Veränderung deutscher Befindlichkeiten

Grundgesetz, Gesetzesfragen, Wahlen, bundespolitische Ereignisse, Polizei

Moderator: Barbarossa

Renegat
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In letzter Zeit klingt hier, in anderen Foren, der Presse etc. ein Thema an, dass mich schon länger beschäftigt, obwohl es schwer zu greifen ist. Es geht nicht so sehr um Fakten und Zahlen sondern mehr um Stimmungen und Befindlichkeiten.

Zuletzt wurde es in http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 702#p21702 gestreift, ist dort eher offtopic, evtl. könnte einiges verschoben werden, wenn sich dieses Thema gut entwickelt.

Mir kommt es so vor, als hätte ein etwas egoistischer Patriotismus in D seit der Wiedervereinigung zugenommen.
Ob das so stimmt oder ob der latent schon vor 1989 vorhanden war, würde ich gern diskutieren.
Interessant fände ich bei diesem Thema bes. die Einschätzung von Menschen aus dem Westteil oder von außen.

Zu dieser Gruppe gehöre ich, daher gebe ich meinen subjektiven Eindruck wieder. Der Westen Deutschlands war vor der Wiedervereinigung gut in die EU eingebunden und mit seinen Nachbarn und Zuwanderern einigermaßen im reinen. Wenn ich an 1989 zurückdenke, haben sich alle über die Grenzöffnung gefreut, die politische Wiedervereinigung wurde aber derartig schnell "durchgeboxt", dass die normale Bevölkerung gar nicht zum Nachdenken kam, was das konkret bedeutet. Gefragt per Volksentscheid oder Wahl wurde im Westen ebensowenig.
Von den Medien forciert, kam es zu einer allgemeinen Euphorie, Bedenken wurden beiseitegeschoben. Auf einmal sollten uns die ehemaligen DDR-Bürger viel näher stehen als unsere alten Nachbarn. Empfunden habe ich das anders, mir waren die östlichen Gepflogenheiten fremd. Ging euch das ähnlich?
Und wie hat diese verordnete Zusammenführung unsere nationalen Befindlichkeiten verändert?
Ich denke manchmal, dass wir im Westen uns verpflichtet fühlten, den plötzlich aufgetauchten, östlichen Mitbürgern besonders freundlich entgegenzukommen. Das hat unsere Kapazität an Warmherzigkeit derart überbeansprucht, dass für die alten Nachbarn nicht viel übrigblieb. Das merkt man in den letzten Jahren z.B. an den diversen EU-Krisen. Gleichzeitig hat der östliche Landesteil nicht das gleiche gewachsene EU-Verständnis, keine leichte Kombination.
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Barbarossa
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Ein sehr gutes Thema Renegat. :wink:
Zu Beginn erst mal einige moderative Anmerkungen dazu:

1.) Ein ganz ähnliches Thema gibt es zwar bereits, aber in einem nicht öffentlich einsehbaren Bereich (also nicht für Gäst des Forums einsehbar) und da möchte ich es auch belassen, weil dort einige - nicht so objektiv (bzw. sogar z. T. deutsch-feindlich) klingende Beiträge bestimmter Mitglieder enthalten sind. Doch der Vollständigkeit halber für uns Mitglieder der Link zum mal reinschauen: Gespräche über deutsche Befindlichkeiten

2.) Eine Frage an dich als Themenersteller Renegat:
Du hast es bereits angesprochen - es gibt thematische Überschneidungen im Pfad >>"Alternative für Deutschland" (AfD) wird gegründet<< mit diesem nun neu eröffneten Pfad.

:arrow: Genügt dir nun der Link zu diesem Thema, oder soll ich die Beiträge drüben duplizieren und hier ebenfalls als Beiträge einfügen?
:arrow: Ich frage deswegen, weil in diesem Fall zwar die Beiträge drüben erhalten blieben jedoch hier in diesem Pfad wäre dein Eröffnungsbetrag nicht mehr der chronologisch erste und würde damit automatisch hinter die duplizierten Beiträge rutschen.

:arrow: Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn ich in einem eigenen, ganz neuen Beitrag einige bereits gefallene, objektiv klingende Äußerungen aus beiden angesprochenen Pfaden hier als Zitate einfüge.

Was ist dir am liebsten?
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Renegat
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Barbarossa hat geschrieben:Ein sehr gutes Thema Renegat. :wink:
Zu Beginn erst mal einige moderative Anmerkungen dazu:

1.) Ein ganz ähnliches Thema gibt es zwar bereits, aber in einem nicht öffentlich einsehbaren Bereich (also nicht für Gäst des Forums einsehbar) und da möchte ich es auch belassen, weil dort einige - nicht so objektiv (bzw. sogar z. T. deutsch-feindlich) klingende Beiträge bestimmter Mitglieder enthalten sind. Doch der Vollständigkeit halber für uns Mitglieder der Link zum mal reinschauen: Gespräche über deutsche Befindlichkeiten
Ahja, danke, das scheint ein zusammengeschobener Thread zu sein mit Offtopicbeiträgen aus ganz anderen Themen, die ich z.T. gelesen hatte. Daher auch mein Eindruck, dass dieses Thema unterschwellig in diesem Forum öfter angesprochen wird.


