von Tommy » 11.01.2013, 01:45
rfon hat geschrieben:"Stuttgart 21" (es gibt aber auch weitere Beispiele) ist für mich ein Beispiel dafür, daß die Demokratie hierzulande durchaus funktioniert.
Inwiefern funktioniert Demokratie bei S21? Dass die Menschen überhaupt protestieren dürfen? Ohje, dann haben wir unsere Ansprüche an einen Rechtsstaat aber stark gesenkt.
Sollte irgendein Regime z. B. durch einen Putsch oder so an die Macht kommen und das Grundgesetz aushebeln wollen, so gilt auch das Widerstandsrecht weiter, selbst wenn dieses Regime etwas anderes behaupten sollte.
20(4) ist eine zwiespältige Sache. Wer sagt denn, dass Demokratie in unserer jetzigen Form die beste Lösung ist? Ich vertrete die Meinung nicht, aber sie hat durchaus ihre Logik: Wenn die Bürger mehrheitlich eine Partei unterstützen, die ein anderes Regierungskonstrukt anbietet, dann ist die Abschaffung der Verfassung legitim - ein Widerstandsrecht für die ~5% Gegner ist dann wohl nicht zu befürworten.
(Diese Meinung kann man hassen
)
Ich finde ganz und gar nicht, dass S21 ein Beweis für das Funktionieren unserer Demokratie ist. Die Geschichte des Widerstandes im Zuge der Durchsetzung des S21-Projektes hat eines gezeigt: Die Mittel, die dem Bürger durch das Recht an die Hand gegeben werden, damit er gegen Entscheidungen der Regierung vorgehen kann, sind unzureichend. Solange ein Protest friedlich bleibt, ändert sich nichts. Solange die Proteste gegen S21 friedlich waren und selbst als sie anfingen, unfriedlich zu werden, gab es nichts, was darauf hinwies, dass sich verantwortliche Stellen genötigt fühlten, den Bürgerprotest ernst zu nehmen. Erst als die Situation derart eskalierte, dass die ganze Republik hinsah, hat man gemerkt, dass es so nicht weitergehen kann. Alle Bürger haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Und solange sie genau das tun, ändert sich überhaupt nichts. Manchmal habe ich den Eindruck, das Recht, seine Meinung frei zu äußern, ist nichts anderes als die Beruhigungspille für den mündigen Bürger. Denn nirgendwo steht geschrieben, dass die Regierung auch verpflichtet ist, zuzuhören, wenn der Bürger seine Meinung äußert. Der S21-Protest hat nur funktioniert, weil die Bürger gegen geltendes Recht verstoßen haben und die Polizeiführung in Baden Württemberg ganz offensichtlich überfordert war und unangemessen reagiert hat. In unserem Land kannst Du die Regierungen nur dann zum Zuhören bewegen, wenn Du ihnen Deine Meinung mit Hilfe eines Vorschlaghammers vor den Schädel ballerst (bildlich gesprochen). Das ist in Stuttgart geschehen, und genau so sollte es eben nicht sein!
"Wenn Wahlen etwas verändern könnten, wären sie verboten", soll Kurt Tucholsky gesagt haben. So krass ist es sicher nicht, aber Fakt ist: alles, was geeignet wäre, die Regierung zum Zuhören und zu einer Rechtfertigung gegenüber dem Bürger zu ZWINGEN, ist verboten. Alle erlaubten Mittel sind sozusagen ein Tiger ohne Zähne. Das einzige friedliche und zugleich das mächtigste Werkzeug des Bürgers sind meiner Ansicht nach tatsächlich die Wahlen. Was Wahlen angeht, ist Deutschland wohl wirklich eine Vorzeigedemokratie, denn freie, gleiche und geheime Wahlen scheinen sogar der jeweiligen Regierung heilig zu sein, obwohl die nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren hat. Das beruhigt mich ungemein, ist aber nur der halbe Weg zu "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus".
