Seit wann gibt es "Deutschland"?

Heraldik, Jagd, Pest, Kriegsführung, Ritter, Feuerwaffen, Burgen, Könige, Königreiche

Moderator: Barbarossa

Renegat
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Barbarossa hat geschrieben: http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 594#p25594

Übrigens haben wir schon ein ganz ähnliches Thema mit dem Titel: "Der frühe Nationalismus der Deutschen", aus dem auch der Beitrag ist.
Stimmt, einige Beiträge hier sind eine Wiederholung jenes alten Themas. Auf den ersten 1 -2 Seiten von insgesamt 7 Seiten ging es damals auch wirklich um´s Thema. Den alten Thread habe ich nur überflogen und dabei festgestellt, dass mir die Beiträge von RS heute hier im Forum fehlen.
Lia

Dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
im Endeffekt hat sich dann doch die völkische Zugehörigkeit eines Landes durchgesetzt und nicht zu welcher Bevölkerung der Fürst gehörte.
Mit nicht immer guten Folgen für die Beteiligten und auch nicht durchgehend.
Oft ganz pragmatisch- wer das vermutlich Bessere zu bieten hatte, dem fühlte man sich verbunden. Jenseits vom "Völkischen", jenem schwammigen und missbrauchten Begriff.
Nationales ( Selbst) Bewusstsein und die Wahrnehmung von außen als eine geschlossene, als mehr oder weniger einheitlich erscheinendes Gebilde und Nationalismus sind immer noch zwei Paar Schuhe.
Urkundliche und sonstige skriptorische Erwähnungen von "deutsch" Deutschland " und Alltagsleben auch.
Suebe
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Lia hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
im Endeffekt hat sich dann doch die völkische Zugehörigkeit eines Landes durchgesetzt und nicht zu welcher Bevölkerung der Fürst gehörte.
Mit nicht immer guten Folgen für die Beteiligten und auch nicht durchgehend.
Oft ganz pragmatisch- wer das vermutlich Bessere zu bieten hatte, dem fühlte man sich verbunden. Jenseits vom "Völkischen", jenem schwammigen und missbrauchten Begriff.
Nationales ( Selbst) Bewusstsein und die Wahrnehmung von außen als eine geschlossene, als mehr oder weniger einheitlich erscheinendes Gebilde und Nationalismus sind immer noch zwei Paar Schuhe.
Urkundliche und sonstige skriptorische Erwähnungen von "deutsch" Deutschland " und Alltagsleben auch.

Deutschland wird auf deutsch regiert.
Hieß es im 18. Jahrhundert, und so hätte es bleiben sollen.
Nationalstaat, wie er meist aufgefasst wird, ist doch nichts anderes als eine Umschreibung von Militärstaat.
Und den, Freundinnen und Freunde da sind wir uns einig, hätten wir nie gebraucht.
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dieter
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Suebe hat geschrieben:
Lia hat geschrieben: ]
Mit nicht immer guten Folgen für die Beteiligten und auch nicht durchgehend.
Oft ganz pragmatisch- wer das vermutlich Bessere zu bieten hatte, dem fühlte man sich verbunden. Jenseits vom "Völkischen", jenem schwammigen und missbrauchten Begriff.
Nationales ( Selbst) Bewusstsein und die Wahrnehmung von außen als eine geschlossene, als mehr oder weniger einheitlich erscheinendes Gebilde und Nationalismus sind immer noch zwei Paar Schuhe.
Urkundliche und sonstige skriptorische Erwähnungen von "deutsch" Deutschland " und Alltagsleben auch.

