von Jim Morisson » 14.11.2019, 14:17
Wenn man ein Buch über die Geschichte des Sozialismus liest, beginnen sie meistens mit den modernen Frühsozialisten wie Babeuf, Saint-Simon, Blanqui, Fourier, Godwin, Owen usw.
Ihre politischen Systeme spiegeln deutlich den historischen Hintergrund wieder, in der sie entstanden: Den Jahrzehnten zwischen der großen Französischen Revolution und den Revolution 1848 sowie die Erfahrung der industriellen Revolution in England. Sie waren konsequente Vertreter von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, sahen aber, dass man diese Forderungen nicht nur auf die politischen Rechte des Staatsbürgers, sondern auch auf seine Stellung und Chancen im wirtschaftlichen und sozialen Leben anwenden soll. Gleichheit vor dem Gesetz reichte ihnen nicht, denn wie spottete doch ein Kritiker:
„Das Gesetz in seiner majestätischen Gleichheit verbietet es Reichen wie Armen, unter Brücken zu schlafen, auf Straßen zu betteln und Brot zu stehlen.“
Sie forderten jetzt auch die soziale Gleichheit und glaubten, das Privateigentum zerstöre die menschliche Harmonie. Sie empörten sich über die Ausbeutung der Arbeiter in den Fabriken und sie entwickelten utopische Theorien über eine Gesellschaft, in der allen alles gehört und das Privateigentum abgeschafft ist. Sie glaubten Vorbilder zu sehen in den urchristlichen Gemeinden mit ihrer Güterteilung, in den frühen Klostergemeinschaften, in denen die Mönche kein Eigentum besitzen und in den mittelalterlichen Sozialbewegungen wie den Wiedertäufern in Münster, die dort kurzfristig eine kommunistische Gesellschaft errichteten.
Marx vereinigte dann die Ideen der Frühsozialisten mit der deutschen Philosophie und der englischen Nationalökonomie zum sogenannten „wissenschaftlichen Sozialismus“. Im Kommunistischen Manifest forderte er 1848 den revolutionären Sturz des Kapitalismus:
„Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren….
In diesem Sinn können die Kommunisten ihre Theorie in dem einen Ausdruck: Aufhebung des Privateigentums, zusammenfassen.“
https://gutenberg.spiegel.de/buch/manifest-der-kommunistischen-partei-4975/4
Der Sozialismus ist jetzt für ihn eine Übergangsphase, die zum Kommunismus führt:
„Dieser Sozialismus ist die Permanenzerklärung der Revolution, die Klassendiktatur des Proletariats als notwendiger Durchgangspunkt zur Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt, zur Abschaffung sämtlicher Produktionsverhältnisse, worauf sie beruhen, zur Abschaffung sämtlicher gesellschaftlicher Beziehungen, die diesen Produktionsverhältnissen entsprechen, zur Umwälzung sämtlicher Ideen, die aus diesen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen.“
– Karl Marx, Klassenkämpfe in Frankreich.
In der europäischen Arbeiterbewegung konnten sich diese radikalen Theorien nicht durchsetzen. Die meisten Arbeiterparteien wurden sozialdemokratisch, sie wollten nur noch Reformen, aber nicht den Kapitalismus beseitigen. Bisweilen forderten sie einen „demokratischen Sozialismus“. Das war aber nur ein Denkmodell.
Anhänger fand der marxistische Sozialismus nur in unterentwickelten Ländern und wurde dort zum Leninismus, Maoismus usw.
Wir können zwischendurch einmal festhalten: Sozialisten gehen immer folgendermaßen vor:
1.) Ökonomisch: Sie kritisieren die Gesellschaft, die auf dem Privateigentum basiert und wollen dieses durch Gemeineigentum ersetzen oder zumindest stark reglementieren (Siehe heute z.B. Parteiprogramm der Linken).
2.) Politisch. Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Einige wollen eine demokratische Gesellschaft, wie früher die SPD, die von einem demokratischen Sozialismus träumte. Meistens ist aber leider so, dass die meisten Sozialisten die Diktatur einer Minderheit befürworten, so wie Marx, die den anderen dann sagt, was sie zu tun haben.
Ich möchte jetzt noch auf einige Beispiele eingehen, die in dem Eingangsbeitrag erwähnt werden.
