25. April - ANZAC Day, australischer Nationalfeiertag

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Bald ist es wieder soweit: Der ANZAC Day ist in Australien und in Neuseeland der vielleicht wichtigste nationale Feiertag. ANZAC ist die Abkürzung für Australian and New Zealand Army Corps. Kurioserweise wird hier aber nicht ein militärischer Sieg, sondern eine militärische Niederlage gefeiert. Am 25. April 1915 landeten britische, französische, australische, neuseeländische und Soldaten aus Tonga in Gallipoli, der türkischen Halbinsel von den Dardanellen, nicht allzu weit entfernt von Istanbul. Sie wollten die Halbinsel erobern und dann zu der Hauptstadt des osmanischen Reiches vordringen. Geplant hatte diese Militäraktion unter anderem Winston Churchill.

Doch die Aktion endete in einem Desaster. Die Verbündeten starteten von ihren Schiffen aus eine Invasion, mussten dann einen schmalen Strand überwinden, um anschließend eine steile Böschung zu erklimmen. Weit kamen sie nicht. Sie konnten zwar landen, den Strand und einige Anhöhen erobern, doch dann blieb die Offensive im Feuer der türkischen Abwehr stecken. Monatelang konnten die Alliierten ihre Stellungen halten, unternahmen immer wieder neue Angriffe, die aber stets zurückgewiesen wurden. Ende 1915 wurde die sinnlose Aktion abgebrochen. Der strahlende Sieger auf türkischer Seite war der General Kemal Pascha, später bekannt als Atatürk. Durch diesen Kampf avancierte er zum Nationalhelden.


Auf beiden Seiten forderte die Schlacht etwa 100.000 Todesopfer, Australien beklagte 8.709 Gefallene. Keine bedeutenden Zahlen für den ersten Weltkrieg, die Schlacht von Gallipoli insgesamt hatte keinerlei Bedeutung für den Verlauf des Krieges.

Doch für Australien bildete der 25.April 1915 die Geburtsstunde ihrer Nation. Der Kontinent bestand ursprünglich aus einem halben Dutzend unabhängiger Kolonien mit verschiedenen Generalgouverneuren und erst 1901 formierten sie sich zum Commonwealth of Australia. 1907 bekamen sie den Dominionstatus und waren damit nahezu unabhängig. Die Verbindung mit der alten Kolonialmacht blieb bestehen, noch heute ist die englische Königin das Staatsoberhaupt von Australien. Erst der Weltkrieg schuf aber aus den 4 Millionen Australiern, die schon aufgrund der großen Entfernungen im Land nur wenig miteinander verband, eine neue Nation, die im Krieg ihre Feuertaufe erhielt und anschließend weltweit auf Anerkennung stieß. Ansonsten war der militärische Einsatz am anderen Ende der Welt völlig sinnlos, Australien hatte in der Türkei nichts verloren. Doch der Blutzoll war unverhältnismäßig hoch, über 60.000 Australier verloren im Ersten Weltkrieg an allen Fronten ihr Leben.


Im Zweiten Weltkrieg war dann aber das Land tatsächlich bedroht, denn die Japaner bombardierten Darwin im Norden und planten eine Offensive, die aber nicht zur Ausführung kam, da die Aggressoren von den Amerikanern auf den Philippinen gestoppt wurden. Der Schock saß bei den „Aussies“ ziemlich tief, sie wurden sich ihrer Verwundbarkeit bewusst. Die Lösung sahen sie in einer Auffüllung des Landes mit Einwanderern, doch im Rahmen der „White Australian“ Politik wollte man nur Zuwanderer aus Europa dulden. Panische Angst vor asiatischen Billigarbeitskräften veranlasste vor allem die Gewerkschaften zu dieser Politik, sollte doch die Arbeitskraft knapp und teuer gehalten werden. Erst in den siebziger Jahren wurden die diskriminierenden Einwanderungsgesetze aufgehoben und sieben Prozent der jetzt über zwanzig Millionen Bewohner stammen aus den asiatischen Nachbarstaaten. Gegenwärtig dürfen rund 100.000 Menschen zuwandern. In den vergangenen Jahren siedelten viele weiße Südafrikaner vor allem in den Westen nach Perth über. Im Zuge der Eurokrise wanderten zahlreiche Griechen zu. In Australien lebten schon vorher 700.000 Griechen, ihre Zahl wird erheblich zunehmen. Das Land ist unverändert sehr beliebt als Einwandererland weltweit.

