Varus Schlacht

Moderator: Barbarossa

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Agrippa
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Hallo Hektor,

vielen Dank für dieses Thema!
Hektor hat geschrieben: Arminius verübte mit seiner übergelaufenen Auxiliareinheit brandschatzende Überfälle auf Wachtposten mit Turm am Wegesrand.
Zunächst einmal: Zu Zeiten des Augustus stellten die Germanen noch keine auxiliarii (Hilfstruppen) sondern socii (Bundesgenossen). Vgl. Dieter Timpe: "Arminiusstudien".
Anlass des Feldzugs des Varus war ein Aufstand "entfernt wohnender Völker" (Cassisu Dio LVI, 19,3) Es steht übrigens nirgends, dass Varus von einem Sommerlager aufbrach, um zum Rhein zurück zu kehren.
Hektor hat geschrieben: Bereits nach dem ersten Schlachttag, wurde in der Nacht beschlossen, den Tross aufzugeben und die Zivilisten zurück zu lassen. (...) In loser Formation liefen Sie in Ihr letztes Gefecht. Kalkriese
Hier ergibt sich, durch das letzte Wort "Kalkriese" ein Widerspruch. Denn bei Kalkriese wurden zahlreiche Funde gemacht, die eindeutig einem römischen Tross zuzuordnen sind. Da aber Varus seinen Tross bekanntlich am ersten Abend verbrennen ließ, kann Kalkriese nicht die Endphase der Schlacht darstellen. Außerdem sind die Funde östlich von Kalkriese so spärlich, dass aus ihnen nicht auf größere Kampfhandlungen geschlossen werden kann.
Bei Kalkriese handelt es sich um einen Fundkomplex, der sich auf etwa 400 m entlang des Walles am Oberesch konzentriert.

Es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass sich bei Kalkriese die Schlacht an den pontes longi 15 n.Chr. zugetragen hat. Dort wurde ein römisches Heer von den Germanen angegriffen und der Tross erbeutet.

Sendungen im Fernsehen nehmen sich häufig dramaturgische Freiheiten, die mit den tatsächlichen Forschungsergebnissen nicht unbedingt decken müssen. Im Übrigen ist auffällig, dass neuere Produktionen (z.B. BR radiowissen: Augustus-Friedenskaiser und Gewaltherrscher, 2014) vorsichtiger geworden sind und in Bezug auf die Varusschlacht den Fundort Kalkriese nicht mehr erwähnen.
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Hektor
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Agrippa hat geschrieben: Hier ergibt sich, durch das letzte Wort "Kalkriese" ein Widerspruch. Denn bei Kalkriese wurden zahlreiche Funde gemacht, die eindeutig einem römischen Tross zuzuordnen sind.
Hi, das ist natürlich ein schlagkräftiges Argument gegen diese Version. Jetzt fällt mir das auch wieder ein, das Trossfunde gemacht wurden. Endlich geht ein gestandener User hier auf meine Eröffnung ein. Muss mir erst ein mal alles durch lesen was Ihr geschrieben habt. Habe bis jetzt nur überflogen und schon einiges interessantes an Info gefunden.

lG
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Selbst die einstigen Kalkriese-Befürworter relativieren jetzt schon ihre Ansichten. :shock: So sieht MOOSBAUER dort auch ein Ereignis aus dem Zeitraum 8-10 n.Chr., d.h. er sieht die "Varianischen Kriege" (siehe Gedenkstein) und weißt daraufhin, daß es in den überlieferten Schriften keine "Varusschlacht" gab.
Und im Oktober erschien in unserer Regionalzeitung ein Bericht über Kalkriese, in dem die Varusschlacht nicht mehr als 100%ig für diesen Ort festgelegt wurde. Es wird dann eher von "könnte" geschrieben. :mrgreen:
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Agrippa
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Na ja, ich habe es auch gehört, aber da hat sich die bajuwarische Kampfkugel missverstndlich ausgedrückt. In der Literatur wird die clades variana, also die eigentliche Varusschlacht, eindeutig erwähnt. Archäologisch, also epigraphisch, haben wir nur den Caelius-Stein, auf dem der bellum varianum, also der Varianische Krieg genannt wird.