Staatssozialismus in Sumer
Im zwanzigsten Jahrhundert stellten einige Forscher fest, dass es in der Antike bereits so etwas wie staatssozialistische Systeme gegeben hätte und zwar in Mesopotamien, dem frühen Ägypten, dem Inkareich und auch anderswo. Diese These wurde von dem ehemaligen Kommunisten und späteren Renegaten Wittfogel mit seinem Buch „Die orientalische Despotie“ verbreitet. (sehr lesenswert!) In diesen frühen Staaten gab es kein Privateigentum, sondern nur staatliches Eigentum.
In trockenen Gebieten wie Mesopotamien war die Landwirtschaft abhängig von den Flussschwämmen der beiden Ströme Euphrat und Tigris. Die traten im Frühjahr weit über das Ufer. Um sie zu bändigen, musste man Deiche bauen, Kanäle anlegen, Rückhaltbecken errichten. Ein kompliziertes System der Bewässerung war nötig, anders als in Europa mit seinem Regenfeldbau. Der Staat hatte deshalb eine überragende ökonomische Bedeutung und ihm gehörte des Ackerland. Die Bauern besaßen nur ein Nutzungsrecht und lediglich mobiles Eigentum. Hier sehen wir auch die dunklen Seiten des Sozialismus. Es gab zwar kein Privateigentum, weil dem Staat alles gehörte, doch es gab keine Demokratie, denn das Land wurde regiert von einer Kaste aus Priestern und Kriegsherren. Das erinnert an den „Realen Sozialismus“ in Osteuropa, wo auch dem Staat alles gehörte und die Menschen von einer bürokratischen Kaste terrorisiert wurde. Die Ähnlichkeiten sind so stark, der DDR Dissident Rudolf Bahro hat in seinem Buch „Die Alternative“ dies hervorragend herausgearbeitet. Genauso argumentierte auch Rudi Dutschke in seinem Buch über Lenin.
Platon-Vordenker des Totalitarismus
Platon wird gelegentlich auch als früher Sozialist angesehen, was wohl nur mit Einschränkungen gilt. In seinen Werken unterhält sich meistens Sokrates, der Lehrmeister von Platon, mit seinen Schülern oder Athener Mitbürger. Auch in seinem berühmten Buch „Der Staat“, worauf ich jetzt eingehe, bestreitet meistens Sokrates die Konversation. (Das Buch sollte man unbedingt lesen. Hier ist auch das berühmte „Höhlengleichnis im Kapitel 7)
Platon kritisiert er die damalige Gesellschaft, in der sich das Privateigentum schon durchgesetzt hatte und hier finden wir seine berühmte Äußerung über die „Zwei Staaten“ in einem Land:...daß ein solches Gemeinwesen, nicht einen einzigen, sondern zwei Staaten bilden: den der Armen und den der Reichen. Sie wohnen am gleichen Ort und machen Anschläge gegeneinander“ ( Platon, der Staat, Hamburg 1968, S.327)
Wie kann man das ändern? Man muss wissen, Platon hasste die Demokratie. Das hatte er übrigens mit Sokrates und Aristoteles gemeinsam. Er gehörte zur Oberschicht und die Athener Vollversammlung war damals ein Tummelplatz von Demagogen. In seinem Idealstaat, den er erträumt, sollen deshalb die Philosophen regieren, denn nur sie haben das rechte Wissen.
Die Philosophen leben bei ihm in einer kommunistischen Gütergemeinschaft, in der sie alles teilen. Privateigentum ist bei Ihnen abgeschafft. Die Philosophen haben die richtige Einsicht über alles. Sie bestimmen, was Gerechtigkeit ist. Philosoph wird man nach einer langen Erziehung. Die Philosophen sind eine elitäre, nicht gewählte Kaste, die die Regierung stellt. Es gibt bei ihnen eine Gemeinschaft der Konsumgüter und auch der Frauen! Vorbild ist hier die Kriegerkaste von Sparta, die ebenfalls einen Konsumkommunismus praktizierte und über ein Heer von Sklaven herrschte.
Der Rest der Gesellschaft besteht aus Kriegern oder Wächter, Handwerker und Bauern. Über die Produktion macht er sich wenig Gedanken. Wie der Rest der Bevölkerung leben soll, wird nicht ganz deutlich. Privateigentum will er anscheinend nicht abschaffen, jeder soll aber wohl nur für seinen Eigenbedarf produzieren. Es darf kein neuer Reichtum entstehen, keine Ungleichheit der Vermögen.
Ob man Platon wirklich als Sozialisten bezeichnen kann, ist nicht ganz klar. Er ist aber der erste, der ein totalitäres System erdacht hat. In seinem Staat bestimmen die Philosophen alles, sie regeln die Erziehung und das Privatleben. Platon entwirft ein System von zahlreichen Vorschriften und einer lückenlosen Überwachung der Menschen, alles zu deren Wohl natürlich. Platon ist der Vorläufer der totalitären Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts. Karl Popper hat ein Buch über ihn geschrieben: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Falsche Propheten, Der Zauber Platons.