Barbarossa hat geschrieben:2.) Eine Frage an dich als Themenersteller Renegat:
Du hast es bereits angesprochen - es gibt thematische Überschneidungen im Pfad >>"Alternative für Deutschland" (AfD) wird gegründet<< mit diesem nun neu eröffneten Pfad.

:arrow: Genügt dir nun der Link zu diesem Thema, oder soll ich die Beiträge drüben duplizieren und hier ebenfalls als Beiträge einfügen?
:arrow: Ich frage deswegen, weil in diesem Fall zwar die Beiträge drüben erhalten blieben jedoch hier in diesem Pfad wäre dein Eröffnungsbetrag nicht mehr der chronologisch erste und würde damit automatisch hinter die duplizierten Beiträge rutschen.

:arrow: Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn ich in einem eigenen, ganz neuen Beitrag einige bereits gefallene, objektiv klingende Äußerungen aus beiden angesprochenen Pfaden hier als Zitate einfüge.

Was ist dir am liebsten?
Die letzte Variante gefällt mir am besten und da die Mitglieder hier noch immer schreiben, würde ich es lieber ihnen überlassen, welche ihrer alten Beiträge sie hier wiederholen oder ob sie ihre Sichtweise anders formulieren wollen.
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: (...)
:arrow: Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn ich in einem eigenen, ganz neuen Beitrag einige bereits gefallene, objektiv klingende Äußerungen aus beiden angesprochenen Pfaden hier als Zitate einfüge.

Was ist dir am liebsten?
Die letzte Variante gefällt mir am besten und da die Mitglieder hier noch immer schreiben, würde ich es lieber ihnen überlassen, welche ihrer alten Beiträge sie hier wiederholen oder ob sie ihre Sichtweise anders formulieren wollen.
Ah ja - ok, wenn sich die Mitglieder am besten selbst zitieren, dann erspart mir das natürlich auch viel Arbeit.
:wink:

Und dann würde ich sagen, ich fange gleich mal an und antworte dir auf deinen Eingangsbeitrag:
Renegat hat geschrieben:Der Westen Deutschlands war vor der Wiedervereinigung gut in die EU eingebunden und mit seinen Nachbarn und Zuwanderern einigermaßen im reinen. Wenn ich an 1989 zurückdenke, haben sich alle über die Grenzöffnung gefreut, die politische Wiedervereinigung wurde aber derartig schnell "durchgeboxt", dass die normale Bevölkerung gar nicht zum Nachdenken kam, was das konkret bedeutet. Gefragt per Volksentscheid oder Wahl wurde im Westen ebensowenig.
Das kann sein, nur "Zeit zum Nachdenken" gab es seit der Teilung eigentlich genug und stets war man sich im Westen nach meiner Einschätzung einig, daß man diese Teilung letztlich politisch überwinden wollte (habe das in den West-Medien sehr genau verfolgt). So hieß es ja auch in der Präambel des Grungesetztes bis zur Vollendung der Einheit - als letzter Satz:
(...)
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
hier: Quelle

Damit hätte jedem klar sein müssen, wohin die Reise geht, sowie die Einheit Deutschlands politisch möglich werden würde.

Die übrigen Fragen sind ja an die Mitglieder aus den westlichen Bundesländern gerichtet, so daß ich darauf nicht antworte.
Vielleicht noch ein Statement (als Zitat aus einem der verlinkten Pfade) meinerseits, wie wir Arbeiter (und damit in der großen Mehrheit eher systemkritischen Bürger) die Teilung empfunden haben:
Es ist nicht richtig, zu behaupten, wir aus der DDR hätten "40 Jahre lang nix zum Gedeihen der Bundesrepublik und Europas beigetragen".
Wenn man sieht, wieviele Produkte aus der DDR in den Westen exportiert wurden, die dann auch gern gekauft wurden, weil sie besonders billig waren, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild. Demnach war die DDR praktisch die "verlängerte Werkbank des Westens". Tausende Produkte (auch Lebensmittel) wurden in die Bundesrepublkik exportiert. Du kannst gern hier mal reinklicken: "Ostprodukte im Westregal - Geschäfte mit der DDR"
Übrigens waren dabei auch Häftlinge als Zwangsarbeiter in der DDR fest mit eingebunden, siehe: Zwangsarbeit in der DDR

