Hätte die Revolution in Frankreich vermieden werden könen?

Die Alleinherrschaft wurde durch die Ideen der Aufklärung abgelöst.

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Orianne
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Aneri hat geschrieben: Viel interessanter finde ich die Frage, was wäre, wenn französische Revolution nicht stattgefunden hatte. Sie hatte ungeheure die Entwicklung beschleunigt. In welchem Zeitalter würden wir jetzt noch gefangen, wenn dieser Revolution nicht gäbe?
Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt, Napoleon ist ein Kind der Revolution, wie wäre sein Weg ohne gelaufen?
Da aber Voltaire und Rousseau schon Aufklärungsarbeit leisteten, behaupte ich immer noch, dass sie spätestens Anfang des 19. Jahrhunderts gekommen wäre, man könnte auch auf die Revolution 1830 hinweisen mit dem "Bürgerkönig" Louis-Philippe I.
Der machte einen Fehler und wollte nach seine relativ bürgernahen Regierungszeit die Epoche von 1815 wieder einführen, er schloss sich dem Heiligen Allianz an um die alten Zustände wieder herzustellen. Doch die Bauern und Bürger wollten kein Legitimismus mehr, diese Zeige waren in Frankreich vorbei, auch die schnelle Industrialisierung forderte seinen Tribut unter den gemeinen Leuten, noch mehr Armut machte sich breit, so wurde LP I. 1848 abgesetzt und nach England in's Exil geschickt.
Doch auch sein Nachfolger als Staatspräsident Charles-Louis-Napoléon Bonaparte, ein Neffe von Napoleon I., konnte sein Verlangen nach einem Kaisertitel nicht zurückhalten. 1851 putschte er sich zum Titel „Prince-President“, später Napoleon III.,
ja, das Volk wurde gefragt, das Parlament und der Senat waren machtlos.

Hier ein Link:

http://books.google.ch/books?id=MBlLAgA ... 48&f=false
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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Lia

Gute Analyse und Zusammenfassung für den Nährboden, auf dem die revolutionären Gedanken wuchsen.
In Paris, auf das sich das Hauptaugenmerk der Historiker im Allgeeinen richtet, richtet, aber auch in den Städten des Südens, Marseille allen voran, war die Unzufriedeneit von Bürgern und Bauern groß.
Dabei spielten die Missernten und das Sterben der Oilvenbäume durchaus mit, zusätzliche Lunten am glimmenden Feuer der Aufstände gegen Paris, den Zentralismus, den Adel.
Nicht nur die Bauern, wohlgemerkt, auch die Bürger im Midi waren massiv an den Aufständen beteiligt.

Wobei in der Provence noch andere Aversionen, nicht zuletzt unter den städtischen Bürgern, gegen Paris eine Rolle spielten. Erst Ende des 15.Jahrhundert der Eigenständigkeit beraubt und unter die Herrschaft der französischen Krone gelangt, zeigten sich Unruhen schon Anfang 1789.
http://revolution-francaise.net/2007/07 ... -marseille
Zunnächst schloss sich der Süden den Revolutionären an, spielten im Jahr 1792 eine nicht unbedeutende Rolle in Paris- wie heißt noch gleich die Nationalhymne? La Marseillaise... :)
Als im Laufeder Ereignisse allerdings von Paris ausgehend, sich die Revolutionäre als blutige Unterdrücker gegen die eigentliche Sache der Republik erwiesen, schwenkte man auf die gemäßigtere Linie ein.
Im Gesamtblick auf Frankreich, weg von Paris, so denke ich, waren die Chancen, einen Umbau des absolutistischen Staates von oben und auf friedlichem Wege zu bewirken, nicht so groß, wie es die dürren Fakten erscheinen lassen. Die Stimmungen und Emotionen im Volk sind, zumal in Frankreich, keine quantité négliable.
Katarina Ke hat geschrieben:Einige Teilnehmer wiesen hier ja schon auf die spezielle Mentalität der Franzosen hin.
Immer ein gefährliches Spiel, "Volksmentalitäten" zu beschwören, so ganz außer Acht lassen wieder kann man sie vielleicht nicht.
Die Franzosen sind anders, ohne alte Stereotypen zu beschwören.
Das nun wieder zu erklären, wird schwierig, zumal einem Deutschen, der gern in Schubladen sortiert, das Begreifen einiger Gegensätze zwischen Etiquette und Autorität hie und Ignorieren von roten Fußgänger-Ampeln und Revoluzzer-Geist dort schwer fällt. Man muss schon etwas länger mitten unter ihnen gelebt haben, um den Vorlauf und die Nachwirkungen der Revolution auch mal abseits der nackten historischen Fakten, wie wir sie von außen sehen, nachzuvollziehen.
OT:
Dass aufklärerische Reformen von oben, bei jenen,die eigentlich davon profitieren sollten, nicht immer gut ankommen, weil dieZeit noch nicht reif ist, ließe sich an Struensees Reformen im dänischen Absolutismus vielleicht zeigen. Jenseits aller anderen Faktoren, die zu seinem Sturz und zu seiner Hinrichtung 1772 führten, war er dem Denken seiner Zeit zu weit voraus.
Es bedurfte wohl des Fanals der französischen Revolution und der nachfolgenden Zeiten, die Ära Napoleons inbegriffen, um weite Teile Europas zu einigermaßen auf den Weg zu modernen Demokratien zu bringen, wobei in jedem Staat wieder ganz eigene Faktoren in der historischen Betrachtung eine Rolle spielten.
Aneri

