Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit

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Moderator: Barbarossa

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Das ewige Leben wird ein ewiger Traum bleiben, doch er wurde oft geträumt. Schon in der wahrscheinlich ältesten Geschichte der Welt, dem Gilgamesch-Epos, versucht der grausame Herrscher von Uruk, die Unsterblichkeit zu erlangen. Auf der Götterinsel „Land der Seligen“ lebt angeblich der einzige Mensch, der nicht sterblich ist. Gilgamesch muss eine Prüfung absolvieren, um ebenfalls ewig leben zu können, doch er scheitert daran. Immerhin, der Mann nennt dem Herrscher eine Pflanze, deren Verzehr Unsterblichkeit verleiht. Gilgamesch findet diese auch, verliert sie aber wieder. Enttäuscht kehrt der Protagonist zurück nach Uruk und beschließt, sich durch gute Taten Im Gedächtnis der Menschen unsterblich zu machen und lässt die Stadt durch eine Mauer befestigen. Der Tyrann wird zum Wohltäter.

Geradezu besessen vom ewigen Leben und der Furcht vor dem Tod, war der erste chinesische Kaiser, Shi Huangdi (260-210 v.Chr.). Im ganzen Land lässt er nach Pflanzen und Essenzen suchen, die ihm dies ermöglichen sollen. Man verordnet ihm eine Mixtur, die Quecksilber enthält. Dies ist aber der sicherste Weg, um nicht nur das ewige Leben, sondern das Leben überhaupt zu zerstören. Schon mit 50 Jahren stirbt der grausame Despot. Um China zu vereinen, vergießt er Ströme von Blut, verbindet verschiedene Festungswerke zur chinesischen Mauer, baut überall Paläste im Land. Eine Armee aus Tonfiguren soll ihn vor der Rache seiner unzähligen Feinde im Jenseits schützen, falls sein Traum von der Unsterblichkeit nicht in Erfüllung gehen sollte.

Diktatoren bauen, um sich unsterblich zu machen. Falls es bei ihnen eine Gemeinsamkeit gibt, dann ist es die Überzeugung von der eigenen individuellen Bedeutsamkeit. Dies zeigt sich in ihrer Beharrlichkeit, so viele Spuren ihrer Existenz wie nur möglich zu hinterlassen, der Rest der Schöpfung soll atemlos danach verlangen, alles über sie zu erfahren, was nur möglich ist. Doch ihre Gier nach Macht führt sie oft an den Abgrund, oder besser gesagt, die Gier ist der Abgrund.

Ist die Unsterblichkeit nicht auf Erden zu bekommen, so doch im Jenseits. Nach dem Tod beginnt das ewige Leben in einer anderen Welt oder eine ständige Wiedergeburt. Das glauben jedenfalls viele Religionen.

Besonders exzessiv ist dieser Glaube bei den alten Ägyptern ausgeprägt, eine ganze Kultur lebt im Banne des jenseitigen Lebens. Dort ist es ihrer Ansicht nach nicht viel anders als in unserer Welt. Der Körper muss erhalten bleiben, wird mumifiziert, um in das Totenreich zu gelangen. Dies gelingt in der Regel meistens nur der Oberschicht. Am Fuß der Pyramiden spürt der Besucher etwas von diesem Glauben. Bei einem Besuch in Ägypten fahre ich ganz früh morgens nach Gizeh, um 6 Uhr in der Früh ist dort kein Mensch. Ich setze mich vor die Cheops Pyramide auf den Boden, blicke eine Stunde lang in die Wüste, über deren Dünen die Sonne aufgeht. Ich bin ganz allein, nirgendwo ein Mensch zu sehen, es gibt nur die Pyramiden, die Wüste, die Sonne und mich. Ein spiritueller Moment, auch für mich als Ungläubigen. Ich spüre, jetzt ist die Ewigkeit, jetzt, genau jetzt, an diesem Ort, dieses Bauwerk aus uralter Zeit, es vermittelt den Eindruck von Unsterblichkeit, eine Vorstellung von der Unendlichkeit des Seins.

Eintagsfliegen leben, anders als ihr Name vermuten lässt, öfters bis zu einer Woche, selten länger, Blauwale im Durchschnitt 90 Jahre, Galapagos-Riesenschildkröten 300 Jahre. Die Evolution hat manche Tiere zu langem, andere zu kurzem Leben bestimmt, ewiges Leben ist nicht eingeplant.


