"Fürsten" und "Reichsfürsten"

Heraldik, Jagd, Pest, Kriegsführung, Ritter, Feuerwaffen, Burgen, Könige, Königreiche

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Man muss unterscheiden zwischen der Bezeichnung "Fürst" als Gattungsbegriff und "Fürst" als Adelstitel.

Der Gattungsbegriff des Fürsten umfasste alle Reichsfürsten, die vom Kaiser urkundlich in den Fürstenstand erhoben waren und demzufolge eine Virilstimme im Reichsfürstenrat führten - d.h. eine Einzelstimme im Gegensatz zu einer Kuriatstimme, d.h. der Gesamtstimme eines Gremiums wie z.B. der wetterauischen oder schwäbischen Grafenbank oder der rheinischen und schwäbischen Prälatenbank, deren Vertreter nicht zum Reichsfürstenstand zählten, aber Reichsstandschaft besaßen.

Zur Gruppe der Reichsfürsten zählten Herrscher mit ganz unterschiedlichen Adelstitulaturen wie z.B. Herzog, Markgraf, Landgraf oder Pfalzgraf bei weltlichen, Fürstbischof, Fürstpropst oder Fürstabt bei geistlichen Reichsfürsten. Dabei ist der Adelstitel kein Kennzeichen für den Reichsfürstenstand, denn es gab z.B. Markgrafen oder Landgrafen mit Fürstenrang und andere, die diesen nicht hatten. Maßgebend war stets die offizielle Erhebung durch den Kaiser in den Reichsfürstenstand.

Schon relativ früh gab es Situationen, wo der Kaiser einen einfachen Grafen zwar in den Reichsfürstenstand erheben, ihm aber - vielleicht aus politischer Rücksicht - nicht den Herzogstitel oder eine andere höhere Titulatur verleihen wollte. Um diese Klippe zu umschiffen, verfiel die Reichskanzlei auf die Möglichkeit, den Rang eines gefürsteten Grafen zu verleihen. Das kam aber in der frühen Neuzeit außer Gebrauch, sodass man die Titulatur "Fürst" als unterste Stufe des Reichsfürstenstandes einführte. So z.B. die Fürsten von Ostfriesland, Fürstenberg, Waldeck, Schwarzburg, Salm und zahlreiche andere Fürstenhäuser.

Der Titel "Fürst" konnte später von Landesherren an Untertanen verliehen werden, die sie besonders auszeichnen wollten, ohne dass sie indes vom Kaiser zu Reichsfürsten erhoben wurden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Fürst Bismarck, sowie zahlreiche andere, die nur den Fürstentitel ohne Reichsstandschaft führten.
Suebe
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Dietrich hat geschrieben:Man muss unterscheiden zwischen der Bezeichnung "Fürst" als Gattungsbegriff und "Fürst" als Adelstitel.

Der Gattungsbegriff des Fürsten umfasste alle Reichsfürsten, die vom Kaiser urkundlich in den Fürstenstand erhoben waren und demzufolge eine Virilstimme im Reichsfürstenrat führten - d.h. eine Einzelstimme im Gegensatz zu einer Kuriatstimme, d.h. der Gesamtstimme eines Gremiums wie z.B. der wetterauischen oder schwäbischen Grafenbank oder der rheinischen und schwäbischen Prälatenbank, deren Vertreter nicht zum Reichsfürstenstand zählten, aber Reichsstandschaft besaßen.

Zur Gruppe der Reichsfürsten zählten Herrscher mit ganz unterschiedlichen Adelstitulaturen wie z.B. Herzog, Markgraf, Landgraf oder Pfalzgraf bei weltlichen, Fürstbischof, Fürstpropst oder Fürstabt bei geistlichen Reichsfürsten. Dabei ist der Adelstitel kein Kennzeichen für den Reichsfürstenstand, denn es gab z.B. Markgrafen oder Landgrafen mit Fürstenrang und andere, die diesen nicht hatten. Maßgebend war stets die offizielle Erhebung durch den Kaiser in den Reichsfürstenstand.

Schon relativ früh gab es Situationen, wo der Kaiser einen einfachen Grafen zwar in den Reichsfürstenstand erheben, ihm aber - vielleicht aus politischer Rücksicht - nicht den Herzogstitel oder eine andere höhere Titulatur verleihen wollte. Um diese Klippe zu umschiffen, verfiel die Reichskanzlei auf die Möglichkeit, den Rang eines gefürsteten Grafen zu verleihen. Das kam aber in der frühen Neuzeit außer Gebrauch, sodass man die Titulatur "Fürst" als unterste Stufe des Reichsfürstenstandes einführte. So z.B. die Fürsten von Ostfriesland, Fürstenberg, Waldeck, Schwarzburg, Salm und zahlreiche andere Fürstenhäuser.

Der Titel "Fürst" konnte später von Landesherren an Untertanen verliehen werden, die sie besonders auszeichnen wollten, ohne dass sie indes vom Kaiser zu Reichsfürsten erhoben wurden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Fürst Bismarck, sowie zahlreiche andere, die nur den Fürstentitel ohne Reichsstandschaft führten.