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Hektor
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Hallo Experten, ist es denn überhaupt eine Schlacht gewesen ? Wohl eher nicht, sondern mehrere Gefechte über eine Woche lang, führten zu dem total Verlust, ansonsten könnten keine drei römische Legionen im Wald vernichtet werden. Nicht von den Bäumen springenden nackten Germanen mit Speeren bewaffnet aus dem Hinterhalt. Das halte ich für nicht möglich!
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Hektor hat geschrieben:Hallo Experten, ist es denn überhaupt eine Schlacht gewesen ? Wohl eher nicht, sondern mehrere Gefechte über eine Woche lang, führten zu dem total Verlust, ansonsten könnten keine drei römische Legionen im Wald vernichtet werden. Nicht von den Bäumen springenden nackten Germanen mit Speeren bewaffnet aus dem Hinterhalt. Das halte ich für nicht möglich!
Man kann von mehren Gefechten oder Schlachten ausgegehen. Aber sicherlich gab es eine Haupt- oder Entscheidungsschlacht.
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Hektor
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Wahrscheinlich auf einer Lichtung wo die letzten Formationen sich auflösten und Varus sich das Schwert gab.
Wie ich schon lesen durfte im Verlauf hier, war seine naive Verbundenheit zu Arminus wohl der Hauptgrund für den Untergang, da es genug Warnungen gab. Könnt ihr das bestätigen ?
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Agrippa
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Hektor hat geschrieben:Wahrscheinlich auf einer Lichtung wo die letzten Formationen sich auflösten und Varus sich das Schwert gab.
Wie ich schon lesen durfte im Verlauf hier, war seine naive Verbundenheit zu Arminus wohl der Hauptgrund für den Untergang, da es genug Warnungen gab. Könnt ihr das bestätigen ?
Die Schlacht zog sich wohl über drei oder vier Tage hin. Über die Entfernung, die dabei zurück gelegt wurde, kann man nur spekulieren.
Berichtet wird ausßerdem von einem ersten, großen Lager, in welchem der eigene Tross verbrannt wurde. Des weiteren wird noch ein letztes Lager erwähnt, in dem die letzten Reste der Legionen offensichtlich ihren Untergang fanden.
Von einem germanischen Wall, der angeblich in Kalkriese gefunden wurde und der nach der Meinung der dortigen Forscher für den Ausgang der Schlacht entscheidend war, ist in keiner Quelle die Rede.

Ausschlaggebend für die Niederlage des Varus war in der Tat, dass er der List des Arminius erlag. Allerdings darf man sich den Einfluss eines germanischen Unterführers auf die Entscheidungen eines römischen Feldherrn nicht zu groß vorstellen. Nach Beginn der ersten Kampfhandlungen werden Varus und sein Stab die Sache selbst in die Hand genommen haben.

Dass Arminius ihnen über mehrere Schlachttage hinweg den Weg wies, um am Ende das römische Heer in eine zuvor angelegte Falle zu locken, ist eine naive Vorstellung.
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Hektor hat geschrieben:Wahrscheinlich auf einer Lichtung wo die letzten Formationen sich auflösten und Varus sich das Schwert gab.
Wie ich schon lesen durfte im Verlauf hier, war seine naive Verbundenheit zu Arminus wohl der Hauptgrund für den Untergang, da es genug Warnungen gab. Könnt ihr das bestätigen ?
Die Römer mußten eine Enschuldigung dafür bringen, warum ein erfahrener Feldherr und seine Legionen plötzlich von Barbaren vernichtet wurden. :wink: So hat man Arminius die Hauptschuld gegeben. Sicher hat er sich vom Freund zum Feind entpuppt. Aber wie "Agrippa" hier schon schrieb, sind 3 Legionen nicht auf die Kenntnisse eines Barbaren angewiesen, weil sie auch schon 20 Jahre im Lande waren und einige Teile besetzt hielten.
Die Überraschung war vielmehr, daß es ein Germane geschafft hat, so ein großes Bündnis von verschiedenen germanischen Stämmen aufzubauen. Die Römer dachten da eher an die Kelten, die untereinander ebenso spinnefeind waren und die man geschickt gegeneinander ausspielen konnte. Aber das Marser, Cherusker, Brukterer und Chatten gemeinsam gegen Rom kämpften, das konnte man sich aufgrund der Erfahrung von Tiberius nicht vorstellen. Es gab aber auch Stämme, die Rom weiterhin die Treue hielten, so hier z.B. die Ampsivarier.