Die Rechnung war ganz einfach: Egal, wie billig die DDR ihre eigenen Produkte im Westen zum Verkauf anbot, es lohnte sich immer. Denn während die eigene Bevölkerung für ihre Arbeit die nicht konvertierbare Ost-Mark als Lohn erhielt (bzw. Strafgefangene fast keinen Lohn erhielten und wir "PA"-Schüler ab der 7. Klasse in den Betrieben übrigens auch nicht, sondern nur Zensuren bekamen), kamen für den Staat für die im Westen verkauften Produkte Devisen herein.
Über die Vorteile, die uns das brachte, kann man streiten. Die begehrten Südfrüchte gab es nur zweimal im Jahr, andere Produkte, die ebenfalls auf dem Weltmarkt für Devisen eingekauft werden mußten - wie z. B. Kaffee - waren dagegen immer zu bekommen. Allerdings war Kaffee sehr teuer: Die 250 g Tüte "MOCCA Fix" kostete bspw. über 8 M.
Andererseits muß man auch sehen: Wer so viel für den Export produziert, kann der eigenen Bevölkerung dementsprechend weniger zum Kauf zur Verfügung stellen. Je mehr ich darüber nachdenke, um so mehr komme ich zu dem Schluss, daß auch dieser Umstand nicht unerheblich zu der Warenknappheit im eigenen Land beigetragen haben muß.

So gesehen war der Westen zwar ideologisch irgendwie "der Feind", wirtschaftlich war man aber eng mit dem "NSW" verzahnt. Die wenigsten wußten überhaupt, wie eng - und zwar hüben wie drüben.
:wink:

Und noch eine Tatsache darf nicht außer Acht gelassen werden:
Bis 1961 gingen zahlreiche DDR-Bürger in West-Berlin arbeiten. Zudem flüchteten etwa 2,5 Mill. in den Westen und milderten so den bereits beginnenden Arbeitskräftemangel sicher nicht unerheblich. Auch das trug zum "Wirtschaftswunder" des Westens bei.

Damit relativiert sich dann aber auch der Umstand, daß die sog. "neuen Bundesländer" nach der Einheit von Geldern der sog. "alten Bundesländer" saniert werden mußten. Das hatte auch damit zu tun, daß es vor allem in den 80er Jahren wirtschaftlich steil bergab ging, so daß die Produktionsanlagen in der DDR fast nur noch auf Verschleiß gefahren wurden. Das bekam natürlich jeder mit, da ja jeder mit diesen zunehmend veralteten und verschlissenen Anlagen arbeiten mußte. So konnte das natürlich auch nicht geheim gehalten werden.
Die Bundesbürger auf der anderen Seite der Mauer profitierten dagegen 40 Jahre lang von den überaus günstigen Preisen der Produkte aus der DDR.
Aber der Haken war: Kaum jemand wußte überhaupt, wie viele DDR-Produkte er jemals gekauft hat und welche. Denn die Produkte, die in der DDR auf Lizenz hergestellt wurden, trugen eben nicht immer die Aufschrift "Made in GDR".

Nach der Einheit gab es dann eine hohe Arbeitslosigkeit - so hoch, wie sie sich wirklich keiner hätte vorstellen können - auch ich nicht. Und sie lag Anfang/Mitte der 90er Jahre auch nicht nur bei 10 %, sondern ging bis 25 % oder in manchen Gegenden gar bis auf über 30 % rauf. Zuvor war Arbeitslosigkeit gänzlich unbekannt. Jeder, der arbeiten wollte, hatte Arbeit - Arbeitsbummelanten oder sog. "Asoziale" wurden in der DDR sogar kriminalisiert.
Nach meiner persönlichen Schätzung mußten sich ca. 80 - 90 % aller DDR-Bürger nach der Einheit beruflich umorientieren und eine Umschulung auf sich nehmen - ein völliger beruflicher Neuanfang also (ich selbst übrigens auch).
Und nein, "gejammert" wird bei solchen Entwicklungen nicht nur im Osten. Gerade kürzlich gab es im Westen ein "großes Geschrei", wo ein Traditionsbetrieb geschlossen werden sollte. Ich weiß jetzt nur nicht mehr genau wo.

