Sind die Griechen Slawen?

Sparta, Mykene, Stadtstaaten, Seevölker

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Diese Frage ist bis heute ungelöst und Gegenstand zahlloser Kontroversen.

Die Slawen spielten im Byzantinischen Reich schon früh eine Rolle, die in etwa vergleichbar mit jener der Germanen im Westen war. Durch die Übernahme des Christentums wurden sie als gleichwertige Partner anerkannt und kulturell integriert. Einerseits empfingen Germanen und Slawen entscheidende Impulse für eine eigene kulturelle Entwicklung, andererseits verjüngten sie alternde Staatsgebilde und suchten selber die Führung darin zu übernehmen.

Ein Teil der Slawen, nämlich die Süd- und Ostslawen, übernahmen mit der Orthodoxie die byzantinische Herrscheridee und Kultur. Damit wurden sie in viel stärkerem Maße die Erben des "zweiten Roms", als es die Germanen im Westen als Erben des "ersten Roms" wurden.

Wieweit das slawische Element innerhalb des eigentlichen byzantinischen Staates zum Tragen kam, ist schwer zu beantworten, denn zu den großen Problemen der byzantinischen Geschichte gehört auch die Frage nach der Nationalität. Beherrschung der griechischen Sprache, Anerkennung des Kaisertums und Bekenntnis zur Orthodoxie waren Kennzeichen für einen echten Byzantiner (also Griechen), der durchaus armenischer, syrischer oder aber slawischer Herkunft sein konnte. Erst heutiger Nationalismus hat hier den Blick auf alte historische Tatsachen verstellt!

Nach der Auflösung Westroms, den Wirren der Völkerwanderung, mehreren Vorstößen der Hunnen und Awaren sowie weiteren Kriegen und Krisen waren große Gebiete des heutigen Griechenlands entvölkert. In diesen Raum wanderten seit dem 6./7. Jh. allmählich Slawen ein, deren Vordringen auch byzantinische Feldherren und Kaiser nicht aufhalten konnten. So drangen z.B. 577/78 nach antiken Berichten 100 000 (?) Slawen in Hellas ein und verwüsteten das Land. Nach einem Zeugnis des syrischen Kirchenhistorikers Johannes von Ephesos ließen sie sich nieder, erwarben reichen Besitz und lerntrn Krieg zu führen. 581 wurde Konstantinopel erneut belagert und auch in den folgenden Jahren hatte Griechenland unter ständigen Raubzügen zu leiden.

Ich beschreibe das so ausführlich, um einen Eindruck davon zu geben, wie dezimiert die griechische Bevölkerung war, was erklärt, warum Slawen in großer Zahl das Land besetzen und dort siedeln konnten. In der folgenden Zeit breiteten sich Slawen über ganz Griechenland und die Peloponnes aus. Mitte des 8. Jh. entvölkerte zudem eine Pestepidemie weite Landstriche, die nunmehr ebenfalls neu besiedelt wurden. Damit wuchs der slawische Einfluss weiter gegenüber dem geschwächten griechischen Bevölkerungsanteil, der vor allem in den Städten lebte, während die Slawen vorwiegend das Land besetzten. Was das Zahlenverhältnis beider Bevölkerungsteile angeht, so sind die Hypothesen umstritten. Vielfach wird heute angenommen, dass es ungefähr 50 : 50 betrug, was den starken slawischen Bevölkerungsanteil zeigt.

Diese Situation veranlasste im 19. Jh. den Historiker Jakob Philipp Fallmerayer zu seiner heftig umstrittenen These, bei den modernen Griechen handele es sich um "hellenisierte Slawen". Diese These wiesen jedoch Byzantinisten und Slawisten als unhaltbar zurück.

