Deutschland-Saga/ Woher wir kommen

Moderator: Barbarossa

Lia

"Der Germane war kein Bauer, der , wenn das Vaterland angegriffen wurde, mit Speer und Schild ausgerüstet wurde, sondern ein professioneller Krieger, der einer bestimmten Statusschicht angehörte." (Dr. A.Rau auf einem Vortrag im Landesmuseum Hannover). Und genau die Meinung vertrete ich auch.
Diese Meinung kann man auch vertreten, zumal die Sache mit dem Vaterland etwas schwierig gewesen sein dürfte.
Uneingeschränkt zu sagen, die Germanen seien ein mehr oder weniger nomadisches Viehzüchtervolk von Kriegern gewesen, engt das Spektrum unnötigerweise ein. Auch das wurde missbraucht.
Der Umgang mitder germanischen Geschichte ist nicht zuletzt durch derlei Abzieh- oder Trugbilder bis heute schwierig.
Bis hinein in den Kulturjournalismus.
Paul
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Viele Sprachwiisenschaftler gehen heute davon aus, das sich Germanisch in einem sehr großen Gebiet kontinuierlich aus dem Indogermanischen, westlichen Urindogermanisch und Prägermanisch entwickelt hat. Es gab zwar Wanderungen in diesem Gebiet, aber das Germanische breitete sich vor Chr. Geburt nicht durch eine Nord-Südausbreitung aus.
Die nordische Kultur, die Lausitzer Kultur, die Nienburg-Harpstädter Kultur, die Pscheworsk Kultur waren Prägermanische Kulturen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Prägermanisch

Handel, Wanderungen von Stämmen und Sippen, Kriegszüge mit Sklavenjagd in allen Richtungen, integrierten diesen großen Raum weiter.
Der südskandinavische Raum stellte die erste Erweiterung des Westlichen Urindogermanischen/Prägermanischen dar. Dessen Sprachsubstrat breitete sich dann im restlichen Prägermanien aus.
Die südlichen Prägermanen nahmen an der Entwicklung der Hallstadtkultur und daraus dann der Latenelultur teil.
Die Kelten sonderten sich durch andere sprachliche Einflüsse vom Prägermanischen ab z.B. durch Rätisches Sprachsubstrat und Einwanderung südlicher Indogermanen.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Spartaner
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Lia hat geschrieben:
"Der Germane war kein Bauer, der , wenn das Vaterland angegriffen wurde, mit Speer und Schild ausgerüstet wurde, sondern ein professioneller Krieger, der einer bestimmten Statusschicht angehörte." (Dr. A.Rau auf einem Vortrag im Landesmuseum Hannover). Und genau die Meinung vertrete ich auch.
Diese Meinung kann man auch vertreten, zumal die Sache mit dem Vaterland etwas schwierig gewesen sein dürfte.
Uneingeschränkt zu sagen, die Germanen seien ein mehr oder weniger nomadisches Viehzüchtervolk von Kriegern gewesen, engt das Spektrum unnötigerweise ein. Auch das wurde missbraucht.
Der Umgang mitder germanischen Geschichte ist nicht zuletzt durch derlei Abzieh- oder Trugbilder bis heute schwierig.
Bis hinein in den Kulturjournalismus.
Immerhin waren die Germanen ziemlich anpassungfähig . Nordgermanen übten weiterhin die Schifffahrt aus um Nahrung zu beschaffen . Germanen die immer mehr ins Festland vorstiessen mussten sich überwiegend nur vom Ackerbau und vom sammeln der Waldfrüchte (gelegentlich auch mal Wild) ernähren. Doch eines hatten sie wohl gemeinsam, auf Gefahr von außen reagierten sie traditionell und gerade das hat sie solange als Volksgruppe bestehen lassen auch schon in grauer uns unbekannter Vorzeit war ihr Überlebenskampf und Behauptungswille wichtig.
Dieses Zusammenhörigkeitsgefühl und der Behauptungswille ist nicht ausgestorben oder gar verloren gegangen.
Ich mache mal jetzt einen grossen Sprung in der Zeit:
Dieses Verhalten spiegelt sich dann auch in spätere fränkischer Zeit wieder. Als die Ungarn weite Landstriche des "deutschen Lande" verwüsteten und entvölkerten.
Als die Existenz des fränkischen Reiches und der deutschen Lande auf dem Spiel stand versammelte Otto I. auf dem Lechfeld seine Kämpfer und die kamen nicht nur Franken " sondern es waren auch Schwaben Lothringer, Bayern und Sachsen . Alle diese Kämpfer vereinte der gemensame Feind.
Lia