[quote="rfon"][quote]"Stuttgart 21" (es gibt aber auch weitere Beispiele) ist für mich ein Beispiel dafür, daß die Demokratie hierzulande durchaus funktioniert. [/quote]
Inwiefern funktioniert Demokratie bei S21? Dass die Menschen überhaupt protestieren dürfen? Ohje, dann haben wir unsere Ansprüche an einen Rechtsstaat aber stark gesenkt.
[quote]
Sollte irgendein Regime z. B. durch einen Putsch oder so an die Macht kommen und das Grundgesetz aushebeln wollen, so gilt auch das Widerstandsrecht weiter, selbst wenn dieses Regime etwas anderes behaupten sollte.[/quote]
20(4) ist eine zwiespältige Sache. Wer sagt denn, dass Demokratie in unserer jetzigen Form die beste Lösung ist? Ich vertrete die Meinung nicht, aber sie hat durchaus ihre Logik: Wenn die Bürger mehrheitlich eine Partei unterstützen, die ein anderes Regierungskonstrukt anbietet, dann ist die Abschaffung der Verfassung legitim - ein Widerstandsrecht für die ~5% Gegner ist dann wohl nicht zu befürworten.
(Diese Meinung kann man hassen :| )[/quote]
Ich finde ganz und gar nicht, dass S21 ein Beweis für das Funktionieren unserer Demokratie ist. Die Geschichte des Widerstandes im Zuge der Durchsetzung des S21-Projektes hat eines gezeigt: Die Mittel, die dem Bürger durch das Recht an die Hand gegeben werden, damit er gegen Entscheidungen der Regierung vorgehen kann, sind unzureichend. Solange ein Protest friedlich bleibt, ändert sich nichts. Solange die Proteste gegen S21 friedlich waren und selbst als sie anfingen, unfriedlich zu werden, gab es nichts, was darauf hinwies, dass sich verantwortliche Stellen genötigt fühlten, den Bürgerprotest ernst zu nehmen. Erst als die Situation derart eskalierte, dass die ganze Republik hinsah, hat man gemerkt, dass es so nicht weitergehen kann. Alle Bürger haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Und solange sie genau das tun, ändert sich überhaupt nichts. Manchmal habe ich den Eindruck, das Recht, seine Meinung frei zu äußern, ist nichts anderes als die Beruhigungspille für den mündigen Bürger. Denn nirgendwo steht geschrieben, dass die Regierung auch verpflichtet ist, zuzuhören, wenn der Bürger seine Meinung äußert. Der S21-Protest hat nur funktioniert, weil die Bürger gegen geltendes Recht verstoßen haben und die Polizeiführung in Baden Württemberg ganz offensichtlich überfordert war und unangemessen reagiert hat. In unserem Land kannst Du die Regierungen nur dann zum Zuhören bewegen, wenn Du ihnen Deine Meinung mit Hilfe eines Vorschlaghammers vor den Schädel ballerst (bildlich gesprochen). Das ist in Stuttgart geschehen, und genau so sollte es eben nicht sein!
"Wenn Wahlen etwas verändern könnten, wären sie verboten", soll Kurt Tucholsky gesagt haben. So krass ist es sicher nicht, aber Fakt ist: alles, was geeignet wäre, die Regierung zum Zuhören und zu einer Rechtfertigung gegenüber dem Bürger zu ZWINGEN, ist verboten. Alle erlaubten Mittel sind sozusagen ein Tiger ohne Zähne. Das einzige friedliche und zugleich das mächtigste Werkzeug des Bürgers sind meiner Ansicht nach tatsächlich die Wahlen. Was Wahlen angeht, ist Deutschland wohl wirklich eine Vorzeigedemokratie, denn freie, gleiche und geheime Wahlen scheinen sogar der jeweiligen Regierung heilig zu sein, obwohl die nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren hat. Das beruhigt mich ungemein, ist aber nur der halbe Weg zu "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus".