von james » 07.11.2015, 20:46
Hat jemand das TV Experiment "Plötzlich Krieg" gesehen?
Das Social Factual „Plötzlich Krieg? – Ein Experiment“ ist ein Versuch, mit dem wir aufzeigen wollen, wie einfach und schnell sich Menschen in Gruppen manipulieren lassen, wie schnell eine Situation eskalieren kann und es dazu kommt, dass sich zwei Gruppen gegeneinseitig bekriegen. Es geht aber auch um die Frage, ob und wie man sie wieder versöhnen kann.
Wie entstehen also Konflikte und Kriege? Gibt es eine angeborene Gewaltbereitschaft des Menschen? Können wir alle zu „Kriegern“ werden? Wann sind Menschen bereit „in den Kampf“ zu ziehen? Und wie können Konflikte gelöst werden? Diese Fragen wollen wir in einem Fernsehformat beantworten und stoßen auf eine der bekanntesten Sozialstudien über Konflikt- und Kriegsentstehung: Das Robbers-Cave-Experiment aus dem Jahr 1954. Konzipiert und durchgeführt von Muzafer Şherif, einem Psychologie-Professor, dient es als wissenschaftliche Basis für unser Social Factual „Plötzlich Krieg? – Ein Experiment“.
Zum Ablauf des Robbers-Cave-Experiments:
Professor Şherif macht sich mit elf Jungen im Alter von durchschnittlich zwölf Jahren aus Oklahoma City, die sich untereinander nicht kennen, auf den Weg zum Robbers Cave State Park. Die Jungen stammen aus intakten, mittelständischen Familien und fahren in ein scheinbar ganz normales Ferienlager. Sie beziehen ihre Hütte, spielen Verstecken, gehen schwimmen, erkunden das Gelände. Zeitgleich reist eine zweite Gruppe mit ebenfalls elf Jungen an und richtet sich in einer Hütte ein, die sich in Rufweite befindet. Die Gruppen wissen nichts voneinander und ahnen nicht, dass es sich bei den Lagerleitern um Wissenschaftler handelt, die sie genau beobachten – und massiv manipulieren.
Şherifs Ziel: Die Gruppen zunächst zu Feinden machen und dann die zerstrittenen, womöglich sehr aggressiven Jugendlichen wieder zu versöhnen. Şherif teilt das Experiment in drei Phasen ein:
Die erste Phase umfasst die Entwicklung der jeweiligen Gruppe zu einem „Team“, in der jeder seinen Platz und seine Aufgabe hat. Dazu gehören die Verteilung von Macht, die Bestimmung von Zielen und Aufgaben, die Bildung von Regeln und Hierarchien. Jede Gruppe entwickelt innerhalb kürzester Zeit ihre „Kultur“. Es funktioniert: Schon eine Woche nach der Ankunft bilden sich innerhalb beider Gruppen soziale Strukturen und Hierarchien, Anführer werden bestimmt. Eine Gruppe nennt sich „Die Klapperschlangen“, die zweite Gruppe „Die Adler“. Sie basteln sich Flaggen mit ihrem „Wappen“ und pflegen Rituale.
In der zweiten Phase lassen die Wissenschaftler die Gruppen als Gegner aufeinandertreffen. Wie schafft man Feindschaften? Durch Konkurrenz, Neid und Habgier. Die Wissenschaftler initiieren scheinbar harmlose Wettbewerbe wie Tauziehen, Baseball oder eine Schatzsuche, in denen sich die Gruppen als Gegner gegenüberstehen. Als Gewinn wird zum Beispiel ein besseres Abendessen oder ein Filmabend für die Gewinnergruppe ausgeschrieben. Die Aussicht auf den Lohn und der Ehrgeiz, auf der Gewinnerseite zu stehen, lässt die Jungen innerhalb ihres Teams noch mehr zusammenrücken. Am Ende entstehen Neid und Missgunst auf der Verlierer- und Überheblichkeit auf der Gewinner-Seite. Die Wissenschaftler stacheln die Feindseligkeit dabei gezielt an: Sie erzählen beispielsweise den Verlierern, dass die andere Gruppe beim Spiel betrogen hätte und bestärken die Gewinner in ihrem Glauben, in allem „besser als die Anderen“ zu sein. Die Psychologen geben den Jugendlichen ein Feindbild vor, das diese, ohne zu hinterfragen, übernehmen. Durch subtile Äußerungen der Campleiter wächst die Antipathie gegenüber der anderen Gruppe immer mehr. Das Ergebnis: Der innere Zusammenhalt der Teams wird stärker, Aggressionen und Frust werden gegen die anderen gerichtet.