Zum Nationalstolz der DDR-Bürger:
Dieser war nach meinem Empfinden in der Zeit der Euphorie während der Friedlichen Revolution im Osten tatsächlich stärker ausgeprägt, als im Westen. Verwunderlich ist das für mich allerdings nicht, denn wir als "Normalbürger" haben uns immer schon vor allem am Westen orientiert. Wir schauten "Westfernsehen" und hörten "Westradio". Selbst unser Musikgeschmack war völlig gleich mit dem Westen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, daß DDR-Bands von den Jugendlichen der 80er Jahre (also genau meine Generation) nicht mehr gehört wurden. Die Studie ergab konkret, daß in dieser Zeit bei 95 % der Jugendlichen auf deren persönlichen "Hitlisten" DDR-Bands (also selbst Rockbands) nicht mehr vorkamen. Ich kann das Ergebnis dieser Studie aus meiner eigenen Erfahrung heraus bestätigen.
Ein ähnliches Bild ergab sich (nur, um noch ein weiteres Beispiel zu nennen), was die Spiele der (bundes-) deutschen Fußball-Nationalmannschaft anging.
Aber auch politisch hofften wir vor der Wende immer auf Verbesserungen, die durch den jeweiligen Bundeskanzler mit der SED ausgehandelt wurden. Unsere Augen waren auch hier vor allem auf den Westen gerichtet. So war es kein Wunder, daß Rufe nach einer Einheit Deutschlands schon wenige Tage nach der Maueröffnung laut wurden. Eine innergesellschaftliche Diskussion begann und spätestens zu Weihnachten 1989 war eine klare Mehrheit im Osten für die schnelle Einheit.
Vergessen darf man dabei ja auch nicht, daß bei uns viele Westverwandtschaft hatten, die auch oft zu Besuch kam und Pakete schickte und so auch die persönlichen Bindungen die ganzen 40 Jahre lang aufrecht erhalten wurden.
Schon allein aus diesem Grund war diese sog. "ideologische Feindschaft" nichts als Propaganda der SED und wurde von uns einfachen Bürgern nur belächelt. Den Willen zu einer Einheit unserer Nation konnte die Teilung nur bei einem sehr geringen Prozentsatz der Bevölkerung brechen, bei einem überwältigenden Teil der Bevölkerung jedoch nicht. Man hat am 18. März 1990 gesehen, wie groß dieser Teil war, der die Einheit Deutschlands wollte. Die PDS, die gegen die deutsche Einheit stimmte, bekam nur 16,33 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 92 %. Ein eindrucksvolles Votum - oder?
Und natürlich hat diese Identifikation als Deutscher mit genau dieser sehr speziellen Geschichte zu tun. Patriotismus hat mit Emotionen zu tun - sie sind meines Erachtens schwerlich rational zu erklären. Aber wenn man sich unsere Geschichte seit 1945 anschaut, dann hat das eben mit der Leidensgeschichte der DDR-Bürger und deren Hoffnungen in der Zeit bis 1990 zu tun und erklärt sich beim genauen hinschauen irgendwie von selbst. Das ist der Grund, warum gerade im Osten der nationalstaatliche Patriotismus so strark geblieben ist, während sich die Bundesbürger möglicherweise z. T. davon gelöst haben.
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Renegat
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Renegat hat geschrieben:Der Westen Deutschlands war vor der Wiedervereinigung gut in die EU eingebunden und mit seinen Nachbarn und Zuwanderern einigermaßen im reinen. Wenn ich an 1989 zurückdenke, haben sich alle über die Grenzöffnung gefreut, die politische Wiedervereinigung wurde aber derartig schnell "durchgeboxt", dass die normale Bevölkerung gar nicht zum Nachdenken kam, was das konkret bedeutet. Gefragt per Volksentscheid oder Wahl wurde im Westen ebensowenig.
Barbarossa hat geschrieben:Das kann sein, nur "Zeit zum Nachdenken" gab es seit der Teilung eigentlich genug und stets war man sich im Westen nach meiner Einschätzung einig, daß man diese Teilung letztlich politisch überwinden wollte (habe das in den West-Medien sehr genau verfolgt). So hieß es ja auch in der Präambel des Grungesetztes bis zur Vollendung der Einheit - als letzter Satz:
(...)
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
hier: Quelle

Damit hätte jedem klar sein müssen, wohin die Reise geht, sowie die Einheit Deutschlands politisch möglich werden würde.
Nein, so klar war das nicht. Wir diskutieren hier ja Emotionen und gerade die kann man nicht per Gesetz verordnen.
Außerdem wurde das GG Ende der 40er direkt nach dem 2.WK verabschiedet unter dem Eindruck des Krieges und der davon betroffenen Generation. 1989 waren 40 Jahre vergangen und für die später im Westen geborene Generation war die DDR fremderes Ausland als NL, GB, I, GR und viele weitere Staaten. Mag sein, dass es Ausnahmen gab bei besonderen familiären Konstellationen.
Anfang der 90er war mehrheitlich noch die kriegsgeprägte Generation an den politischen Schaltstellen, eine Nachherbetrachtung ist immer zweifelhaft.
Trotzdem, aus heutiger Sicht denke ich, dass es eine Alternative gewesen wäre, die DDR als unabhängigen Staat in die EU aufzunehmen und sich Zeit zu lassen für ein normales Zusammenwachsen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der deutsche Ostteil heute schlechter dastünde als Polen oder die baltischen Länder. Diese ganzen Mißstimmungen gegen Bevormundung aus dem Westen und dieses künstliche Beschwören von Nationalismus hätte dadurch vielleicht vermieden werden können. Und für das Zusammenwachsen Europas wäre es evtl. besser gewesen, es wären dann ´halt drei deutschsprachige Staaten unter dem europäischen Dach zusammengekommen. Aber hinterher ist man immer schlauer. :)
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:Nein, so klar war das nicht. Wir diskutieren hier ja Emotionen und gerade die kann man nicht per Gesetz verordnen.
Das ist klar.
Aber was ich meinte - auf Grund dieser Rahmenbedingungen hätte auch eine (gut informierte) junge Generation sich auf einen solchen Fall - ich sag mal - "seelisch und moralisch" vorbereiten können. Bundeskanzler Helmut Kohl sprach in Bundestagsreden gelegentlich auch von dem Satz in der Präambel, als er die SPD "fertig machen" wollte... :mrgreen:

Aber eigentlich stimme ich dir zu:
Mir selber ging es ja genau so. Noch im September 1989 war eine bevorstehende Einheit Deutschlands eine ebenso utopische Vorstellung, als wenn "Raumschiff Enterprise" gekommen wäre und Scotty beamt mich hoch...
:mrgreen:
Renegat hat geschrieben:Trotzdem, aus heutiger Sicht denke ich, dass es eine Alternative gewesen wäre, die DDR als unabhängigen Staat in die EU aufzunehmen und sich Zeit zu lassen für ein normales Zusammenwachsen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der deutsche Ostteil heute schlechter dastünde als Polen oder die baltischen Länder...
Aus meiner Sicht und meinen Beobachtungen als EX-DDR-Bürger:
Nein, das wäre auf gar keinen Fall gegangen. Allein schon aufgrund der auch nach der Maueröffnung anhaltenden Fluchtbewegung in den Westen, mußte die Einheit genau so schnell kommen, wie sie dann kam. Schon im Januar 1990 gab es Aufrufe bundedeutscher Politiker an die DDR-Bürger, sie mögen doch im Land bleiben, man würde sich ja um eine schnelle Lösung bemühen (so sinngemäß). Man wußte im Westen einfach nicht mehr, wo man mit den Übersiedlern hin sollte. In der Wahl am 18. März 1990 haben wir im Osten dann auch die schnellst mögliche Einheit gewählt. Das war ein klarer politischer Auftrag - auch an Helmut Kohl (vielleicht sogar vor allem an ihn und er verhielt sich dann ja auch so :wink: ).
Soweit zur Situation - also den Rahmenbedingungen damals, die ich noch gut in Erinnerung habe.

:arrow: So. Aber ich denke, ich werde mich jetzt ein wenig zurückhalten, denn die Eingangsfrage von Renegat war ja:
Renegat hat geschrieben:Interessant fände ich bei diesem Thema bes. die Einschätzung von Menschen aus dem Westteil oder von außen.
(...)
Wenn ich an 1989 zurückdenke, haben sich alle über die Grenzöffnung gefreut, die politische Wiedervereinigung wurde aber derartig schnell "durchgeboxt", dass die normale Bevölkerung gar nicht zum Nachdenken kam, was das konkret bedeutet. Gefragt per Volksentscheid oder Wahl wurde im Westen ebensowenig.
Von den Medien forciert, kam es zu einer allgemeinen Euphorie, Bedenken wurden beiseitegeschoben. Auf einmal sollten uns die ehemaligen DDR-Bürger viel näher stehen als unsere alten Nachbarn. Empfunden habe ich das anders, mir waren die östlichen Gepflogenheiten fremd. Ging euch das ähnlich?
Und wie hat diese verordnete Zusammenführung unsere nationalen Befindlichkeiten verändert?
Ich denke manchmal, dass wir im Westen uns verpflichtet fühlten, den plötzlich aufgetauchten, östlichen Mitbürgern besonders freundlich entgegenzukommen. Das hat unsere Kapazität an Warmherzigkeit derart überbeansprucht, dass für die alten Nachbarn nicht viel übrigblieb. Das merkt man in den letzten Jahren z.B. an den diversen EU-Krisen. Gleichzeitig hat der östliche Landesteil nicht das gleiche gewachsene EU-Verständnis, keine leichte Kombination.
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RedScorpion

Renegat hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:Der Westen Deutschlands war vor der Wiedervereinigung gut in die EU eingebunden und mit seinen Nachbarn und Zuwanderern einigermaßen im reinen. Wenn ich an 1989 zurückdenke, haben sich alle über die Grenzöffnung gefreut, die politische Wiedervereinigung wurde aber derartig schnell "durchgeboxt", dass die normale Bevölkerung gar nicht zum Nachdenken kam, was das konkret bedeutet. Gefragt per Volksentscheid oder Wahl wurde im Westen ebensowenig.
Barbarossa hat geschrieben:Das kann sein, nur "Zeit zum Nachdenken" gab es seit der Teilung eigentlich genug und stets war man sich im Westen nach meiner Einschätzung einig, daß man diese Teilung letztlich politisch überwinden wollte (habe das in den West-Medien sehr genau verfolgt). So hieß es ja auch in der Präambel des Grungesetztes bis zur Vollendung der Einheit - als letzter Satz:
(...)
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
hier: Quelle

Damit hätte jedem klar sein müssen, wohin die Reise geht, sowie die Einheit Deutschlands politisch möglich werden würde.
Nein, so klar war das nicht.
...
... jedenfalls seit den Ostverträgen (sorry, Willy :wink: ) nicht mehr bzw. dann erst wieder ab Mitte der 80er, als durchsickerte, dass da 'was im Busche war.
Das Problem des Ostens (nicht nur des ehemaligen Mitteldeutschland, sondern auch des alten Ostdeutschlands) war, dass man es zwar schon irgendwie wiedereingliedern, sich wiedervereinigen oder was auch immer wollte, aber eben nicht um einen zu hohen Preis (Westbündnisaufgabe) oder jeden Preis (Souveränität adé, z.B.). Man merkte aber irgendwann, dass man beides für die DDR zumindest gar nicht zahlen musste, aller Wahrscheinlichkeit nach.

Renegat hat geschrieben: ...
Mag sein, dass es Ausnahmen gab bei besonderen familiären Konstellationen.
...
Ja, nur waren es ja gerade die Republikflüchtigen, Freigekauften usw., die ein besonders inniges Liebesverhältnis zum DDR-Staat hatten. Und diejenigen, die die Familie drüben noch von vor dem Mauerbau kannte, waren Ende der 80er auch schon nicht mehr die Jüngsten.

Renegat hat geschrieben: ¨...
Trotzdem, aus heutiger Sicht denke ich, dass es eine Alternative gewesen wäre, die DDR als unabhängigen Staat in die EU aufzunehmen und sich Zeit zu lassen für ein normales Zusammenwachsen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der deutsche Ostteil heute schlechter dastünde als Polen oder die baltischen Länder.
...
Doch. Denn man hätte auch Staatsbürgerschaftsgesetz usw. ändern müssen, um zu verhindern, dass so gut wie alle DDR-Bürger rübermachten, allein schon, um sich osteuropäische Verhältnisse nach dem Zsbruch der dortigen Regimes zu ersparen. Und dann hätte eine "neue" oder "reformierte" DDR niemals Schwarzmarkt, Schattenwirtschaft und Mafia widerstanden.
Von daher seh' ich zumindest keine Alternative zu Kohls Roadmap.

Renegat hat geschrieben: ... Diese ganzen Mißstimmungen gegen Bevormundung aus dem Westen und dieses künstliche Beschwören von Nationalismus hätte dadurch vielleicht vermieden werden können.
...
Ich tue mich schwer mit der angeblichen Bevormundung. Wo bitte hätten Ex-DDR-Bürger kein Stimmrecht?

Es war m.E. richtig, die ganze alte Verwaltung in den Ruhestand zu schicken;

während man ja grosse Teile der Streitkräfte übernommen hat (moralisch diskussionswürdig, aber strategisch keine dumme Lösung).

Von Transfer von Bonn und Bxl in die neuen Länder gar nicht zu sprechen.


Aber: Ich meine, die Nationalismusdebatte ist davon zumindest zeitlich getrennt, denn sie ist ein Produkt der 2000er Jahre. Es hatte zwar hier und da schon Anzeichen Ende der 80er, aber das waren spinnerte Einzelstimmen, die auch prompt einen auf den Deckel bekamen (z.B. Jenninger).

Salonfähig ist der rechte Schrott in D (z.T. auch hier im Forum) erst seit dem Ende der Regierung Schröder, imho. Kinder statt Inder war noch ein lächerlicher Gag, nicht ernstgenommen;
Leitkultur und dann Sarrazin schon ein anderes Kaliber, und seit der angeblichen Eurokrise dreht die öffentliche Meinung in D total am Rad. Gustloff-Opferschiff, Ostpreussen heilig Heimat, Die Deutschen wir Opfer und so weiter und so fort.




LG
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Barbarossa hat geschrieben: Nein, das wäre auf gar keinen Fall gegangen. Allein schon aufgrund der auch nach der Maueröffnung anhaltenden Fluchtbewegung in den Westen, mußte die Einheit genau so schnell kommen, wie sie dann kam.
Es ist zwar müßig die Geschichte zu diskutieren aber diese Angstmache vor der angeblich massenhaften Fluchtbewegung ist ein bißchen "urban legend". Die anderen Ostblockländer haben auch die Grenzen geöffnet und wurden nicht komplett entvölkert.
Barbarossa hat geschrieben: Schon im Januar 1990 gab es Aufrufe bundedeutscher Politiker an die DDR-Bürger, sie mögen doch im Land bleiben, man würde sich ja um eine schnelle Lösung bemühen (so sinngemäß). Man wußte im Westen einfach nicht mehr, wo man mit den Übersiedlern hin sollte.
Das Problem war hausgemacht durch die komplette Übernahme der Verantwortung. Ohne Begrüßungsgeld und alle anderen Vorteile, die DDR-Bürger beanspruchten, hätten die Begegnungen anders stattgefunden. Dass viele, sogar alle aus Neugierde besuchsweise nach Westen fuhren, war menschlich völlig verständlich. Das haben wir auch gemacht, gleich im Frühjahr 1990, wir waren genauso neugierig und haben dabei nicht mal besondere Freundlichkeit erwartet.
Da hätte sich vieles von allein normalisiert, wenn man sich Zeit gelassen hätte.
Zuletzt geändert von Renegat am 10.04.2013, 00:19, insgesamt 1-mal geändert.
Renegat
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RedScorpion hat geschrieben: Aber: Ich meine, die Nationalismusdebatte ist davon zumindest zeitlich getrennt, denn sie ist ein Produkt der 2000er Jahre. Es hatte zwar hier und da schon Anzeichen Ende der 80er, aber das waren spinnerte Einzelstimmen, die auch prompt einen auf den Deckel bekamen (z.B. Jenninger).