Anders als viele glauben, bietet der Kontinent in vielen Gebieten durchaus angenehme Lebensverhältnisse, sieht man von dem unfruchtbaren Outback einmal ab. Die östlichen Regionen, Südaustralien um Adelaide und vor allem das Gebiet um Perth in Westaustralien sind fruchtbar und haben ausreichend Niederschläge. Jeder, der in den quirligen Metropolen anreist, wie z.B. in der 4 Millionenstadt Sydney mit ihren wundervollen Stränden, gelegen am Fuße der Blue Mountains, fühlt sich hier sofort sehr wohl. Die Bewohner genießen einen sehr hohen Lebensstandard, Armut ist kaum sichtbar und auch tatsächlich nur wenig vorhanden. Viele Australier glauben, sie leben in einer nivellierten Mittelstandsgesellschaft, in der jeder in etwa gleich viel besitzt, was natürlich eine Illusion ist, aber die Vermögensunterschiede sind anders als den USA nicht sichtbar. Während der amerikanische Traum darin besteht, möglichst viel Geld zu verdienen, ist es der australische Traum, möglichst viel Freizeit zu genießen, ein durchaus sympathischer Zug. Also wünschen wir dem Land alles Gute zu seinem Nationalfeiertag!
Renegat
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Hallo Karlheinz, du kennst Australien recht gut, kannst du bei Gelegenheit etwas über die Integration der Aboriginis berichten. Sind die heute teilweise in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen?
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Renegat hat geschrieben:Hallo Karlheinz, du kennst Australien recht gut, kannst du bei Gelegenheit etwas über die Integration der Aboriginis berichten. Sind die heute teilweise in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen?
Lieber Renegat,
ich glaube nicht, dass sie in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen sind. Aber Karlheinz wird uns darüber sicherlich aufklären. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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dieter hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:Hallo Karlheinz, du kennst Australien recht gut, kannst du bei Gelegenheit etwas über die Integration der Aboriginis berichten. Sind die heute teilweise in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen?
Lieber Renegat,
ich glaube nicht, dass sie in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen sind. Aber Karlheinz wird uns darüber sicherlich aufklären. :wink:
Nein, die Aborigines sind nicht integriert. Ihre Zahl beträgt derzeit 410.000, das sind 2,4% der Gesamtbevölkerung. Rechtlich sind sie jetzt gleichgestellt, aber sozial nicht. Ein Problem besteht meines Erachtens darin, das Weiße und Einheimische in der Regel getrennt voneinander leben. Viele Eingeborene wohnen mehr im Innern des Landes, die überwältigende Masse der Einwanderer hingegen in den großen Städten an der Küste. In Sydney sieht man gelegentlich Aborigines im Hafen, wo sie ihr Didgeridoo für Touristen spielen. Wenn man dort nicht hingeht, kann man in Sydney jahrelang leben, ohne einen Einheimischen zu treffen. Deshalb kennen viele Australier die Aborigines auch nur wie wir aus dem Fernsehen. In den Bundesstaten Victoria mit Melbourne oder in South Australia mit Adelaide leben praktisch gar keine Ureinwohner.

