Moderne Erziehung und Werteverfall: Zusammenhang, Fiktion?

Kommunalwahlen, Meinungsumfragen, Konflikte, Religionen, Ereignisse

Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

In der Sozialforschung hat man eine Reihe von Werten und ihre Veränderungen in den letzten Jahrzehnten untersucht. Ich möchte die Werte jetzt nicht in die Liste einfügen, um sie nicht durcheinanderzubringen. Bei mir funktioniert sie nicht richtig. Es geht um folgende Bereiche:

Selbstverwirklichung
Eigene Fähigkeiten entfalten
Sich selbst verwirklichen
Unabhängig sein

Kritikfähigkeit
Durchsetzungsfähig sein
Sich gegen Bevormundung wehren
Kritisch sein

Prosoziale Werte
Anderen Menschen helfen
Rücksicht nehmen
Verantwortung übernehmen

Pflicht/Akzeptanz
Pflichtbewusst sein
Sich anpassen

Leistung
Etwas leisten
Ehrgeizig sein

Materialismus
Auf Sicherheit bedacht sein
Ein hohes Einkommen anstreben

Hedonismus
Das Leben genießen
Ein aufregendes, spannendes Leben führen
Tun lassen, was man will

Wie sich all diese Werte im Laufe der Jahrzehnte in Deutschland bei den verschiedenen Personengruppen (Geschlecht, Bildung, Schichtenzugehörigkeit usw.) geändert haben, kann man nachlesen unter:
https://www.google.de/?gfe_rd=ctrl&ei=L ... t&start=20


Es gibt drei bedeutende Theorien über die Werteveränderung in Deutschland:

Ronald Ingelharts, Postmaterialismustheorie
Er glaubt eine Bedeutungszunahme immaterieller Werte zu erkennen (Gleichberechtigung, Mitbestimmung, Selbstentfaltung)

Elisabeth Noelle-Neumanns Werteverfallstheorie
Sie beklagt einen Abbau traditioneller bürgerlicher Tugenden (Bereitschaft, Disziplin, Pflichterfüllung, Leistung) bei jungen Leuten

Helmut Klages Wertesynthesetheorie
Er glaubt an ein Nebeneinanderbestehen von alten und neuen Werten und unterscheidet fünf Wertetypen

1. Ordnungsliebender Konventionalist (ältere Menschen, niedrige Selbstentfaltung)
2. Nonkonformistischer Idealist (junge Menschen, Selbstentfaltung sehr hoch)
3. Aktiver Realist: Wertesynthese (Pflicht und Akzeptanzwerte mit Selbstentfaltung)
4. Hedonistischer Materialist: (egozentrisch, hedonistisch und materialistisch)
5. Perspektivloser Resignierter (Werteverlust, hauptsächlich bei älteren Menschen)
RedScorpion

Was ich oben meinte,

und was mit Sicherheit auf den einen oder anderen Wissenschaftler, der danach genannt wurde, zutrifft,

ist,


dass jeder Fehler macht, und allein deshalb noch nicht alles falsch ist, was er danach zustande bringt.

Wenn's allerdings ein waschechter Nazi ist, der dann in seinem zweiten Leben "Werteverfall" bejammert,

dann ist das ein wenig unglaubwürdig, imho.




LG
Renegat
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RedScorpion hat geschrieben:Was ich oben meinte,

und was mit Sicherheit auf den einen oder anderen Wissenschaftler, der danach genannt wurde, zutrifft,

ist,


dass jeder Fehler macht, und allein deshalb noch nicht alles falsch ist, was er danach zustande bringt.

Wenn's allerdings ein waschechter Nazi ist, der dann in seinem zweiten Leben "Werteverfall" bejammert,

dann ist das ein wenig unglaubwürdig, imho.




LG
Wo oben meintest du was und welchen Wert meinst du überhaupt?
RedScorpion

Sach ma, bin ich eigentlich in der letzten Zeit der Einäuge unter Blinden hier? :shock:
Wahrscheinlich schreib' ich einfach zu scheisse ...

Elisabeth Noelle-Neumann in KHs Beitrag über "Werteverfall", direkt über meinem Post oben.



LG
Renegat
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RedScorpion hat geschrieben:Sach ma, bin ich eigentlich in der letzten Zeit der Einäuge unter Blinden hier? :shock:
Wahrscheinlich schreib' ich einfach zu scheisse ...

Elisabeth Noelle-Neumann in KHs Beitrag über "Werteverfall", direkt über meinem Post oben.
Achso, den Beitrag, wo Karlheinz die Profis aufzählt, meintest du. Den hatte ich geistig gleich wieder abgelegt, weil er mich nicht weiterbrachte. Ich fand unsere amateurige Tabellenbastelei spannender. Hast du dich denn schon an der Tabelle versucht, RS?...wo du heute abend mal gute Laune hast :)
Aneri

@Karlheinz

Ich denke, die Selbstverwirklichung ist ein Ziel. Der Wert ist kein Ziel. Es ist s. z. das Medium, durch das wir zu den selbst gesetzten Zielen "schwimmen" (wollen).

