Es hing schon auch viel vom jeweiligen Herrscher ab, wie ausufernd die Hexenverfolgungen waren: Beispiel Pfalz-Neuburg.
http://www.neusob.de/historischerverein ... 0donau.pdf
"Neuerdings ist (...) eine grundlegende Arbeit Wolfgang Behringers über Hexenverfolgungen in Bayern erschienen (...).
Nach dieser Arbeit sind im Fürstentum Pfalz-Neuburg vor 1570 keine Hexenverfolgungen bekannt. Danach sind einzelne Hexenprozesse in Höchstädt und Lauingen dokumentiert, die zeigen, dass man in der evangelischen Periode zwar grundsätzlich die Bestrafung von Hexerei befürwortete und auch umliegende Territorien bei deren Verfolgung unterstützte, dass man selber aber durchaus vorsichtig bei der Bewertung der angezeigten Fälle vorgegangen ist. Für die Stadt Neuburg sind die ersten Hexenprozesse 1602 und 1613 beurkundet; der Prozess 1613 endete mit einer Hinrichtung.
Eine große Verfolgungswelle ist im Fürstentum Pfalz-Neuburg erst in der katholischen Zeit unter der Regierung des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm festzustellen, der sich wie sein Schwager Herzog Maximilian von Bayern durch eine düstere, an Sünde und Strafe orientierte Religiosität und besonderen Hexenwahn auszeichnete. Offenbar haben sich in Neuburg die durch den teilweise erzwungenen kollektiven Religionswechsel verursachten, bewussten und unbewussten Ängste stimulierend ausgewirkt.
Auch wird in dieser Zeit der Einfluss der Verfolgungsbefürworter aus Ingolstadt wirksam, deren Vertreter prominente Jesuiten, wie Petrus Canisius und Jakob Gretser waren. (...)
Aus den Jahren 1629/30 sind aus Neuburg 38 Prozesse mit vielen Hinrichtungen bekannt. In Reichertshofen wurden 1628/29 ebenfalls etwa 80 Prozesse durchgeführt, von denen mindestens 51 mit einer Hinrichtung endeten. Diese Verfolgungswelle ebbte erst nach 1635 ab. "
Trotzdem wurden in Reichertshofen noch 1661 ganze Familien hingerichtet, ebenso 1655 im brandenburgischen Amberg, 1656 in der Stadt Memmingen. die Familienprozesse hatten ihren Höhepunkt zwischen 1690 und 1730, wiederum mit "Höhepunkten" in Bayern (Haidau, Rain) und im augsburgischen Schwabmünchen. (Behringer: Witchcraft Persecutions in Bavaria).
1717 und 1723 wurden in Freising sogar Kinder als Hexen bzw. Hexer hingerichtet! (kurz:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kinderhexe ... n_Freising).
Laut Reinhard Haiplik ("Hexen in der Hallertau", Pfaffenhofen/Ilm 2000) fand noch 1730 in Pfaffenhofen der letzte Hexenprozess in der Hallertau statt, die letzten Hexen wurden in Bayern 1754 und 1756 in Landshut verbrannt. Eine davon war erst 13 Jahre alt...
1775 wurde im Stift Kempten die letzte Hexenhinrichtung auf deutschem Boden vollzogen, die letzte in Europa war die von Anna Göldi in Glarus 1782.
Zusammenfassend: In Pfalz-Neuburg machten die Protestanten von Höchstädt und Lauingen den Anfang, richtig hoch her ging es in Sachen Hexen aber im katholischen Bayern bzw. im rekatholisierten Pfalz-Neuburg. Und auch Augsburg und Kempten waren ja katholisch...genauso muss aber gesagt werden, dass es Katholiken waren, die energisch dagegen eintraten, dass Hexenverfolgungen auf purem Aberglauben beruhen. Es waren Ingolstädter Professoren, die noch im 16.Jh. juristische Stellungnahmen abgaben, um ihren hexengläubigen Kollegen, die ja auch an der Uni Ingolstadt lehrten, in die Parade zu fahren. Und 1766 war es der Theatinerpater Ferdinand Sterzinger, der mit einer öffentlichen Rede die Hexenprozesse (in Bayern) endgültig beendete. Zitat Haiplik: "Doch erst im Strafgesetzbuch von Feuerbach 1813 standen Hexerei und Zauberei nicht mehr unter Strafe."
*seufz* Haiplik berichtet für die Hallertau sogar noch aus den 1960er Jahren von Anzeigen wegen Hexerei...der Aberglaube sitzt tief...
