14. Mai 2023: Präsidentschaftswahl in der Türkei

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Heute ist in der Türkei Präsidentschaftswahl. Präsident Erdogan hat bei dieser Wahl mit Kemal Kılıçdaroğlu erstmals einen ernstzunehmenden Gegenkandidaten. Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.
Kılıçdaroğlu hat im Falle seiner Wahl versprochen, den demokratischen Rechtsstaat wieder herzustellen.
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andreassolar
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Ein Kopf-an-Kopf-Rennen wird wohl der Amtsinhaber für sich reklamieren....und durchsetzen können...
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Barbarossa
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Heute beginnt zunächst in Deutschland für etwa 1,5 Mill. Türken die Stimmabgabe zur Stichwahl. Grund: Keiner der Kandidaten hat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht.
Das Wahlergebnis:

Reccep Tayyip Erdogan: .... 49,51%
Kamal Kilicdaroglu ............ 44,88%
Sinan Ogan .......................... 5,17%

Die Wahlbeteiligung lag in der Türkei selbst bei 88,92%.
Im Ausland lag bei den türkischen Wählern die Wahlbeteiligung bei nur 52,69%.
Dabei erhielt Erdogan bei den Auslandstürken in Deutschland etwa 65%.
Die Stichwahl in der Türkei ist am 28. Mai 2023.
Eine Rolle könnte dabei spielen, wie sich die Wähler des dritten Kandidaten Sinan Ogan entscheiden werden.
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andreassolar
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Die Wahlbeteiligung beim 1.Wahlgang in der Türkei war dann sehr hoch mit knapp 89%. Respekt.
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Balduin
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Ja, weil tatsächlich die Möglichkeit bestand/besteht, einen Regierungswechsel herbeizuführen. Erdogan dürfte gewinnen, ich glaube kaum, dass Kilicdaroglu noch das Rennen drehen wird.

Dass die Auslandstürken in Deutschland so sehr Erdogan wählen, verwundert mich schon. Die Probleme dort sind halt doch fern: Inflation, wirtschaftliche Entwicklung...

Für mich ist ja immer wichtig: Was ändert sich bei einem Regierungswechsel für Europa und Deutschland? Ich weiß nicht, ob unter Kilicdaroglu die Veränderungen für uns so groß wären. Das für uns wichtigste Thema ist sicherlich die Flüchtlingsaufnahme durch die Türkei.
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Barbarossa
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Ich befürchte auch, dass Erdogan gewinnen wird, zumal auch der 3. Kandidat Sinan Ogan die Wahl von Erdogan empfohlen hat. Das könnte die Wahl entscheiden.
Meine größte Befürchtung dabei ist ja, dass wir damit nun die letzte eingermaßen demokratische Wahl in der Türkei gesehen haben. Nach einem Wahlsieg Erdogans ist zu befürchten, dass bei den nächsten Wahlen alle möglichen aussichtsreichen Gegenkandidaten mundtot gemacht werden - so, wie es alle Diktatoren tun.
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andreassolar
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In der Türkei herrscht keine Diktatur und Erdogan ist auch keine Diktator. Er regiert seit 21 Jahren, vergleicht man die Russische Föderation nach 20 Jahren Putin-Regime, wird die Differenz deutlich.
Nicht zuletzt dadurch, dass aktuell in der Türkei eine echte Alternative zu Erdogan wählbar ist und fast gleich hohe Stimmenanteile auf sich vereinigen kann.

Das war seit dem Antritt Putins 2000 noch nie der Fall in der Russ. Föderation gewesen.
Skeptik
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Wie groß muß der Frust der Bevölkerung sein, daß bei all der Unterdrückung im AKP-Staat des Erdogan, fast die Hälfte der Wähler ihm ihre Stimme versagten.
Schon frühzeitig hatte dieser Lump einen ernsthaften Gegenkandidaten aus dem Weg räumen lassen:
...In der vergangenen Woche (2022) wurde İmamoğlu wegen angeblicher Beleidigung der Wahlkommission zu zweieinhalb Jahren Haft mit Politikverbot verurteilt. Der Präsident und andere Regierungspolitiker versichern mit Unschuldsmiene, sie hätten nichts mit dem Richterspruch zu tun.

Und systematisch wurde die Pressefreiheit unterdrückt und Journalisten aus dem Verkehr gezogen:
...Die NGO Freedom House führt die Türkei in seinem Pressefreiheit-Index bereits seit 2014 als ein „nicht freies“ Land. Auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) liegt die Türkei unter 180 Ländern an 153. Stelle. Und die meisten Klagen, die 2020 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen Verletzung der Meinungsfreiheit eingingen, richteten sich gegen die Türkei, die damit an der Spitze der 47 Mitgliedstaaten des Europarats liegt.

...Während des Ausnahmezustands, den die Regierung nach dem gescheiterten Putsch vom Juli 2016 ausgerufen hatte und der zwei Jahre lang in Kraft blieb, wurden mindestens 189 Mediengruppen und -unternehmen (inklusive privater Agenturen) geschlossen oder beschlagnahmt. Seitdem konnte sich neben dem massiven Block regierungsfreundlicher Tageszeitungen nur noch eine Handvoll „kritischer“ landesweiter Zeitungen behaupten. Allerdings haben sie extrem niedrige Auflagen (durchschnittlich etwa 10 000) und wachsende Finanzierungs- und Vertriebsprobleme.