Das Ausmaß der Feindseligkeiten überrascht die Wissenschaftler: „Stinker!“; „Memmen!“, „Kommunisten!“ beschimpfen sich die Teams gegenseitig. Eines Abends verbrennen „die Adler“ die Fahne der Klapper-schlangen. Kurz darauf rächen sich diese, indem sie die Hütte der Adler überfallen, Vorhänge herunter reißen und Betten umwerfen. Schließlich eskaliert der Konflikt: Beide Lager bewaffnen sich mit Baseballschlägern, um gegen die anderen in den Krieg zu ziehen.
In Phase drei folgt das eigentliche Ziel des Experiments: Şherif will herausfinden, wie man den entstandenen Konflikt beilegen und die rivalisierenden Gruppen aussöhnen kann. Die Idee der Forscher klingt banal: Sie stellen Aufgaben, die ein Team allein nicht bewältigen kann. Sie manipulieren die Trinkwasserversorgung des Lagers und erklären, dass die Jungen die Leitung absuchen und reparieren müssten. Dafür würden alle Teilnehmer benötigt. Es funktioniert: Die Teams arbeiteten zusammen, leihen sich sogar gegenseitig Werkzeug. Beim gemeinsamen Abendessen jedoch flammt der alte Konflikt sofort wieder auf.
Es folgen weitere Aufgaben: Die Gruppen müssen Geld für einen Filmabend gemeinsam aufbringen, bei einem Ausflug streikt der Bus, den sie nur mit gemeinsamer Kraft wieder anschieben, bei einem Camping-ausflug bringen die Lagerleiter die Ausrüstung durcheinander, sodass die Zelte nur durch gegenseitiges Aushelfen aufzustellen sind. Und tatsächlich: Nach und nach wird aus zwei verfeindeten Gruppen ein Team. Am Abschlussabend sitzen sie gemeinsam um das Lagerfeuer und fahren sogar auf eigenen Wunsch in einem Bus nach Hause zurück. Das „Ferienlager-Experiment“ hat funktioniert.
Muzar Şherifs Robbers-Cave-Experiment ist ein Meilenstein und hat die internationale Konflikt-und Friedensforschung stark beeinflusst. Mit diesem Experiment im Kopf machen wir uns auf die Suche.
Hat jemand das TV Experiment "Plötzlich Krieg" gesehen?
Das Social Factual „Plötzlich Krieg? – Ein Experiment“ ist ein Versuch, mit dem wir aufzeigen wollen, wie einfach und schnell sich Menschen in Gruppen manipulieren lassen, wie schnell eine Situation eskalieren kann und es dazu kommt, dass sich zwei Gruppen gegeneinseitig bekriegen. Es geht aber auch um die Frage, ob und wie man sie wieder versöhnen kann.
Wie entstehen also Konflikte und Kriege? Gibt es eine angeborene Gewaltbereitschaft des Menschen? Können wir alle zu „Kriegern“ werden? Wann sind Menschen bereit „in den Kampf“ zu ziehen? Und wie können Konflikte gelöst werden? Diese Fragen wollen wir in einem Fernsehformat beantworten und stoßen auf eine der bekanntesten Sozialstudien über Konflikt- und Kriegsentstehung: Das Robbers-Cave-Experiment aus dem Jahr 1954. Konzipiert und durchgeführt von Muzafer Şherif, einem Psychologie-Professor, dient es als wissenschaftliche Basis für unser Social Factual „Plötzlich Krieg? – Ein Experiment“.
Zum Ablauf des Robbers-Cave-Experiments:
Professor Şherif macht sich mit elf Jungen im Alter von durchschnittlich zwölf Jahren aus Oklahoma City, die sich untereinander nicht kennen, auf den Weg zum Robbers Cave State Park. Die Jungen stammen aus intakten, mittelständischen Familien und fahren in ein scheinbar ganz normales Ferienlager. Sie beziehen ihre Hütte, spielen Verstecken, gehen schwimmen, erkunden das Gelände. Zeitgleich reist eine zweite Gruppe mit ebenfalls elf Jungen an und richtet sich in einer Hütte ein, die sich in Rufweite befindet. Die Gruppen wissen nichts voneinander und ahnen nicht, dass es sich bei den Lagerleitern um Wissenschaftler handelt, die sie genau beobachten – und massiv manipulieren.