Salonfähig ist der rechte Schrott in D (z.T. auch hier im Forum) erst seit dem Ende der Regierung Schröder, imho. Kinder statt Inder war noch ein lächerlicher Gag, nicht ernstgenommen;
Leitkultur und dann Sarrazin schon ein anderes Kaliber, und seit der angeblichen Eurokrise dreht die öffentliche Meinung in D total am Rad. Gustloff-Opferschiff, Ostpreussen heilig Heimat, Die Deutschen wir Opfer und so weiter und so fort.
Auf die Jahre will ich mich nicht festlegen, mir geht es mehr um den Zusammenhang und vor allem die Ursachen. Eigentlich kann es nicht sein, dass knapp 20 Mio die anderen 60 zum Nationalismus gedreht haben.
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Renegat hat geschrieben:Es ist zwar müßig die Geschichte zu diskutieren aber diese Angstmache vor der angeblich massenhaften Fluchtbewegung ist ein bißchen "urban legend". Die anderen Ostblockländer haben auch die Grenzen geöffnet und wurden nicht komplett entvölkert.
Wir waren aber nicht wie die anderen Ostblockländer, denn wir waren Deutsche.
Wie dranatisch die Situation war, sieht man an folgenden Zahlen:

Oktober 1989: ... 58.428
November 1989: 144.545
Dezember 1989: 61.116

1989 gesamt: .. 388.000
1990 gesamt: .. 395.000
hier: Quelle
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Ursache:

Jemand hatte hier ja schon den Link aus der NZZ von Ende letzter Woche gepostet:

http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/de ... 1.18058404

Würd' ich nicht auf den Müll schmeissen.


Hinzu kommt, dass viele Projekte/Anliegenen, in denen D in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle hatte, den Bach heruntergegangen sind, u.a. durch tölpelhafte deutsche Politik (glaubwürdige Rolle in der UNO mit Aussicht auf ständigen Sicherheitsratssitz, dt-frz. Freundschaft, Völkerverständigung durch Goethe-Institute usw, Mittlerrolle bei den Blockfreien, obwohl gar nicht blockfrei, im Nahostkonflikt, USA, ... ).

Und der Angst vor Wiederholung von 1933 von seiten der Politik, welche sich in die Hose macht, dass der Michel wieder glauben könnte, er müsste sich aufopfern für die Welt (Kommunismus alias Solidarität, und Weltju... ähm Zinsknechtsch ähm Schulden- und Finanzkrise und so), dadurch gekontert werden sollte, dass man (Merkel eben) gar nix macht, und man versucht, das Ding "einfach" auszusitzen, sich nicht entscheiden zu müssen, und die Probleme auf andere ("PIGS") abzuwälzen. Für Märkte verheerend, auch wenn bei manchen Entscheiden Loriot recht hat, wenn er beim Hausputz fordert: "Erst denken, dann handeln!".

Vllt ist es auch eine Reaktion auf die Enttäuschung, dass es eben der Sieg des Westens über das "Reich des Bösen", der westlichen Demokratien über die Diktaturen nicht vermocht hat, alle Probleme der Welt zu lösen ... aber was dachte man denn? Dass 1989 das Paradies auf die Menschheit hereinbricht? :?:


Aber ich geb' zu, verstehen tue ich's nicht. Wir sind nicht 1933, auch nicht annähernd, es gibt in vielen Ländern, Deutschland inbegriffen, keine Krise,

es ist eigentlich - für die meisten - lachhaft.



P.S. Bev.zahlen Mitteldeutschland: 1990 waren's auch schon keine 20 mio Ostbürger mehr, sondern nur noch 16. Heute wahrscheinlich noch weniger.



LG
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Barbarossa hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:Es ist zwar müßig die Geschichte zu diskutieren aber diese Angstmache vor der angeblich massenhaften Fluchtbewegung ist ein bißchen "urban legend". Die anderen Ostblockländer haben auch die Grenzen geöffnet und wurden nicht komplett entvölkert.
Wir waren aber nicht wie die anderen Ostblockländer, denn wir waren Deutsche.
Ach Barbarossa, ja aber in einem anderen Staat, darum geht es doch gerade, auf dieses Pochen, dass damit irgendein besonderer und vor allem einseitiger Anspruch verbunden wäre.

Barbarossa hat geschrieben:Wie dranatisch die Situation war, sieht man an folgenden Zahlen:

Oktober 1989: ... 58.428
November 1989: 144.545
Dezember 1989: 61.116

1989 gesamt: .. 388.000
1990 gesamt: .. 395.000
hier: Quelle
Na und, wer Wohnung und Arbeit gefunden hat, ist gekommen, ob nun mit oder ohne Wiedervereinigung. Das war später genauso. Nennt man Freizügigkeit. Funktioniert genauso in der EU.
RedScorpion

Renegat hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:Es ist zwar müßig die Geschichte zu diskutieren aber diese Angstmache vor der angeblich massenhaften Fluchtbewegung ist ein bißchen "urban legend". Die anderen Ostblockländer haben auch die Grenzen geöffnet und wurden nicht komplett entvölkert.
Wir waren aber nicht wie die anderen Ostblockländer, denn wir waren Deutsche.
Ach Barbarossa, ja aber in einem anderen Staat, darum geht es doch gerade, auf dieses Pochen, dass damit irgendein besonderer und vor allem einseitiger Anspruch verbunden wäre.

