von Katarina Ke » 08.12.2014, 20:27
Du hattest „der Jude“ geschrieben und nicht das „Judentum“. Korrekt. Aber dennoch bleibt für mich die Frage, warum du überhaupt Menschen mosaischen Glaubens in diesem Zusammenhang erwähnst.
Marek schrieb:
„Habe ich oben erwähnt. Sowohl das Deutsche Reich wie auch Österreich wurdem vom Deutschen Element regiert, Kaiser Wilhelm feuerte Kaiser Franz Josef an, jetzt mit den Serben und dem Slawentum abzurechnen. So auch die Falken im Generalstab der KuK Monarchie. Und genauso sahen es die meisten Tschechen damals: als ein Krieg fremder Interessen. Und ja, die Alldeutschen, sie waren stark in der KuK Monarchie und sie wurden stärker.
Deutschtum - das Gefühl, anderen Rassen oder nationen überlegen zu sein und daraus den Anspruch herzuleiten, diese zu beherrschen. Prominentester Vertreter: Adolf Hitler, der der KuK Monarchie vorwarf, zu "lasch" gewesen zu sein.“
Deine Definition des Begriffs Deutschtums bleibt für mich ungenau. Wenn du die Alldeutschen im deutschen Kaiserreich meinst, dann benenne sie auch so.
Was Adolf Hitler mit der „Kriegsschuldfrage“ zu tun hat, ist für mich schleierhaft. Meines Wissens hatte er vor dem Ersten Weltkrieg als gescheiterter Kunstmaler keinen Einfluss auf die Politik der Regierungen in Berlin und in Wien.
Wilhelm II. glaubte im Juli 1914, seinen österreichischen „Amtsbruder“ zu einem harten Vorgehen gegen Serbien ermutigen zu müssen. In Belgrad betrieb man seit Jahren eine aggressiv-nationalistische Politik und wurde von Russland teilweise ermutigt. Diese Politik bedrohte die Stellung von Österreich-Ungarn, einem Vielvölkerstaat, der in der Tat reformbedürftig war. In Berlin und Wien glaubten die führenden Politiker und Militärs, Österreich könne mit einem begrenzten Krieg, der eher als Strafaktion gedacht war, Serbien in seine Schranken weisen. Die von dir angeführte Randbemerkung des letzten deutschen Kaisers ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Sie zeugt nicht von politischer Klugheit, aber ist keineswegs ein Beleg für die vorsätzliche Absicht Deutschlands, einen Weltkrieg anzuzetteln.
„Die Entscheidungen, die den Krieg herbeiführten, entwickelten sich unterdessen im Dreieck Berlin, Wie und Petersburg“, schrieb der Historiker Michael Stürmer (Michael Stürmer, Das ruhelose Reich, Deutschland 1866-1918, Berlin 1998, S. 368).
Die dritte Größe in der Sommerkrise war Russland. Die voreilige Mobilmachung des russischen Heeres verschärfte die Krise.
Marek schrieb:
„Und wie war das mit der Diagonale? Einen Frieden ohne Annexionen stellten sie sich jedenfalls nicht vor...“
Die Politik der Diagonale, so bezeichnete Bethmann-Hollweg in seinen Memoiren seinen Versuch, im Reichstag von Fall zu Fall Mehrheiten zu gewinnen. Die Reichstagwahlen hatten 1912 zu einer Sitzverteilung geführt, in der die liberal-konservative Politik des Reichskanzlers nur mit Zugeständnissen an alle Seiten des Hohen Hauses möglich wurde. Einige Historiker werten diese Tatsache bereits als Ansatz zu einer Parlamentarisierung des Reiches, aber das ist in der deutschen Geschichtswissenschaft eine Mindermeinung.
Mit dem Ausbruch des Krieges, unserem Thema, hat das nichts zu tun. Der Reichstag spielte im Juli 1914 überhaupt keine Rolle. Das Problem der Annexionen ebenfalls nicht. Viele Deutsche, auch große Teile der SPD, teilten die Meinung der Reichsleitung, dass Deutschland einen Verteidigungskrieg führen müsse.