Deutschland wird auf deutsch regiert.
Hieß es im 18. Jahrhundert, und so hätte es bleiben sollen.
Nationalstaat, wie er meist aufgefasst wird, ist doch nichts anderes als eine Umschreibung von Militärstaat.
Und den, Freundinnen und Freunde da sind wir uns einig, hätten wir nie gebraucht.
Lieber Schwabe,
ist nicht Nationalstaat immer ein Militärstaat :?: Egal, ob in Frankreich oder Deutschland :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Renegat
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Suebe hat geschrieben: Nationalstaat, wie er meist aufgefasst wird, ist doch nichts anderes als eine Umschreibung von Militärstaat.
Und den, Freundinnen und Freunde da sind wir uns einig, hätten wir nie gebraucht.
Steile These, Suebe aber führ mal aus, ist vielleicht eine interessante Sicht auf den Nationalstaat, der ja auch heute noch seine Anhänger hat. Und bringt evtl. wieder mehr Diskussionsfreude ins Forum. Aber mach ein eigenes Thema dafür auf, hier herrscht Ordnung. :D
Dietrich
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Suebe hat geschrieben: Es wurde klar unterschieden zwischen "Regnum" dem Königreich und dem "Imperium" dem Kaiserreich.
Köngireich war das Ostfränkische oder (meinetwegen werdende) Deutsche Reich, wie ihr jetzt sagen wollt. Kaiserreich das HRR.
Die Entwicklung des Ostfränkischen Reichs zum Heiligen Römischen Reich war ein Prozess. Entsprechend wandelte sich auch die Titulatur dieses Staatsgebildes. Unter dem ersten ottonischen König Heinrich I. und seinem Sohn Otto dem Großen hieß es Regnum francorum orientalum, da sich die Herrscher als Fortsetzer des Ostfrankenreichs sahen. In der Titulatur Ottos II. heißt es bereits Romanorum imperator augustus. Im Jahr 1157 findet sich erstmals bei Kaiser Friedrich I. die Bezeichnung Sacrum imperium, die lateinische Wendung Sacrum Imperium Romanum ist frühestens 1254 belegt.

Das Reich gliederte sich ab dem 11. Jh. in drei regna, nämlich das Königreich Burgund (regnum Burgundiae), Reichsitalien (regnum Italiae) und das regnum teutonicum.
Suebe hat geschrieben:Auch die angeführten Fremdbezeichnungen kann man so hoch nicht ansetzen, wie zB "Reich der Sachsen"
für die Franzosen seid ihr alle bis heute "Allemannen"
Die ostfränkisch-deutschen Herrscher haben Deutschland nicht vorgefunden, sondern es geschaffen.
Suebe hat geschrieben:Zur "Nation":
beim Konstanzer Konzil wurde um einen Ausgleich für die vielen vielen ital. Bischöfe zu schaffen, "Nationsweise" abgestimmt. Dei englische Nation, die französische Nation, die deutsche Nation, die spanische Nation ...
Ergo: Am Beginn des 15. Jahrhunderts wurde die "deutsche Nation" wie die anderen gesehen.
Peppone hat dich schon darauf hingewiesen, dass der damalige Begriff "nationae" nicht vergleichbar ist mit dem heutigen.
Suebe hat geschrieben: die Fürsten hatten den "Blutbann" ja OK, mein kleines Vaterstädtchen auch. Und?
Das Reichsgesetz "Carolina" überklickst du vorsichtshalber.
Die Fürsten hatten die Reichsgesetze in ihren Territorien durchzusetzen. Wie heute die Bundesländer. Die Exekutivorgane Polizei oder Justiz, auch zB die Finanzämter sind Sache der Länder. Da hängt allüberall das Landeswappen nicht der Bundesadler. Obwohl die Gesetze in aller Regel vom Bund erlassen worden sind.
Es geht hier lediglich um die Tatsache, dass die Landesfürsten nahezu souveräne Territorien regierten und über Wohl und Wehe ihrer Untertanen entschieden. Insofern war der Landesfürst (oder auch ein Gutsherr mit Leibeigenen) die oberste Instanz im Leben der Menschen, die den Raum des heutigen Deutschlnads bewohnten, Dieser Partikularismus und diese terroriale Zersplitterung waren ein wesentlicher Grund dafür, dass sich eine übergreifende deutsche Identität verhältnismäßif spät bildete.
Dietrich
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Suebe hat geschrieben: Nationalstaat, wie er meist aufgefasst wird, ist doch nichts anderes als eine Umschreibung von Militärstaat.
Nicht jeder Nationalstaat ist ein Militärstaat und nicht jedes übernationales Staatsgebilde ist ein Friedensengel - siehe Vereinigte Staaten von Amerika.