Anders hingegen im Innern des Kontinents. Hier trifft man sie häufiger in der Nähe der wenigen Städte an. In Alice Springs z.B. die Stadt hat 22.000 Einwohner, sind 17% davon Aborigines. Die meisten leben von einer Art Sozialhilfe. Frühmorgens tauchen sie aus dem Busch auf, versorgen sich in den Supermärkten mit Lebensmitteln, vor allem aber mit großen Mengen von Bier und Wein, verschwinden dann wieder in den Busch. Andere leben hingegen in den Reservaten und versuchen, ihre alte Lebensweise beizubehalten. Dies ist allerdings schwer, da viele Aborigines es vorziehen, von der staatlichen Unterstützung zu leben. Solange diese ausreichend gewährt wird, besteht bei ihnen auch kein Anreiz, einen Beruf zu erlernen oder einer normalen Arbeit nachzugehen. So wird ein großer Teil der Ureinwohner alimentiert und viele könnten auch gar nicht mehr der alten Lebensweise nachgehen, da sie diese verlernt haben, aber eine Integration ist derzeit auch schwer möglich. So befinden sie sich in einer Sackgasse.

Die meisten weißen Australier haben eine sehr schlechte Meinung von den Eingeborenen. Sie halten sie für faul und für Sozialschmarotzer. Da sie allerdings mit ihnen kaum in Berührung kommen, ist dies eigentlich kein wirkliches Problem. Beunruhigt hingegen sind viele von den asiatischen Zuwanderern. In Sydney wird das Straßenbild schon seit Jahren immer mehr von den Ostasiaten geprägt. Es gibt dort auch eine große Chinatown. Hier bauen sich Konflikte auf, denn viele Einheimische stören sich an dem enormen Ehrgeiz und dem Bienenfleiß der Chinesen und Vietnamesen. Wenn es Probleme in der Zukunft gegen sollte, dann sicherlich mit den Asiaten und nicht mit den Ureinwohnern.
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Karlheinz hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:Hallo Karlheinz, du kennst Australien recht gut, kannst du bei Gelegenheit etwas über die Integration der Aboriginis berichten. Sind die heute teilweise in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen?
Lieber Renegat,
ich glaube nicht, dass sie in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen sind. Aber Karlheinz wird uns darüber sicherlich aufklären. :wink:
Nein, die Aborigines sind nicht integriert. Ihre Zahl beträgt derzeit 410.000, das sind 2,4% der Gesamtbevölkerung. Rechtlich sind sie jetzt gleichgestellt, aber sozial nicht. Ein Problem besteht meines Erachtens darin, das Weiße und Einheimische in der Regel getrennt voneinander leben. Viele Eingeborene wohnen mehr im Innern des Landes, die überwältigende Masse der Einwanderer hingegen in den großen Städten an der Küste. In Sydney sieht man gelegentlich Aborigines im Hafen, wo sie ihr Didgeridoo für Touristen spielen. Wenn man dort nicht hingeht, kann man in Sydney jahrelang leben, ohne einen Einheimischen zu treffen. Deshalb kennen viele Australier die Aborigines auch nur wie wir aus dem Fernsehen. In den Bundesstaten Victoria mit Melbourne oder in South Australia mit Adelaide leben praktisch gar keine Ureinwohner.

Anders hingegen im Innern des Kontinents. Hier trifft man sie häufiger in der Nähe der wenigen Städte an. In Alice Springs z.B. die Stadt hat 22.000 Einwohner, sind 17% davon Aborigines. Die meisten leben von einer Art Sozialhilfe. Frühmorgens tauchen sie aus dem Busch auf, versorgen sich in den Supermärkten mit Lebensmitteln, vor allem aber mit großen Mengen von Bier und Wein, verschwinden dann wieder in den Busch. Andere leben hingegen in den Reservaten und versuchen, ihre alte Lebensweise beizubehalten. Dies ist allerdings schwer, da viele Aborigines es vorziehen, von der staatlichen Unterstützung zu leben. Solange diese ausreichend gewährt wird, besteht bei ihnen auch kein Anreiz, einen Beruf zu erlernen oder einer normalen Arbeit nachzugehen. So wird ein großer Teil der Ureinwohner alimentiert und viele könnten auch gar nicht mehr der alten Lebensweise nachgehen, da sie diese verlernt haben, aber eine Integration ist derzeit auch schwer möglich. So befinden sie sich in einer Sackgasse.

Die meisten weißen Australier haben eine sehr schlechte Meinung von den Eingeborenen. Sie halten sie für faul und für Sozialschmarotzer. Da sie allerdings mit ihnen kaum in Berührung kommen, ist dies eigentlich kein wirkliches Problem. Beunruhigt hingegen sind viele von den asiatischen Zuwanderern. In Sydney wird das Straßenbild schon seit Jahren immer mehr von den Ostasiaten geprägt. Es gibt dort auch eine große Chinatown. Hier bauen sich Konflikte auf, denn viele Einheimische stören sich an dem enormen Ehrgeiz und dem Bienenfleiß der Chinesen und Vietnamesen. Wenn es Probleme in der Zukunft gegen sollte, dann sicherlich mit den Asiaten und nicht mit den Ureinwohnern.
Lieber Karlheinz,
vielen Dank für Deine Aufklärung. :) Ich hätte dazu nur eine Frage, ist nicht mehr genügend jagdbares Wild (Kägeruh) da, dass sie ihre alte Lebensweise der Jagd und des Sammelns noch ausüben könnten :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
ehemaliger Autor K.

Dieter:
vielen Dank für Deine Aufklärung. :) Ich hätte dazu nur eine Frage, ist nicht mehr genügend jagdbares Wild (Kägeruh) da, dass sie ihre alte Lebensweise der Jagd und des Sammelns noch ausüben könnten
Nein, Kängurus gibt es zum Glück noch genügend. Jedenfalls sind einige Arten so reichlich vorhanden, dass es gelegentlich Quotenregelungen für Abschüsse gibt. Das Fleisch wird auch exportiert.
Für die Erbsenzähler:
Es heißt nicht Kägeruh, sondern Känguru
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Karlheinz hat geschrieben:
Dieter:
vielen Dank für Deine Aufklärung. :) Ich hätte dazu nur eine Frage, ist nicht mehr genügend jagdbares Wild (Kägeruh) da, dass sie ihre alte Lebensweise der Jagd und des Sammelns noch ausüben könnten
Nein, Kängurus gibt es zum Glück noch genügend. Jedenfalls sind einige Arten so reichlich vorhanden, dass es gelegentlich Quotenregelungen für Abschüsse gibt. Das Fleisch wird auch exportiert.
Für die Erbsenzähler:
Es heißt nicht Kägeruh, sondern Känguru
Lieber Karlheinz,
dann sind sie einfach zu faul und es ist auch bequemer für sie, sich von den australischen Behörden Verpflegung zuteilen zu lassen.Ich werde Deine Erbse aufheben. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
ehemaliger Autor K.

Noch bis in die sechziger und siebziger Jahre war Australien britischer als die Briten. Die Öffnungszeiten der Pubs mit Alkoholausschank gingen von montags bis freitags von 18.00 bis 21.00 Uhr. In diesen drei Stunden musste man sich volllaufen lassen, für viele Australier damals und teilweise noch heute ein Volkssport. Die Kneipen ließen sich an Ungemütlichkeit kaum überbieten, ohne Mobiliar, völlig überfüllt, Schlägereien an der Tagesordnung, Zutritt für Frauen verboten.

An den Wochenenden herrschte in den Städten die absolute Tristesse. Geschäfte, Restaurants, Kneipen, alles geschlossen, die Bürgersteige wurden hochgeklappt. Wer fromm war, konnte die Kirchen besuchen.

Erfreulich höchstens: die Marching Girls. Mädchen und Frauen, die in militärischer Formation durch die Straßen marschierten, private Vereine, die untereinander wetteiferten. Für Frauen gab es damals so gut wie keine Möglichkeit am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, keine Tanzveranstaltungen nichts. Wenn man einen Mann kennen lernen wollte, ging dies nur bei den Aufmärschen der Marching Girls. Hier zeigten sie ihre Reize und konnten nach der Marschiererei mit den Männern flirten.

Glücklicherweise gehört dies alles der Vergangenheit an. Inzwischen hat sich das öffentliche und private Leben
europäischen Standards angeglichen.
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