Ich tät' vorschlagen, das Thema a bisserl zu zerstückeln.
Sicherlich ist's so, dass Staatsbürgerschaft auch mit Identität, Heimat, Kultur usw. zu tun hat (wobei sich aber die Frage stellt, ob sich ein Gemeinwesen - oder der bürokratische Arm eines Gemeinwesens - anmassen darf oder überhaupt dazu in der Lage ist zu entscheiden, wer wo und wie "dazugehört", "passt", und wer nicht),
aber eben nicht nur (wobei Identität andersherum freilich auch nicht auf Staatsbürgerschaft beschränkt ist).
Problem dabei ist schon, dass Bürokratie sprich Verwaltung da auch gegen Pfeiler des Zivilrechts und der politischen Mitbestimmung arbeitet, schon aus Prinzip (was aber auch durchaus Sinn hat, auf der anderen Seite).
Trotzdem ist es in der heutigen Welt nämlich so, wie Renegat sagt:
Renegat hat geschrieben:
...
Mehrfachstaatsangehörigkeiten bilden diese Lebenswirklichkeit ab, ...
...
... und diese Lebenswirklichkeiten hängen stark ab von bürokratischen und teilweise auch zivilrechtlichen Sachlagen, welche sich z.T. wieder aus der jeweiligen Staatsangehörigkeit ergeben (z.B. Nutzung von Eigentum und Aufenthaltsrecht, Erbschaft von Liegenschaften usw., aber auch Besteuerung u.ä.).
Nun kann man sagen: Ja gut, aber nicht nur der "Doppelbürger" ist in die heutige, globale und polizentrische Lebenswelt hineingeboren, auch ein "Einfachbürger" arbeitet bisweilen in London, wohnt in Barcelona und studiert in Paris, oder ist Saisonarbeiter im Tourismus in Nizza oder Zermatt und wohnt in der anderen Saison in Breslau oder Minsk;
das kann jedem so gehen, der muss oder will oder beides.
Der Unterschied zum "abstammungsmässigen" Doppelbürger dabei ist aber, dass ein Kind von "Migranten" über die Lebensumstände, die ihn mitbestimmen, gar nicht entscheiden kann und nicht konnte, und dass die Wahrscheinlichkeit, dass er in der Türkei Land erbt, Steuern zahlt usw. sehr viel höher sind als bei einem Menschen, der keine türkischen Vorfahren hat.
Renegat hat geschrieben:Wenn man niemanden kennt, der davon betroffen ist, kann man es sich wahrscheinlich nicht vorstellen.
Habt ihr schon mal Gruppenurlaub in Ostfriesland gemacht und es gehörte zum Spaß, dabei zum Lakritzkaufen auf den Wochenmarkt ins benachbarte NL zu fahren? Wißt ihr welchen Aufwand das für einen Nicht-EU-Ausländer bedeuten kann?
...
Ja, oder Schengen. Die Schweiz z.B. gehört dazu, GB und IRL nicht. Früher, ohne Schengen, konnten sich Ausländer 3 Monate in einem halben Jahr in einem Land aufhalten, dann konnten sie ins nächste und es dort genauso machen. Heute geht das nicht mehr. Nicht-EU/EFTA-Bürger haben nur noch 90 auf 180 Tage in allen Schengen-Staaten zusammen zur Verfügung, dann müssen sie raus.
Und es ist auch heute noch mitnichten so, dass eine EU-Staatsangehörigkeit reicht, um sich in anderen EU- oder EFTA-Staaten anzusiedeln. Allein Bewegungsfreiheit ist gegeben, keine Niederlassungs- oder Arbeitsfreiheit. Das ist ein weiterer Faktor, der der allgemeinen Lebenswirklichkeit um Jahrzehnte hinterherhinkt, und die eine Mehrfachstaatsbürgerschaft nach wie vor erstrebenswert macht.
Die zweite Komponente ist die emotionale:
Renegat hat geschrieben:Vielleicht gehören die Eltern/Großeltern noch zur migrierten Gastarbeitergeneration, die eigentlich nur ein paar Jahre bleiben wollte und die lange dem Traum nachhingen, zumindest als Rentner in die Türkei zurückzukehren. Eltern/Großeltern können auf einen jungen Menschen einen starken emotionalen Einfluss ausüben.
...
Barbarossa hat geschrieben:
...
Die derzeitige deutsche Gestzgebung ist ja insofern noch noch liberal, da man eine Entscheidungsmöglichkeit hat.
...
Ueberhaupt nicht liberal, sondern kleingeistig-philisterisch und diskrimierend.
EU-/EFTA-Bürger dürfen ihre vorige Staatsbürgerschaft behalten, Türken nicht.
Deutschland ist eines der wenigen Länder, welches um das Thema so ein Theater macht.
