Assyrien - Aufstieg und Untergang

Mesopotamien, Babylon, China, Mongolen, Sumerer

Moderator: Barbarossa

Dietrich
Mitglied
Beiträge: 1755
Registriert: 04.05.2012, 18:42
Wohnort: Ostfalen

Paul hat geschrieben:Ninive war doch eine wichtige Stadt der alten Assyrer. die Niniveebene ist noch heute ein Zentrum der modernen Assyrer.
Unbestrittenes religiöses und administratives Zentrum Assyriens war weit über tausend Jahre die Stadt Assur. Das änderte sich erst zur Zeit des Neuassyrischen Reichs. Sanherib machte im Jahr 704 Ninive zur Hauptstadt und verlagerte damit den politischen Schwerpunkt. Als Wohnsitz des Nationalgottes Assur blieb die Stadt Assur jedoch trotz der Verlegung des Regierungssitzes der religiöse Mittelpunkt des Neuassyrischen Reiches,
Paul hat geschrieben:Das alte Assyrisch hat sich in der Region zum Aramäischen weiter entwickelt. Die modernen Assyrer sprechen noch eine Form des modernen Aramäisch/modernes Assyrisch. Es gibt eine Siedlungskontinuität ind kontinuirliche Sprachentwicklung und damit auch eine ethnische Kontinuität.
Auch das moderne italienisch ist die Weiterentwicklung des Latein.
Das akkadische Assyrisch und Aramäisch sind zwei völlig verschiedene Sprachen. Da hat sich nichts "aus dem anderen" entwickelt. Akkadisch/Assyrisch ist eine ostsemitische Sprache, Aramäisch hingegen eine westsemitische. Nach dem Untergang des assyrischen Staates verschwand die assyrische Variante des Akkadischen und es erhielt sich nur das akkadische Babylonisch eine gewisse Zeit. Spätestens im 5. Jh. v. Chr. waren Assyrisch und Babylonisch als gesprochene Sprache ausgestorben und vom westsemitischen Aramäisch verdrängt worden.
Menander
Mitglied
Beiträge: 28
Registriert: 30.12.2014, 02:48

Dietrich schrieb:
"Die Altorientalisten gehen von einem assyrischen Stadtstaat aus, der Ende des 3. Jahrtausend v. Chr. entstand. Eine damals noch unbedeutende Siedlung, vergleichbar mit vielen kleinen Stadtstaaten im südlichen Mesopotamien. Historische Bedeutung erlangte dieses Gebilde erst ab der Mitte des 2. Jahrtausend"

"Išbi-Erra von isin hat gegen einen ensi von subartu gekämpft. wer es war, bleibt unklar"! Išbi-Erra hat um die jahrtausendwende regiert...also muss um diese zeit im assur bereits ein "ensi" (vielleicht schon einer aus der Puzur-Aššur dynastie?) regiert haben, dessen machtentfaltung groß genug war, dass ein kampf gegen ihn Išbi-Erra wichtig genug erschien, der nachwelt hinterlassen zu werden. das könnte man als ein indiz werten, dass assur bereits eine gewisse (politische) bedeutung erlangt hat. wenn dazu in rechnung stellt, dass die wirtschaftliche erschließung der erzeugnisse (west)anatoliens durch assyrische händler (an dieser stellle verweise ich auf die ausgrabungen in der stadt kanis bzw. den dort entdeckten archiven assyrischer händler) wahrscheinlich schon in dieser zeit (unter umständen sogar noch früher) begonnen hat, kann eine gewisse bedeutung assurs am ende des dritten vorchristlichen jahrtausends als durchaus denkbar angesehen werden.
Dietrich
Mitglied
Beiträge: 1755
Registriert: 04.05.2012, 18:42
Wohnort: Ostfalen

Menander hat geschrieben: wenn dazu in rechnung stellt, dass die wirtschaftliche erschließung der erzeugnisse (west)anatoliens durch assyrische händler (an dieser stellle verweise ich auf die ausgrabungen in der stadt kanis bzw. den dort entdeckten archiven assyrischer händler) wahrscheinlich schon in dieser zeit (unter umständen sogar noch früher) begonnen hat, kann eine gewisse bedeutung assurs am ende des dritten vorchristlichen jahrtausends als durchaus denkbar angesehen werden.
Keramikfunde aus dem 5. Jahrtausend zeigen, dass dieser Raum bereits in der prähistorischen Epoche besiedelt war. Möglicherwrise hatte der landschaftlich markante Ort des späteren Assur schon früh eine gewisse Bedeutung für die in der näheren und weiteren Umgebung lebenden Menschen. Archäologisch erwiesen ist es, dass der Ort seit etwa der Mitte des 3. Jahrtausends dauerhaft besiedelt war. Das zeigen nicht nur Wohnhäuser aus altakkadischer Zeit (24. - 22. Jh.), sondern vor allem Fundamente eines ergrabenen großen Kultbaus mit Objekten wie Tonfiguren, Zeremonialgefäßen, Ornamenten aus wertvollen Materialien usw.