Im übrigen ist es unsinnig und auch unhistorisch, den Nationalstaat zu dämonisieren. Er war ein Staatsmodell, das auf ethnischer Homogenität beruhte, was nicht unbedingt mit "Nationalismus" gleichzusetzen ist. Dass sich Menschen gleicher Kultur und Sprache nahe fühlen und aus solchen Gemeinsamkeiten Staaten erwachsen, scheint fast eine Gesetzmäßigkeit zu sein, die kaum zu überspringen ist. Inofern ist es begrüßenswert, wenn mit Gebilden wie der Europäischen Union übernationale Modelle geschaffen werden, wobei unsicher ist, ob sie gut funktionieren.
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Barbarossa
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Dietrich hat geschrieben:Es geht hier lediglich um die Tatsache, dass die Landesfürsten nahezu souveräne Territorien regierten und über Wohl und Wehe ihrer Untertanen entschieden. Insofern war der Landesfürst (oder auch ein Gutsherr mit Leibeigenen) die oberste Instanz im Leben der Menschen, die den Raum des heutigen Deutschlnads bewohnten, Dieser Partikularismus und diese terroriale Zersplitterung waren ein wesentlicher Grund dafür, dass sich eine übergreifende deutsche Identität verhältnismäßif spät bildete.
Die Regionalfürsten hatten in der Tat eine große Macht. Wie groß diese Macht war, sieht man schon am Beispiel Sachsens, wo eine Fürstendynastie in der Lage war, durch eine lediglich dynastische Verschiebung einer völlig anderen Region und seiner Bevölkerung einen neuen Namen zu geben. Eine Bevölkerungswanderung hat es dabei nicht gegeben.
Dietrich hat geschrieben:Die Entwicklung des Ostfränkischen Reichs zum Heiligen Römischen Reich war ein Prozess. Entsprechend wandelte sich auch die Titulatur dieses Staatsgebildes. Unter dem ersten ottonischen König Heinrich I. und seinem Sohn Otto dem Großen hieß es Regnum francorum orientalum, da sich die Herrscher als Fortsetzer des Ostfrankenreichs sahen. In der Titulatur Ottos II. heißt es bereits Romanorum imperator augustus. Im Jahr 1157 findet sich erstmals bei Kaiser Friedrich I. die Bezeichnung Sacrum imperium, die lateinische Wendung Sacrum Imperium Romanum ist frühestens 1254 belegt.

Das Reich gliederte sich ab dem 11. Jh. in drei regna, nämlich das Königreich Burgund (regnum Burgundiae), Reichsitalien (regnum Italiae) und das regnum teutonicum.

Die ostfränkisch-deutschen Herrscher haben Deutschland nicht vorgefunden, sondern es geschaffen.
Hier möchte ich nochmal einhaken. Dass es der Name regnum teutonicum oder "diutisches lant" für das Reich so schwer hatte, sich durchzusetzen und auch ein "nationales Bewusstsein" bei den Deutschen ebenfalls spät mehrheitsfähig wurde, ist unbestritten und die Gründe dafür wurden schon des öfteren genannt. Darüber haben wir auch bereits einen anderen Pfad, den ich oben bereits verlinkt hatte.
Ich möchte die Diskussion aber ein wenig in eine andere Richtung lenken - ich hatte es weiter oben bereits zu erklären versucht, mit dem sprachwissenschaftlichen Aspekt, wurde aber nicht wirklich verstanden, glaube ich.
ich bin daher immer noch am überlegen, ob dieser Aspekt dabei eine Rolle spielen kann oder ob er dabei völlig irrelevant ist. Durch Expansion (militärisch, erblich und lehnshoheitlich) wurde das Gesamt-Reich ohnehin zu einem Vielvölkerstaat.
Was meint ihr? Wäre es dennoch richtig, etwa ab 921 (Vertrag von Bonn) von "Deutschland" in diesem Sinne und aus heutiger Sicht zu sprechen? Ich meine, zumindest für den Reichsteil, den wir "regnum teutonicum" nennen (und der anscheinend auch recht früh schon so genannt wurde)?
Die Diskussion ist eröffnet!

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Lia

Als ich gestern mehr oder weniger zufällig eine zdf- Wiederholung " Die Deutschen" im Fernsehen erwischte, musste ich bem Vorspann an diese Diskussion denken. In deren Verlauf, bei der Schlacht um Legnano, genauso. Da kam zumindest italienisches "Wir" gegen "die Deutschen" vor. Habe allerdings nur nebenbei gesehen, kannte die Reihe schon und zu Barbarossa und Heinrich kann ich von dort nunmal gar nichts dazu lernen.

http://www.zdf.de/die-deutschen/barbaro ... 44714.html

Es darf gedacht werden, welches Verständnis von Deutschland und "eins werden" hinter dem Vorspann steckt...
Paul
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[quote="Barbarossa"]
Die Regionalfürsten hatten in der Tat eine große Macht. Wie groß diese Macht war, sieht man schon am Beispiel Sachsens, wo eine Fürstendynastie in der Lage war, durch eine lediglich dynastische Verschiebung einer völlig anderen Region und seiner Bevölkerung einen neuen Namen zu geben. Eine Bevölkerungswanderung hat es dabei nicht gegeben.
[quote="Barbarossa"]

