Germanische Mythologie

Moderator: Barbarossa

Paul
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Eine wichtige Quelle über die germanische Religion sind die Weihesteine, welche zu tausenden z.B. besonders häufig im Raum Köln-Bonn, aber auch östlich des Rheins im Gebiet der Ubier und Sugambrer gefunden wurden. Die späteren Beschriftungen waren teilweise in lateinischer Schrift, oft aber auch mit Runensymbolen.
Die Runen hatten eine doppelte Bedeutung, einmal als Buchstaben und dann auch als Symbole für komplexere Bedeutungen. Auf Gräbern, Heiligtümern, Weihesteinen...wurden sie meist mit ihrer komplexen Bedeutung verwendet.
Die Ubier gehörten zur Ingaevonischen Konfession des Germanischen Glaubens.
Ihr Glaubensbekenntnis wurde z.B. als Lied weitergegeben.
Sie verehrten viele lokale Schutzgöttinen, deren Namen in Zusammenhang mit ihren Siedlungen und Gewässern im ursprünglichen rechtsrheinischen Siedlungsgebiet standen.
Lebenszyklen, der Weltenbaum, Totenfahrten und eine art Abendmahl spielten in ihrer Religion eine Rolle.
Die Tradition, bei/nach Beerdigungen Gebäck zu essen, scheint eine sehr alte Tradition zu sein. Das Gebäck stellte bei den Ubiern Gott dar, welcher verzehrt wurde(vorchristlich).

http://www.archaeologie-krefeld.de/B...gtumgesamt.pdf

Der Weltenbaum, Totenfahrten und rituelle Speisungen scheinen in vielen Religionen eine Rolle gespielt zu haben und haben sich dann wohl auch gegenseitig beeinflußt.
die Fussion mehrerer "prägermanischer Kulturen" könnte bei der Entstehung der germanischen Konfessionen eine Rolle gespielt haben.
Die Söhne des Mannus werden ja auch regional zugeordnet. Diese regionale Zuordnung konnte man später aber nicht mehr so eindeutig vorfinden. Es gab ja aber auch viele Binnenwanderungen.
Die Jasdorf-Kultur als einzige Prägermanische Kultur anzusehen ist sicherlich falsch.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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Peppone
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Paul hat geschrieben: Die Söhne des Mannus werden ja auch regional zugeordnet. Diese regionale Zuordnung konnte man später aber nicht mehr so eindeutig vorfinden. Es gab ja aber auch viele Binnenwanderungen.
Nur haben Tacitus, Plinius und Pomponius Mela, von dem Tacitus und Plinius abgeschrieben haben dürften, die Gegend des heutigen Hessen den Hermionen zugeschrieben. Wobei unklar ist, ob die Hermionen überhaupt eine eigene Kultgruppe innerhalb der Germanen waren. Denkbar ist nämlich auch, dass sie so eine Art "Überstamm", ähnlich den Sueben, waren und Pomponius da bloß etwas falsch verstanden hat.
Ing als germanische Gottheit, zuständig für so ziemlich alles rund ums "Lebenspenden", dürfte eine allgemeingermanische Gottheit gewesen sein...vermutlich identisch mit Freyr, dem Fruchtbarkeitsgott, den wir noch von späteren Germanen kennen.

Peppo
Paul
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Während die Germanen früher ihren Göttern vor allem in der Natur opferten, fingen sie unter römischen Einfluß an, ihre Götter in Stein bildlich darzustellen.
Ubische Steinaltäre fanden sich nicht nur im linksrheinischen Gebiet, sondern auch in Frankfurt-Bornheim.

http://www.academia.edu/1107173/Gotter_ ... 010_97-106

Leider wurden die ubischen Städte auf der rechten Rheinseite meist zerstört o. modern überbaut. Bisher konnten dort keine ubischen Altäre o. Opferstellen aufgefunden werden, bis auf den jüngeren Altar in Bornheim. Solche heiligen Orte wurden wahrscheinlich meist mit Kirchen überbaut. Der Wetzlarer und Limburger Dom könnten auf solchen Orten gebaut worden sein. Der Wetzlarer Dom stellt wahrscheinlich schon die 3. Kirchenbaugeneration dar - Ubische Vorläufer nicht gezählt.
In Wetzlar-Nauborn wurden die Fundamente einer alten Kirche aufgefunden.
Die Ubier bestatteten ihre Toten in der Bronzezeit und wahrscheinlich auch in der Eisenzeit nicht in Hühnengräbern, als Sippengräber, sondern in Hügeln, ähnlich den Kurganen.
viele Grüße

Paul

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Paul
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Die ubischen Schutzgöttinnen werden im Rheinland bis heute verehrt. Es gibt hierfür zahlreiche Wallfahrtsorte. Die Verehrungsschreine haben sich seit dem Altertum auch kaum verändert.
Der einzige Unterschied ist, das sie heute als Schutzheilige bezeichnet werden und auch einen anderen Namen bekommen haben. Sie werden auch ohne Haube, also als unverheiratete Frauen, also Jungfrauen dargestellt, während früher meist eine der drei Frauen unverheiratet dargestellt wurde. Wir wissen also, das der Begriff "unter die Haube bringen" aus der Eisenzeit stammt o. noch älter ist.

http://www.heimatfreunde-roisdorf.de/blutpfad.html
viele Grüße

Paul

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Babylon5
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Paul hat geschrieben: Der einzige Unterschied ist, das sie heute als Schutzheilige bezeichnet werden und auch einen anderen Namen bekommen haben. Sie werden auch ohne Haube, also als unverheiratete Frauen, also Jungfrauen dargestellt, während früher meist eine der drei Frauen unverheiratet dargestellt wurde.


Ich finde die Darstellung vor allem wegen der Dreiergruppe interessant. Denn das ist wiederum aus dem keltischen Glauben bekannt. Dort wurde eine Gottheit häufig in drei unterschiedlichen Erscheinungsformen gesehen. Einer weiblichen Göttin wurden unterschiedliche Eigenschaften zugeschrieben, je nachdem sie in der Gestalt der Jungfrau, der Mutter oder der Weisen(alten) Frau auftrat. Bei den hauptgöttern ist man allerdings sicher, daß es sich tatsächlich nur um unterscheidliche Erscheinungsformen ein und derselben Gottheit handelt...

Paul hat geschrieben: Wir wissen also, das der Begriff "unter die Haube bringen" aus der Eisenzeit stammt o. noch älter ist.
Mit so einer Aussage wäre ich vorsichtiger. Mag sein, daß der Brauch, verheirateten Frauen das Haar zu bedecken, bereits sei der Eisenzeit oder noch länger bekannt ist, und daß er während der Wirren der Völkerwanderungszeit auch nicht untergegangen ist, aber ob es diese Begrifflichkeit schon damals gab, wissen wir nicht. Es kann genauso gut sein, daß das gewissermaßen "jugendsprech" aus dem Mittelalter ist, das dann irgendwann als Begrifflichkeit in die Hochsprache einging...
Paul
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Die Bedeutung von Freyr wurde bisher wohl unterschätzt. Er wurde wohl sehr unterschiedlich dargestellt z.B. manchmal mit Geweih, Schwanz und Hufen, wie der Fruchtbarkeitsgott auch bei vielen anderen Völkern dargestellt wurde. So soll auch die Darstellung des Tanzenden Männleins auf den Ubischen Münzen den Fruchtbarkeitsgott darstellen. Er soll der Sohn des Vatergottes gewesen sein und beim Gottesdienst wurde er in Form des dabei gebackenen Brotes verzehrt. Ihm wurden auch Tier- und Menschenopfer gebracht.
viele Grüße