Im Laufe des 9.-11. Jh. wurden die Slawen von der überlegenen griechischen Kultur jedoch hellenisiert. Wie ich oben beschrieben habe, führten die Annahme des orthodoxen Christentums sowie die kulturelle Assimilation zur restlosen Integration im Raum des heutigen Griechenland, sodass es nahezu unmöglich ist, Zahlen für den ursprünglichen slawischen Bevölkerungsteil innerhalb der originären griechischen Bevölkerung anzugeben. Ohne dafür einen Beweis zu haben, könnte ich mir jedoch denken, dass das Verhältnis bei 50 : 50 liegen könnte. Klneine slawische Bevölkerungsgruppen finden sich allerdings noch bis ins späte Mittelalter in Attika und auf der Peloponnes.

Heutzutage wird niemand die Griechen als "hellenisierte Slawen" bezeichnen. Doch wie überall gilt, dass meist zahlreiche Völker und Stämme zu dem beigetragen haben, was wir heute als "ein Volk" wahrnehmen. Lediglich sprachlich oder kulturell hat sich meist ein bestimmtes Element durchgesetzt.
Spartaner
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Die heutigen Griechen sind sicherlich nicht Slawen ,aber auch nicht überwiegend mit denen der hellenistischen Griechen der Antike zu vergleichen und im letzten Punkt muss man dem Historiker Jakob Philipp Fallmerayer Recht geben.
Außerdem hat auch die 400- jährige Besetzung durch die Türken in Griechenland Spuren hinterlassen, auch hier sind zahlreiche Menschen und Volksgruppen aus dem osmanischen reich eingewandet bzw. Türken haben sich mit Griechen vermischt.
Auch die slawische Einwanderung hat Spuren hinterlassen , etwaig noch vorhanden in Ortsnamen, aber der Einwanderung wird zu viel Bedeutung zu gemessen , als sie wirklich hatte. Das slawische Elerment ist bei den heutigen Griechen im Gegensatz zu den Bulgaren kaum noch zu erkennen, weder in der Sprache noch im Aussehen. Letzteres ist aber keine wissenschaftliche Feststellung von mir, sondern eine subjektive.
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dieter
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Lieber Spartaner,
wieso ist das Aussehen eines griechischen Slawen anders als Eises Bio-Griechen :?: Ich war in Hellas am Golf von Korinth und in Athen und konnte keine Unterschiede feststellen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Aneri

Was liest du, Dieter, eigentlich?
Spartaner hat geschrieben:
Das slawische Elerment ist bei den heutigen Griechen im Gegensatz zu den Bulgaren kaum noch zu erkennen, weder in der Sprache noch im Aussehen.
Hervorhebung von mir
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dieter
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Aneri hat geschrieben:Was liest du, Dieter, eigentlich?
Spartaner hat geschrieben:
Das slawische Elerment ist bei den heutigen Griechen im Gegensatz zu den Bulgaren kaum noch zu erkennen, weder in der Sprache noch im Aussehen.
Hervorhebung von mir
Liebe Aneri,
vielen Dank für die Hervorhebung, aber trotzdem würde mich schon interessieren, wie sich im Aussehen Griechen von den Slawen unterscheiden :?: und ob Bulgaren überhaupt Slawen sind :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Harald
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Kann man einen Bio-Griechen essen ohne Schaden zu nehmen?
Größeren Einfluß auf die modernen Griechen als die Slawen hatten die Albaner, speziell in Mittelgriechenland. Die nach dem 1. Weltkrieg hauptsächlich nach Nordgriechenland umgesiedelten kleinasiatischen Griechen dagegen waren ziemlich "reinrassige" Hellenen.