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Was Max Weber jetzt hier soll, ist mir nicht ganz klar. Er ist der Begründer der deutschen Soziologie und ich habe viel von ihm gelesen. Ein Sozialist war er aber nun wirklich nicht. Seine Theorie des „sozialen Handels“ hat auch mit dem Sozialismus überhaupt nichts zu tun. Er will nur aufzeigen, welche Handlungsformen es in der Gesellschaft überhaupt gibt und da unterscheidet er vier Typen, die sie auch, aber leider nicht richtig, aufgeführt haben. Lassen wir den Meister deshalb selber zu Wort kommen:
"§ 2. Wie jedes Handeln kann auch das soziale Handeln bestimmt sein 1. zweckrational: durch Erwartungen des Verhaltens von Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als »Bedingungen« oder als »Mittel« für rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigne Zwecke, – 2. wertrational: durch bewußten Glauben an den – ethischen, ästhetischen, religiösen oder wie immer sonst zu deutenden – unbedingten Eigenwert eines bestimmten Sichverhaltens rein als solchen und unabhängig vom Erfolg, – 3. affektuell, insbesondere emotional: durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen, – 4. traditional: durch eingelebte Gewohnheit."
(Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1980, S.12)
Das sind allgemeine Handlungstypen, die wir in jeder Gesellschaft, auch in der sozialistischen, vorfinden, aber eben nicht nur dort.
Nell-Breuning hat sich große Verdienste um die Gewerkschaftsbewegung erworben und seine katholische Soziallehre ist wirklich beachtenswert. Sozialist war er aber nicht, ebenso wenig wie der Papst Sozialist ist.
Na ja, und Helmut Schmidt, Ein guter Politiker, der zudem aus meiner Heimatstadt Hamburg kommt. Ich habe ihn immer gewählt, trotz seiner unerträglichen Arroganz. Er war Sozialdemokrat, aber überzeugter Marktwirtschaftler, die aber sozial ausgestaltet sein sollte. Soweit ich weiß hat er nicht einmal in seiner Jugend den „demokratischen Sozialismus“ gewollt.
[size=120]Wenn man ein Buch über die Geschichte des Sozialismus liest, beginnen sie meistens mit den modernen Frühsozialisten wie Babeuf, Saint-Simon, Blanqui, Fourier, Godwin, Owen usw.[/size]
[size=120]Ihre politischen Systeme spiegeln deutlich den historischen Hintergrund wieder, in der sie entstanden: Den Jahrzehnten zwischen der großen Französischen Revolution und den Revolution 1848 sowie die Erfahrung der industriellen Revolution in England. Sie waren konsequente Vertreter von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, sahen aber, dass man diese Forderungen nicht nur auf die politischen Rechte des Staatsbürgers, sondern auch auf seine Stellung und Chancen im wirtschaftlichen und sozialen Leben anwenden soll. Gleichheit vor dem Gesetz reichte ihnen nicht, denn wie spottete doch ein Kritiker:[/size]
[size=120]„Das Gesetz in seiner majestätischen Gleichheit verbietet es Reichen wie Armen, unter Brücken zu schlafen, auf Straßen zu betteln und Brot zu stehlen.“ [/size]
[size=120]Sie forderten jetzt auch die soziale Gleichheit und glaubten, das Privateigentum zerstöre die menschliche Harmonie. Sie empörten sich über die Ausbeutung der Arbeiter in den Fabriken und sie entwickelten utopische Theorien über eine Gesellschaft, in der allen alles gehört und das Privateigentum abgeschafft ist. Sie glaubten Vorbilder zu sehen in den urchristlichen Gemeinden mit ihrer Güterteilung, in den frühen Klostergemeinschaften, in denen die Mönche kein Eigentum besitzen und in den mittelalterlichen Sozialbewegungen wie den Wiedertäufern in Münster, die dort kurzfristig eine kommunistische Gesellschaft errichteten.[/size]
[size=120]Marx vereinigte dann die Ideen der Frühsozialisten mit der deutschen Philosophie und der englischen Nationalökonomie zum sogenannten „wissenschaftlichen Sozialismus“. Im Kommunistischen Manifest forderte er 1848 den revolutionären Sturz des Kapitalismus:[/size]
[i][size=120]„Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren….[/size][/i]
[i][size=120]In diesem Sinn können die Kommunisten ihre Theorie in dem einen Ausdruck: Aufhebung des Privateigentums, zusammenfassen.“[/size][/i]