Paul

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Cherusker
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Die Germanen hatten auch ihre eigene Kunst, die vom 1.-4.Jh. n.Chr. von den Römern beeinflußt wurde. Aber hauptsächlich wurden Tierbilder dargestellt, aber auch Fabelwesen und Tiermenschen. Im Ostseeraum waren Schlangen- und Vogelkopfmotive sehr beliebt.
Es gab bei der Darstellung der Tierbilder einen eignen Stil, der die gemeinsame Identität der teilweise verfeindeten germanischen Stämme (im heutigen Norwegen, Dänemark, Schweden, England und Deutschland) wiederspiegelt. Die germanische Kunst im gesamten Ostseeraum unterlag strengen Regeln und es war keine künstlerische Freiheit gegeben. Auch wurde die Kunst von Spezialisten hergestellt, z.B. Flechtband mit integrierten Tiermotiven. Ende des 7.Jh. verschwanden die gemeinsamen Tierbilder und ab dem 8.-11.Jh. entwickelte sich in Skandinavien der eigene "Wikingerstil".
Über die germanischen Tierbilder, die sich schnell verbreiteten, hatten die Germanen eine Gemeinsamkeit und die gleiche Weltanschauung. Die Geschichten, die hinter diesen Tiermotiven standen, konnten somit auch von Analphabeten gedeutet werden. Somit hatte die germanische Kunst der Tiermotive bei den Germanen eine große Bedeutung. Mit Runen, die um die Zeitenwende entwickelt wurden, wurden keine längere Texte geschrieben. Dort stand das Runenzeichen auch für ganze Wörter und Bedeutungen.
Auch haben die Wikinger ihre Schilde (die nicht erhalten sind) bemalt und mit bestimmten Motiven ausgestattet. Ebenso haben die Germanen wohl bestimmte Farben verwendet, um ihre Zugehörigkeit zu einem Stamm darzustellen.
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Peppone
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Cherusker hat geschrieben: Auch haben die Wikinger ihre Schilde (die nicht erhalten sind) bemalt und mit bestimmten Motiven ausgestattet. Ebenso haben die Germanen wohl bestimmte Farben verwendet, um ihre Zugehörigkeit zu einem Stamm darzustellen.
Wobei zu beachten ist, dass die Gleichsetzung Germanen = Wikinger nur ansatzweise stimmt. Und dass auch die Wikinger eine Zeitlang existierten und dabei auch Entwicklungen durchliefen...

Beppe
Paul
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Interessant ist, das viele religiöse Motive weltweit verbreitet sind, wie der Weltenbaum, welcher bei der Semiten und auch Chinesen vorkam. Die Verehrung der Sonne u.a. Naturgewalten und die Ahnenverehrung beinflußt Religionen auch Weltweit.
viele Grüße

Paul

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Peppone
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Sind ja auch eingängige Bilder...
Dietrich
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Paul hat geschrieben:Interessant ist, das viele religiöse Motive weltweit verbreitet sind, wie der Weltenbaum, welcher bei der Semiten und auch Chinesen vorkam. Die Verehrung der Sonne u.a. Naturgewalten und die Ahnenverehrung beinflußt Religionen auch Weltweit.
Die Vorstellung eines "Weltenbaums" ist allerdings keine germanische Erfindung, sondern ist weltweit Bestandteil vieler Mythologien. Es handelt sich beim "Baum des Lebens" um ein in der Religionsgeschichte verbreitetes Symbol und Mythenmotiv.
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Dietrich hat geschrieben:
Die Vorstellung eines "Weltenbaums" ist allerdings keine germanische Erfindung, sondern ist weltweit Bestandteil vieler Mythologien. Es handelt sich beim "Baum des Lebens" um ein in der Religionsgeschichte verbreitetes Symbol und Mythenmotiv.
Beispielsweise dafür gibt es auch bei den Jesiden einen Lebensbaum der einen ähnlich mythologische Bedeutung wie der Weltenbaum hat, oder der silberne Baum der Mongolen in Karakorum könnte ebenfalls in den Bereich einer älterten Mythologie fallen.
james
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Die Vorstellung eines "Weltenbaums" ist allerdings keine germanische Erfindung, sondern ist weltweit Bestandteil vieler Mythologien.

Wenn man als Germanisch nur das definiert, was da war als Römer auf Germanen trafen, kann man das so sehen. Aber wenn man als Germanisch das definiert, was in Germanien war, lange vor den Germanen, Kelten und Römern, dann ist das auch irgendwie germanisch.

Es gibt eine Theorie nach dem der Weltenbaum die Mittelsäule eines Zeltes darstellt. Das älteste Fundstück das dieser Funktion entspricht ist 11.000 Jahre alt und wurde im Ural gefunden, die nächsten Funde stammen aus Deutschland, Niederlande, Belgien, Polen, Böhmen, Dänemark und Schweden also eindeutig der germanische Sprachraum. Vereinzelt in Frankreich, England und Iberien aber deutlich aus der Kelten- bzw. Römerzeit.
Das ist also in etwa so alt wie der Tempel am Nabelberg, vielleicht sogar älter. Terberger sieht darin eine völlig andere Form der Monumentalität. Diskutabel wäre ob der Weltenbaum tatsächlich die Mittelsäule eines Zeltes darstellt.

