von Kunjing » 06.06.2021, 09:47
Paris den 28. Juni 1789
Seit gestern ist enflich, dem Himmel sei Dank ! die Vereinigung aller 3 Stände vor sich gegangen; gestern Abend um 4 Uhr sind die Deputierten des Adels, und der Geistlichkeit in Nationalsaal, wo die vom Burgerstand schon versammelt waren, erschienen, aber diejenigen unter ihnen, die bisher sich der Vereinigung am heftigsten wiedersetzt hatten, traten mit niedergeschlagenen Augen in den Saal. Gewiß, es war die höchste Zeit, daß einmal diese Vereinigung geschähe. Das Volk war aufs höchste aufgebracht, und die Regimenter, vorzüglich die Schweizerregimenter erklärten laut, daß sie auch bei dem strengsten Befehl gegen keinen Bürger Gewalt brauchen würden. Äußerst rührend waren unter dessen die Auftritte vor dem königl. Pallast in Versailles. Denn das Volk, auf die Nachricht, daß die 3 Stände sich vereinigt hätten, strömte von Freude trunken vor den Pallast, und rief unaufhörlich: Es lebe der König ! Es lebe die Königin ! Man schätzt die Menge auf 25000 Menschen. Auf dieses Jubelgeschrei erschien der König, mit der Königin auf dem Balkon. Beiden strömten Wonne Thränen aus den Augen. Die Königin war im Pudermantel, mit ausgekämten Haaren, und lehnte ihren Arm auf die Achsel des Königs. Von da gieng der Strom des Volks vor den Pallast des Herrn Neckers. Anfänglich winkte er immer mit der Hand, und gab dem Volk durch Zeichen zu verstehen, daß dem Volk durch Zeichen des verstehen, daß dem König diese Ehre erwiesen werden müßte. Als aber einer mit lauter Stimme schrie: daß man so eben vom königl. Pallast herkäme, so ließ sich Herr Necker den Zuruf des Volks gefallen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00659_u001/1
Paris den 30. Juni 1789
Heute, da alle Stände vereint beisammen sitzen, hört man schon Wirkungen ihrer Verhandlungen. Eine der ersten war der Befehl alle Kornwucherer in Frankreich aufzusuchen und sie zur Strafe zu ziehen. Schon sind alle Strafen mit Korn besetzt, die von den Getreidebesitzern der Nachbarschaft auf die Märkte geliefert werden.
Man sagt, die Französische Garde habe sich verschworen, bei keiner Gelegenheit ihr Gewehr wider die Nation zu gebrauchen. Die andern um Paris liegenden Regementer haben gleichen Eid geschworen, und von den Besatzungen der übrigen Stände will man gleiche Nachricht habe. Der Graf von Affri bot sich gegen den Grafen von Artois erklärt, die 13 Schweizer-Kantons wollten nicht leiden,
daß ihre in französischen Solde stehenden Regimenter gegen das Volk, von welchem sie bezahlt werden, Krieg führten, zumal da es in ihrem Vertrage stünde, daß sie im Fall eines Bürgerkriegs abgehen sollten.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00667_u001/1
Paris den 30. Juni 1789
Eine ganze Nation, die gewohnt war, einem einzigen Oberhaupte zu gehorchen, übernimmt die oberste Gewalt; ein Monarch, der zwischen dem Interesse seines Volkes, und seiner eigenen Macht wankte, zieht das erstere dem letzteren vor; ein Volk erhält seine so lange Zeit unterdrückte Spannkraft wieder, dieß ist vielleicht das Wichtigste in unserer Geschichte. Die Zeitungen haben der Vorfälle erwähnt, die innerhalb 5 bis 6 Tagen mit einer ausserordentlichen Geschwindigkeit auf einande gefolgt sind, und die uns den Gräueln eines Bürgerkriegs hätten aussetzen können, wenn wir einen einen Monarchen gehabt hätten, der nicht so der ???? seines Volks gewesen wär, wie unser jetziger Souverain…..
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00671_u001/1
1. Juli 1789
…. 30. Juni… An eben diesen Tage, den 30sten, war allhier ein großer Lärm; das Volk lief gegen 7 Uhr Abends haufenweise nach dem Gefängnisse der Abtei St. Germain des Pres; über 4 tausend Menschen forderten die Kerkermeister auf, die Thüre zu eröffnen, und, da sich dieser weigerte, so holten sie Hacken, Brecheisen und andere Instrumente herbei; schlugen und brachen alles entzwei,
und befreiten alle Gefangene, worunter sich auch Deserteur befanden. Endlich erschien ein Kommando Dragoner, um Ruhe zu schaffen, dem die Bürger aber antworteten: Ihr sehet ja, daß wir uns wegbegeben. Das Volk hatte seinen Zweck erreicht, folglich war alles ruhig….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00675_u001/1
Paris, den 3. Juli
Die von der Nationalversammlung an den König abgesandte Deputation in Betreff der aufwieglerischen gefangen genommenen, nachher aber mit Gewalt befreiten französischen Gardisten ist von dem König sehr gut aufgenommen worden, mit dem Beifügen: er werde seine Willensmeinung darüber zu erkennen geben. Man glaubt überhaupt, daß die französiche Garderegimenter in Provinzen werden verlegt werden….
