Juristischer Fehler in Brandenburg

Landtagswahlen, Ministerpräsidenten, Regierungen und deren Entscheidungen

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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JUSTIZ:
Gesetzliches Niemandsland
Brandenburg hat sich mit einem Rechtsfehler juristisch schachmatt gesetzt

POTSDAM - Ein rechtskundiger Märker hat mit seinem „Eilt sehr!“-Schreiben an den Petitionsausschuss des Landtags vor drei Wochen das Land vor einem juristischen Fiasko bewahrt. Ohne den Brief des Richters wäre wohl folgendes geschehen: Der Landtag hätte Gesetze und Rechtsverordnungen erlassen, und irgendwann, vielleicht erst in Jahren, wäre aufgefallen, dass sie aufgrund eines Fehlers im Gesetzgebungsverfahren alle unwirksam sind (siehe Kasten). Das geschah ausgerechnet bei einem Gesetz, das als „ein weiterer bedeutender Schritt hin zu einem modernen Land Brandenburg“ gerühmt wurde, wie sich im April 2009 die damalige Justizministerin Beate Blechinger (CDU) ausgedrückt hatte.

Inzwischen hat der Landtag auf den Fehler reagiert und am 5. November einen neuen, wenn auch inhaltlich identischen Gesetzentwurf vorgelegt. Nun soll das „Gesetz über die elektronische Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen und Rechtsverordnungen“ erneut beschlossen werden.

Fraglich ist jedoch, ob das so einfach ist.
(...)

Das Verfahren und der Fehler

* „Gesetz über die elektronische Ausfertigung und Verkündung vom Gesetzen und Rechtsverordnungen des Landes Brandenburg“ wurde vom Landtag am 7. Juli verabschiedet und sollte am 1. Oktober in Kraft treten. Das Ausfertigungs- und Verkündungsgesetz war nur mit einer Änderung der Landesverfassung möglich, weil Art. 81 zwingend die Veröffentlich von Gesetzen in Papierform vorschrieb.
* Die Verfassungsänderung wurde mit Stimmen der oppositionellen Linken vorgenommen.
* Korrekt wäre gewesen, erst die Verfassungsänderung zu veröffentlichen und damit wirksam werden zu lassen und erst danach das neue Gesetz.
* Der Verfahrensfehler bestand darin, dass die Verfassungsänderung und das neue Gesetz zeitgleich veröffentlicht wurden.
den ganzen Artikel lesen: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... hmatt.html

Also für mich klingt das schon wieder nach "pille-palle", aber @elysan wird damit sicher was anfangen können... :wink:
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elysian
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Also Pille-Palle ist das sicherlich nicht.
In der (Bundes-/Landes-)Verfassung ist festgelegt, auf welche Weise Gesetze verabschiedet werden dürfen.
Man könnte dies als Spielregeln bezeichnen, wenn man einen populären Vergleich mit dem Fußball vornehmen wollte.
Jedenfalls ist alle staatliche Gewalt und damit auch die Legislative an Recht und Gesetz gebunden; d.h. an die bestehende Rechtsordnung. Durch sie wird staatliches Handeln legitimiert. Die Besonderheit liegt darin, dass die Spieler die Spielregeln unter bestimmten Einschränkungen verändern können und dass die Spieler immer nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode spielen.
Ein staatliches Verhalten kann sich jedoch nur aus bereits geltenden Rechtssätzen legitimieren. Eine Änderung der Verfassung, bzw. der Spielregeln wirkt immer nur ex nunc und niemals ex tunc. Dies nicht zuletzt aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit. Andernfalls würde so nicht nur ein Verfahrensfehler geheilt, sondern ehemals ordentliche Verfahren verfassungswidrig. Um Missbrauch vorzuschützen, Transparenz zu sichern und Legitimität zu gewährleisten, kann eine Rückwirkung auch nicht für den Einzelfall akzeptiert werden (denkbar wäre sonst etwa,z.B. rechtswidrige staatliche Eingriffe in Grundrechte nachträglich zu legitimieren!).
Es ist also absolut notwendig, dass erst die Rechtsgrundlage für das entsprechende Gesetz geschaffen wird und in Kraft tritt (also mit Verkündung) und dann erst das besagte Gesetz. Andernfalls wäre ein verfassungswidriges Gesetz erlassen worden, welches so im Zeitpunkt seiner Entstehung nicht hätte erlassen werden dürfen und das darum juristisch angreifbar und aufhebbar(!)(s. z.B. Luftsicherheitsgesetz) gewesen wäre.
sic transit gloria mundi
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