Das Schicksal der Ampsivarier

Moderator: Barbarossa

Cherusker
Mitglied
Beiträge: 2068
Registriert: 02.04.2014, 21:51
Wohnort: Weserbergland im ehemaligen Gebiet der Cherusker

Meist wird von den großen bekannten germanischen Stämmen, wie z.B. Chatten, Cheruskern, Chauken, Friesen, Brukterer usw. berichtet. Aber Tacitus hat in seinen Annalen XI-XVI auch das Schicksal eines kleinen romfreundlichen Stammes, genannt die Ampsivarier, aufgezeichnet.
59 n.Chr. waren die Römer eher damit beschäftigt Bauarbeiten (z.B. Kanalbau, Regulierung des Rheindamms) durchzuführen. Bei den Germanen entstand der Eindruck, daß die Legionen keine Feldzüge mehr durchführen. So kamen die Friesen auf die Idee die Rheinufer zu besetzen, die von den Römern gelegentlich als Weideland für Groß- und Kleinvieh genutzt wurden. Das führte aber zum Ärger mit Avitus, der die Provinz übernommen hatte, und die Rückkehr der Friesen in ihre Gebiete forderte. Daraufhin reisten die beiden friesischen Anführer nach Rom, um mit Nero über diese Angelegenheit zu verhandeln. Nero beschenkte beide mit dem römischen Bürgerrecht und forderte aber auch die Räumung des Gebietes. Das verweigerten die Friesen und so mußte die Reiterei der römischen Bundesgenossen in einem plötzlichen Angriff das Gebiet zurückerobern. Die verbliebenden Friesen wurden versklavt bzw. getötet.
Jetzt stand das Gebiet, was einst den Chamavern, dann Tubanten und darauf den Usipeter gehört hat wieder leer. Jetzt kommen die Ampsivarier ins Spiel. Ihr Anführer Boiocalus war ein romfreundlicher Germane und blickte auf 50Jahre Gehorsam gegenüber den Römern zurück. Boiocalus wurde damals beim Arminius Aufstand von den Germanen in Fesseln gelegt und diente dann in den Heeren des Tiberius und Germanicus. Somit glaubte er sich im Recht, wenn er jetzt mit seinem Stamm dieses Gebiet für sich in Anspruch nimmt, da seine Leute hungern und von den Chauken vertrieben wurden. Das wiederum konnte Avitus nicht akzeptieren. Er versprach, in einer Unterredung mit Boiocalus, den Amspivariern anderes Land. Das wiederum erzürnte Boiocalus und so trennten sie sich im Streite. Boiocalus verbündete sich mit den Tenkterer und Brukterer. Daraufhin forderte Avitus weitere Verstärkung vom obergermanischen römischen Heer an, die über den Rhein schreiten sollten und den Feinden in den Rücken fallen sollten. Er selbst marschierte in das Gebiet der Tenkterer und drohte mit deren Vernichtung, wenn sie weiter zu Boiocalus halten. Die Tenkterer gaben nach und ebenso die Brukterer. Daraufhin zog sich Boiocalus mit den Amspivarier zu den Usipetern und Tubanten zurück. Diese wiederum verjagten die Amspivarier aus ihren Gebiet, sodaß sie zu den Chatten kamen. Aber auch dort mußten sie weiterziehen und so kamen sie am Ende ihrer Irrfahrt (bei der sie teils auf Freunde, teils auf Feinde stießen), zu den Cheruskern. Die waffenfähigen Amspivarier wurden getötet und die nicht waffenfähigen Stammesangehörigen gingen in die Sklaverei. Somit endete die Geschichte der Amspivarier. Zum Schluß erhofften sie sich Beistand bei den Cheruskern, die teils auch romfreundliche Stammesangehörige in ihren Reihen hatten. Z.B. Segestes oder der Sohn von Flavus Italicus. Aber zu dem Zeitpunkt kam wohl die Erinnerung an die Zeiten von Varus bis Germanicus wieder hoch.
Benutzeravatar
dieter
Mitglied
Beiträge: 10152
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Ja lieber Cherusker,
wenn man nur ein kleiner Stamm ist oder ein kleines Land, dann hat man es auch heute schwer. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Paul
Mitglied
Beiträge: 2739
Registriert: 29.04.2012, 18:44
Wohnort: Mittelhessen an der Loganaha

Bei Wikipedia steht, das die Reste der Ampsivarier in den Franken aufgingen. Eigentlich hätten es ja die Sachsen sein müssen. Das war eigentlich der normale Gang der Dinge, das die Kleinstämme sich zu großen Stämmen zusammenschlossen.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Cherusker
Mitglied
Beiträge: 2068
Registriert: 02.04.2014, 21:51
Wohnort: Weserbergland im ehemaligen Gebiet der Cherusker