Nun ist es hier Zufall, das doch ein großer Teil der zusätzlichen Einwanderer echte(Nieder) Sachsen waren. Mark Meissen und Mark Lausitz sollten als Namen ersetzt werden. Da hätte es aber sicherlich sinnvollere kurze Namen geben können z.B. einfach Lausitz als Ländername.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Lia

Barbarossa hat geschrieben:Was meint ihr? Wäre es dennoch richtig, etwa ab 921 (Vertrag von Bonn) von "Deutschland" in diesem Sinne und aus heutiger Sicht zu sprechen? Ich meine, zumindest für den Reichsteil, den wir "regnum teutonicum" nennen (und der anscheinend auch recht früh schon so genannt wurde)?
Sprache ist nicht immer gleich Gesinnung, aber man muss wohl schon von einem existierenden Begriff " Deutschland" ausgehen. Nur eben nicht aus heutiger Sicht oder vielmehr aus dem heutigen Wissen und Verständnis heraus.
Könnte es sein, dass die deutsche Selbstwahrnehmung auch dadurch verbogen ist, dass über lange Zeiten mehr die kaiserliche Funktion in den Vordergrund gerückt las die des deutschen Königs?
Habe mal so meinen frühen Geschichtsunterricht in Erinnerung gerufen: Kaiser und ihre diversen "auswärtigen" Unternehmungen, Krönung und Verhältnis zum Papst standen im Vordergrund. So, denke ich, war es ähnlich lange Zeit, dass das Königtum und Wirken in dem, was Deutschland war, vernachlässigt wurde.
Dass aus französischer Sicht in zeitgenössischen Quellen die Kreuzfahrer Konrad III. und Friedrich Barbarossa als " Deutsche" benannt werden, weiß ich sicher, nur so schnell belegen kann ich nicht.
Ein Blick ins Nachbarland:
Ganz grob und unzulässig oberflächlich :) : Als Geburtsstunde Frankreichs wird gern der Vertrag von Verdun genannt. Geburt heißt aber: Wachsen und Entwicklung folgen. Das französische Territorium war im MA sprachlich nicht so einheitlich, um nur la langue d'oc und la langue d'oil neben mancherlei kulturellen Unterschieden zwischen Nord und Süd. zu nennen. Auch da gab ein nicht immer ganz schmerzfreies Zusammenwachsen.
Eine relativ frühe Zentralisierung ( Kapetinger) und die Focussierung auf Paris lassen Frankreich neben anderen Aspekten vielleicht eher als früh geeinte Nation erscheinen als Deutschland.
Wenn mir nicht wieder das dsl abhanden kommt, während die pdf heruntergeladen wird: Vielleicht gibt die Lektüre auch Aufschluss, wie man in Abgrenzung dann den Nachbarn sah und / oder der sich selbst.
http://www.perspectivia.net/content/pub ... 0225-00248
Dietrich
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Barbarossa hat geschrieben:
Ich möchte die Diskussion aber ein wenig in eine andere Richtung lenken - ich hatte es weiter oben bereits zu erklären versucht, mit dem sprachwissenschaftlichen Aspekt, wurde aber nicht wirklich verstanden, glaube ich. ...
Was meint ihr? Wäre es dennoch richtig, etwa ab 921 (Vertrag von Bonn) von "Deutschland" in diesem Sinne und aus heutiger Sicht zu sprechen? Ich meine, zumindest für den Reichsteil, den wir "regnum teutonicum" nennen (und der anscheinend auch recht früh schon so genannt wurde)?
Ich habe dich schon verstanden, Barbarossa, aber deine Vermutung ist falsch. Obwohl in populärwissenschftlichen Büchern oft zu lesen ist, der Ottone Heinrich I. (919 - 936) sei "Deutschlands erster König", ist die Geschichtswissenschaft anderer Ansicht.