Die letzten Weltensäulen die dem entsprechen standen übrigens bei den Saami. Die haben auch die selben Tipis wie die amerikanischen Ureinwohner.
Neuste Theorien legen nahe das Saami einst Teil der indogermanischen Sprachwelt waren und ugrisch erst sehr viel später übernommen haben. Das klingt geradezu unglaublich wird aber durch einige sehr harte Fakten untermauert.
Auch die Saamische Bezeichnung scheint mit dem germanischen Begriff Kote verwandt zu sein. Ein ugrisches Lehnwort was die Wikipedia postuliert, ist jedenfalls meilenweit davon entfernt.

Der Maibaum oder der Weihnachtsbaum könnte ein Relikt davon sein.
Also so ganz ungermanisch würd ich den Weltenbaum nicht bezeichnen, denn zweifellos war er eher in Deutschland (z.b. Gönnersdorf) - als in Mesopotamien, Indien, Sibirien oder Anatolien.
Natürlich hat der Weltenbaum eine weltweite Verbreitung, das trifft aber auch auf den "Kindergarten" zu.
Den gibts glaube ich in 60% aller Sprachen. Auch der Weihnachtsbaum hat es mittlerweile in die Karibik geschafft.
Man schaut viel zu oft in die Ferne ohne zu bemerken was für eine lange Geschichte eigentlich zu unseren Füssen liegt.
Und wenn man germanische Mythologie sucht, sollte man nicht mit dem Ende anfangen.
Dietrich
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james hat geschrieben: Neuste Theorien legen nahe das Saami einst Teil der indogermanischen Sprachwelt waren und ugrisch erst sehr viel später übernommen haben. Das klingt geradezu unglaublich wird aber durch einige sehr harte Fakten untermauert.
Solche Fakten sind mir nicht bekannt.

Fakt ist allerdings dass Finno-Ugrier, zu denen auch die Samen zählen, und Proto-Indoeuropäer benachbart waren. In diesem Zusammenhang gibt es Entlehnungen des Samischen aus dem Indoeuropäischen wie z.B. dolgi "Feder", sohka "Familie", veaili "Kupfer". Später wurden auch Entlehnungen aus regionalen indoeuropäischen Sprachzweigen und Einzelsprachen ins Samische übernommen wie z.B. saevva "Elch" aus dem Baltischen , gáma "Schuh" aus dem Germanischen, àiru "Ruder" aus dem Altnordischen. Auch aus den verwandten ostseefinnischen Sprachen sind Lehnwörter übernommen worden.

Dass allerdings Samisch oder überhaupt die ugrische Sprachfamilie einst Teil der indoeuropäischen Sprachfamilie gewesen sein soll, ist kompletter Unsinn.
james hat geschrieben:Also so ganz ungermanisch würd ich den Weltenbaum nicht bezeichnen, denn zweifellos war er eher in Deutschland (z.b. Gönnersdorf) - als in Mesopotamien, Indien, Sibirien oder Anatolien.
Niemand hat behauptet, die Vorstellung eines "Weltenbaums" sei "ungermanisch". Tatsache ist lediglich, dass er zur Mythologie zahlreicher Kulturen weltweit gehört.

Im übrigen sind die mesopotamischen Kulturen um ein vielfaches älter als die germanischen. Die Archäologen identifizieren die früheste germanische Kultur mit der Jastorf-Kultur, die um 600 v. Chr. in Norddeutschland fassbar wird. Zu diesem Zeitpunkt waren Babylonien oder die Kultur der Sumerer bereits mehr als 2000 Jahre alt.
Paul
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Die Ubier brachten ihren Schutzgöttinen die flüssigen Opfergaben mit Bempeln dar. Das ergaben Ausgrabungen in Gelduba.

http://www.archaeologie-krefeld.de/leis ... elduba.htm 
viele Grüße

Paul

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