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00681_u001/1
5. Juli 1789
Zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe hat der Herr Marschall von Broglin die Oberbefehlshabung der in der Isle de France vertheilten Kriegsvölker erhalten. Nur die innere Schloßwache zu Versailles ist davon ausgenommen. Man zählet gegenwärtig bei 30000 Mann lauter Deutsche und Schweizer, welche in der Nähe von Paris und Versailles versammelt sind.
Nach gewissen Berechnungen kostet die Versammlung dem Staate monatlich 62 Millionen Livres. Es ist daher sehr zu wünschen, daß alle Hindernisse gehoben, und die Geschäfte derselben eben so leicht und beschwind als glücklich beendiget werden mögen. Indessen ist der königl. Schatz bis auf weitere Befehle geschlossen, so daß weder die Pensionisten, noch diejenigen, welche Leibrenten ziehen, etwas erhalten. Ohne ein neues Aufnehmen von 80 Millionen weis sich der Hr. Finanzdirector nicht mehr zu helfen, nachdem für die letzten 8 Monate dieses Jahres schon 172 Millionen zum voraus eingenommen worden sind.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00689_u001/1
Paris den 8. Juli 1789
In der vorgestrigen Sitzung der Nationalversammlung ward ein Ausschuß ernannt, welcher sich blos damit beschäftigen soll, daß er patriotische Artikel zur Beschaffung einer feierlichen Konstituzionsakte in eine Denkschrift zusammenträgt. Aus dieser Konstitutionsakte werden vermuthlich in der Folge die größten Ereignisse entspringen, welche das Wohl oder Weh Frankreichs auf ewig bestimmen dürften. Man sagt nicht, daß die Minister in diesem Betrachte mit der Nationalversammlung übereinstimmen. Auch will man nicht, das Paris, so wie eine große Anzahl anderer Städte das Recht wieder erhalte, die Bürgerkompagnien in Thätigkeit zu setzen, weil dieser neue Gebrauch die Nation zu militärisch stimmen würde. Indessen steigt unter unserm Soldatenstande die Unordnung aufs höchste. Täglich ereignen sich bei demselben die ärgerlichsten Auftritte. So schlugen sich am 6sten 12 Grenadiere von der französischen Leibgarde mit 16 Husaren von Berchini im Angesichte einer Menge Volkes. Einige Bürgersleute, denen die ungleiche Zahl der Streitenden auffiel, mengten sich unter die Gardisten; daher kam es also, daß ein Schreinerpursch durch einen Säbelhieb die Hand verlohr, und ein anderer Handwerker zwerch durch den Leib gehauen ward. Dagegen wurden 3 Husaren getödtet und verschiedene verwundet. Tages vorher hatten die berchiner Husaren einen Mann von der französischen Garde niedergehauen, und das mag wohl in dem Streite Anlaß gegeben haben. Übrigens sind diese leichte Truppen zu Versailles ganz verhaßt, seitdem sie nämlich 2 verkleidete Soldaten arretirt und dieselbe in den Kerker geführt haben. Das Regiment sah sich also gezwungen, gestern abzumarschieren, weil es Gefahr lief, entweder durch das Garderegiment oder durch das Volk selbst aufgerieben zu werden. Gestern sollten 5 Regimenter in dem Martisfelde bei der königl. Militairschule ein Lager beziehen. Ein zweites steht in der Ebene von Grenelle und ein dies auf dem Sablonsplatze. Die 3 Lager machen ein Korps von 16.000 Mann aus, und werden durch eine fürchterliche Artillerie gedeckt. Es heißt, jedermann habe die Freiheit, in den Linien spazieren zu gehen, um zu sehen, daß eine fürchterliche Macht in Bereitschaft stehe, den dem mindesten Aufruhr mit gewaffneter Hand zu erscheinen. Das Ministerium streuet aus, diese militairische Aussichten sein blos dazu bestimmt, jenen aufrührischen Haufen zu bändigen, welcher nichts zu verlieren hat, sondern vielmehr in dem großen Unordnungen alles zu gewinnen sucht. Bei dem allem giebt es hier Leute, welche sich von den 3 Lagern viel Vergnügen versprechen. Dem sei nun, wie ihm wolle, so wird doch eine Menge Pulver und Kugeln dahin geführet. Es scheint, als wolle der König mitten unter einem großen Kriegsherr einen Gerichtstag halten, um seinen Vorträgen destomehr Gewicht zu geben; man behauptet aber, die Abgeordneten des dritten Standes sein fest entschlossen, sich lieber aufzuopfern, als dem aristocratischen Einflusse nachzugehen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00695_u001/1
Schreiben aus Paris vom Sonntag den 12. Juli 1789
Was jeder Vernünftige, und Sachverständige schon lange befürchtete, ist endlich gestern eingetroffen. Der Liebling des Volks, die Hoffnung aller, die französischen Leibrenten ziehen, Necker (
https://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Necker) – ist nicht mehr Minister der Finanzen. Gestern Nachmittags erhielt er einen königlichen Verbannungsbrief, und reißte noch in der Nacht von Versailles ab. So bald diese Nachricht heute Früh in Paris sich verbreitete, entstand in allen Gegenden der Stadt ein fürchterlicher Auflauf des Volks, und seit einigen Stunden hat es bereits traurige Auftritte zwischen dem Militaire und dem Pöbel gegeben. Man befürchtet hier, und in den Provinzen, schreckliche Szenen. Die Scoutierkasserste sich unter diesen Umständen nicht mehr lange halten. Die Staatspapiere sinken mit jeder Stunde. Die Post geht ab. Ich muß schließen.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00699_u001/2
Frankreich.