[size=120][url=https://gutenberg.spiegel.de/buch/manifest-der-kommunistischen-partei-4975/4]https://gutenberg.spiegel.de/buch/manifest-der-kommunistischen-partei-4975/4[/url][/size]
[size=120]Der Sozialismus ist jetzt für ihn eine Übergangsphase, die zum Kommunismus führt:[/size]
[i][size=120]„Dieser Sozialismus ist die Permanenzerklärung der Revolution, die Klassendiktatur des Proletariats als notwendiger Durchgangspunkt zur Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt, zur Abschaffung sämtlicher [url=https://de.wikipedia.org/wiki/Produktionsverh%C3%A4ltnisse][color=blue]Produktionsverhältnisse[/color][/url], worauf sie beruhen, zur Abschaffung sämtlicher gesellschaftlicher Beziehungen, die diesen Produktionsverhältnissen entsprechen, zur Umwälzung sämtlicher Ideen, die aus diesen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen.“ [/size][/i]
[size=120]– Karl Marx, Klassenkämpfe in Frankreich.[/size]
[size=120]In der europäischen Arbeiterbewegung konnten sich diese radikalen Theorien nicht durchsetzen. Die meisten Arbeiterparteien wurden sozialdemokratisch, sie wollten nur noch Reformen, aber nicht den Kapitalismus beseitigen. Bisweilen forderten sie einen „demokratischen Sozialismus“. Das war aber nur ein Denkmodell.[/size]
[size=120]Anhänger fand der marxistische Sozialismus nur in unterentwickelten Ländern und wurde dort zum Leninismus, Maoismus usw.[/size]
[size=120] [/size][size=120]Wir können zwischendurch einmal festhalten: Sozialisten gehen immer folgendermaßen vor:[/size]
[size=120]1.) Ökonomisch: Sie kritisieren die Gesellschaft, die auf dem Privateigentum basiert und wollen dieses durch Gemeineigentum ersetzen oder zumindest stark reglementieren (Siehe heute z.B. Parteiprogramm der Linken).[/size]
[size=120]2.) Politisch. Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Einige wollen eine demokratische Gesellschaft, wie früher die SPD, die von einem demokratischen Sozialismus träumte. Meistens ist aber leider so, dass die meisten Sozialisten die Diktatur einer Minderheit befürworten, so wie Marx, die den anderen dann sagt, was sie zu tun haben.[/size]
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[b][size=120]Staatssozialismus in Sumer[/size][/b]
[size=120]Im zwanzigsten Jahrhundert stellten einige Forscher fest, dass es in der Antike bereits so etwas wie staatssozialistische Systeme gegeben hätte und zwar in Mesopotamien, dem frühen Ägypten, dem Inkareich und auch anderswo. Diese These wurde von dem ehemaligen Kommunisten und späteren Renegaten Wittfogel mit seinem Buch „Die orientalische Despotie“ verbreitet. (sehr lesenswert!) In diesen frühen Staaten gab es kein Privateigentum, sondern nur staatliches Eigentum.[/size]
[size=120]In trockenen Gebieten wie[/size] [size=120]Mesopotamien war die Landwirtschaft abhängig von den Flussschwämmen der beiden Ströme Euphrat und Tigris. Die traten im Frühjahr weit über das Ufer. Um sie zu bändigen, musste man Deiche bauen, Kanäle anlegen, Rückhaltbecken errichten. Ein kompliziertes System der Bewässerung war nötig, anders als in Europa mit seinem Regenfeldbau. Der Staat hatte deshalb eine überragende ökonomische Bedeutung und ihm gehörte des Ackerland. Die Bauern besaßen nur ein Nutzungsrecht und lediglich mobiles Eigentum. Hier sehen wir auch die dunklen Seiten des Sozialismus. Es gab zwar kein Privateigentum, weil dem Staat alles gehörte, doch es gab keine Demokratie, denn das Land wurde regiert von einer Kaste aus Priestern und Kriegsherren. Das erinnert an den „Realen Sozialismus“ in Osteuropa, wo auch dem Staat alles gehörte und die Menschen von einer bürokratischen Kaste terrorisiert wurde. Die Ähnlichkeiten sind so stark, der DDR Dissident Rudolf Bahro hat in seinem Buch „Die Alternative“ dies hervorragend herausgearbeitet. Genauso argumentierte auch Rudi Dutschke in seinem Buch über Lenin.[/size]
[b][size=120]Platon-Vordenker des Totalitarismus[/size][/b]