Sachsen, Baiern, Franken und Alemannen waren noch im 9. Jh. im Grunde verschiedene Völker, die keine oder wenig Berührungspunkte hatten. Sie hatten ein unterschiedliches politisches Schicksal erfahren und es ist zu bezweifeln, ob sich ein altsächsisch sprechender Sachse mit einem altbairisch redenden Baiern überhaupt ohne Dolmetscher verständigen konnte. Die Sprachen begründeten keineswegs eine deutsche Identität. Woher hätte die auch kommen sollen? Diese Identität entwickelte sich erst, als die Stammesherzogtümer unter einer einheitlichen Leitung zusammengebunden wurden, gemeinsam einen ersten nichtfränkischen König wählten und ihr Schicksal unauflöslich miteinander verknüpften.
Es bleibt gültig, was das "Lexikon des Mittelalters" hierzu bemerkt:

"Ein deutsches Bewusstsein setzt kaum vor 1000, voll erst im 11. und 12. Jahrhundert ein".
(Lexikon des Mittelalters, Band III, Sp. 785)
Lia

Dietrich hat geschrieben:Ich habe dich schon verstanden, Barbarossa, aber deine Vermutung ist falsch. Obwohl in populärwissenschftlichen Büchern oft zu lesen ist, der Ottone Heinrich I. (919 - 936) sei "Deutschlands erster König", ist die Geschichtswissenschaft anderer Ansicht.
Beziehst Du Dich u.a. auf die viel diskutierte Stelle bei Otto von Freising? Der hat es anders gemeint, wenn man den historischen Kontext betrachtet- und die eigentliche Absicht, aus der er schrieb.
Diese Identität entwickelte sich erst, als die Stammesherzogtümer unter einer einheitlichen Leitung zusammengebunden wurden, gemeinsam einen ersten nichtfränkischen König wählten und ihr Schicksal unauflöslich miteinander verknüpften.
Wobei sich so langsam die Herzogtümer nicht mehr an den "Stamm" banden oder gebunden wurden.
Ab wann es den Begriff Deutschland gab, ist nun klar. Ab wann sich die unterschiedlichsten Populationen zwischen Nord- und Ostsee und Bayern als untrennbar verbundene Einheit sahen, in der alle im Sinne "Deutschlands" an einem Strang ziehen statt sich untereinander zu befehden und damit der Nation zu schaden, wird Diskussionsthema bleiben und immer wieder an den unterschiedlichsten Daten festgemacht werden.
Dietrich
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Lia hat geschrieben: Wobei sich so langsam die Herzogtümer nicht mehr an den "Stamm" banden oder gebunden wurden.
Ab wann es den Begriff Deutschland gab, ist nun klar. Ab wann sich die unterschiedlichsten Populationen zwischen Nord- und Ostsee und Bayern als untrennbar verbundene Einheit sahen, in der alle im Sinne "Deutschlands" an einem Strang ziehen statt sich untereinander zu befehden und damit der Nation zu schaden, wird Diskussionsthema bleiben und immer wieder an den unterschiedlichsten Daten festgemacht werden.
Wann es eine solche deutsche Identität gab, ist sicher schwer zu beantworten und ein exakter Zeitpunkt lässt sich nicht festlegen. Für diese Entwicklung ist ein breiter Zeitkorridor anzunehmen, der Ende im 10. Jh. einsetzt und - regional verschieden - bis ins 13. Jh. fortwirkt. Ob dann diese spätmittelalterliche "deutsche" Identität mit unserer heutigen vergleichbar ist, sei dahingestellt. Immerhin finden wir in der Reichstitulatur seit dem späten 15. Jh. den Zusatz Deutscher Nation (lat. Nationis Germanicæ), sodass anzunehmen ist, dass zu diesem Zeitpunkt ein allgemeines deutsches Bewusstsein existierte.

Falsch ist auf jeden Fall die Auffassung, der Ottone Heinrich I. sei der "erste deutsche König" gewesen. Man kann höchstens sagen, dass mit ihm ein Prozess begann, der zur Entstehung eines "deutschen Bewusstseins" führte, was sich während der Regierung der folgenden Kaiser und Könige verfestigte.
Lia

Dietrich hat geschrieben:Ob dann diese spätmittelalterliche "deutsche" Identität mit unserer heutigen vergleichbar ist, sei dahingestellt. Immerhin finden wir in der Reichstitulatur seit dem späten 15. Jh. den Zusatz Deutscher Nation (lat. Nationis Germanicæ), sodass anzunehmen ist, dass zu diesem Zeitpunkt ein allgemeines deutsches Bewusstsein existierte.
Das ist Meine Quintessenz aus der Diskusssion: Mit heutigen Maßstäben sollte man eher nicht messen.
Und die hier oben waren ja eh schizophren- und unsere dänische Nachbarn auch...
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