Ferner ist festzuhalten, daß Varus nicht nur über 3 Legionen verfügte, sondern über 5. Die restlichen 2 Legionen waren unter der Leitung von Nonius Asprenas. D.h. Arminius mußte den Angriff auf das Varus-Heer so wählen, daß eine Unterstützung seitens Asprenas nicht möglich war. In der Schlacht hat er auch dafür gesorgt, daß die römische Reiterei nicht an den Rhein fliehen konnten, um so Hilfe zu holen.
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Hektor
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Ich denke ähnlich, taktisch gesehen waren drei Legionen nur zu vernichten, wenn sich die Formationen nach tagelangen Gefechten mit schweren Verlusten auflösen und zum Finale umstellt sind, ob das Kalkriese war bezweifle ich. Also weiter suchen bitte ;-)
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Hektor
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War gerade auf der Webseite vom Park Kalkriese. Eine neue Knochengrube ist gefunden worden und da stellt sich mir die Frage wie viel Gruben müssten es sein um die Reste von drei Legionen zu bestatten ? Zweite Frage wie stark waren die übergelaufenen Cherusker wohl, evtl könnten diese Einheiten, beritten den Untergang erklären. Ich halte leicht bewaffnete Germanen ohne Formation, trotz Hit und Run nicht in der Lage dazu 3 Legionen auszulöschen ohne Überlebende. Wie auch immer das Wetter, der Weg oder die Umstände gewesen sein könnten.
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Hektor hat geschrieben:....Ich halte leicht bewaffnete Germanen ohne Formation, trotz Hit und Run nicht in der Lage dazu 3 Legionen auszulöschen ohne Überlebende. Wie auch immer das Wetter, der Weg oder die Umstände gewesen sein könnten.
Da täusch Dich mal nicht. :wink: Schon Lollus ging mit seiner Legion gegen die Sugambrer unter.
Man darf nicht vergessen, daß die Historie nur einseitig von den Römern aufgezeichnet wurde. D.h. es gibt keine germanischen Hinterlassenschaften (außer in der Diskussion, ob Siegfried = Arminius war :mrgreen: ).
Was können wir aus den römischen Quellen entnehmen:
Bei Pontes Longi greifen nur Cherusker die 4 Legionen des Caecina an und vernichten diesen fast. Nur die Beutegier der Germanen verschont sein Leben.
Die Marser, die angeblich in den "Nächten der Tamfana" vernichtet wurden, greifen mehrmals Caecina an und Germanicus muß sich mit ihnen auseinandersetzen.
Bei Idistaviso und beim Angrivarierwall mußte Germanicus 8 Legionen aufbieten, um gegen die vereinte Germanenstreitkraft anzutreten.
Tiberius wollte mit 12 Legionen die Markomannen angreifen....warum soviele Legionäre aufbieten, wenn der Gegner doch angeblich so schwach ist? :wink:
....

Aus diesen Berichten erkennt man, daß die Germanen ein ernstzunehmender Gegner waren. Und die Cherusker konnten allein schon mit mehr als 3 Legionen fertig werden. Und bei der Varusschlacht hatten sie noch die Verbündeten. Es kamen nach römischer Schilderung immer mehr germanische Krieger zur Varusschlacht.
Und das letzte Gefecht hat auf einer freien Fläche stattgefunden und nicht im Wald. D.h. angeblich waren da die Römer unbesiegbar. :mrgreen:

P.S.
Und es gab Überlebende aus der Varusschlacht. Selbst 40 Jahre nach der Schlacht haben die Römer noch Gefangene aus der Varusschlacht zurückerhalten. Ein Teil der Überlebenden konnten sich in ein Kastell zurückziehen. Und Germanicus hatte bei seiner Schlachtfeldbesichtigung auch Überlebende dabei, die ihm die Schlacht erklärten.
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Hektor
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Cherusker, das ist ja erschreckend, dann muss es doch an der massiven Angriffswut plus der Körpergröße von den germanischen Krieger gelegen haben um diese vielen Legionen auflösen zu können. Der Alptraum seit den Kimbern und auch die Tsunamiwelle zum Untergang des weströmischen Reichs :wink:
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Paul
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Die Germanen werden nicht alle leicht bewaffnet gewesen sein. Außer den Hilfstruppen können auch die Chatten mit schwerer bewaffneten Rittern teilgenommen haben. Natürlich gab es auch in anderen Stämmen Leute, die sich mehr Ausrüstung leisten konnten.
viele Grüße

Paul

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Hektor
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Paul hat geschrieben:Außer den Hilfstruppen können auch die Chatten mit schwerer bewaffneten Rittern teilgenommen haben. Natürlich gab es auch in anderen Stämmen Leute, die sich mehr Ausrüstung leisten konnten.
Rittern ? mehr Ausrüstung, was stellst Du Dir darunter vor ?
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