In der Bundesrepublik erreichen neugeborene Jungen ein Durchschnittsalter von 77 Jahren, neugeborene Mädchen von 82 Jahren. Diese Zahlen erhält man, in dem jetzige Verhältnisse extrapoliert werden. Untersuchungen zeigen, dass Menschen aus reicheren Schichten im Durchschnitt 10 Jahre älter werden, als die aus ärmeren Bevölkerungsgruppen. Dieser Gegensatz wird weltweit noch krasser, Menschen in ärmeren Ländern leben kürzer, als die in reicheren Staaten.

Wird es bald eine neue Form des Klassenkonfliktes geben? Langlebige Reiche gegen kurzlebige Arme? In manchen Science-Fiction-Filmen wird dies bereits antizipiert: Wohlhabende kaufen sich Organe von den Armen, wenn es ihre eigenen nicht mehr machen. Oder schlimmer, Menschen werden getötet, um deren Organe zu bekommen. Oder die Reichen lassen von sich Klone herstellen, die als Ersatzteillager dienen. Auf diese Weise können sie ihr Leben ständig verlängern. Dieser Alptraum könnte vielleicht schon bald Wirklichkeit werden.

Wie alt kann man auf diese Weise werden? 300 Jahre? 400 Jahre? 1.000 Jahre? Was hat das für Konsequenzen für die Entwicklung der Menschheit? Wie auch immer, Unsterblichkeit lässt sich auch so nicht herstellen.

Irgendwann wird man wie Gilgamesch erkennen, dass man nur in seinen Werken im Gedächtnis der Menschheit bleibt, nicht aber als Individuum dauerhaft existiert. Die Menschen sind nicht von der Evolution für ewiges Leben bestimmt und können die Natur auch nicht auf Dauer überlisten. Aber vielleicht können ihre Erzeugnisse überdauern. In dem Film von Steven Spielberg „Künstliche Intelligenz“, sind es humanoide Roboter, die äußerlich Menschen gleichen, die „Mechas“, die alles überleben. Sie altern nicht, sie funktionieren. Als in einer fernen Zukunft Aliens die Erde besuchen, finden sie nur noch die „Mechas“ vor, die ihnen über ihre Erbauer berichten.

Oder können sich die Menschen in „Mechas“ verwandeln? Ihr gesamtes Wissen in eine Maschine transportieren und sich weiterhin ihrer Individualität bewusst sein? Aber wären das dann noch Menschen?

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Barbarossa
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Mal wieder ein interessanter Beitrag, Karlheinz. Nur noch ein paar Anmerkungen dazu:
Karlheinz hat geschrieben:... In manchen Science-Fiction-Filmen wird dies bereits antizipiert: Wohlhabende kaufen sich Organe von den Armen, wenn es ihre eigenen nicht mehr machen. Oder schlimmer, Menschen werden getötet, um deren Organe zu bekommen.
Warum nur in Science-Fiction-Filmen?
Das passiert bereits in der Realität. Heute. Tagtäglich.
Leider. Schau mal hier: Der weltweite, kriminelle Handel mit menschlichen Organen
Karlheinz hat geschrieben:Oder können sich die Menschen in „Mechas“ verwandeln? Ihr gesamtes Wissen in eine Maschine transportieren und sich weiterhin ihrer Individualität bewusst sein? Aber wären das dann noch Menschen?
Für mich sind das dann keine Menschen, sondern nur Computer, im besten Fall künstliche Intelligenzen.
Die Diskussion ist eröffnet!

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Titus Feuerfuchs
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Karlheinz hat geschrieben:Oder können sich die Menschen in „Mechas“ verwandeln? Ihr gesamtes Wissen in eine Maschine transportieren und sich weiterhin ihrer Individualität bewusst sein? Aber wären das dann noch Menschen?
Für mich sind das dann keine Menschen, sondern nur Computer, im besten Fall künstliche Intelligenzen.[/quote]


Natürlich sind das keine Menschen.

AI ist übrigens nach Open Water der schlechteste Film, den ich jemals im Kino gesehen habe.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Barbarossa:
Karlheinz hat geschrieben:... In manchen Science-Fiction-Filmen wird dies bereits antizipiert: Wohlhabende kaufen sich Organe von den Armen, wenn es ihre eigenen nicht mehr machen. Oder schlimmer, Menschen werden getötet, um deren Organe zu bekommen.