Spartaner hat geschrieben:Dieses Verhalten spiegelt sich dann auch in spätere fränkischer Zeit wieder. Als die Ungarn weite Landstriche des "deutschen Lande" verwüsteten und entvölkerten.
Als die Existenz des fränkischen Reiches und der deutschen Lande auf dem Spiel stand versammelte Otto I. auf dem Lechfeld seine Kämpfer und die kamen nicht nur Franken " sondern waren Schwaben Lothringer und Bayern . Alle diese Kämpfer vereinte der gemeinsame Feind.
Zulässiger Sprung, wobei dazu noch der christliche Glaube beigetragen haben mag, der ein weiteres Band knüpfte. Der Cherusker schrieb ja weiter oben, dass nicht zuletzt der gemeinsame Götterglaube die vorchristlichen Germanen verband. Christentum und Kirche mit ihrem Einfluss dürften da das Zuammengehörigkeitsgefühl noch verstärkt haben.
OT:
(gelegentlich auch mal Wild)
Och, das hatten schon die Ertebölles reichlich auf dem Speiseplan, :mrgreen: wieviel die nördlichen Germanenstämme ( nur geografisch, nicht sprachlich gemeint), werde ich hoffentlich über die Weihnachtstage lesen können.
Wissenschaftlich fundiert, kein Jägerlatein.
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Agrippa
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Lia hat geschrieben: Uneingeschränkt zu sagen, die Germanen seien ein mehr oder weniger nomadisches Viehzüchtervolk von Kriegern gewesen, engt das Spektrum unnötigerweise ein. Auch das wurde missbraucht.
Verfremdet wurde das Germanenbild insbesondere seit Mitte des 19.Jhs. Als sich das Bewusstsein einer deutschen Nation herausbildete, stellte sich auch die Frage nach den Urahnen der Deutschen.

Die Archäologie, damals noch eine junge Disziplin, begann die deutsche Frühgeschichte zu erforschen. Es lag im kulturellen Interesse des jungen Deutschen Reiches, die Tugenden und die Tüchtigkeit der Deutschen bereits bei seinen Vorfahren nachzuweisen.
Die „Welschen“, also Franzosen, konnten auf eine gallische, später gallo-römische Kultur zurückblicken. Ansonsten galt natürlich die römische und griechische Antike als Inbegriff für die Kultur Europas. Und zwar von der Architektur, Literatur, Philosophie bis zur bildenden Kunst.

Und die Germanen?
So sehr sich Schuchardt auch anstrengte, es waren in Germanien nur die Spuren von Pfostenlöchern zu finden. Abgesehen von ein paar flachen Wällen im Wald.

Archäologisch betrachtet war und ist die Situation in Germanien schlichtweg trostlos.


So erfand man im Deutschen Kaiserreich den „Germanischen Bauern“, der zwar keine architektonischen Hinterlassenschaften zu bieten hatte, jedoch im Wesen tüchtig und ehrlich war. „Am deutschen Wesen sollte schließlich die Welt genesen.“

Einige Jahre später konnte man als Beweis stolz den „Pflug von Walle“, ein wahrhaft erstaunlich modernes landwirtschaftliches Gerät, präsentieren.
Auch der Goldschatz von Eberswalde galt als Zeichen germanischer Kultur. Carl Schuchardt, der Vater der deutschen Archäologie, stellte sich vehement gegen diese Behauptungen und verwies darauf, dass beide Objekt aus der Bronzezeit stammten und nichts mit dem Volk der Germanen zu tun haben. Egal, dann waren es eben Proto- oder Prägermanen.

Auch die Himmelsscheibe von Nebra wird von manchen „Wissenschaftlern“ ähnlich bewertet, was ebenso falsch ist.

Die nördlichste Grenze keltischer Kultur wurde traditionell knapp nördlich der Mainlinie, etwa bei Gießen gesehen.

