heutigen Niedersachsen zu tun.
Mit Böhmen konnte derartiges allerdings nicht passieren, weil es ein privilegiertes Kurfüstentum innerhab des Reiches war, aber
es war nunmal ein Teil des römisch-deutschen Reiches, unabhängig davon, dass ein größerer Teil der Bevölkerung Slawen waren.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben: In D ist es schlecht gelaufen, die Entwicklungen im frühen 19. Jhd. mit Zollverein, Paulskirche usw hätten im Nachgang von Napoleons Reformen zu einem Bundesstaat führen können. Genauso wie in der Kuk-Monarchie, wenn die Zeichen der Zeit erkannt und rechtzeitig Veränderungen eingeleitet worden wären. Marek hat in dem anderen Forum kürzlich eine Diskussion über die Kuk-Monarchie und den "Punkt of no retourn" angestoßen.
KuK war aber wieder ein ganz anderer Fall mit ganz anderen Voraussetzungen. Zum einen kam die Bildung dieses Staatsgebildes auf dem Wege der dynastischen Einigung zu Stande. Zum anderen viel er auch wieder auseinander, weil war es ein Vielvölkerstaat war, in dem sich nationale Minderheiten mit zu wenig Rechten ausgestattet sahen.
...
Zur Erinnerung: Er fiel auseinander, weil er einen (grossen) Krieg verloren hatte. Und zum Krieg kam es, weil sein Verbündeter ihn u.a. über die Alldeutschen soweit herabgewürdigt hatte, dass er gar nicht anders konnte, als gegen Serbien vorzugehen. Das war aber kein Balkan-Problem, sondern ein deutsches, im wahrsten Sinne des Wortes. Also konnte am Krieg, an der Niederlage und am Untergang weder der Balkan, noch das undemokratische Ungarn, noch der Vielvölkerstaat schuld sein, sondern einzig deutsche (dilettantische) Politik und mangelnde realpolitische Erfahrung.

Hat mit Minderheiten null zu tun.



LG
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Zeitalter der Nationalstaaten“