@Orianne
Ich interessiere mich weniger für Persönlichkeiten. Die objektive Umstände, die bestimmte Persönlichkeiten an die gesellschaftliche Spitze trieb, das finde ich wichtig. Wäre nicht Napoleon, wäre ein Anderer, der mögliche Weise nicht die strategische Begabung wie Napoleon gehabt hätte und nicht so weit die Revolution "exportieren" würde. Vielleicht die fehlenden Qualitäten würden durch starken Beraterteam aufgehoben.

Es liegt in meiner Überzeugung, dass Geschichte nur augenscheinlich von Personen gemacht wurde. Die Personen wurden von ihrer gesellschaftlichen Umwelt gemacht. Also haben sie s. z. gesetzmäßig (aus evolutiver Sicht) die Tribüne betreten.

Ein Postbeamter hat immer die gleiche Anforderungen, die seine Potentiale nicht ausrufen. Ändert sich die Situation, werden die Potentiale zum Leben gerufen, und plötzlich kann er Eigenschaften zeigen, die in ihm keiner vermutet hätte. So ist mit Jedem von uns. Wir sind die Potentialitäten, die Umwelt s. z. selektiert.
Lia

Aneri hat geschrieben:Es liegt in meiner Überzeugung, dass Geschichte nur augenscheinlich von Personen gemacht wurde. Die Personen wurden von ihrer gesellschaftlichen Umwelt gemacht. Also haben sie s. z. gesetzmäßig (aus evolutiver Sicht) die Tribüne betreten.
Dass allein Männer, also einzelne Persönlichkeiten, Geschichte machen, ist eh keine Position unter Historikern mehr, zumal auch klar wird, wie oft Frauen an entscheiddenden Entwicklungen beteiligt waren.
Oft genug brachten Epochen bestimmte Persönlichkeiten hervor, die den Verlauf der Geschichte ganz entscheidend prägten. Sicerlich auch Produkt ihres Umfeldes, genauso aber eben spezifische Persönlichkeiten mit so etwas wie Alleinstellungsmerkmal.
Napoleon gab es, er hat Europa geprägt, das lag mitentscheidend in seiner Persönlichkeit, die auf spezifische Weise einmal den Zeitgeist auffing, zum anderen den wieder prägte.
Alle anderen Spekulationen, was wäre gewesen, wenn nicht er, sind hätte, hätte, Fahrradkette.
Wobei "wenn-dann" und Konjunktiv 2 in der Geschichtswissenschaft dann nützlich sind, wenn durch Fragen zu Alternativen noch besser geklärt werden kann, warum es dann lief wie es lief. Und das gilt es vornehmlich wissenschaftlich zu klären.
Aneri