Neuere Forschungen revidieren dieses Bild. Ausgrabungen auf der Schnippenburg bei Osnabrück, auf der Barenburg bei Elze und auf der Amelungsburg bei Hess. Oldendorf zeigen, dass der keltische Siedlungsraum um 300 v. Chr. erheblich weiter im Norden lag.

Die Zerstörung der beiden letzteren Anlagen konnte dendrochronologisch auf die Jahre um 270 v.Chr. datiert werden. In dieser Zeit drangen von Norden her die Germanen in das keltische Gebiet ein und drängten diese nach Süden zurück.

Woher diese Germanen ursprünglich kamen, lässt sich schwer archäologisch feststellen. Auf jeden Fall ist zu bemerken, dass das Land unter den Germanen nur extensiv landwirtschaftlich genutzt wurde.

Nach heutigem Forschungsstand waren die germanischen Stämme Halbnomaden, die ihre Siedlungsgebiete von Zeit zu Zeit änderten.
Zur Verwirrung römischer Chronisten und auch heutiger Archäologen.

Die germanischen Stämme waren also ständig in Bewegung, so dass die „Blut und Boden“-These der Nationalsozialisten historisch gesehen Humbug ist.
Paul
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Nun hat sich nicht alles in vorgeschichtlicher Zeit ereignet. Wir haben bestimmte Entwickungen, zu denen wir vielfaltige Infornationen haben. Es gab z.B. kurz vor Chr. Geburt den Beginn einer Nord-Südwanderung typischer Germanen den Chatten in den Raum südlich der Adrana. Sie vermischten sich dort mit Germanen, welche zur Latene Kultur gehörten, den Ubiern. Das Ergebnis war, das die gemeinsamen Nachkommen die Latenekultur weitgehend beibehielten, also z.B. Handwerk und intensive Landwirtschaft.
Die Dünsbergstadt prosperierte erst recht, bis sie von den Römern zerstört wurde. Auch Bad Nauheim ging unter den Sueben nicht zugrunde. Ob vorhandene Latene-Stadtmauern nicht mehr erhalten wurden, müßte erst einmal geklärt werden. Viele Siedlungen wurden ohne Unterbrechung fortgeführt. Die Steine aus den Holz-Steinkonstruktionen können in den späteren mittelalterlichen Stadtmauern weiter verwendet worden sein.
viele Grüße

Paul

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Dietrich
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Agrippa hat geschrieben:
Und die Germanen?
So sehr sich Schuchardt auch anstrengte, es waren in Germanien nur die Spuren von Pfostenlöchern zu finden. Abgesehen von ein paar flachen Wällen im Wald.
Archäologisch betrachtet war und ist die Situation in Germanien schlichtweg trostlos.
Du wirst aber zugeben, dass der Raum zwischen Rhein und Oder nicht menschenleer war, öde Steppe ohne jede Menschenseele?