In meinem soziokulturellem Umfeld Ehrgeiz war kein Wert. Das Gegenteil. Leistung bringen - schon. Nur nicht um sich den anderen zu zeigen. Um stolz für eigene Arbeit zu sein.
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Marek1964
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Die Frage ist, was Selbstverwirklichung heisst - wie verwirklich ich mich selbst? Vielleicht mit möglichst vielen Beiträgen bei Geschichte Wissen... oder mit einen guten Job?
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Barbarossa
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Aneri hat geschrieben: Ich denke, die Selbstverwirklichung ist ein Ziel. Der Wert ist kein Ziel. Es ist s. z. das Medium, durch das wir zu den selbst gesetzten Zielen "schwimmen" (wollen).
Ich glaube aber, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung (weil man die Freiheit dazu hat) ist ein Wert. Ansonsten gebe ich dir natürlich recht.
Aneri hat geschrieben:In meinem soziokulturellem Umfeld Ehrgeiz war kein Wert. Das Gegenteil. Leistung bringen - schon. Nur nicht um sich den anderen zu zeigen. Um stolz für eigene Arbeit zu sein.
Siehst du? Im Ostblock hatte man nicht die Freiheit, sich selbst zu verwirklichen. Da ging es nur darum, mit welchem Beruf man für die Produktion gebraucht wurde.
Ich weiß noch, dass bei uns am Ende der 10. Klasse so einige desillusioniert waren, für welchen Beruf sie eine Lehrstelle bekamen.
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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben:
Aneri hat geschrieben: Ich denke, die Selbstverwirklichung ist ein Ziel. Der Wert ist kein Ziel. Es ist s. z. das Medium, durch das wir zu den selbst gesetzten Zielen "schwimmen" (wollen).
Ich glaube aber, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung (weil man die Freiheit dazu hat) ist ein Wert. [...]

Aber mit absoluter Sicherheit ist das so. :!:

Imho ist das der zentrale humanistische Wert schlechthin. Es ist der erste, der bei einem Verfall der bürgerlichen Werte flöten geht.

Und er ist in keinem totalitären oder simitotalitären Regime zu finden, insbesondere nicht im Kommunismus, der ja eine total egalitäre und uniforme Gesellschaft anstrebt.

In totalitären Regimes zählt das Kollektiv immer mehr als das Individuum, freie Persönlichkeitsentfaltung ist dort daher unmöglich.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Barbarossa
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:...
In totalitären Regimes zählt das Kollektiv immer mehr als das Individuum, freie Persönlichkeitsentfaltung ist dort daher unmöglich.
Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, ja.
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Aneri

Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
Aneri hat geschrieben: Ich denke, die Selbstverwirklichung ist ein Ziel. Der Wert ist kein Ziel. Es ist s. z. das Medium, durch das wir zu den selbst gesetzten Zielen "schwimmen" (wollen).
Ich glaube aber, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung (weil man die Freiheit dazu hat) ist ein Wert. [...]
Vielleich weil Deutsch die Fremdsprache für mich ist, gehe ich an die Begriffe, Definitionen anders als ihr. Selbstverwirklichung - für mich - ist die Verwirklichung eigene Lebensziele, so dass man am Ende des Lebens kann zufrieden sein. Die Ziele werden von Menschen selbstgesetzt, wenn auch die Gesellschaft bei der Herausarbeitung, die der Setzung der Ziele große Rolle spielt. In dem Sinne - da es von Gesellschaft gelenkt wurde - könnte man es als ein Wert ansehen. Aber eben in dem Ziel selbst , den man wortlich bennenen sollte. So Einer fühlt sich verwirklicht in seinen Kindern. Ein Anderer hat sich verwirklicht in dem Kofler voller Geld, der er unter dem Bett versteckt hält. Der Kompnist fühlt sich verwirklicht in dem Lied, ein Unternehmer in dem gut laufendem Unternehmen u. s. w. Selbstverwirklichung ist nach mir kein Wert. Es ist essentielle Eigenschaft des Menschen.

Selbstverwirklichung sollte/müsste man ähnlich dem Scham oder dem Gewissen, die als Regulatoren für das Verhalten dienen, ansehen. Nur der Scham und das Gewissen erzeugt negative Gefühle, die uns von der Brechung der Werte zurückhalten. Selbstverwirklichung ist eine Art der Belohnung, ein positives Gefühl, der Mensch begleitet nach dem Erreichen seiner Ziele.
Und er ist in keinem totalitären oder simitotalitären Regime zu finden, insbesondere nicht im Kommunismus, der ja eine total egalitäre und uniforme Gesellschaft anstrebt.
Stimmt nicht. Ich bin kein Freund von Kommunismus, aber solche These zeigt, dass du falsche Vorstellung hast. In der Gesellschaft, wo kapitalistische Beziehungen (freie Mark und Diktat des Kapitals bzw. Geld) keine Rolle spielten, funktionierte es auf andere weise, die auch einige Vorteile hatte. So war das Netz für die Entdeckung der Talente in Heranwachsenden relativ breit gelegt. Z. B. Musik- und Kunstschulen waren jedem zugänglich. Ich betrachte es als großer Vorteil, da man unabhängig von sozialer Position seine Begabung erst herausfinden könnte. Es ist ein unabdingbarer Schritt zur Selbstverwirklichung - den Ziel erst definieren.

Im Grunde, wenn wir über gesellschaftliche Systeme reden, müssen wir in Auge behalten, dass in ihrer Bewertung die jeweils vorhandene Werte große Rolle spielen. Es ist sicher interessant, wie hier die Werte kollidieren, dennoch bringt uns etwas von Thema weg.
In totalitären Regimes zählt das Kollektiv immer mehr als das Individuum, freie Persönlichkeitsentfaltung ist dort daher unmöglich
Das wichtigste Punkt hier wird übersehen. Die Persönlichkeit, die gegen das Kollektiv arbeitet, wird von Kollektiv - welches es auch wäre - bestraft. Daher hat es immer die Grenzen zur Entfaltung der Persönlichkeit gegeben: innerhalb des Kollektivs, innerhalb der Gesellschaft.
Das Gleiche gilt für Kollektiv: vernachlässigt er die Interesse seine Mitglieder, wird er bestraft. Bestenfalls schwächt er sich damit.
Die gesellschaftliche Entwicklung balanciert eben auf dem Grat des Gleichgewichts zwischen dem Individuums und dem Kollektiv.
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Titus Feuerfuchs
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Karlheinz hat geschrieben: [...]
Kritikfähigkeit
Durchsetzungsfähig sein
Sich gegen Bevormundung wehren
Kritisch sein

[....]
Unter Kritikfähigkeit ist auch die Fähigkeit zur Selbstkritik (bzw. Selbstreflexion) und die Fähigkeit, mit Kritik umgehen zu können, gemeint - dieser Aspekt fehlt hier völlig.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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dieter
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Ihr Lieben,
um mit Berti Vogts zu sagen: "Der Weg ist das Ziel." :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Renegat
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Weitestgehend habe ich versucht, die Werte und Tugenden, die bisher diskutiert wurden, in die Liste in Beitrag 1 aufzunehmen.
Leider sieht das optisch noch nicht gut aus, ich sehe außerdem nur die ersten 4 Spalten und neige deshalb dazu, die Punkte der Spalten 5-6 unten anzuhängen.

Als Stichwortsammlung wäre das ok, allerdings hätte ich gern eine Aussage zu den Werten und Tugenden, idS ob sie in den letzten 30??? Jahren wichtiger oder unwichtiger geworden sind. Oder ob sie miteinander konkurrieren, was Aneri in die Diskussion gebracht hat.
Die Unterscheidung in Werte, Tugenden, Mechanismen gefällt mir inzwischen nicht mehr so gut, weil sich durch die Diskussion gezeigt hat, dass sich die Begriffe nicht eindeutig auf gesellschaftliche und persönliche Ebene beschränken lassen.
Am liebsten würde ich alle Begriffe untereinander schreiben, um mehr Platz für die Aussage dahinter zu erhalten. Das wäre dann nicht so kompliziert, es geht ja nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, sondern um unsere Einschätzung zu Werteveränderungen.
Was meint ihr?

Habt ihr eine Idee, wie man die ersten Tabellenspalten aussagekräftiger gestalten kann. Zu breit darf die Tabelle nicht sein, sonst sieht man nicht alles.



Zusammenfassung mit Hilfe einer Tabelle
Ermöglicht kollaborative Zusammenarbeit

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ehemaliger Autor K.

Ich weiß nicht, ob sich viele Leute an der Tabelle beteiligen, aber sie ist nicht korrekt aufgebaut. Wenn man zwei Variable miteinander vergleichen will, Variable1= Wert und Variable2=Ausprägung, muss man sie getrennt in Zeilen und Spalten aufführen, ungefähr so


Wert ------------------------------------gleich---- zunehmend----- abnehmend

Treue-------------------------------------xx
Hilfsbereitschaft -------------------------x--------------------------------------x
Toleranz -------------------------------------------------------x-------------------x

Jetzt kann jeder dort sein Kreuz machen, wo er will. Es kann ja durchaus sein, das die Meinungen zu den verschiedenen Punkten unterschiedlich sind. Jetzt ist es so, dass die vorherige Meinung einfach überschrieben wird. Bei Schamgefühl stand gestern zu lesen: zunehmend. Ich habe es überschrieben in: abnehmend. Jetzt gilt nur noch meine Meinung. Die andere ist verschwunden.
Aus der obigen Liste wird jetzt klar: Bei Toleranz glaubt einer, sie nimmt zu, der andere, sie nimmt ab.
Bei Treue glauben beide, sie ist gleich.
Diese Liste ist auch leichter lesbar. Man kann sie gut von unten nach oben scrollen. In Excel kann man auch die Überschriften feststellen, damit sie beim scrollen nicht verschwinden. Außerdem kann man jetzt die Liste anschließend auswerten, beispielsweise nach Häufigkeiten
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