Ich sehe das Problem in dem Akzent auf Persönlichkeit in dem, dass man eigentliche Ursachen zur Seite schieben könnte. Mit Napoleon ist es weniger ersichtlich, aber mit Hittler zeigt es sich besonders, wie leicht man Schuld dem Einzelnen schieben und sich - als Gesellschaft - weiß waschen kann. Sich als Teil der Gesellschaft, die ihn zum Macht verholfen hat, zu analysieren ist dann ausgeschlossen. Der Schuldige steht schon fest!
Lia hat geschrieben:Dass allein Männer, also einzelne Persönlichkeiten, Geschichte machen, ist eh keine Position unter Historikern mehr, zumal auch klar wird, wie oft Frauen an entscheiddenden Entwicklungen beteiligt waren.
Persönlichkeit ist Geschlechtsneutral. Warum waren es mehr Männer, ist nachvollziehbar. Es ist aber schon anderes Thema.
Napoleon ist ein Symbol der französischen Revolution. Nichts mehr. Symbol ist ein Zeichen, das auch anders aussehen könnten.
Alle anderen Spekulationen, was wäre gewesen, wenn nicht er, sind hätte, hätte, Fahrradkette.
Stimmt schon. Nur, was wir hier ansprechen, ist viel grundsätzlicherer Natur, als einfach "was wäre, wenn... " betrachten. Es ist ja, würde ich sagen, weltanschaulicher Natur. Glauben wir, dass Entwicklung der Gesellschaft hat eigene Entwicklungsgesetze, die Kräfte, die sich in Persönlichkeiten (nur) manifestieren? Oder sind es die Persönlichkeiten, die die Gesellschaft bewegen? In zweitem Fall genug ein Paar Persönlichkeiten aus politischen Schachbrett weg schaffen, um die vorgestellte Ordnung zu schaffen. Die Erfahrung zeigt deutlich: es hilft nicht.
Dietrich
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Aneri hat geschrieben:Ich sehe das Problem in dem Akzent auf Persönlichkeit in dem, dass man eigentliche Ursachen zur Seite schieben könnte. Mit Napoleon ist es weniger ersichtlich, aber mit Hittler zeigt es sich besonders, wie leicht man Schuld dem Einzelnen schieben und sich - als Gesellschaft - weiß waschen kann. Sich als Teil der Gesellschaft, die ihn zum Macht verholfen hat, zu analysieren ist dann ausgeschlossen. Der Schuldige steht schon fest!
Niemand sieht in Napoleon den Verursacher Französischen Revolution. Er war ihr Nutznießer und hat nach seinem Regierungsantritt die Revolution öffentlich für beendet erklärt. Das ist im übrigen ein klassisches Beispiel für Ursache und Wirkung von Revolutionen, denn am Schluss gibt es stets eine neue Elite, die an die Fleischtöpfe will. Ähnlich war das bei der Oktoberrevolution, die zunächst Lenin und nach dessen frühem Tod Stalin hervorbrachte.
Aneri hat geschrieben:Napoleon ist ein Symbol der französischen Revolution. Nichts mehr. Symbol ist ein Zeichen, das auch anders aussehen könnten.
Da Napoleon in keiner Weise an der Französischen Revolution beteiligt war, kann er auch nicht ihr Symbol sein. Erst als Robespierre geköpft war und sich als neue bürgerliche Regierung das Direktorium bildete, begann die Laufbahn Napoleons. Napoleon erntete also lediglich die Früchte der Revolution, denn seine Karriere konnte nur gelingen, weil die alten Eliten verschwunden waren.
Aneri

Dietrich hat geschrieben: Da Napoleon in keiner Weise an der Französischen Revolution beteiligt war, kann er auch nicht ihr Symbol sein. Erst als Robespierre geköpft war und sich als neue bürgerliche Regierung das Direktorium bildete, begann die Laufbahn Napoleons. Napoleon erntete also lediglich die Früchte der Revolution, denn seine Karriere konnte nur gelingen, weil die alten Eliten verschwunden waren.
Ich sehe es etwas anders. Er s. z. exportierte die Revolution bzw. deren Ideen und Errungenschaften in breite Welt. So dass französische Revolution keinesfalls als eine innere Angelegenheit betrachtet werden soll. Und Napoleon war an der Spitze dieser Expansion. deshalb sehr wohl kann als Symbol bezeichnet werden. Wenn auch ich zugestehe, dass es nicht unbedingt richtige Bezeichnung ist. Es ging mir um die Austauschbarkeit einer Persönlichkeit. Deswegen dieser Begriff, der die Austauschbarkeit zeigen sollte.

Aber auch als Nutznießer bezeichnen ihn ich nicht würde. Die Menschen sind nicht nur Karrieristen. Sie sind getriebener ihrer Ideen...
Dietrich
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Aneri hat geschrieben: Ich sehe es etwas anders. Er s. z. exportierte die Revolution bzw. deren Ideen und Errungenschaften in breite Welt. So dass französische Revolution keinesfalls als eine innere Angelegenheit betrachtet werden soll. Und Napoleon war an der Spitze dieser Expansion. deshalb sehr wohl kann als Symbol bezeichnet werden. Wenn auch ich zugestehe, dass es nicht unbedingt richtige Bezeichnung ist. Es ging mir um die Austauschbarkeit einer Persönlichkeit. Deswegen dieser Begriff, der die Austauschbarkeit zeigen sollte.
Die Ideen der Französischen Revolution von Freiheit und Gleichheit der Menschen breiteten sich weltweit aus. Es waren Publizisten und Denker, die für diese Ausbreitung sorgten, nicht aber Napoleon.
Aneri hat geschrieben:Aber auch als Nutznießer bezeichnen ihn ich nicht würde. Die Menschen sind nicht nur Karrieristen. Sie sind getriebener ihrer Ideen...
Napoleon war eindeutig der Profiteur der Französischen Revolution. Ohne diesen Umsturz hätte er nie Karriere machen können, schon gar nicht in dieser raketenhaften Weise.
Aneri

Ja gut...
und Hitler war Profiteur der Nachkriegskrise...
und Stalin war Profiteur von Lenins-Tod...
u. s. w.

Über die Auswirkung der Revolution werde ich mich morgen äußern. Heute möchte ich mein Gedächtnis auffrischen. Ich hatte dazu sehr interessantes Artikel gelesen.
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Aneri hat geschrieben:
Über die Auswirkung der Revolution werde ich mich morgen äußern. Heute möchte ich mein Gedächtnis auffrischen. Ich hatte dazu sehr interessantes Artikel gelesen.
Es geht lediglich darum, dass man Napoleon nicht als "Symbol" der Französischen Revolution bezeichnen kann. Er wr an dieser Revolution überhaupt nicht beteiligt und sah sie vor allem als Chance zur Befreiung seiner Heimat Korsika von französischer Oberherrschaft, 1792 wurde er sogar aus der Armee entlassen und kehrte nach Korsika zurück.

Symbol der Französischen Revolution ist hingegen die Erstürmung der Bastille, obwohl dort keine bedeutenden Gefangenen mehr saßen.

Wiki schreibt zu Recht: "Der Sturm auf die Bastille wurde am 14. Juli 1789 zum Symbol für die französische Revolution." http://de.wikipedia.org/wiki/Bastille
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Orianne
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Symbole für die Französische Revolution waren für mich in der Schule: 1789, Bastille, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit Danton, Marat, Robespierre, Guillotine Schreckensherrschaft. Napoleon nutzte sie geschickt, dass sehe ich so, er vollendete und beendete sie, kann man sagen.
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General William Tecumseh Sherman
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Dietrich
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Orianne hat geschrieben:Symbole für die Französische Revolution waren für mich in der Schule: 1789, Bastille, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit Danton, Marat, Robespierre, Guillotine Schreckensherrschaft. Napoleon nutzte sie geschickt, dass sehe ich so, er vollendete und beendete sie, kann man sagen.
Auf den Punkt gebracht! :mrgreen:
Katarina Ke
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Natürlich gehört zur Arbeit einer Historikerin, dass sie "historisch verstehen" kann.

Es gab schon im vorrevolutionären Frankreich ein Gefühl der großen Ungerechtigkeit. Der Hofadel wurde auch von anderen Teilen des Adels kritisiert.

Dass Ludwig XVI. sich als Vertreter Gottes auf Erden sah ist bekannt. Gleichzeitig hatte er eine gute Ausbildung genossen. Er wusste, dass Reformen nötig waren, aber es gelang ihm nicht, sich durchzusetzen.

Bei allem historischen Verstehen: Als Monarch versagte er. Der Prozess, den der Konvent 1793 gegen ihn führt, war ein Schauprozess. Selbst der Vorwurf des Landesverrats ist aus heutiger Sicht kaum zu halten, denn Landesverrat setzt voraus, dass man sich als Bürger oder Repräsentant des Landes fühlt, gegen dass man - aus welchen Gründen auch immer - konspiriert. Die europäischen Monarchen sahen sich als "Familie", was nicht ausschloss, dass man sich bekriegte (Streit kommt in den besten Familien vor ...).
Geschichte sollte so geschrieben werden, wie man eine Geschichte erzählt - lebendig und an den Fakten orientiert. Meine Homepage: http://www.katharinakellmann-historikerin.de/
Aneri

Dietrich hat geschrieben: Es geht lediglich darum, dass man Napoleon nicht als "Symbol" der Französischen Revolution bezeichnen kann. Er wr an dieser Revolution überhaupt nicht beteiligt und sah sie vor allem als Chance zur Befreiung seiner Heimat Korsika von französischer Oberherrschaft, 1792 wurde er sogar aus der Armee entlassen und kehrte nach Korsika zurück.
Ich sagte schon, Symbol war kein gelungener Begriff in Bezug auf Napoleon um meine Gedanken zu verdeutlichen. Es ging mir um Anderes - um Austauschbarkeit eines Symbols als Code, als Bezeichnung für Etwas. Genau so wie in Sprache ein Lautkonfiguration für Etwas. In verschiedenen Sprache hat man andere Worte für das Gleiche. Die Hauptgedanke, hätte nicht diese Persönlichkeit gäbe, würde andere auf die Stelle kommen, die zwar Abweichungen zeigen könnte, dennoch m. E. unwesentlich in Bezug auf geschichtliche Entwicklung. Gerade wenn es über große gesellschaftliche Umwälzungen (nicht kleine lokale) geht, wenn genug intellektuelles Material (schlicht gesagt Menschen-Masse) zur Verfügung steht, hätte - theoretisch - auch andere Person, die Anforderungen der damaligen (selektiven) Umwelt entspräche, kommen können.

Es geht mir nicht um Science Fiktion "wann, dann..". Es geht um Verständnis der Geschichte als eine evolutive Entwicklung. Der Hauptmechanismus jeder Evolution (egal gesellschaftlicher oder biologischer oder auch kosmischer) ist die gestaltende /selektive Rolle der Umwelt. Die Persönlichkeiten, die zur Spitze der gesellschaftlichen Welle aufgeschwemmt wurden, interessant nur in der Hinsicht, dass sie - jetzt schon auf der Spitze der Führung - das schon Vorhandenes noch mehr "verdichten", zur "Essenz" werden lassen, die vorher nicht gab. Wie gesagt, wenn man katapultiert, dann kann man sein Flug nicht ändern. Der Flugbahn hat schon vorher, vor dieser Katapult-Maschine (also Gesellschaft) vorgegeben.

Diese ging jetzt in nachgehenden Diskussion völlig unter. Und ich finde es schade.
Renegat
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Aneri, dein Ansatz ist zwar manchmal nicht leicht verständlich, auch ungewöhnlich, für mich ist er aber spannend im Sinne von Geschichtsverständnis und Mechanismen, die sich so ähnlich immer wieder abgespielt haben oder sich zukünftig modifiziert wiederholen könnten.
Zusammenfassend gesagt, die Gründe wurden bereits diskutiert, kam in Frankreich vieles zusammen, was letztendlich den Sturm auf die Bastille auslöste und zur Entmachtung des Königs führte. Auf die Revolution folgte in den Jahren um den Wechsel vom 18. ins 19. Jhd. ein blutiges und gewalttätiges Chaos, jedenfalls wird es immer so dargestellt.

Interessant beim Thema Chaos ist für mich die Frage, inwieweit sich die Besitzverhältnisse auch langfristig änderten. Die politische Macht ging jedenfalls plötzlich und gewaltsam in andere Hände und die Strukturen erscheinen in der Nachbetrachtung wirr - bis Napoleon kam. Bei dem Punkt muß ich Aneri recht geben, es hätte jeder kommen und beherzt die Macht an sich reißen können, um dem revolutionären Chaos wieder etwas mehr Ordnung geben. Der Bevölkerung wird es nach den blutigen Jahren recht gewesen sein.
Ich weiß nicht, inwieweit die Situation bei späteren Revolutionen vergleichbar ist, z.B. auch nach der russischen R. kamen mit Lenin und Stalin starke Männer an die Macht.
Vielleicht ist es nach einem gewaltsamen, chaotischen Umsturz für eine Gesellschaft nur schwer möglich sich auf den mühsamen, demokratischen Weg zu machen. Vielleicht folgen deshalb oft bes. konservative Restaurationsphasen oder Quasi-Diktaturen. Zur Zeit kann man das an manchen Ländern des arabischen Frühlings beobachten.
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