Über die germanischen Stämme sind wir aus zahllosen antiken Quellen informiert und sie sind gewiss kein Phantom.
Agrippa hat geschrieben:So erfand man im Deutschen Kaiserreich den „Germanischen Bauern“, der zwar keine architektonischen Hinterlassenschaften zu bieten hatte, jedoch im Wesen tüchtig und ehrlich war. „Am deutschen Wesen sollte schließlich die Welt genesen.“
Man kann es drehen und wenden wie man will: Die Vorfahren der Deutschen waren Germanen. Die historisch belegten germanischen Stämme schlossen sich seit etwa dem 5. Jh. zu Großstämmen zusammen, die uns als Franken, Baiern, Sachsen und Alemannen entgegentreten. Daraus wiederum erwuchs das deutsche Volk.
Agrippa hat geschrieben:Einige Jahre später konnte man als Beweis stolz den „Pflug von Walle“, ein wahrhaft erstaunlich modernes landwirtschaftliches Gerät, präsentieren.
Archäologische Belege germanischer Besiedlung, germanischer Geräte, Keramik, Waffen und Bestattungen gibt es massenhaft. Es ist doch hirnrissig, das zu bestreiten.
Agrippa hat geschrieben:Neuere Forschungen revidieren dieses Bild. Ausgrabungen auf der Schnippenburg bei Osnabrück, auf der Barenburg bei Elze und auf der Amelungsburg bei Hess. Oldendorf zeigen, dass der keltische Siedlungsraum um 300 v. Chr. erheblich weiter im Norden lag.
Das sind keine "neueren Forschungen" sondern ein alter Hut. Seit langem schon setzt man die nördliche Grenze der Kelten etwa auf der Höhe der deutschen Mittelgebirge an, vereinzelt auch darüber hinaus - das ist regionals verschieden. Nit der Ausbreitung germanischer Stämme rückte diese Grenze - eigentlich ein breiter Korridor - immer weiter nach Süden, bis schließlich zur römischen Kaiserzeit die Donau die Grenze bildete. Die Kelten südlich der Donau wurden rasch romanisiert.
Agrippa hat geschrieben:Woher diese Germanen ursprünglich kamen, lässt sich schwer archäologisch feststellen. Auf jeden Fall ist zu bemerken, dass das Land unter den Germanen nur extensiv landwirtschaftlich genutzt wurde.
Als Ausgangszentrum der Germanen gilt die norddeutsche Jastorkultur, die etwa um 500 v. Chr. einsetzt.
Agrippa hat geschrieben:Nach heutigem Forschungsstand waren die germanischen Stämme Halbnomaden, die ihre Siedlungsgebiete von Zeit zu Zeit änderten.
Zur Verwirrung römischer Chronisten und auch heutiger Archäologen.
Auch zu meiner Verwirrung, denn diese Behauptung ist natürlich Unsinn. Es gibt zahllose archäologische Überreste germanischer Siedlungen und Körpergräber. Es ist ein literarischer Gemeinplatz, die Barbaren und damit die Gemanen als Nomaden oder Halbnomaden darzustellen, die nur von Viehzucht und der Jagsd lebten. Das sind Vorstellungen aus dem 18. Jh.
Agrippa hat geschrieben:Die germanischen Stämme waren also ständig in Bewegung, so dass die „Blut und Boden“-These der Nationalsozialisten historisch gesehen Humbug ist.
Ntürlich verlagerten germanische Stämme zuweilen ihre Wohnsitze. So z.B. die Franken, die von rechtsrheinischen Gebieten aus ganz Nordfrankreich in Besitz nahmen. Auch die Sachsen erweiterten ihr Gebiet schrittweise aus dem Raum Holstein/Unterelbe bis zum Harz. Das macht die germanischen Stämme aber längst noch nicht zu Nomaden, wie auch die Germanen der Völkerwanderung keine "Nomaden" im klassischen Sinn waren.
Cherusker
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Dietrich hat geschrieben:
Agrippa hat geschrieben:Nach heutigem Forschungsstand waren die germanischen Stämme Halbnomaden, die ihre Siedlungsgebiete von Zeit zu Zeit änderten.
Zur Verwirrung römischer Chronisten und auch heutiger Archäologen.
Auch zu meiner Verwirrung, denn diese Behauptung ist natürlich Unsinn. Es gibt zahllose archäologische Überreste germanischer Siedlungen und Körpergräber. Es ist ein literarischer Gemeinplatz, die Barbaren und damit die Gemanen als Nomaden oder Halbnomaden darzustellen, die nur von Viehzucht und der Jagsd lebten. Das sind Vorstellungen aus dem 18. Jh.
Agrippa hat geschrieben:Die germanischen Stämme waren also ständig in Bewegung, so dass die „Blut und Boden“-These der Nationalsozialisten historisch gesehen Humbug ist.
Ntürlich verlagerten germanische Stämme zuweilen ihre Wohnsitze. So z.B. die Franken, die von rechtsrheinischen Gebieten aus ganz Nordfrankreich in Besitz nahmen. Auch die Sachsen erweiterten ihr Gebiet schrittweise aus dem Raum Holstein/Unterelbe bis zum Harz. Das macht die germanischen Stämme aber längst noch nicht zu Nomaden, wie auch die Germanen der Völkerwanderung keine "Nomaden" im klassischen Sinn waren.