Die ältesten Schriftfunde aus der Stadt Assur werden ins 23. Jh. datiert. Unter anderem fand sich ein steinerner Keulenkopf mit Weiheinschriften der Akkad-Herrscher Rimusch (etwa 2278 - 2270) und Manischtuschu (ca. 2269 - 2255). Unklar bleibt allerdings der Status Assurs zu jener Zeit, ob also Provinzstadt, religiöses Zentrum, kultisches Zentrum. Nach dem Untergang des Reichs von Akkad wurde die Stadt Assur von Herrschern der III. Dynastie von Ur beherrscht, etwa in der Zeit zwischen 2100 bis 2000. Als das Reich von Ur zusammenbrach, erlangte Assur seine Selbstständigkeit zurück.

Über das frühe 2. Jahrtausend berichten dann Keilschrifttafeln aus Kültepe in Zentralanatolien, wo sich eine Niederlassung assyrischer Kaufleute befand. Diese so genannten "kappadokischen Schrifttafeln" sind ein Glücksfall, denn sie sind in der ältesten Form des von den Assyrern gesprochenen Akkadisch abgefasst, dem "Altassyrisch".

Die assyrische Königsliste reicht zwar bis etwa 2300 v. Chr. zurück, doch gibt es eine einigermaßen gesicherte Überlieferung erst ab etwa 1900. Dass die frühen Herrscher noch "in Zelten" gelebt hätten, ist eine erstaunliche Überlieferung. Das kann nur mit dem prähistorischen westsemitisch-akkadischen Bevölkerungssubstrat zusammenhängen, das stellenweise noch nomadisch oder halbnomadisch lebte.
Menander
Mitglied
Beiträge: 28
Registriert: 30.12.2014, 02:48

ich denke, man kann annehmen, dass die akkadische herrschaft in den "randbereichen" (assyrien tritt ja erst in der akkadischen zeit in den schriftsprachliche welt ein) sicherlich nicht so straff durchorganisiert war wie in den "zentren" mesopotamiens! an befestigten orten eine akkadsiche garnison zu stationieren (und den dazugehörigen verwaltungsapparat) war eine durchaus gängige praxis der akkader in den von ihnen eroberten gebieten! es wäre also denkbar, dass sich unter der führungsschicht der (zu beginn der akkadischen herrschaft) noch nicht urbaniserten bevölkerungsgruppen (also den subaräern) die sogenannten 'zeltkönige' befanden, mit denen die assyrer viel später ihre königsliste beginnen ließen!
Dietrich
Mitglied
Beiträge: 1755
Registriert: 04.05.2012, 18:42
Wohnort: Ostfalen

Menander hat geschrieben:ies wäre also denkbar, dass sich unter der führungsschicht der (zu beginn der akkadischen herrschaft) noch nicht urbaniserten bevölkerungsgruppen (also den subaräern) die sogenannten 'zeltkönige' befanden, mit denen die assyrer viel später ihre königsliste beginnen ließen!
Die "in Zelten lebenden" frühen Könige Assurs waren sicher keine Assyrer sondern nomadische Westsemiten, vielleicht Amoriter. Die späteren Assyrer haben diese "Könige" einfach ihrer Liste hinzugefügt, was ich insofern erstaunlich finde, als die nomadischen Zeltherrscher den stolzen Assyrern anscheinend nicht peinlich waren.
Spartaner
Mitglied
Beiträge: 1649
Registriert: 25.12.2013, 23:36

Dietrich hat geschrieben: Die "in Zelten lebenden" frühen Könige Assurs waren sicher keine Assyrer sondern nomadische Westsemiten, vielleicht Amoriter. Die späteren Assyrer haben diese "Könige" einfach ihrer Liste hinzugefügt, was ich insofern erstaunlich finde, als die nomadischen Zeltherrscher den stolzen Assyrern anscheinend nicht peinlich waren.
Es macht durchaus Sinn diese 17 Könige einzufügen. Dadurch wurde der Machtanspruch des neuen Herrschers über die durchaus (was Menander schrieb ) gemischte Bevölkerung manifestiert und um die eroberten Städte dauerhaft zu einen zu einem, wie in der Geschichtsschreibung förmulierten ersten assyrischen Reiches ohne inneren Widerstand zu formieren.
Dietrich
Mitglied
Beiträge: 1755
Registriert: 04.05.2012, 18:42
Wohnort: Ostfalen

Spartaner hat geschrieben: Es macht durchaus Sinn diese 17 Könige einzufügen. Dadurch wurde der Machtanspruch des neuen Herrschers über die durchaus (was Menander schrieb ) gemischte Bevölkerung manifestiert und um die eroberten Städte dauerhaft zu einen zu einem, wie in der Geschichtsschreibung förmulierten ersten assyrischen Reiches ohne inneren Widerstand zu formieren.
Das mag sicher ein wichtiger Punkt gewesen sein. Die Ethnogenese der Assyrer vollzieht sich im Dunkeln, aber es werden sicher mehrere Ethnien daran beteiligt gewesen sein. Allein schon vom Umland kommen dafür infrage Westsemiten (vermutlich Amoriter), Hurriter und besonders die Akkader, deren Sprache sich schließlich durchsetzte. Damit unterscheidet sich die assyrische Ethnie ein wenig von der babylonischen, auch wenn beide Bevölkerungsgruppen die akkadische Sprache übernahmen.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Asien und Arabien“