[size=120]Platon wird gelegentlich auch als früher Sozialist angesehen, was wohl nur mit Einschränkungen gilt. In seinen Werken unterhält sich meistens Sokrates, der Lehrmeister von Platon, mit seinen Schülern oder Athener Mitbürger. Auch in seinem berühmten Buch „Der Staat“, worauf ich jetzt eingehe, bestreitet meistens Sokrates die Konversation. (Das Buch sollte man unbedingt lesen. Hier ist auch das berühmte „Höhlengleichnis im Kapitel 7) [/size]
[size=120]Platon kritisiert er die damalige Gesellschaft, in der sich das Privateigentum schon durchgesetzt hatte und hier finden wir seine berühmte Äußerung über die „Zwei Staaten“ in einem Land:...daß ein solches Gemeinwesen, nicht einen einzigen, sondern zwei Staaten bilden: den der Armen und den der Reichen. Sie wohnen am gleichen Ort und machen Anschläge gegeneinander“ ( Platon, der Staat, Hamburg 1968, S.327)[/size]
[size=120]Wie kann man das ändern? Man muss wissen, Platon hasste die Demokratie. Das hatte er übrigens mit Sokrates und Aristoteles gemeinsam. Er gehörte zur Oberschicht und die Athener Vollversammlung war damals ein Tummelplatz von Demagogen. In seinem Idealstaat, den er erträumt, sollen deshalb die Philosophen regieren, denn nur sie haben das rechte Wissen. [/size]
[size=120]Die Philosophen leben bei ihm in einer kommunistischen Gütergemeinschaft, in der sie alles teilen. Privateigentum ist bei Ihnen abgeschafft. Die Philosophen haben die richtige Einsicht über alles. Sie bestimmen, was Gerechtigkeit ist. Philosoph wird man nach einer langen Erziehung. Die Philosophen sind eine elitäre, nicht gewählte Kaste, die die Regierung stellt. Es gibt bei ihnen eine Gemeinschaft der Konsumgüter und auch der Frauen! Vorbild ist hier die Kriegerkaste von Sparta, die ebenfalls einen Konsumkommunismus praktizierte und über ein Heer von Sklaven herrschte.[/size]
[size=120]Der Rest der Gesellschaft besteht aus Kriegern oder Wächter, Handwerker und Bauern. Über die Produktion macht er sich wenig Gedanken. Wie der Rest der Bevölkerung leben soll, wird nicht ganz deutlich. Privateigentum will er anscheinend nicht abschaffen, jeder soll aber wohl nur für seinen Eigenbedarf produzieren. Es darf kein neuer Reichtum entstehen, keine Ungleichheit der Vermögen.[/size]
[size=120]Ob man Platon wirklich als Sozialisten bezeichnen kann, ist nicht ganz klar. Er ist aber der erste, der ein totalitäres System erdacht hat. In seinem Staat bestimmen die Philosophen alles, sie regeln die Erziehung und das Privatleben. Platon entwirft ein System von zahlreichen Vorschriften und einer lückenlosen Überwachung der Menschen, alles zu deren Wohl natürlich. Platon ist der Vorläufer der totalitären Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts. Karl Popper hat ein Buch über ihn geschrieben: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Falsche Propheten, Der Zauber Platons.[/size]
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[size=120]Was Max Weber jetzt hier soll, ist mir nicht ganz klar. Er ist der Begründer der deutschen Soziologie und ich habe viel von ihm gelesen. Ein Sozialist war er aber nun wirklich nicht. Seine Theorie des „sozialen Handels“ hat auch mit dem Sozialismus überhaupt nichts zu tun. Er will nur aufzeigen, welche Handlungsformen es in der Gesellschaft überhaupt gibt und da unterscheidet er vier Typen, die sie auch, aber leider nicht richtig, aufgeführt haben. Lassen wir den Meister deshalb selber zu Wort kommen:[/size]
[size=120]"§[i] 2. Wie jedes Handeln kann auch das soziale Handeln bestimmt sein 1. zweckrational: durch Erwartungen des Verhaltens von Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als »Bedingungen« oder als »Mittel« für rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigne Zwecke, – 2. wertrational: durch bewußten Glauben an den – ethischen, ästhetischen, religiösen oder wie immer sonst zu deutenden – unbedingten Eigenwert eines bestimmten Sichverhaltens rein als solchen und unabhängig vom Erfolg, – 3. affektuell, insbesondere emotional: durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen, – 4. traditional: durch eingelebte Gewohnheit."[/i][/size]
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