Wie ich bereits geschrieben habe, sind in den Stammesgebieten die Siedlungen, meist wenige Gehöfte auch verlagert worden. D.h. ein germanisches Holz-Lehmhaus hatte eine Lebensdauer von ca. 7 Jahren, dann mußte es erneuert werden. Meist verlagerten die Germanen, in diesem Fall die Sippe, ihren Siedlungsplatz, um in der Nähe wieder neu zu bauen. Außer der Platz war so günstig, sodaß sie dort die Häuser neu bauten und dann auch über Jahrhunderte am selben Fleck wohnten. Aber was AGRIPPA schreibt ist schon richtig. Der Germane machte sich nichts aus fruchtbaren Boden. Cäsar berichtete darüber, daß Germanen bestes Ackerland nicht nutzen, weil sie es z.B. als Grenzland zwischen 2 Stämmen ansahen.
Auch ist die Viehzucht und da die Rinderzucht besonders auffällig. Die Rinder wurden in die Wälder getrieben und so entstanden dort die Hudewälder. D.h. einen Urwald, der nicht von Menschenhand verändert wurde, hat es selbst in der Germanenzeit kaum gegeben. Überall wo Germanen siedelten, wurden die Wälder intensiv genutzt, z.B. Holzabbau, Viehzucht,.....
Durch ständige Verlagerungen ihrer Wohnsitze in einigen Gebieten, ist die genaue Lokalisiserung der jeweiligen Stämme sehr schwer zu erfassen. Über die Siedlungsgebiete der jeweilgen Stämme gibt es verschiedene Vermutungen. Die Cherusker z.B., wurden früher immer im Raum Detmold (weil dort auch der Herrmann steht :mrgreen: ) angenommen. Das kann aber nach heutigen Erkenntnissen nur das äußerste Randgebiet gewesen sein. Vielmehr ist das Hauptsiedlungsgebiet im Raum Hannover und Hildesheim zu finden. Von dort bis an den Harz und im Süden in den Göttinger Raum. Aber auch in diesem Raum gibt es Siedlungskammern und Gegenden, die anscheinend unbewohnt waren.
Spartaner
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Lia hat geschrieben:
(gelegentlich auch mal Wild)
Och, das hatten schon die Ertebölles reichlich auf dem Speiseplan, :mrgreen: wieviel die nördlichen Germanenstämme ( nur geografisch, nicht sprachlich gemeint), werde ich hoffentlich über die Weihnachtstage lesen können.
Wissenschaftlich fundiert, kein Jägerlatein.
Hm, ich kam gerade aus dem Grinsen nicht mehr raus.
An die Jäger von heute, habe ich dabei diesmal nicht gedacht. Zumal es sich bei dem Thema- Jagd um ein stark vermintes Gebiet einer früheren Diskussion handelte. Und diese Gebiet wollte ich, unter keinen Umständen erneut noch einmal betreten. Umso mehr war es diesmal wirklich nur auf die Germanen bezogen und nicht auf den uns bevorstehenden Weihnachtsschmaus. :wink:
Cherusker
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So, jetzt mal etwas zur Kunst und gemeinsamen Identität der Germanen. Die germanische Kunst war von den Römern beeinflußt worden. Römische Gegenstände wurden von den Germanen gern kopiert und je weiter ein Stamm von der römischen Grenze entfernt war, desto weniger kam er ans römische Original heran, d.h. wie gewollt und nicht gekonnt.
Vom 1.-4.Jh. n. Chr. waren in den Fürstengräber gleiche Ausstattungen, die meist auch auf römische Importgüter zurückgingen. Eine Besonderheit sind aber die Tiermotive. Im Ostseeraum wurden bevorzugt Schlangen- und Vogelkopfmotive auf die römischen Gegenstände aufgebracht. Die Germanen haben auch die römische Technik übernommen, um auf Fibeln und Pferdezaumzeug Tiermotive anzubringen. Besonders ist zu erwähnen, daß kein Herrscher sich verewigt hat, sondern bevorzugt halt die Tierbilder, die eine religöse heilsbringende Bedeutung hatten. Es gab aber auch stilisierte menschliche Köpfe und Masken, die auch stilisiert in Tiere übergingen. Dieser Stil hatte eine gemeinsame Identität als Grundlage und muß von einigen bestimmten Leuten vorgegeben worden sein. Diese Tierbilder stellten eine gemeinsame germanische Weltanschauung dar. Man fand sie in England, Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland,.... Die germanische Kunst unterlag strengen Regeln und es war keine künstlerische Freiheit gegeben. Somit bestand eine einheitliche Kunst (z.B. im gesamten Ostseeraum). Da die Germanen bekannterweise keine schriftliche Historie kannten, standen die Tierbilder für bestimmte Geschichten und Botschaften. Somit ein "Lesen für Analphabeten". Mit den Runen wurden keine längeren Texte geschrieben. Jeder Germane kannte die Bedeutung der Tierbilder. Daher verbreiteten sich neue Tierbilder auch schnell und stellten eine Gemeinsamkeit und gleiche Weltanschauung her. Heutzutage ist es für die Wissenschaftler eher ein heiteres Bilderraten, weil es viele Phantasiedeutungen gibt.