Warum nur in Science-Fiction-Filmen?
Das passiert bereits in der Realität. Heute. Tagtäglich.
Ja, das sind allerdings nur erste Anfänge. In manchen Filmen wird die Idee weiter gesponnen. In dem Film „Freejack“ werden jugendliche Körper aus der Vergangenheit geholt, damit eine reiche Oberschicht sie dann übernimmt. Das mit der Zeitreise ist natürlich unsinnig, aber die Vorstellung, das junge Leute eingefroren werden, damit später Ältere ihre Körper zu einem großen Teil übernehmen, dies halte ich nicht für abwegig. Ein diktatorisches Regime mit einer weit fortgeschrittenen Medizin wäre zu solchen Bösartigkeiten fähig.
In dem Film „Die Insel“ hält eine reiche Oberschichte Klone von sich selbst als lebende Ersatzteillager. Auch das ist keine abwegige Vision.
Renegat
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Karlheinz hat geschrieben:Das ewige Leben wird ein ewiger Traum bleiben, doch er wurde oft geträumt. .....


und die geistige Auseinandersetzung mit dem Tod in Geschichten verarbeitet. Es geht in den Erzählungen von Gilgamesch oder dem chin. Kaiser nur vordergründig um die Unsterblichkeit. Es sind Lehrstücke über den Tod als natürliche Grenze, gegen den Größenwahn, Überheblichkeit und Selbstüberschätzung.



Karlheinz hat geschrieben: Wird es bald eine neue Form des Klassenkonfliktes geben? Langlebige Reiche gegen kurzlebige Arme?

Diese Gefahr sehe ich nicht, denn ein sehr hohes Alter eines einzelnen Menschen und mag er noch so reich sein, geht doch mit erheblichen Beeinträchtigungen einher.


Karlheinz hat geschrieben:In manchen Science-Fiction-Filmen wird dies bereits antizipiert: Wohlhabende kaufen sich Organe von den Armen, wenn es ihre eigenen nicht mehr machen. Oder schlimmer, Menschen werden getötet, um deren Organe zu bekommen. Oder die Reichen lassen von sich Klone herstellen, die als Ersatzteillager dienen. Auf diese Weise können sie ihr Leben ständig verlängern. Dieser Alptraum könnte vielleicht schon bald Wirklichkeit werden.

Wie alt kann man auf diese Weise werden? 300 Jahre? 400 Jahre? 1.000 Jahre? Was hat das für Konsequenzen für die Entwicklung der Menschheit? Wie auch immer, Unsterblichkeit lässt sich auch so nicht herstellen.

Körperliche Mängel lassen sich bis zu einem gewissen Grad durch die moderne Medizintechnik ausgleichen. Wobei man sich dabei auch die Frage stellen muß, was ist wirklich nötig, was ist Mode und was nutzt wem. Irgendwie ist es für mich nicht erklärbar, dass heutzutage in D erst neue Hüftgelenke boomen, dann wird auf Kniee ausgeweitet, zur Zeit sind es die Augen-OPs.

Ich schrieb es schon in deinem anderen Todesthread, Karlheinz, es kommt auf den Geist an. Was nutzt dir ein funktionsfähiger Körper, im Kopf kann man sein Alter nicht verleugnen. Man kann sich bemühen, mit dem Schwung und der Flexibilität der jungen Generation Schritt zu halten, dabei ist sicher der Kontakt und die Auseinandersetzung mit Jüngeren hilfreich. Darauf muß man sich aber einlassen und das kann nicht jeder.
Gesamtgesellschaftlich frage ich mich daher, was eine demographische Überalterung bewirkt, mal abgesehen von den Kosten.
ehemaliger Autor K.