...

Na und, wer Wohnung und Arbeit gefunden hat, ist gekommen, ob nun mit oder ohne Wiedervereinigung. Das war später genauso. Nennt man Freizügigkeit. Funktioniert genauso in der EU.
Heute funxt das einigermassen in der EU (Schengen; wobei Arbeitserlaubnis und Niederlassung aber noch ein anderes Paar Schuhe sind). Damals aber noch nicht (wobei ich Dir darin recht gebe, dass man das früher gar nicht so wusste und da mitunter innerhalb der EG Augen zugedrückt wurden. Aber es bestand kein Rechtsanspruch). Und erst recht nicht ohne Arbeit.
Es war damals die Staatsangehörigkeit, die das Rübermachen ermöglichte. Polen, Ungarn und Tschechen konnten das nicht. Ich denke, das meinte Barbarossa.



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Renegat hat geschrieben:
Na und, wer Wohnung und Arbeit gefunden hat, ist gekommen, ob nun mit oder ohne Wiedervereinigung. Das war später genauso. Nennt man Freizügigkeit. Funktioniert genauso in der EU.
RedScorpion hat geschrieben:Heute funxt das einigermassen (Schengen; wobei Arbeitserlaubnis und Niederlassung aber noch ein anderes Paar Schuhe sind). Damals aber noch nicht (wobei ich Dir darin recht gebe, dass man das früher gar nicht so wusste und da mitunter innerhalb der EG Augen zugedrückt wurden. Aber es bestand kein Rechtsanspruch). Und erst recht nicht ohne Arbeit.
Es war damals die Staatsangehörigkeit, die das Rübermachen ermöglichte. Ich denke, das meinte Barbarossa.
Das hatte ich schon verstanden, hätte aber genauso funktioniert, wenn die DDR der EU beigetreten wäre. Nur etwas langsamer, dafür in Eigenverantwortung und mit einem anderen Selbstverständnis, vielleicht... Das ist aber Küchenpsychologie und heute müßig, da wiederum über 20 Jahre vergangen sind. 8)

Der NZZ-Artikel bringt mich nicht viel weiter, dabei geht es um die politische Ebene.
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:... Na und, wer Wohnung und Arbeit gefunden hat, ist gekommen, ob nun mit oder ohne Wiedervereinigung. Das war später genauso. Nennt man Freizügigkeit...
Nein, ganz so lief das auch nicht. Bis zum 30. Juni 1990 mußten sich die Aussiedler aus der DDR in einem der sog. Aufnahmelager einfinden. siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesnota ... nahmelager
RedScorpion hat geschrieben:... Es war damals die Staatsangehörigkeit, die das Rübermachen ermöglichte. Polen, Ungarn und Tschechen konnten das nicht. Ich denke, das meinte Barbarossa...
Genau. Die Aussiedler aus der DDR mußten sich nicht erst einbürgern lassen.
Aber: Zwar man besaß als DDR-Bürger mit der Einreise in die BRD oder West-Berlin automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, jedoch wurde trotzdem erst der Grund für die Übersiedlung in diesen Aufnahmelagern geprüft. Mit der Wirtschafts- Währungs- und Sozialunion am 1. Juli 1990 entfiel dieses Verfahren.
Renegat hat geschrieben:... hätte aber genauso funktioniert, wenn die DDR der EU beigetreten wäre. Nur etwas langsamer, dafür in Eigenverantwortung und mit einem anderen Selbstverständnis, vielleicht...
Hm - nur das hatte ich ja schon zu erklären versucht. Ein langsamerer Weg wäre von uns damals auf keinen Fall akzepiert worden. Es gab ja damals diesen Spruch:

"Kommt die DM bleiben wir,
kommt sie nicht, gehen wir zu ihr."


Und das war auch genau so gemeint.
Es waren ja nach der von mir eingestellten Statistik in den Jahren 1989/90 ja bereits knapp 800.000 Leute, die "rüber gemacht" haben. Hätte die damalige Bundesregierung das nun noch verzögert, wären es nach meiner Einschätzung noch viel mehr gewesen. (Ich dann möglicherweise auch. :wink: )

Andererseits:
Hätte man uns nur die Wirtschafts- Währungs- und Sozialunion am 1. Juli 1990 gegeben (und damit dann natürlich auch die DM), wie hätte die Regierung das erklären sollen, daß Unmengen an Gelder in ein anderen Staat gepumt werden?
Da wäre man dann wieder in Erklärungsnot geraten...

Das war eigentlich das Problem. Die schnelle Einheit war somit schon die "sauberste" Lösung.
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