Das Ende der gemeinsamen Tierbilder kam im 7.Jh. Danach vom 8.-11. Jh. entstand in Skandinavien der eigene Wikingerstil. Die Wikinger hatten auf dem Schild eine Bemalung und bestimmte Motive. Die Wissenschaftler gehen heutzutage auch davon aus, daß das bei den Germanen schon der Fall war.
Fazit: obwohl die Germanen sich nicht als eine Nation sahen und nur in einzelnen Stämmen gegliedert waren. Gab es über die Kunst eine Gemeinsamkeit in der Weltanschauung. Die Tierbilder sind religöse Botschaften, die jeder heidnische Germane kannte.
Paul
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Das Lied des Lebens u.a. wurde in Strophen gesungen. Dazu gab es Bildsymbole. Bildsymbole z.B. auf Steinkistengräbern waren seit der Jungsteinzeit verbreitet.
viele Grüße

Paul

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Cherusker hat geschrieben: Durch ständige Verlagerungen ihrer Wohnsitze in einigen Gebieten, ist die genaue Lokalisiserung der jeweiligen Stämme sehr schwer zu erfassen. Über die Siedlungsgebiete der jeweilgen Stämme gibt es verschiedene Vermutungen. Die Cherusker z.B., wurden früher immer im Raum Detmold (weil dort auch der Herrmann steht :mrgreen: ) angenommen. Das kann aber nach heutigen Erkenntnissen nur das äußerste Randgebiet gewesen sein. Vielmehr ist das Hauptsiedlungsgebiet im Raum Hannover und Hildesheim zu finden. Von dort bis an den Harz und im Süden in den Göttinger Raum. Aber auch in diesem Raum gibt es Siedlungskammern und Gegenden, die anscheinend unbewohnt waren.
Naja , ist aber keine grosse Gebietsveränderung nachdem sie in Detmold als Hauptwohnsitz vermutet wurden . Ich hatte schon befürchtet die letzten lebenden Cherusker heute an der Oder zu vermuten, nach deiner Wanderungsthese. :mrgreen:
Richtig ist, dass zur Völkerwanderungszeit einige Stämme in Bewegung gerieten und das wird ja auch nicht angezweifelt (siehe z.B. Kimbern und Teutonen) . Richtig ist z.B. auch, dass das Ursprungsgebiet der Sachsen, wie es Ptolemäus postuliert, angezweifelt wird und auf einer falschen Namensinterpretation beruht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sachsen_%28Volk%29
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Agrippa
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Dietrich hat geschrieben: Du wirst aber zugeben, dass der Raum zwischen Rhein und Oder nicht menschenleer war, öde Steppe ohne jede Menschenseele?

Über die germanischen Stämme sind wir aus zahllosen antiken Quellen informiert und sie sind gewiss kein Phantom .
Da hast Du mich falsch verstanden.
Selbstverständlich war das Land zwischen Rhein und Oder besiedelt. Allerdings sind die baulichen archäologischen Reste äußerst spärlich. Städtische Anlagen oder größere Festungen wie bei den Kelten hat die germanische Welt der frühen Kaiserzeit nicht hinterlassen.
Zum Beispiel beruhte die gallische Mauer auf einer für die damalige Zeit sehr komplexen Bautechnik. Etwas Vergleichbares haben die Germanen nicht geschaffen.
Agrippa hat geschrieben:So erfand man im Deutschen Kaiserreich den „Germanischen Bauern“, der zwar keine architektonischen Hinterlassenschaften zu bieten hatte, jedoch im Wesen tüchtig und ehrlich war. „Am deutschen Wesen sollte schließlich die Welt genesen.“
Dietrich hat geschrieben:Man kann es drehen und wenden wie man will: Die Vorfahren der Deutschen waren Germanen. Die historisch belegten germanischen Stämme schlossen sich seit etwa dem 5. Jh. zu Großstämmen zusammen, die uns als Franken, Baiern, Sachsen und Alemannen entgegentreten. Daraus wiederum erwuchs das deutsche Volk. .
Ich habe auch nicht geschrieben, dass man die „Germanen“ erfunden hat, sondern die Germanen als ein "Volk von Bauern".