LG
Ich tät' vorschlagen, das Thema a bisserl zu zerstückeln.
Sicherlich ist's so, dass Staatsbürgerschaft auch mit Identität, Heimat, Kultur usw. zu tun hat (wobei sich aber die Frage stellt, ob sich ein Gemeinwesen - oder der bürokratische Arm eines Gemeinwesens - anmassen darf oder überhaupt dazu in der Lage ist zu entscheiden, wer wo und wie "dazugehört", "passt", und wer nicht),
aber eben nicht nur (wobei Identität andersherum freilich auch nicht auf Staatsbürgerschaft beschränkt ist).
Problem dabei ist schon, dass Bürokratie sprich Verwaltung da auch gegen Pfeiler des Zivilrechts und der politischen Mitbestimmung arbeitet, schon aus Prinzip (was aber auch durchaus Sinn hat, auf der anderen Seite).
Trotzdem ist es in der heutigen Welt nämlich so, wie Renegat sagt:
[quote="Renegat"]
...
Mehrfachstaatsangehörigkeiten bilden diese Lebenswirklichkeit ab, ...
...[/quote]
... und diese Lebenswirklichkeiten hängen stark ab von bürokratischen und teilweise auch zivilrechtlichen Sachlagen, welche sich z.T. wieder aus der jeweiligen Staatsangehörigkeit ergeben (z.B. Nutzung von Eigentum und Aufenthaltsrecht, Erbschaft von Liegenschaften usw., aber auch Besteuerung u.ä.).
Nun kann man sagen: Ja gut, aber nicht nur der "Doppelbürger" ist in die heutige, globale und polizentrische Lebenswelt hineingeboren, auch ein "Einfachbürger" arbeitet bisweilen in London, wohnt in Barcelona und studiert in Paris, oder ist Saisonarbeiter im Tourismus in Nizza oder Zermatt und wohnt in der anderen Saison in Breslau oder Minsk;
das kann jedem so gehen, der muss oder will oder beides.
Der Unterschied zum "abstammungsmässigen" Doppelbürger dabei ist aber, dass ein Kind von "Migranten" über die Lebensumstände, die ihn mitbestimmen, gar nicht entscheiden kann und nicht konnte, und dass die Wahrscheinlichkeit, dass er in der Türkei Land erbt, Steuern zahlt usw. sehr viel höher sind als bei einem Menschen, der keine türkischen Vorfahren hat.
[quote="Renegat"]Wenn man niemanden kennt, der davon betroffen ist, kann man es sich wahrscheinlich nicht vorstellen.
Habt ihr schon mal Gruppenurlaub in Ostfriesland gemacht und es gehörte zum Spaß, dabei zum Lakritzkaufen auf den Wochenmarkt ins benachbarte NL zu fahren? Wißt ihr welchen Aufwand das für einen Nicht-EU-Ausländer bedeuten kann?
...[/quote]
Ja, oder Schengen. Die Schweiz z.B. gehört dazu, GB und IRL nicht. Früher, ohne Schengen, konnten sich Ausländer 3 Monate in einem halben Jahr in einem Land aufhalten, dann konnten sie ins nächste und es dort genauso machen. Heute geht das nicht mehr. Nicht-EU/EFTA-Bürger haben nur noch 90 auf 180 Tage in allen Schengen-Staaten zusammen zur Verfügung, dann müssen sie raus.
Und es ist auch heute noch mitnichten so, dass eine EU-Staatsangehörigkeit reicht, um sich in anderen EU- oder EFTA-Staaten anzusiedeln. Allein Bewegungsfreiheit ist gegeben, keine Niederlassungs- oder Arbeitsfreiheit. Das ist ein weiterer Faktor, der der allgemeinen Lebenswirklichkeit um Jahrzehnte hinterherhinkt, und die eine Mehrfachstaatsbürgerschaft nach wie vor erstrebenswert macht.
Die zweite Komponente ist die emotionale:
[quote="Renegat"]Vielleicht gehören die Eltern/Großeltern noch zur migrierten Gastarbeitergeneration, die eigentlich nur ein paar Jahre bleiben wollte und die lange dem Traum nachhingen, zumindest als Rentner in die Türkei zurückzukehren. Eltern/Großeltern können auf einen jungen Menschen einen starken emotionalen Einfluss ausüben.
...[/quote]
[quote="Barbarossa"]
...
Die derzeitige deutsche Gestzgebung ist ja insofern noch noch liberal, da man eine Entscheidungsmöglichkeit hat.
...[/quote]
Ueberhaupt nicht liberal, sondern kleingeistig-philisterisch und diskrimierend.
EU-/EFTA-Bürger dürfen ihre vorige Staatsbürgerschaft behalten, Türken nicht.
Deutschland ist eines der wenigen Länder, welches um das Thema so ein Theater macht.
LG