Alterungsgene und Cyborgs

Der Prozess des Alterns ist ein extrem komplexer Vorgang, der bis heute noch nicht richtig verstanden wird. Viele Theorien gehen davon aus, dass er durch den Stoffwechselprozess verursacht wird. Ein Lebewesen ist ein hochkomplexes System, das ständig Energiezufuhr benötigt, da es sonst nach den Gesetzen der Entropie sich wieder auflösen würde. Durch den Stoffwechselumsatz werden Zellen beschädigt, die ersetzt werden müssen und zwar durch genaue Kopien. Bei dem Kopiervorgang entstehen aber immer wieder Fehler, die sich im Laufe der Zeit ansammeln, das Lebewesen altert.
Nun sind der Aufbau der Körperzellen und deren Funktion zum Beispiel bei Mäusen und Blauwalen fast identisch. Warum sind die Lebensspannen aber so extrem unterschiedlich? Wenn sich die Lebewesen alle aus gemeinsamen Urformen entwickelt haben, warum hat die Evolution später bei einigen zu Langlebigkeit geführt, bei anderen nicht? Welchen Sinn hat dies? Daher die Vorstellung, das Altern genetisch gesteuert wird, das aus uns nicht bekannten Gründen, die Gene uns unterschiedlich altern lassen. Wenn es gelingt, diese „Alterungsgene“ zu finden, dann könnte man sie vielleicht dahingehend beeinflussen, das die Kopierprozesse der Zellen genauer werden, das es weniger Fehler gibt, das ein Lebewesen erheblich älter wird, das es „unsterblich“ wird.

Cyborgs
Cyborgs sind Mischwesen aus Mensch und Maschine. Es handelt sich um Menschen, die einen großen Teil ihrer Organe durch Maschinen ersetzt haben. Im Idealfall gibt es nur noch das Gehirn in einer Nährflüssigkeit als zentrale Steuerungseinheit. Die künstlichen Organe könnten viel leistungsfähiger sein als die natürlichen: von dem Lichtspektrum sehen wir nur einen winzigen Teil, wir könnten aber dann Wärmestrahlung sehen, hätten eine Sehschärfe wie ein Raubvogel, wären nicht mehr fast nachblind, wie hören dann Ultraschall, könnten zusätzliche Sinnesorgane einbauen, mit denen wir Elektrofelder aufspüren wie das Haie können. Datenbanken im Körper wären abrufbar oder Verbindung mit zentralen Computern möglich. Gelingt es, den Alterungsprozess des Gehirns zu stoppen, könnte ein Cyborg nahezu unbegrenzt leben. Er wäre ein Mensch mit Maschinenkörper, aber weitaus leistungsfähiger als dieser. Wir könnten dann auch Raumflüge zu weit entfernten Sternen unternehmen, ein Cyborg ist fast unsterblich. Ähnlich wie die Schmetterlinge eine Metamorphose durchlaufen, wären wir zu Beginn normale Menschen, die sich später in Cyborgs verwandeln.

Traum oder Alptraum? In Japan lassen sich Menschen unter die Haut Implantate einpflanzen, mit denen sie ihre Autos entriegeln, Sicherheitsanlagen ein - und ausschalten, Hilferufe an Polizeicomputer auslösen können. Kann man bald Datenbanken im Körper mit dem Gehirn verbinden?
Noch ist es nicht so weit. Ich glaube, ich lasse mich in einen Kälteschlaf versetzen und werde erst geweckt, wenn die Technik so weit ist.
I wanna be a Cyborg! Heaven must wait! Unzerstörbar und unsterblich! Ich bin ewig!
Renegat
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Karlheinz hat geschrieben:Unzerstörbar und unsterblich! Ich bin ewig!
Meinst du das ernst?
Wenn ja, besorgt es mich. :?:
ehemaliger Autor K.

Renegat
Meinst du das ernst?
Wenn ja, besorgt es mich. :?:
Kein Grund zur Sorge, Ich habe nur vergessen zu schreiben, so wie es Dieter macht: Vorsicht,Ironie!
Renegat
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Karlheinz hat geschrieben:
Renegat
Meinst du das ernst?
Wenn ja, besorgt es mich. :?:
Kein Grund zur Sorge, Ich habe nur vergessen zu schreiben, so wie es Dieter macht: Vorsicht,Ironie!
Na gut, eine Ironieinflation ist harmloser als eine Inflation von religiösen Themen durch bekennende Atheisten. :)
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dieter
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Renegat hat geschrieben:
Karlheinz hat geschrieben:
Renegat
Meinst du das ernst?
Wenn ja, besorgt es mich. :?:
Kein Grund zur Sorge, Ich habe nur vergessen zu schreiben, so wie es Dieter macht: Vorsicht,Ironie!
Na gut, eine Ironieinflation ist harmloser als eine Inflation von religiösen Themen durch bekennende Atheisten. :)
Lieber Renegat,
bin zwar kein Atheist, glaube aber, dass ein Pfund Rindfleisch eine gute Suppe geben. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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