Natürlich kannten die Germanen die Landwirtschaft, sie war jedoch extensiv und stand hinter der Viehwirtschaft zurück. Bei den ständigen größeren und kleineren Auseinandersetzungen konnte man das Vieh in die Wälder treiben, Äcker wurden dagegen verwüstet. Da die Getreidewirtschaft jedoch keine große Rolle spielte, konnte man die Germanen nicht besiegen, indem man ihre Ernte vernichtete.
Außerdem war es aus diesem Grund einem größeren römischen Heer unmöglich, sich auf einem Feldzug im Inneren Germaniens „aus dem Land“ zu ernähren. Die Germanen mussten nicht einmal die Taktik der „Verbrannten Erde“ anwenden, weil es nicht viel zu verbrennen gab.
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Agrippa
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Dietrich hat geschrieben:[Archäologische Belege germanischer Besiedlung, germanischer Geräte, Keramik, Waffen und Bestattungen gibt es massenhaft. Es ist doch hirnrissig, das zu bestreiten. .
Das habe ich doch nicht bestritten.
Die Funddichte an Metallgegenständen ist jedoch vergleichsweise gering. Und wenn, dann handelt es sich nicht um Pflüge oder Eggen, sondern um einfachen Schmuck oder Waffen.
Mit der germanischen Keramik war es auch nicht weit her. Einige germanische Stämme kannten in der frühen Kaiserzeit noch nicht einmal die Töpferscheibe. Germanische Gefäße waren in der Regel nicht aus Metall. Römische Metalleimer standen deshalb als Importware hoch im Kurs.

Dietrich hat geschrieben:Mit der Ausbreitung germanischer Stämme rückte diese Grenze - eigentlich ein breiter Korridor - immer weiter nach Süden, bis schließlich zur römischen Kaiserzeit die Donau die Grenze bildete. Die Kelten südlich der Donau wurden rasch romanisiert.
Richtig.

Agrippa hat geschrieben:Nach heutigem Forschungsstand waren die germanischen Stämme Halbnomaden, die ihre Siedlungsgebiete von Zeit zu Zeit änderten.
Zur Verwirrung römischer Chronisten und auch heutiger Archäologen.
Dietrich hat geschrieben:Auch zu meiner Verwirrung, denn diese Behauptung ist natürlich Unsinn. (...) Es ist ein literarischer Gemeinplatz, die Barbaren und damit die Gemanen als Nomaden oder Halbnomaden darzustellen, die nur von Viehzucht und der Jagsd lebten. Das sind Vorstellungen aus dem 18. Jh.

Dazu ein Zitat:

"Im Süden dehnte sich beiderseits des Stroms (Rhein) die Latène-Kultur aus, die von Spanien über Frankreich und den Süden Deutschlands bis nach Böhmen reichte. Ihre Charakteristika sind befestigte Siedlungen - oppida -, eine bereits eingeführte Geldwirtschaft und in Ansätzen schon Schriftgebrauch. (...) Im Norden hingegen, vor allem im niederländisch-norddeutschen Flachland, gab es dann eine weniger von Ackerbau als von Viehwirtschaft geprägte, halbnomadisch erscheinende Gesellschaft mit gering entwickelter materieller Kultur."

Reinhard Wolters, Die Schlacht im Teutoburger Wald, München 2008, S.32

Agrippa hat geschrieben:Die germanischen Stämme waren also ständig in Bewegung, so dass die „Blut und Boden“-These der Nationalsozialisten historisch gesehen Humbug ist.
Dietrich hat geschrieben:Natürlich verlagerten germanische Stämme zuweilen ihre Wohnsitze. (...) Das macht die germanischen Stämme aber längst noch nicht zu Nomaden, wie auch die Germanen der Völkerwanderung keine "Nomaden" im klassischen Sinn waren.
Ich habe die Germanen auch nicht als Nomaden bezeichnet, sonst hätten sie in Zelten gelebt.
Sie verlagerten zuweilen ihre Wohnsitze, richtig. Nicht alle und nicht nach einem vorbestimmten Turnus, allerdings hin und wieder. Es gab zuweilen bevorzugte Siedlungskammern, die sich allerdings auch verschieben konnten.

Den Drang nach Süden bzw. Westen haben nicht Kelten, sondern die Römer, zumindest für etwa 300 Jahre, aufgehalten.
Die verlassenen Gebiet mussten anschließend nicht menschenleer sein. Der nächste Stamm rückte nach oder Teile des alten Stammes blieben zurück.
In der etwas flapsigen Terra X-Sendung im ZDF wurden sie als „Couch-Potatoes“ bezeichnet.
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Agrippa
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Spartaner hat geschrieben: Richtig ist, dass zur Völkerwanderungszeit einige Stämme in Bewegung gerieten und das wird ja auch nicht angezweifelt (siehe z.B. Kimbern und Teutonen)
Gerade die Kimbern, Teutonen und Ambronen sind ein Zeugnis dafür, dass schon lange vor der Völkerwanderungszeit Bewegung bei den germanischen Stämmen war.
Warum die Kimbern und Teutonen tatsächlich aufbrachen, ist nicht geklärt; eventuell war eine Sturmflut der Auslöser des Aufbruchs, aber das ist Spekulation.
Der Kimbern-und-Teutonen-Zug führte über 18 Jahre hinweg kreuz und quer durch Europa. Dabei durchstreiften sie mehrmals äußerst fruchtbare Gegenden. Häufig wird es so dargestellt, als wären sie von anderen germanischen und keltischen Stämmen und letztlich den Römern „herumgeschubst“ worden.
Das ist wenig wahrscheinlich, denn ihre militärische Stärke muss enorm gewesen sein.
Bei Noreia brachten sie den Römern eine erste Niederlage bei, in der offenen Feldschlacht (!) bei Arausio in Südgallien vernichteten sie sogar zwei konsularische Heere. Es wäre für sie einfach gewesen, sich anschließend in der fruchtbaren Gallia Narbonennsis niederzulassen, wenn sie diese Absicht gehabt hätten. Die Römer waren nach der Katastrophe von Arausio froh, dass sie nicht in Italien eindrangen.
Stattdessen zogen die Kimbern und Teutonen kreuz und quer weiter und plünderten die Lande.

Auch die Sueben sind ein Beispiel für germanische Wanderungsbewegungen. Ursprünglich stammten diese Stämme aus dem Ostseeraum und dem Bereich der Oder. 71 v.Chr. drangen Sueben unter Ariovist in Gallien ein.

Auch Goten, Vandalen, Burgunder und andere Stämme kamen ursprünglich aus dem Ostsee- und Oderraum und verlagerten sich nach Süden, lange bevor der erste Hunne in Europa eintraf. Auch dieses wurde in der flapsigen Terra X-Sendung richtigerweise angesprochen.

Natürlich hatte das Eindringen der Hunnen Auswirkungen auf die germanischen Stämme, insbesondere die Goten. Allerdings wäre es falsch zu glauben, durch den Druck der Hunnen sahen sich Vandalen, Sueben und Alanen dazu genötigt, plündernd in Gallien einzufallen. Und auch die Eroberung Spaniens und Nordafrikas durch die Vandalen kann nicht mehr durch die Hunnen erklärt werden.

Auch nach dem Verschwinden der Hunnen blieben germanische Stämme mobil. Die Langobarden, in der frühen Kaiserzeit noch an der unteren Elbe ansässig, verlagerten ab dem 2. Jh. sehr häufig ihre Wohnsitze, bis sie schlussendlich im 6. Jh. in Italien eindrangen, um dort ein Königreich zu gründen.

Franken, Alamannen, Angeln und Sachsen waren auch nicht verliebt in ihren Grund und Boden sondern zogen aus, wenn es etwas zu holen gab.

Sie ersetzten in den kultivierten Gebieten des ehemaligen Römischen Reiches die Oberschicht und ließen es sich gutgehen.

Fazit:
Germanen zogen dorthin, wo es etwas zu holen gab und der Widerstand zu brechen war.
Eine Neigung zur Sesshaftigkeit und landwirtschaftlichen Kultivierung eines Landes war die Ausnahme.
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