Paul hat geschrieben:Bei Wikipedia steht, das die Reste der Ampsivarier in den Franken aufgingen. Eigentlich hätten es ja die Sachsen sein müssen.
Da hat sich Wikipedia einmal geirrt. :wink: Was dort steht stimmt auch nicht immer mit der Wahrheit überein, da die Texte bei Wikipedia von vielen Leuten zusammengestellt werden.
Ich vertraue hier eher dem Römer Tacitus, der über diesen Stamm berichtet und seine Vernichtung in der Zeit nach 59 n.Chr. sieht. Auch werden sie nicht mehr in seiner GERMANIA erwähnt und da zählt er viele germanische Stämme auf, von denen wir sonst nichts erfahren hätten.
Spartaner
Mitglied
Beiträge: 1649
Registriert: 25.12.2013, 23:36

Cherusker hat geschrieben:
Paul hat geschrieben:Bei Wikipedia steht, das die Reste der Ampsivarier in den Franken aufgingen. Eigentlich hätten es ja die Sachsen sein müssen.
Da hat sich Wikipedia einmal geirrt. :wink: Was dort steht stimmt auch nicht immer mit der Wahrheit überein, da die Texte bei Wikipedia von vielen Leuten zusammengestellt werden.
Ich vertraue hier eher dem Römer Tacitus, der über diesen Stamm berichtet und seine Vernichtung in der Zeit nach 59 n.Chr. sieht. Auch werden sie nicht mehr in seiner GERMANIA erwähnt und da zählt er viele germanische Stämme auf, von denen wir sonst nichts erfahren hätten.
Lieber Cherusker,
dass sich wikipedia irrt haben wir ja schon so oft festgestellt. :wink:
Paul
Mitglied
Beiträge: 2739
Registriert: 29.04.2012, 18:44
Wohnort: Mittelhessen an der Loganaha

[/quote]Da hat sich Wikipedia einmal geirrt. :wink: Was dort steht stimmt auch nicht immer mit der Wahrheit überein, da die Texte bei Wikipedia von vielen Leuten zusammengestellt werden.
Ich vertraue hier eher dem Römer Tacitus, der über diesen Stamm berichtet und seine Vernichtung in der Zeit nach 59 n.Chr. sieht. Auch werden sie nicht mehr in seiner GERMANIA erwähnt und da zählt er viele germanische Stämme auf, von denen wir sonst nichts erfahren hätten.[/quote]

Natürlich ist es ein großer Unterschied, ob ein Stamm wirklich "untergeht" o. in einem anderen Stamm aufgeht.
Die Römer haben auch öfter davon geschrieben, das Stämme vernichtet wurden, was aber nicht stimmte. So wurden z.B. die Tenkterer auch nicht vernichtet, obwohl die Römer dies schrieben. Sogar die Eburonen wurden nicht vollständig ausgerottet o. versklavt, obwohl sie wirklich unglaublich viele Opfer hatten.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Cherusker
Mitglied
Beiträge: 2068
Registriert: 02.04.2014, 21:51
Wohnort: Weserbergland im ehemaligen Gebiet der Cherusker

Meist waren es Stämme, die ein Siedlungsgebiet hatten und dann "vernichtet" wurden. Aber die Ampsivarier waren auf einer Wanderschaft, weil sie von den Chauken aus ihrem Siedlungsgebiet vertrieben wurden. Und durch nicht immer freundliche Kontakte auf ihrer Reise hatte sich die Anzahl der Krieger wohl schon recht dezimiert. Und wenn sie dann bei den Chatten und Cheruskern eingetroffen sind und dort auch nicht aufgenommen wurden sind und noch alte "Rechnungen" bestanden. Dann glaube ich kaum, daß sie noch die Kraft hatten ein eigenes Siedlungsgebiet zu besetzen. Vielmehr sind sie dann besiegt und assimiliert worden.

Die Römer haben auch in späteren Jahrhunderten, die Namen, z.B. der Cherusker, bei einem Raubzug gen Gallien genannt. Aber da glaube ich besteht auch die Möglichkeit, daß der siegreiche Feldherr, der die Germanen über den Rhein zurückgetrieben hat, sich mit dem Ruhm über einen Sieg der gefürchteten Germanenstämme bereichern wollte und daher den Namen nannte. Aber es kann auch sein, daß wirklich cheruskische Krieger sich daran beteiligt hatten, wenn es den Stamm da noch gegeben hat?

P.S.
Bei Wikipedia steht auch drin, daß die Ampsivarier sich beim Arminiusaufstand beteiligt haben. Das widerspricht der Überlieferung von Tacitus.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Die Germanen“