von andreassolar » 15.04.2023, 15:37
Ja, ein echtes Plus, ein echter Mehrwert, die Texte/Artikel des Geschichte-Wissen Magazins. Sachlich wie fundiert und leserlich geschrieben, sehr gute Arbeit. Mein Respekt und Dank, auch an Barbarossa und Marianne. Wie schön, dass Forums-User hier auch als kenntnisreiche Autoren agieren.
Außerdem wohltuend 'neutral', da ggf. immer wieder verschiedene Forschungspositionen referiert werden.
Eine kleine Ergänzung zum Magazin Der 1. Weltkrieg, S. 22, in der Übersicht wird in der Spalte Russland u.a. notiert:
Insbesondere Serbien war im Kampf gegen das Osmanische Reich ein wichtiger, nach Ende des Zweiten Balkankrieges 1913 sogar der einzige Verbündete. So hatte ein Angriff einer Nation auf Serbien zwangsläufig auch eine Konfrontation mit Russland zur Folge.
Der unterstrichene Satz kann dahin zutreffender formuliert werden, ein von Serbien nicht provozierter Angriff eines anderen Staates hätte auch einen Konfrontation mit Russland nach sich gezogen.
Die Durazzo-Krise im November 1912:
Serbien wollte im Rahmen des erfolgreichen Balkankriegs das albanische Durazzogebiet im Osmanischen Reich besetzten, um einen Adriahafen zu erlangen.
ÖU drohte dagegen militärisch vorzugehen - und Poincaré bemerkte entlang dem Telegramm von Iswolski an Sasonow am 23.11.1912 (Siebert, Aktenstücke, S. 590-592) am Ende, dass es in dieser sehr kritischen Zeit äußerst wichtig sei, daß Serbien sich nicht auf Ratschläge von Seiten Rußlands berufen könne, und dass es für alle klar sein müsse, dass Serbien, wenn es auf seinen Marsch nach Durazzo besteht, auf seine eigene Gefahr hin handelt.
Poincare bat Iswolski, dies Sasonow mitzuteilen.
Obwohl also im November 1912 bereits die Gelegenheit bestand, den von Poincare - nach Rainer Schmidts Aufsatz - im September erkannten Kriegsauslöse-Mechanismus für die Auslösung des angelblich von ihm gezielt anvisierten großen Krieges via Serbien-ÖU zu nutzen, tat er das nicht. Ebenso wenig ermunterte er Sasonow in irgendeiner Weise, Serbien gegen ÖU militärisch zu unterstützen bzw. eine entsprechende Zusage zu geben.
Es gab keine Carte blanche u. Poincaré machte auf den Höhepunkt der Durazzokrise Ende November 1912 Sasonov via Iswolski klar, dass weder Russland noch Serbien mit seiner bzw. französischer Hilfe und militärischem Beistand rechnen können, sollten serbische Armee-Einheiten weiter auf Durazzo marschieren.
Dazu lohnen sich die überlieferten Zeilen von der Unterhaltung zwischen Sasonov und Poincaré bei dessen Staatsbesuch in Moskau im August 1912, Stieve, Diplomatische Schriftwechsel Iswolskis, Bd. 2, Dok 401, S. 223f, Abschnitte Der bulgarisch-serbische Vertrag und Die möglichen Verwicklungen auf dem Balkan.
Beide lehnen ab, den eigenmächtigen serbischen Truppenvormarsch auf albanisches Gebiet im Rahmen des sehr erfolgreichen 1. Balkankrieges (Okt.-Nov. 1912) gegen die militärischen Drohungen ÖUs und der Beistandserklärung Berlins für Wien zu schützen/Garantien zu geben usw.
Die ganzen Treue-Versicherungen gelten vor allem für den Fall, dass die ÖU-Verantwortlichen grundlos oder mit nicht ausreichend anerkannten Gründen Serbisches Staatsgebiet (Serbische Truppen?) selber angreift. Das ist kein Blankoscheck, auch keine Art Blankoscheck Poincarés für die russ. Administration.
Poincarés Haltung dürfte wahrscheinlich auch von einer im November 1912 gegenüber serbischen Weiterungen/Verwicklungen u. kriegerischen BalkanAbenteuern wenig gewogen französischen u. europäischen Öffentlichkeit beeinflusst worden sein...
Ja, ein echtes Plus, ein echter Mehrwert, die Texte/Artikel des Geschichte-Wissen Magazins. Sachlich wie fundiert und leserlich geschrieben, sehr gute Arbeit. Mein Respekt und Dank, auch an Barbarossa und Marianne. Wie schön, dass Forums-User hier auch als kenntnisreiche Autoren agieren.
Außerdem wohltuend 'neutral', da ggf. immer wieder verschiedene Forschungspositionen referiert werden.
[size=150]Eine kleine Ergänzung zum Magazin Der 1. Weltkrieg, S. 22, in der Übersicht wird in der Spalte Russland u.a. notiert: [/size]
[i]Insbesondere Serbien war im Kampf gegen das Osmanische Reich ein wichtiger, nach Ende des Zweiten Balkankrieges 1913 sogar der einzige Verbündete. [u]So hatte ein Angriff einer Nation auf Serbien zwangsläufig auch eine Konfrontation mit Russland zur Folge.[/u][/i]
Der unterstrichene Satz kann dahin zutreffender formuliert werden, ein von Serbien nicht provozierter Angriff eines anderen Staates hätte auch einen Konfrontation mit Russland nach sich gezogen.
[u]Die Durazzo-Krise im November 1912:[/u]
Serbien wollte im Rahmen des erfolgreichen Balkankriegs das albanische Durazzogebiet im Osmanischen Reich besetzten, um einen Adriahafen zu erlangen.
ÖU drohte dagegen militärisch vorzugehen - und Poincaré bemerkte entlang dem Telegramm von Iswolski an Sasonow am 23.11.1912 ([i]Siebert, Aktenstücke[/i], S. 590-592) am Ende, dass es in dieser sehr kritischen Zeit äußerst wichtig sei, daß Serbien sich nicht auf Ratschläge von Seiten Rußlands berufen könne, und dass es für alle klar sein müsse, dass Serbien, wenn es auf seinen Marsch nach Durazzo besteht, auf seine eigene Gefahr hin handelt.
Poincare bat Iswolski, dies Sasonow mitzuteilen.
Obwohl also im November 1912 bereits die Gelegenheit bestand, den von Poincare - nach Rainer Schmidts Aufsatz - im September erkannten Kriegsauslöse-Mechanismus für die Auslösung des angelblich von ihm gezielt anvisierten großen Krieges via Serbien-ÖU zu nutzen, tat er das nicht. Ebenso wenig ermunterte er Sasonow in irgendeiner Weise, Serbien gegen ÖU militärisch zu unterstützen bzw. eine entsprechende Zusage zu geben.
Es gab keine Carte blanche u. Poincaré machte auf den Höhepunkt der Durazzokrise Ende November 1912 Sasonov via Iswolski klar, dass weder Russland noch Serbien mit seiner bzw. französischer Hilfe und militärischem Beistand rechnen können, sollten serbische Armee-Einheiten weiter auf Durazzo marschieren.
Dazu lohnen sich die überlieferten Zeilen von der Unterhaltung zwischen Sasonov und Poincaré bei dessen Staatsbesuch in Moskau im August 1912, [i]Stieve, Diplomatische Schriftwechsel Iswolskis[/i], Bd. 2, Dok 401, S. 223f, Abschnitte [i]Der bulgarisch-serbische Vertrag[/i] und [i]Die möglichen Verwicklungen auf dem Balkan[/i].
Beide lehnen ab, den eigenmächtigen serbischen Truppenvormarsch auf albanisches Gebiet im Rahmen des sehr erfolgreichen 1. Balkankrieges (Okt.-Nov. 1912) gegen die militärischen Drohungen ÖUs und der Beistandserklärung Berlins für Wien zu schützen/Garantien zu geben usw.
Die ganzen Treue-Versicherungen gelten vor allem für den Fall, dass die ÖU-Verantwortlichen grundlos oder mit nicht ausreichend anerkannten Gründen Serbisches Staatsgebiet (Serbische Truppen?) selber angreift. Das ist kein Blankoscheck, auch keine Art Blankoscheck Poincarés für die russ. Administration.
Poincarés Haltung dürfte wahrscheinlich auch von einer im November 1912 gegenüber serbischen Weiterungen/Verwicklungen u. kriegerischen BalkanAbenteuern wenig gewogen französischen u. europäischen Öffentlichkeit beeinflusst worden sein...