Beppe
Es hing schon auch viel vom jeweiligen Herrscher ab, wie ausufernd die Hexenverfolgungen waren: Beispiel Pfalz-Neuburg.
http://www.neusob.de/historischervereinneuburg/hexenwahn%20und%20hexenverfolgung%20in%20neuburg%20an%20der%20donau.pdf
"Neuerdings ist (...) eine grundlegende Arbeit Wolfgang Behringers über Hexenverfolgungen in Bayern erschienen (...).
Nach dieser Arbeit sind im Fürstentum Pfalz-Neuburg vor 1570 keine Hexenverfolgungen bekannt. Danach sind einzelne Hexenprozesse in Höchstädt und Lauingen dokumentiert, die zeigen, dass man in der evangelischen Periode zwar grundsätzlich die Bestrafung von Hexerei befürwortete und auch umliegende Territorien bei deren Verfolgung unterstützte, dass man selber aber durchaus vorsichtig bei der Bewertung der angezeigten Fälle vorgegangen ist. Für die Stadt Neuburg sind die ersten Hexenprozesse 1602 und 1613 beurkundet; der Prozess 1613 endete mit einer Hinrichtung.
Eine große Verfolgungswelle ist im Fürstentum Pfalz-Neuburg erst in der katholischen Zeit unter der Regierung des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm festzustellen, der sich wie sein Schwager Herzog Maximilian von Bayern durch eine düstere, an Sünde und Strafe orientierte Religiosität und besonderen Hexenwahn auszeichnete. Offenbar haben sich in Neuburg die durch den teilweise erzwungenen kollektiven Religionswechsel verursachten, bewussten und unbewussten Ängste stimulierend ausgewirkt.
Auch wird in dieser Zeit der Einfluss der Verfolgungsbefürworter aus Ingolstadt wirksam, deren Vertreter prominente Jesuiten, wie Petrus Canisius und Jakob Gretser waren. (...)
Aus den Jahren 1629/30 sind aus Neuburg 38 Prozesse mit vielen Hinrichtungen bekannt. In Reichertshofen wurden 1628/29 ebenfalls etwa 80 Prozesse durchgeführt, von denen mindestens 51 mit einer Hinrichtung endeten. Diese Verfolgungswelle ebbte erst nach 1635 ab. "
Trotzdem wurden in Reichertshofen noch 1661 ganze Familien hingerichtet, ebenso 1655 im brandenburgischen Amberg, 1656 in der Stadt Memmingen. die Familienprozesse hatten ihren Höhepunkt zwischen 1690 und 1730, wiederum mit "Höhepunkten" in Bayern (Haidau, Rain) und im augsburgischen Schwabmünchen. (Behringer: Witchcraft Persecutions in Bavaria).
1717 und 1723 wurden in Freising sogar Kinder als Hexen bzw. Hexer hingerichtet! (kurz: http://de.wikipedia.org/wiki/Kinderhexenprozesse_in_Freising).
Laut Reinhard Haiplik ("Hexen in der Hallertau", Pfaffenhofen/Ilm 2000) fand noch 1730 in Pfaffenhofen der letzte Hexenprozess in der Hallertau statt, die letzten Hexen wurden in Bayern 1754 und 1756 in Landshut verbrannt. Eine davon war erst 13 Jahre alt...
1775 wurde im Stift Kempten die letzte Hexenhinrichtung auf deutschem Boden vollzogen, die letzte in Europa war die von Anna Göldi in Glarus 1782.
Zusammenfassend: In Pfalz-Neuburg machten die Protestanten von Höchstädt und Lauingen den Anfang, richtig hoch her ging es in Sachen Hexen aber im katholischen Bayern bzw. im rekatholisierten Pfalz-Neuburg. Und auch Augsburg und Kempten waren ja katholisch...genauso muss aber gesagt werden, dass es Katholiken waren, die energisch dagegen eintraten, dass Hexenverfolgungen auf purem Aberglauben beruhen. Es waren Ingolstädter Professoren, die noch im 16.Jh. juristische Stellungnahmen abgaben, um ihren hexengläubigen Kollegen, die ja auch an der Uni Ingolstadt lehrten, in die Parade zu fahren. Und 1766 war es der Theatinerpater Ferdinand Sterzinger, der mit einer öffentlichen Rede die Hexenprozesse (in Bayern) endgültig beendete. Zitat Haiplik: "Doch erst im Strafgesetzbuch von Feuerbach 1813 standen Hexerei und Zauberei nicht mehr unter Strafe."
*seufz* Haiplik berichtet für die Hallertau sogar noch aus den 1960er Jahren von Anzeigen wegen Hexerei...der Aberglaube sitzt tief...
Beppe