(Von den fürchterlichen Auftritten in Paris und Versailles, welche die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf sich ziehen, und die in der französischen Geschichte ein Hauptepoche machen werden, sind wir heute im Stande, vom 10. bis 16. Jul. ein sehr interessantes Journal zu liefern, um das zu ergänzen, was bereits in unsern Zeitungs-Blättern davon gemeldet worden.)
Den 10. Jul. Der König hält verschiedene Konferenzen, wobei seine Brüder sich einfinden.
In der Reichsversammlung wird der Entschluß gefaßt, alle Ausgaben und Einnahmen des Reichs einem eigenen Finanzkollegium von 64 Männern zu unterwerfen. Dazu sollen nemlich 1 Abgeordneter aus jeder Kammer und zu diesen 30 Abgeordnete von jeder der 34 Generalitäten, worein Frankreich in Absicht auf seine Finanzen getheilt ist, 1 Abgeordneter erwählt werden. Diese 64 Männer sollen nach einem bleibenden Fuß alle Finanzen verwalten. Ein wohl getroffener aber schmelzender Schlag für alle die, so die Reichs Einkünfte um ihres eigenen Vortheils willen gerne in der Verwirrung sahen.
Den 11. Jul. Necker erhält den Befehl sogleich das Land zu verlassen, unmittelbar nach einem Zwist, der sich wegen seiner Weigerung, die rückständigen Zinsen und Schulden des Grafen von Artois unter die ausserordentliche Ausgaben des Staates aufzunehmen, erhob.
Den 12. Jul. Man erfährt Mittags, daß Necker entlassen und Graf Artois Bruder des Königs daran Schuld sei. Ein allgemeiner Unwille des Volks erhebt sich gegen diesen und die ihm gleich gesinnte Ministers und zugleich gegen die Schweizer und deutsche Soldaten die man um den Thron zu umlagern und gegen die Nation zu schüzen herbei gerufen hatte. Um 7 Uhr Abends hörte man die ersten Kanonenschüsse von dem Platz Ludwig XV. In weniger als einer Stunde waren mehr als 100.000 Menschen mit Säbeln, Flinten, Prügeln, brennenden Fackeln usw. bewaffnet. Sie liefen gleich Rasenden durch die Strassen, erhoben ein fürchterliches Geschrei und zwangen junge Leute sich zu ihnen zu gesellen. Sie fielen über das Reiterregiment Royal Allemand her, erschlugen mehr als 30 derselben nicht sowohl aus Haß gegen diese deutsche Reiter, als vielmehr gegen ihren Obristen den Herzog Karl Eugen von Lotheringen und Fürsten von Lambesc, der es sich zum Geschäft macht, Alles was nicht hoher Adel heißt, als Kanallie zu behandeln. Schon wollte man Feuer in seiner Wohnung legen, als man erfuhr, daß solche nicht dem Prinzen sondern dem König gehöre, und deshalb es unterließ. Fällt seine Person in die Hand der Unzufriedenen, so ist er verloren. Jedermann war im größten Schrecken wegen des unabläßlichen Kanonenfeuers.
Den 13. Jul. Alle Kassen, Kaufmannsbuden und mehrere Marktplätze sind geschlossen.
Die Bestürzung ist allgemein.
Die Menge Volks will mitten durchbrechen, um das Schloß zu Versailles anzuzünden. Sie erwartet 30,000 junge Bretagner, ohne die Normannier zu zählen, welche letztere, kommen um die Nationalversammlung zu beschützen, die sich nicht getrennt hat.
Man erbricht das Kloster St. Lazarus, findet sehr viel Mehl darin, führt es auf den Kornmarkt und auf jedem Wagen 2 Geistliche des Klosters zur Begleitung.
Wer nicht eine grüne Kokarde, die von dem rasenden Haufen zum Nachtheil und Verdruß der Gutdenkenden aufgebrachte Farbe des Bürgerstandes, trägt, wird mishandelt. Alle Prinzen, selbst auswärtige Gesandten und ihre Dienerschaften, stecken zur Sicherheit ihres Lebens grüne Kokarden auf.
Die Dragoner und die Reiter des Regiments Royal Allemand werfen die Waffen weg. Die Empörer tragen die Hüte der erschlagenen deutschen Reiter auf ihren Köpfen.
De la Galaiziere wurde von dem König zum Generaldirektor der Finanzen, Breteuil zum Chef des königl. Raths der Finanzen ernannt. Bidond de la Tour erhält das Contentiose, Herzog de la Baugunondte auswärtige Geschäfte, von Broglis das Kriegsfach, Foulon ist ihm untergeordnet, und de la Porte erhält das Seewesen.
Der Bürger, dem Prinz von Lothringen Lambesc den Kopf spaltete war ein 75jähriger Greis.
Den 14. Jul. Von allen Seiten gehen aus Provinzen Nachrichten von fürchterlichem Aufstand, und Bewafnung der Bürgerschaften ein. Die Bastille in Paris wird gestürmt, und der Gouverneuer derselben de Launan, und der Prevot der Kaufleute, der Graf von Fleselle auf öffentlichem Gerüst, als Verräther der Nation enthauptet.