Erdogan gehört in das gleiche Wolfsrudel wie Putin. Er hat nur mehr Kreide gefressen.
andreassolar
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Ein Phänomen konnte in diesem Zusammenhang erneut beobachtet werden, meine ich:

Die gewöhnlichen Ausgewanderten/Auslands-Bürger wählen gerne konservativer und nationaler im Vergleich zu Bevölkerung im Herkunfts-Staat.

Das war beispielsweise bei den Auslandsdeutschen vor und nach dem I. Weltkrieg ziemlich ausgeprägt, glaube ich mich zu erinnern.
Skeptik
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andreassolar hat geschrieben: 04.06.2023, 22:24 Ein Phänomen konnte in diesem Zusammenhang erneut beobachtet werden, meine ich:

Die gewöhnlichen Ausgewanderten/Auslands-Bürger wählen gerne konservativer und nationaler im Vergleich zu Bevölkerung im Herkunfts-Staat.

Das war beispielsweise bei den Auslandsdeutschen vor und nach dem I. Weltkrieg ziemlich ausgeprägt, glaube ich mich zu erinnern.
...1914 ging das Jahrhundert der europäischen überseeischen Massenauswande- rungen zu Ende. Mit Kriegsbeginn sank die transatlantische Auswanderung sehr stark ab; denn beinahe alle wichtigen europäischen Herkunftsländer waren am Krieg beteiligt. Im Jahrfünft von 1906 bis 1910 hatte die jährliche europäische überseeische Auswanderung bei knapp 1,4 Millionen Menschen gelegen. Auch im folgenden Jahrfünft von 1911 bis 1915 sank die jährliche Auswanderung mit über 1,3 Millionen nur ganz leicht ab. Zwischen 1916 und 1920 aber ging dann die Auswandererzahl massiv auf ein Drittel zurück und erreichte im Durch- schnitt pro Jahr nur mehr 431.000.
https://www.hdbg.de/auswanderung/docs/oltmer.pdf

Fern der Heimat entwickelt sich wohl zwangsläufig eine spezifische "Heimattreue". Diese Arbeit hier läßt das erkennen:
https://www.grin.com/document/113038
Mir scheint der 3. Punkt dafür bezeichnend:

3. Rechtskonservative Gemeinschaftsbildung der Deutschsprachigen in Buenos Aires

3.1 Aspekte soziökonomischer Transformation der deutschsprachigen Gemeinschaft in Buenos Aires bis zum Ende des ersten Weltkrieges
a) Sozioökonomische Transformation der deutschsprachigen Gemeinschaft vor dem ersten Weltkrieg
b) Aspekte der sozialen Entwicklung ab 1914

3.2 Antiliberales Denken und (rechts-)konservative Gemeinschaftsbildung in Buenos Aires
a) Antiliberales und antidemokratischen Denken in Deutschland und Argentinien
b) Die positive Integration des völkischen Diskurses
.1 Struktur des völkischen Integrationsdiskurses
.2 Brückenbegriff im ideologischen Kampf um Gemeinschaft: Der Heimatdiskurs

3.3 Richtungsstreit und politische Polarisierung zu Beginn der Weimarer Republik .
a) Die Wahrnehmung von Kriegsende und Versailles bei den Deutschsprachigen in Buenos Aires
b) Politische Polarisierung: Die Auseinandersetzungen der Deutschsprachigen in Buenos Aires nach dem Ende des Ersten Weltkrieges
c) Der Beginn der Weimarer Republik: Keiper vs. Alemann, der Streit zwischen
„Reichsdeutschen“ und „Volkdeutschen“

3.4 Deutsche Farben, deutsche Flaggen: Die konservative deutschsprachige Kolonie in Buenos Aires und ihre politische Symbolik
a) Politische Symbolik als Auseinandersetzungsfeld zu Beginn der Weimarer Republik
b) Identifikationsprobleme und offene Ablehnung: die politische Symbolik der Weimarer Republik und die deutschsprachige Gemeinschaft in Buenos Aires
c) Antirepublikanische Propaganda und nationale Feiertage in Buenos Aires
d) Zwischen politischer Parteinahme und Vermittlung: Die Rolle der Deutschen Gesandtschaft in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre
e) Zusammenfassung: Die Klaglose Neuorganisation politischer Symbolik – der Übergang zur Regierung Hitler
andreassolar
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Ja....ich erinnere mich an Arbeiten über dt. Auswanderer in Brasilien vor 1914, und an die erstaunlich breite freundliche Rezeption der NS-Bewegung, des NS-Deutschland bei den Auslandsdeutschen. An die Arbeit des Dt. Auslandsinstituts in Stuttgart ab 1920.

In der Ferne bilden sich dann öfter idyllischere Rückbilder der Vergangenheit. Während die aktuelleren Entwicklungen im Herkunftsland eben öfter nicht mehr so und nicht mehr in aller Breite rezipiert, wahrgenommen werden.
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