Der Club der Reichsfürsten ist geschlossen.
Seit dem Ende des HRR.

Dietrich nennt den Fall des "Fürsten" Bismarck, den natürlich kein russischr Großfürst als gleichrangig anerkannt hätte, und vermutlich immer noch nicht würde.
Andere Beispiele aus der Geschichte die Gräfin Chotek, zusammen mit ihrem Gemahl Franz-Ferdinand in Sarajewo umgebracht und zum Auslöser des 1. WK geworden. Ein böhmische Gräfin, keine Reichsfürstin, nicht ebenbürtig, obwohl sie später noch mit dem Titel einer Herzogin von Hohenberg behängt wurde.
Anderes Beispiel, die Grafen Stauffenberg in Lautlingen waren Reichsfürsten, starben aber im beginnenden 19. Jahrhundert aus, die beerbende Seitenlinie waren keine Reichsfürsten, bekamen später den bayerischen Grafentitel, abder der Club der Reichsfürsten war da, wie geschrieben, schon geschlossen.
Noch eines, sorry wieder aus meiner Nähe, die Fürsten von Hzl-Hechingen starben in den 1860er Jahren aus. Was aber so eigentlich gar nicht stimmt, der "letzte" Fürst heiratete noch eine Niederadlige und hatte mehrere Kinder mit ihr. Erhielten die Nachkommen später den Grafentitel "2. Klasse" von Rothenburg von Preußen-Berlins gnaden. Nix mit Hohenzollern....
Die Nachkommen aus des Fürsten 1. Ehe mit einem weiblichen Abkömmling aus korsischen Räubergeschlecht hätten dagegen als "ebenbürtig" gegolten.
Komische Vögel, die Fürstens.........
Dietrich
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Suebe hat geschrieben: Der Club der Reichsfürsten ist geschlossen.
Seit dem Ende des HRR.
Selbstverständlich erlosch mit dem Ende des Heiligen Römischen Reichs auch die Möglichkeit der Erhebung in den Reichsfürstenstand, die ja nur der Kaiser vornehmen konnte. Als besondere Gunst verliehen später einzelne Landesherren den Fürstentitel, ohne dass damit eine besondere staatsrechtliche Stellung verbunden war - abgesehen von einigen Privilegien.
Suebe hat geschrieben:Komische Vögel, die Fürstens.........
Bis heute zehren Adelsfamilien von ihrer Stellung im Reichstag des Heiligen Römischen Reichs. Als "hochadelig" gilt nur, wer die Landeshoheit über ein bestimmtes Territorium und damit die Reichsstandschaft mit Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Reichstags innegehabt hatte.
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dieter
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Lieber Dietrich,
das Kurfürstentum Hessen in Kassel müßte ein Reichsfürst mit Stimme im Reichsfürstenrat gewesen sein :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Dietrich
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dieter hat geschrieben:Lieber Dietrich,
das Kurfürstentum Hessen in Kassel müßte ein Reichsfürst mit Stimme im Reichsfürstenrat gewesen sein :?:
Selbstverständlich. Die Landgrafschaft Hessen, die sich später in die Zweige Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt spaltete, zählt mit zu den ältesten Reichsfürstentümern. Die Erhebung erfolgte im Jahr 1292 durch König Adolf von Nassau.
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dieter
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Danke lieber Dietrich,
für diese Bestätigung. :)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Suebe
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Eine kleine Begebenheit die an Glamour und Hochadel kratzt.
Im Jahre 1911 stand das Fürstenhaus Grimaldi in Monaco unmittelbar vor dem Aussterben.
Tronerbe wäre gewesen, Wilhelm Herzog von Urach, Graf von Württemberg, (der vom Märchenschloss Lichtenstein).
Aber, Frankreich fand den deutschen Fürsten und General als absolut unpassend in diesem Kleinstaat.
Man "grub" die uneheliche Tochter aus, die der Grimaldi mit einer algerischen! Wäscherin gebastelt hatte, und überredete die Grimaldis diese anzuerkennen, und ihr die Thronfolge zu sichern.
Urach wehrte sich natürlich, vergeblich, und die ganze Angelegenheit hat zu einem umfangreichen Aktenpakte im HSt.A in Stgt. geführt.
Die Tochter der "algerischen Wäscherin" war die Mutter des Fürsten Rainier und damit Schwiegermutter von Grace Kelly.

Wens interessiert:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/o ... tand=23450

bißchen runterscrollen.

Sorry, den Witz an der Sache hätte ich fast vergessen.
Das Haus Urach entstand, als ein württ. Prinz eine "Niederadlige" ehelichte. Da war nix mehr mit königlicher Hoheit usw. usf. die später verliehenen Titel eines "Grafen von Württ.", später auch der "Herzog von Urach" hatten, da ledilich württ. Titel, keinen Wert mehr, jedenfalls dynastisch.

Habt ihr das verstanden?
Nicht?
Das ist weiter nicht schlimm, ich nämlich auch nicht. :mrgreen:
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