Den 15. Der König, von dem schrecklichen Zustand seiner Hauptstadt Paris, seiner Residenzstadt Versailles, und der ganzen Monarchie benachrichtigt, von den treulosen Rathgebungen seiner Hofleute überzeugt, von der fürchterlichen Gefahr, die über ihm, der königl. Familie und dem ganzen Hofe schwebt, beunruhigt, und gemartert, faßt auf Eingeben einiger redlicher Männer, die keine Hofleute sind, den Entschluß sich selbst in die Reichsversammlung, oder Versammlung der Generalstaaten zu begeben. Er geht Mittags ganz allein, ohne alle Pracht, in einem fimolen Auszug nach dem Reichssaal. Der König tritt in die Versammlung wieder alles Erwarten ein, er setzt sich auf den Thron, und hält due unten folgende Rede. Kaum ist sie geendigt, so erhebt sich unter der ganzen Versammlung die einhellige Stimme: Es lebe der König. Die Glieder der Reichsversammlung eilen, dem Volk, das vor dem Saal in unzählbarer Menge harrt, die fröhlichen Aeusserungen des Königs, zu hinterbringen. Der König geht aus dem Reichssaal heraus, ohne Wache, ohne Höflinge, zu Fusse, begleitet von den Reichsständen. (Generalstaaten) das Volk ist vor Freude ausser sich, die Luft ertönt von Vive le Roi ! der Zug des Königs dauert anderthalb Stunden. Der Monarch wird durch die Aeusserungen der Liebe und der Zuneigung seines Volks bis zu Thränen gerührt. Von der heftigen Rührung ermattet, stützt er sich anfänglich auf die Arme einiger Glieder der Generalstaaten, dann aber wird er im Triumph in die Höhe gehoben, und bis vor das königl. Schloß (in Versailles) auf den Händen getragen. Die Königin ist mit ihren 2 Kindern auf dem großen Balkon des Schlosses, sie hält dieselbe auf den Armen benetzt mit Thränen und weint laut vor Freuden bei dem Anblick des Königs. Der Monarch kommt im Schlosse an, wird die Treppen hinauf getragen, begiebt sich auf den Balkon, und genießt noch eine Stunde lang am der Seite der Königin den Anblick eines vor Wonne taumelnden, und Freudetrunkenen Volkes.
Rede des Königs, gehalten am 15. Jul. Mittags in dem Saal der Generalstaaten.
Ich habe Sie, meine Herren, versammelt, um über die wichtigsten Staatsangelegenheiten Ihren Rath zu vernehmen. Kein Gegenstand beklemmt und betrübt mehr mein Herz, als die in der Hauptstadt entstandene Unordnungen. Der Chef der Nation komt mit Zutrauen mitten unter die Representanten seines Volks, entdeckt ihnen seinen Kummer, und ladet sie ein, die Mittel ausfindig zu machen, um Ordnung und Ruhe wieder herzustellen. Ich weiß, man hat ungerechte Meinungen gefaßt, man hat sogar vorgegeben, daß selbst eure eigene Personen nicht mehr sicher seien; aber solche strafbare Gerüchte, die schon durch meinen bekannten Charakter widerlegt sind, verdienen keine weitere Widerlegung, Wohlan, meine Herren, ich mache mit der Nation nur ein Ganzes aus! Ihnen vertraue ich mich an ! helfen Sie mir in der gegenwärtigen Lage das allgemeine Beste berathen. Ich erwarte dieß von der Nationalversammlung. Der Eifer der Repräsentanten meines Volkes für das allgemeine Beste vereinigt, ist mir Bürge dafür. Und weil ich auf die Liebe, und auf das Zutrauen meiner Unterthanen rechne, so habe ich den Truppen Befehl gegeben, sich von Paris und Versailles zu entfernen (welches bekanntlich die Reichsstände zuvor durch eine Deputation verlangt hatten.) Ich gebe Ihnen auch Vollmacht diese meine Gesinnung meiner Hauptstadt Paris bekannt zu machen.
So hätte ich also der König in die Arme der Reichsstände geworfen. In dieser, als der Volks-Repräsentanten, Händen, ist das Schicksal Frankreichs. Der Schritt, den der König that, macht seinem Herzen, und seinen Rathgebern Ehre; und er war das nächste und treffendste Mittel, um Frankreich vom drohenden Untergang zu retten. Aber noch ist weiter nichts gethan, als die Ruhe wieder hergestellt, die vielen und großen Gegenstände, welche die Berathschlagung der Reichsstände ausmachen sollen, sind noch nicht erörtert: Neckers Schicksal und Verbannung von diesen noch nicht gut geheissen, die Rebellion in den Provinzen, noch nicht gefüllt, lauter Punkte, dies erst die Zukunft aufklären wird.
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00711_u001/1
Weitere Berichte zum 14. Juli 1789:
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00715_u001/2
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505364_00673_u001/1
https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10018170_00051_u001/1
Hiermit beende ich nun diese Interessante Reise durch die Vorläufer der Revolution. Ich hoffe Ihr hattet Spaß !
Paris den 28. Juni 1789
Seit gestern ist enflich, dem Himmel sei Dank ! die Vereinigung aller 3 Stände vor sich gegangen; gestern Abend um 4 Uhr sind die Deputierten des Adels, und der Geistlichkeit in Nationalsaal, wo die vom Burgerstand schon versammelt waren, erschienen, aber diejenigen unter ihnen, die bisher sich der Vereinigung am heftigsten wiedersetzt hatten, traten mit niedergeschlagenen Augen in den Saal. Gewiß, es war die höchste Zeit, daß einmal diese Vereinigung geschähe. Das Volk war aufs höchste aufgebracht, und die Regimenter, vorzüglich die Schweizerregimenter erklärten laut, daß sie auch bei dem strengsten Befehl gegen keinen Bürger Gewalt brauchen würden. Äußerst rührend waren unter dessen die Auftritte vor dem königl. Pallast in Versailles. Denn das Volk, auf die Nachricht, daß die 3 Stände sich vereinigt hätten, strömte von Freude trunken vor den Pallast, und rief unaufhörlich: Es lebe der König ! Es lebe die Königin ! Man schätzt die Menge auf 25000 Menschen. Auf dieses Jubelgeschrei erschien der König, mit der Königin auf dem Balkon. Beiden strömten Wonne Thränen aus den Augen. Die Königin war im Pudermantel, mit ausgekämten Haaren, und lehnte ihren Arm auf die Achsel des Königs. Von da gieng der Strom des Volks vor den Pallast des Herrn Neckers. Anfänglich winkte er immer mit der Hand, und gab dem Volk durch Zeichen zu verstehen, daß dem Volk durch Zeichen des verstehen, daß dem König diese Ehre erwiesen werden müßte. Als aber einer mit lauter Stimme schrie: daß man so eben vom königl. Pallast herkäme, so ließ sich Herr Necker den Zuruf des Volks gefallen.
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00659_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00659_u001/1[/url]
Paris den 30. Juni 1789
Heute, da alle Stände vereint beisammen sitzen, hört man schon Wirkungen ihrer Verhandlungen. Eine der ersten war der Befehl alle Kornwucherer in Frankreich aufzusuchen und sie zur Strafe zu ziehen. Schon sind alle Strafen mit Korn besetzt, die von den Getreidebesitzern der Nachbarschaft auf die Märkte geliefert werden.
Man sagt, die Französische Garde habe sich verschworen, bei keiner Gelegenheit ihr Gewehr wider die Nation zu gebrauchen. Die andern um Paris liegenden Regementer haben gleichen Eid geschworen, und von den Besatzungen der übrigen Stände will man gleiche Nachricht habe. Der Graf von Affri bot sich gegen den Grafen von Artois erklärt, die 13 Schweizer-Kantons wollten nicht leiden, [b]daß ihre in französischen Solde stehenden Regimenter gegen das Volk, von welchem sie bezahlt werden, Krieg führten, zumal da es in ihrem Vertrage stünde, daß sie im Fall eines Bürgerkriegs abgehen sollten.[/b]
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00667_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00667_u001/1[/url]
Paris den 30. Juni 1789
Eine ganze Nation, die gewohnt war, einem einzigen Oberhaupte zu gehorchen, übernimmt die oberste Gewalt; ein Monarch, der zwischen dem Interesse seines Volkes, und seiner eigenen Macht wankte, zieht das erstere dem letzteren vor; ein Volk erhält seine so lange Zeit unterdrückte Spannkraft wieder, dieß ist vielleicht das Wichtigste in unserer Geschichte. Die Zeitungen haben der Vorfälle erwähnt, die innerhalb 5 bis 6 Tagen mit einer ausserordentlichen Geschwindigkeit auf einande gefolgt sind, und die uns den Gräueln eines Bürgerkriegs hätten aussetzen können, wenn wir einen einen Monarchen gehabt hätten, der nicht so der ???? seines Volks gewesen wär, wie unser jetziger Souverain…..
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00671_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00671_u001/1[/url]
1. Juli 1789
…. 30. Juni… An eben diesen Tage, den 30sten, war allhier ein großer Lärm; das Volk lief gegen 7 Uhr Abends haufenweise nach dem Gefängnisse der Abtei St. Germain des Pres; über 4 tausend Menschen forderten die Kerkermeister auf, die Thüre zu eröffnen, und, da sich dieser weigerte, so holten sie Hacken, Brecheisen und andere Instrumente herbei; schlugen und brachen alles entzwei,
und befreiten alle Gefangene, worunter sich auch Deserteur befanden. Endlich erschien ein Kommando Dragoner, um Ruhe zu schaffen, dem die Bürger aber antworteten: Ihr sehet ja, daß wir uns wegbegeben. Das Volk hatte seinen Zweck erreicht, folglich war alles ruhig….
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00675_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00675_u001/1[/url]
Paris, den 3. Juli
Die von der Nationalversammlung an den König abgesandte Deputation in Betreff der aufwieglerischen gefangen genommenen, nachher aber mit Gewalt befreiten französischen Gardisten ist von dem König sehr gut aufgenommen worden, mit dem Beifügen: er werde seine Willensmeinung darüber zu erkennen geben. Man glaubt überhaupt, daß die französiche Garderegimenter in Provinzen werden verlegt werden….
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00681_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00681_u001/1[/url]
5. Juli 1789
Zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe hat der Herr Marschall von Broglin die Oberbefehlshabung der in der Isle de France vertheilten Kriegsvölker erhalten. Nur die innere Schloßwache zu Versailles ist davon ausgenommen. Man zählet gegenwärtig bei 30000 Mann lauter Deutsche und Schweizer, welche in der Nähe von Paris und Versailles versammelt sind.
Nach gewissen Berechnungen kostet die Versammlung dem Staate monatlich 62 Millionen Livres. Es ist daher sehr zu wünschen, daß alle Hindernisse gehoben, und die Geschäfte derselben eben so leicht und beschwind als glücklich beendiget werden mögen. Indessen ist der königl. Schatz bis auf weitere Befehle geschlossen, so daß weder die Pensionisten, noch diejenigen, welche Leibrenten ziehen, etwas erhalten. Ohne ein neues Aufnehmen von 80 Millionen weis sich der Hr. Finanzdirector nicht mehr zu helfen, nachdem für die letzten 8 Monate dieses Jahres schon 172 Millionen zum voraus eingenommen worden sind.
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00689_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00689_u001/1[/url]
Paris den 8. Juli 1789
In der vorgestrigen Sitzung der Nationalversammlung ward ein Ausschuß ernannt, welcher sich blos damit beschäftigen soll, daß er patriotische Artikel zur Beschaffung einer feierlichen Konstituzionsakte in eine Denkschrift zusammenträgt. Aus dieser Konstitutionsakte werden vermuthlich in der Folge die größten Ereignisse entspringen, welche das Wohl oder Weh Frankreichs auf ewig bestimmen dürften. Man sagt nicht, daß die Minister in diesem Betrachte mit der Nationalversammlung übereinstimmen. Auch will man nicht, das Paris, so wie eine große Anzahl anderer Städte das Recht wieder erhalte, die Bürgerkompagnien in Thätigkeit zu setzen, weil dieser neue Gebrauch die Nation zu militärisch stimmen würde. Indessen steigt unter unserm Soldatenstande die Unordnung aufs höchste. Täglich ereignen sich bei demselben die ärgerlichsten Auftritte. So schlugen sich am 6sten 12 Grenadiere von der französischen Leibgarde mit 16 Husaren von Berchini im Angesichte einer Menge Volkes. Einige Bürgersleute, denen die ungleiche Zahl der Streitenden auffiel, mengten sich unter die Gardisten; daher kam es also, daß ein Schreinerpursch durch einen Säbelhieb die Hand verlohr, und ein anderer Handwerker zwerch durch den Leib gehauen ward. Dagegen wurden 3 Husaren getödtet und verschiedene verwundet. Tages vorher hatten die berchiner Husaren einen Mann von der französischen Garde niedergehauen, und das mag wohl in dem Streite Anlaß gegeben haben. Übrigens sind diese leichte Truppen zu Versailles ganz verhaßt, seitdem sie nämlich 2 verkleidete Soldaten arretirt und dieselbe in den Kerker geführt haben. Das Regiment sah sich also gezwungen, gestern abzumarschieren, weil es Gefahr lief, entweder durch das Garderegiment oder durch das Volk selbst aufgerieben zu werden. Gestern sollten 5 Regimenter in dem Martisfelde bei der königl. Militairschule ein Lager beziehen. Ein zweites steht in der Ebene von Grenelle und ein dies auf dem Sablonsplatze. Die 3 Lager machen ein Korps von 16.000 Mann aus, und werden durch eine fürchterliche Artillerie gedeckt. Es heißt, jedermann habe die Freiheit, in den Linien spazieren zu gehen, um zu sehen, daß eine fürchterliche Macht in Bereitschaft stehe, den dem mindesten Aufruhr mit gewaffneter Hand zu erscheinen. Das Ministerium streuet aus, diese militairische Aussichten sein blos dazu bestimmt, jenen aufrührischen Haufen zu bändigen, welcher nichts zu verlieren hat, sondern vielmehr in dem großen Unordnungen alles zu gewinnen sucht. Bei dem allem giebt es hier Leute, welche sich von den 3 Lagern viel Vergnügen versprechen. Dem sei nun, wie ihm wolle, so wird doch eine Menge Pulver und Kugeln dahin geführet. Es scheint, als wolle der König mitten unter einem großen Kriegsherr einen Gerichtstag halten, um seinen Vorträgen destomehr Gewicht zu geben; man behauptet aber, die Abgeordneten des dritten Standes sein fest entschlossen, sich lieber aufzuopfern, als dem aristocratischen Einflusse nachzugehen.
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00695_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00695_u001/1[/url]
Schreiben aus Paris vom Sonntag den 12. Juli 1789
Was jeder Vernünftige, und Sachverständige schon lange befürchtete, ist endlich gestern eingetroffen. Der Liebling des Volks, die Hoffnung aller, die französischen Leibrenten ziehen, Necker ([url=https://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Necker]https://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Necker[/url]) – ist nicht mehr Minister der Finanzen. Gestern Nachmittags erhielt er einen königlichen Verbannungsbrief, und reißte noch in der Nacht von Versailles ab. So bald diese Nachricht heute Früh in Paris sich verbreitete, entstand in allen Gegenden der Stadt ein fürchterlicher Auflauf des Volks, und seit einigen Stunden hat es bereits traurige Auftritte zwischen dem Militaire und dem Pöbel gegeben. Man befürchtet hier, und in den Provinzen, schreckliche Szenen. Die Scoutierkasserste sich unter diesen Umständen nicht mehr lange halten. Die Staatspapiere sinken mit jeder Stunde. Die Post geht ab. Ich muß schließen.
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00699_u001/2]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00699_u001/2[/url]
Frankreich.
(Von den fürchterlichen Auftritten in Paris und Versailles, welche die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf sich ziehen, und die in der französischen Geschichte ein Hauptepoche machen werden, sind wir heute im Stande, vom 10. bis 16. Jul. ein sehr interessantes Journal zu liefern, um das zu ergänzen, was bereits in unsern Zeitungs-Blättern davon gemeldet worden.)
[b]Den 10. Jul. [/b]Der König hält verschiedene Konferenzen, wobei seine Brüder sich einfinden.
In der Reichsversammlung wird der Entschluß gefaßt, alle Ausgaben und Einnahmen des Reichs einem eigenen Finanzkollegium von 64 Männern zu unterwerfen. Dazu sollen nemlich 1 Abgeordneter aus jeder Kammer und zu diesen 30 Abgeordnete von jeder der 34 Generalitäten, worein Frankreich in Absicht auf seine Finanzen getheilt ist, 1 Abgeordneter erwählt werden. Diese 64 Männer sollen nach einem bleibenden Fuß alle Finanzen verwalten. Ein wohl getroffener aber schmelzender Schlag für alle die, so die Reichs Einkünfte um ihres eigenen Vortheils willen gerne in der Verwirrung sahen.
[b]Den 11. Jul.[/b] Necker erhält den Befehl sogleich das Land zu verlassen, unmittelbar nach einem Zwist, der sich wegen seiner Weigerung, die rückständigen Zinsen und Schulden des Grafen von Artois unter die ausserordentliche Ausgaben des Staates aufzunehmen, erhob.
[b]Den 12. Jul.[/b] Man erfährt Mittags, daß Necker entlassen und Graf Artois Bruder des Königs daran Schuld sei. Ein allgemeiner Unwille des Volks erhebt sich gegen diesen und die ihm gleich gesinnte Ministers und zugleich gegen die Schweizer und deutsche Soldaten die man um den Thron zu umlagern und gegen die Nation zu schüzen herbei gerufen hatte. Um 7 Uhr Abends hörte man die ersten Kanonenschüsse von dem Platz Ludwig XV. In weniger als einer Stunde waren mehr als 100.000 Menschen mit Säbeln, Flinten, Prügeln, brennenden Fackeln usw. bewaffnet. Sie liefen gleich Rasenden durch die Strassen, erhoben ein fürchterliches Geschrei und zwangen junge Leute sich zu ihnen zu gesellen. Sie fielen über das Reiterregiment Royal Allemand her, erschlugen mehr als 30 derselben nicht sowohl aus Haß gegen diese deutsche Reiter, als vielmehr gegen ihren Obristen den Herzog Karl Eugen von Lotheringen und Fürsten von Lambesc, der es sich zum Geschäft macht, Alles was nicht hoher Adel heißt, als Kanallie zu behandeln. Schon wollte man Feuer in seiner Wohnung legen, als man erfuhr, daß solche nicht dem Prinzen sondern dem König gehöre, und deshalb es unterließ. Fällt seine Person in die Hand der Unzufriedenen, so ist er verloren. Jedermann war im größten Schrecken wegen des unabläßlichen Kanonenfeuers.
[b]Den 13. Jul.[/b] Alle Kassen, Kaufmannsbuden und mehrere Marktplätze sind geschlossen.
Die Bestürzung ist allgemein.
Die Menge Volks will mitten durchbrechen, um das Schloß zu Versailles anzuzünden. Sie erwartet 30,000 junge Bretagner, ohne die Normannier zu zählen, welche letztere, kommen um die Nationalversammlung zu beschützen, die sich nicht getrennt hat.
Man erbricht das Kloster St. Lazarus, findet sehr viel Mehl darin, führt es auf den Kornmarkt und auf jedem Wagen 2 Geistliche des Klosters zur Begleitung.
Wer nicht eine grüne Kokarde, die von dem rasenden Haufen zum Nachtheil und Verdruß der Gutdenkenden aufgebrachte Farbe des Bürgerstandes, trägt, wird mishandelt. Alle Prinzen, selbst auswärtige Gesandten und ihre Dienerschaften, stecken zur Sicherheit ihres Lebens grüne Kokarden auf.
Die Dragoner und die Reiter des Regiments Royal Allemand werfen die Waffen weg. Die Empörer tragen die Hüte der erschlagenen deutschen Reiter auf ihren Köpfen.
De la Galaiziere wurde von dem König zum Generaldirektor der Finanzen, Breteuil zum Chef des königl. Raths der Finanzen ernannt. Bidond de la Tour erhält das Contentiose, Herzog de la Baugunondte auswärtige Geschäfte, von Broglis das Kriegsfach, Foulon ist ihm untergeordnet, und de la Porte erhält das Seewesen.
Der Bürger, dem Prinz von Lothringen Lambesc den Kopf spaltete war ein 75jähriger Greis.
[b]Den 14. Jul.[/b] Von allen Seiten gehen aus Provinzen Nachrichten von fürchterlichem Aufstand, und Bewafnung der Bürgerschaften ein. Die Bastille in Paris wird gestürmt, und der Gouverneuer derselben de Launan, und der Prevot der Kaufleute, der Graf von Fleselle auf öffentlichem Gerüst, als Verräther der Nation enthauptet.
[b]Den 15.[/b] Der König, von dem schrecklichen Zustand seiner Hauptstadt Paris, seiner Residenzstadt Versailles, und der ganzen Monarchie benachrichtigt, von den treulosen Rathgebungen seiner Hofleute überzeugt, von der fürchterlichen Gefahr, die über ihm, der königl. Familie und dem ganzen Hofe schwebt, beunruhigt, und gemartert, faßt auf Eingeben einiger redlicher Männer, die keine Hofleute sind, den Entschluß sich selbst in die Reichsversammlung, oder Versammlung der Generalstaaten zu begeben. Er geht Mittags ganz allein, ohne alle Pracht, in einem fimolen Auszug nach dem Reichssaal. Der König tritt in die Versammlung wieder alles Erwarten ein, er setzt sich auf den Thron, und hält due unten folgende Rede. Kaum ist sie geendigt, so erhebt sich unter der ganzen Versammlung die einhellige Stimme: Es lebe der König. Die Glieder der Reichsversammlung eilen, dem Volk, das vor dem Saal in unzählbarer Menge harrt, die fröhlichen Aeusserungen des Königs, zu hinterbringen. Der König geht aus dem Reichssaal heraus, ohne Wache, ohne Höflinge, zu Fusse, begleitet von den Reichsständen. (Generalstaaten) das Volk ist vor Freude ausser sich, die Luft ertönt von Vive le Roi ! der Zug des Königs dauert anderthalb Stunden. Der Monarch wird durch die Aeusserungen der Liebe und der Zuneigung seines Volks bis zu Thränen gerührt. Von der heftigen Rührung ermattet, stützt er sich anfänglich auf die Arme einiger Glieder der Generalstaaten, dann aber wird er im Triumph in die Höhe gehoben, und bis vor das königl. Schloß (in Versailles) auf den Händen getragen. Die Königin ist mit ihren 2 Kindern auf dem großen Balkon des Schlosses, sie hält dieselbe auf den Armen benetzt mit Thränen und weint laut vor Freuden bei dem Anblick des Königs. Der Monarch kommt im Schlosse an, wird die Treppen hinauf getragen, begiebt sich auf den Balkon, und genießt noch eine Stunde lang am der Seite der Königin den Anblick eines vor Wonne taumelnden, und Freudetrunkenen Volkes.
Rede des Königs, gehalten am 15. Jul. Mittags in dem Saal der Generalstaaten.
Ich habe Sie, meine Herren, versammelt, um über die wichtigsten Staatsangelegenheiten Ihren Rath zu vernehmen. Kein Gegenstand beklemmt und betrübt mehr mein Herz, als die in der Hauptstadt entstandene Unordnungen. Der Chef der Nation komt mit Zutrauen mitten unter die Representanten seines Volks, entdeckt ihnen seinen Kummer, und ladet sie ein, die Mittel ausfindig zu machen, um Ordnung und Ruhe wieder herzustellen. Ich weiß, man hat ungerechte Meinungen gefaßt, man hat sogar vorgegeben, daß selbst eure eigene Personen nicht mehr sicher seien; aber solche strafbare Gerüchte, die schon durch meinen bekannten Charakter widerlegt sind, verdienen keine weitere Widerlegung, Wohlan, meine Herren, ich mache mit der Nation nur ein Ganzes aus! Ihnen vertraue ich mich an ! helfen Sie mir in der gegenwärtigen Lage das allgemeine Beste berathen. Ich erwarte dieß von der Nationalversammlung. Der Eifer der Repräsentanten meines Volkes für das allgemeine Beste vereinigt, ist mir Bürge dafür. Und weil ich auf die Liebe, und auf das Zutrauen meiner Unterthanen rechne, so habe ich den Truppen Befehl gegeben, sich von Paris und Versailles zu entfernen (welches bekanntlich die Reichsstände zuvor durch eine Deputation verlangt hatten.) Ich gebe Ihnen auch Vollmacht diese meine Gesinnung meiner Hauptstadt Paris bekannt zu machen.
So hätte ich also der König in die Arme der Reichsstände geworfen. In dieser, als der Volks-Repräsentanten, Händen, ist das Schicksal Frankreichs. Der Schritt, den der König that, macht seinem Herzen, und seinen Rathgebern Ehre; und er war das nächste und treffendste Mittel, um Frankreich vom drohenden Untergang zu retten. Aber noch ist weiter nichts gethan, als die Ruhe wieder hergestellt, die vielen und großen Gegenstände, welche die Berathschlagung der Reichsstände ausmachen sollen, sind noch nicht erörtert: Neckers Schicksal und Verbannung von diesen noch nicht gut geheissen, die Rebellion in den Provinzen, noch nicht gefüllt, lauter Punkte, dies erst die Zukunft aufklären wird.
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Weitere Berichte zum 14. Juli 1789:
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00715_u001/2]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505155_00715_u001/2[/url]
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505364_00673_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10505364_00673_u001/1[/url]
[url=https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10018170_00051_u001/1]https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10018170_00051_u001/1[/url]
Hiermit beende ich nun diese Interessante Reise durch die Vorläufer der Revolution. Ich hoffe Ihr hattet Spaß !