Şherifs Ziel: Die Gruppen zunächst zu Feinden machen und dann die zerstrittenen, womöglich sehr aggressiven Jugendlichen wieder zu versöhnen. Şherif teilt das Experiment in drei Phasen ein:
Die erste Phase umfasst die Entwicklung der jeweiligen Gruppe zu einem „Team“, in der jeder seinen Platz und seine Aufgabe hat. Dazu gehören die Verteilung von Macht, die Bestimmung von Zielen und Aufgaben, die Bildung von Regeln und Hierarchien. Jede Gruppe entwickelt innerhalb kürzester Zeit ihre „Kultur“. Es funktioniert: Schon eine Woche nach der Ankunft bilden sich innerhalb beider Gruppen soziale Strukturen und Hierarchien, Anführer werden bestimmt. Eine Gruppe nennt sich „Die Klapperschlangen“, die zweite Gruppe „Die Adler“. Sie basteln sich Flaggen mit ihrem „Wappen“ und pflegen Rituale.
In der zweiten Phase lassen die Wissenschaftler die Gruppen als Gegner aufeinandertreffen. Wie schafft man Feindschaften? Durch Konkurrenz, Neid und Habgier. Die Wissenschaftler initiieren scheinbar harmlose Wettbewerbe wie Tauziehen, Baseball oder eine Schatzsuche, in denen sich die Gruppen als Gegner gegenüberstehen. Als Gewinn wird zum Beispiel ein besseres Abendessen oder ein Filmabend für die Gewinnergruppe ausgeschrieben. Die Aussicht auf den Lohn und der Ehrgeiz, auf der Gewinnerseite zu stehen, lässt die Jungen innerhalb ihres Teams noch mehr zusammenrücken. Am Ende entstehen Neid und Missgunst auf der Verlierer- und Überheblichkeit auf der Gewinner-Seite. Die Wissenschaftler stacheln die Feindseligkeit dabei gezielt an: Sie erzählen beispielsweise den Verlierern, dass die andere Gruppe beim Spiel betrogen hätte und bestärken die Gewinner in ihrem Glauben, in allem „besser als die Anderen“ zu sein. Die Psychologen geben den Jugendlichen ein Feindbild vor, das diese, ohne zu hinterfragen, übernehmen. Durch subtile Äußerungen der Campleiter wächst die Antipathie gegenüber der anderen Gruppe immer mehr. Das Ergebnis: Der innere Zusammenhalt der Teams wird stärker, Aggressionen und Frust werden gegen die anderen gerichtet.
Das Ausmaß der Feindseligkeiten überrascht die Wissenschaftler: „Stinker!“; „Memmen!“, „Kommunisten!“ beschimpfen sich die Teams gegenseitig. Eines Abends verbrennen „die Adler“ die Fahne der Klapper-schlangen. Kurz darauf rächen sich diese, indem sie die Hütte der Adler überfallen, Vorhänge herunter reißen und Betten umwerfen. Schließlich eskaliert der Konflikt: Beide Lager bewaffnen sich mit Baseballschlägern, um gegen die anderen in den Krieg zu ziehen.
In Phase drei folgt das eigentliche Ziel des Experiments: Şherif will herausfinden, wie man den entstandenen Konflikt beilegen und die rivalisierenden Gruppen aussöhnen kann. Die Idee der Forscher klingt banal: Sie stellen Aufgaben, die ein Team allein nicht bewältigen kann. Sie manipulieren die Trinkwasserversorgung des Lagers und erklären, dass die Jungen die Leitung absuchen und reparieren müssten. Dafür würden alle Teilnehmer benötigt. Es funktioniert: Die Teams arbeiteten zusammen, leihen sich sogar gegenseitig Werkzeug. Beim gemeinsamen Abendessen jedoch flammt der alte Konflikt sofort wieder auf.
Es folgen weitere Aufgaben: Die Gruppen müssen Geld für einen Filmabend gemeinsam aufbringen, bei einem Ausflug streikt der Bus, den sie nur mit gemeinsamer Kraft wieder anschieben, bei einem Camping-ausflug bringen die Lagerleiter die Ausrüstung durcheinander, sodass die Zelte nur durch gegenseitiges Aushelfen aufzustellen sind. Und tatsächlich: Nach und nach wird aus zwei verfeindeten Gruppen ein Team. Am Abschlussabend sitzen sie gemeinsam um das Lagerfeuer und fahren sogar auf eigenen Wunsch in einem Bus nach Hause zurück. Das „Ferienlager-Experiment“ hat funktioniert.
Muzar Şherifs Robbers-Cave-Experiment ist ein Meilenstein und hat die internationale Konflikt-und Friedensforschung stark beeinflusst. Mit diesem Experiment im Kopf machen wir uns auf die Suche.