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Dietrich
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Spartaner hat geschrieben:Die heutigen Griechen sind sicherlich nicht Slawen ,aber auch nicht überwiegend mit denen der hellenistischen Griechen der Antike zu vergleichen und im letzten Punkt muss man dem Historiker Jakob Philipp Fallmerayer Recht geben.
Auch schon in antiker Zeit sahen Griechen nicht so aus, wie sich das Philhellenen wie der berühmte Johann Joachim Winckelmann vorstellten. Der um 1750 lebende Begründer der deutschsprachigen Archäologie hatte mit seiner feurigen, Geist, Körper und Sinnlichkeit verbindenden Idealisierung griechischer Plastik die Sehnsüchte seiner Zeitgenossen getroffen. Sein in ganz Europa begeistert aufgenommenes Griechenlandideal wurde als Ausdruck für Natürlichkeit und Ungezwungenheit verstanden, die es nur in einem Land der Freiheit geben könne. Umso enttäuschter waren begeisterte Philhellenen wie Lord Byron, als die Griechen nicht mit dem Schönheitsideal entsprachen, das sie erwartet hatten - und das antike Statuen ihnen vorgaukelten.

Schon die antiken Griechen waren bunt gemischt, denn sie hatten sich in der Vorzeit als Eroberer über eine altmediterrane autochthone Bevölkerung gelegt. Nach der klassischen Epoche durchzogen Slawen, Albaner, Kelten, Goten, Venezianer, Türken u.a. das Land, sodass sich Griechen heutzutage sicher kaum von der restlichen Bevölkerung des Balkans unterscheiden. Dennoch gelang es ihnen, alle fremden ethnischen Elemente zu assimilieren und ihre eigene Sprache und Kultur durchzusetzen. Die beiden anderen gro0en Völkergruppen des Balkans, Illyrer und Thraker, waren dazu nicht in der Lage und wurden slawisiert. Das hängt sicher auch mit der kulturellen griechischen Dominanz zusammen, die Illyrer und Thraker - obgleich romanisiert - sicher nicht in dem Maße hatten.
Spartaner hat geschrieben:Auch die slawische Einwanderung hat Spuren hinterlassen , etwaig noch vorhanden in Ortsnamen, aber der Einwanderung wird zu viel Bedeutung zu gemessen , als sie wirklich hatte. Das slawische Elerment ist bei den heutigen Griechen im Gegensatz zu den Bulgaren kaum noch zu erkennen, weder in der Sprache noch im Aussehen. Letzteres ist aber keine wissenschaftliche Feststellung von mir, sondern eine subjektive.
Wenn das vielfach vermutete zahlenmäßige Verhältnis von 50 : 50 zwischen Griechen und slawischen Einwanderern in etwa stimmt, haben die Slawen sicher Spuren in Griechenland hinterlassen. Das spiegelt sich möglicherweise in der Kultur und einigen kulturellen Bräuchen wieder, obwohl ich da nichts konkretes sagen kann. Ferner gab es in Griechenland eine ganze Reihe slawischer Ortsnamen, die aber im 20. Jh. gräzisiert wurden. Ob überhaupt oder inwieweit sich Griechen von Südslawen im Aussehen unterscheiden, vermag ich nicht zu sagen. Angesichts der gewaltigen Völkermühle auf dem Balkan werden etwaige Unterschiede sicher minimal sein.
Dietrich
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Harald hat geschrieben:Kann man einen Bio-Griechen essen ohne Schaden zu nehmen?
Versuch ihn mal und berichte uns, wie er dir geschmeckt hat. :mrgreen:
Harald hat geschrieben:Größeren Einfluß auf die modernen Griechen als die Slawen hatten die Albaner, speziell in Mittelgriechenland. Die nach dem 1. Weltkrieg hauptsächlich nach Nordgriechenland umgesiedelten kleinasiatischen Griechen dagegen waren ziemlich "reinrassige" Hellenen.
Schön, dass du das erwähnst. Albanische Siedler - die Arvaniten - breiteten sich ab dem späten Mittelalter in Griechenland aus und zwar vor allem im Epirus, Thessalien, der Peloponnes und einigen ägäischen Inseln. Die Arvaniten sprechen teilweise noch heute die albanische Sprache mit toskischem Dialekt, während der gröte Teil zum Griechischen übergewechselt ist. Interessanterweise fühlen sich die Arvaniten als integraler Bestandteil der griechischen Nation, weil sie am Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken zu Beginn des 19. Jh. teilgenommen haben.
Aneri

dieter hat geschrieben:Liebe Aneri,
vielen Dank für die Hervorhebung, aber trotzdem würde mich schon interessieren, wie sich im Aussehen Griechen von den Slawen unterscheiden :?
Es gibt Unterschiede, wenn wir in Gesamtheit - allgemein - sprechen. Das Problem ist, dass Einzelner dieser Beschreibung erheblich abweichen kann. So dass wir aus dieser Verallgemeinerung niemals ein Rückschluss auf eine Person machen können. Dennoch, wann wir statistische Gruppen vergleichen, kann es zu einem relevanten Faktor für die Unterschiedlichkeit dieser Gruppen werden.

So bezeugen wir ähnlich den Männern bessere räumliche Orientierung, "Tunnelblick" also Konzentrierung auf einer Sache und die Frauen - soziale Kompetenz und Talent für Multimanagement. Es gilt für eine statistische Masse von Männern und Frauen. Was aber es in dem konkretem Fall bedeutet? Ich kann wetten, ich würde dich in diesen "männlichen" Attributen schlagen (Entschuldigung, aber meine Sicherheit beruht auf langjähriger Erfahrung).

Daher würde ich dir keine bestimmte Merkmale zeigen, weil man kann immer noch auf seine Nachbar zeigen und sagen: er passt hier nicht. Vielleich müsstest du ähnliche Reise wie du in Griechenland gemacht hast, in überwiegend von Slawen bewohnten Staaten machen. Dann bildest du sich selber, ohne fremde Hilfe, ein Eindruck.
... und ob Bulgaren überhaupt Slawen sind :?:
Das Thema in anderem Thread diskutiert wird
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dieter
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Harald hat geschrieben:Kann man einen Bio-Griechen essen ohne Schaden zu nehmen?

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Lieber Harald,
das kommt auf die Knochen an, die sollte man nicht versuchen mitzuessen. :wink: :mrgreen: (Vorsicht,Ironie)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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dieter
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Aneri hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Liebe Aneri,
vielen Dank für die Hervorhebung, aber trotzdem würde mich schon interessieren, wie sich im Aussehen Griechen von den Slawen unterscheiden :?
Es gibt Unterschiede, wenn wir in Gesamtheit - allgemein - sprechen. Das Problem ist, dass Einzelner dieser Beschreibung erheblich abweichen kann. So dass wir aus dieser Verallgemeinerung niemals ein Rückschluss auf eine Person machen können. Dennoch, wann wir statistische Gruppen vergleichen, kann es zu einem relevanten Faktor für die Unterschiedlichkeit dieser Gruppen werden.

So bezeugen wir ähnlich den Männern bessere räumliche Orientierung, "Tunnelblick" also Konzentrierung auf einer Sache und die Frauen - soziale Kompetenz und Talent für Multimanagement. Es gilt für eine statistische Masse von Männern und Frauen. Was aber es in dem konkretem Fall bedeutet? Ich kann wetten, ich würde dich in diesen "männlichen" Attributen schlagen (Entschuldigung, aber meine Sicherheit beruht auf langjähriger Erfahrung).

Daher würde ich dir keine bestimmte Merkmale zeigen, weil man kann immer noch auf seine Nachbar zeigen und sagen: er passt hier nicht. Vielleich müsstest du ähnliche Reise wie du in Griechenland gemacht hast, in überwiegend von Slawen bewohnten Staaten machen. Dann bildest du sich selber, ohne fremde Hilfe, ein Eindruck.
... und ob Bulgaren überhaupt Slawen sind :?:
Liebe Aneri,
sehr schön für Deine langjährige Erfahrung bezüglich der Griechen oder Slawen, nützt mir aber nichts, wenn Du die Unterschiede nicht beschreiben kannst oder willst. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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