Marek schrieb:
„Wieso dann in allerwelt erklärten sie ihn? Ein Verzicht auf einen Angriff Österreich-Ungarns auf Serbien hätte genügt. Das serbische Volk wurde ohnehin durch Massaker in Sarajevo an dortigen Serben bestraft. Ganz in der später wieder aufgegriffenen Tradition von Wehrmacht und SS: 100 Tote Serben für einen Wehrmachtstoten/gefallenen Adligen.“
Aus heutiger Sicht kann man einfach sagen, Österreich - Ungarn hätte Serbien nicht angreifen müssen. Die Ermordung eines Thronfolgers war keine Kleinigkeit. Im Sommer 1914 waren überall Politiker und Monarchen an der Macht, die in anderen Kategorien dachten. Für Österreich war es eine Frage der Ehre; in Deutschland redete man von Nibelungentreue, und in Russland wollte man sich an Habsburg für diplomatische Niederlagen auf dem Balkan retten.
Was die von dir angesprochenen Massaker an den Serben betrifft; das fehlen mir die Informationen. Außerdem geht es in diesem thread um die Frage der Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Auch deine Schlenker zu deutschen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg oder zu Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben nichts mit dem Thema zu tun.
Die Zweibund zwischen Berlin und Wien wurde 1879 geschlossen. Bismarck wollte damit Russland zu einer Annäherung an Deutschland und Österreich-Ungarn bewegen, was vorübergehend auch gelang. Nach 1890 zerfiel das Bismarck'sche Bündnissystem. Möglicherweise wäre ein Politiker vom Format eines Bismarck in der Lage gewesen, im Juli 1914 mäßigend auf Wien einzuwirken. Aber auch in Sankt Petersburg hätten der Zar und seine Berater besonnener reagieren können.
Christopher Clark hat in seinem grandiosen Buch „Die Schlafwandler“ auf die Problematik eines Forschungsansatzes hingewiesen, der in erster Linie an der Schuldfrage interessiert ist (vgl. Christopher Clark, Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, 10. Aufl., Stuttgart 2013, S.715 ff.). Er musste sich ja auch mit dem Vorwurf auseinandersetzen, die Deutschen kämen bei ihm zu gut weg. Dabei kritisiert Clark Fehler der deutschen Außenpolitik.
Ich bleibe bei meinem Standpunkt: Deutschland trägt eine Mitverantwortung. In den entscheidenden Wochen im Juli 1914 erkannte man in Berlin nicht die Brisanz der Krise. Man glaubte, es würde sich um einen lokalen Konflikt handeln.
Aber die Reichsleitung hat das Attentat vom 28. Juni 1914 nicht als Vorwand genutzt, um einen seit langem geplanten Krieg vorsätzlich vom Zaun zu brechen.
Du hattest „der Jude“ geschrieben und nicht das „Judentum“. Korrekt. Aber dennoch bleibt für mich die Frage, warum du überhaupt Menschen mosaischen Glaubens in diesem Zusammenhang erwähnst.
Marek schrieb:
„Habe ich oben erwähnt. Sowohl das Deutsche Reich wie auch Österreich wurdem vom Deutschen Element regiert, Kaiser Wilhelm feuerte Kaiser Franz Josef an, jetzt mit den Serben und dem Slawentum abzurechnen. So auch die Falken im Generalstab der KuK Monarchie. Und genauso sahen es die meisten Tschechen damals: als ein Krieg fremder Interessen. Und ja, die Alldeutschen, sie waren stark in der KuK Monarchie und sie wurden stärker.
Deutschtum - das Gefühl, anderen Rassen oder nationen überlegen zu sein und daraus den Anspruch herzuleiten, diese zu beherrschen. Prominentester Vertreter: Adolf Hitler, der der KuK Monarchie vorwarf, zu "lasch" gewesen zu sein.“
Deine Definition des Begriffs Deutschtums bleibt für mich ungenau. Wenn du die Alldeutschen im deutschen Kaiserreich meinst, dann benenne sie auch so.
Was Adolf Hitler mit der „Kriegsschuldfrage“ zu tun hat, ist für mich schleierhaft. Meines Wissens hatte er vor dem Ersten Weltkrieg als gescheiterter Kunstmaler keinen Einfluss auf die Politik der Regierungen in Berlin und in Wien.
Wilhelm II. glaubte im Juli 1914, seinen österreichischen „Amtsbruder“ zu einem harten Vorgehen gegen Serbien ermutigen zu müssen. In Belgrad betrieb man seit Jahren eine aggressiv-nationalistische Politik und wurde von Russland teilweise ermutigt. Diese Politik bedrohte die Stellung von Österreich-Ungarn, einem Vielvölkerstaat, der in der Tat reformbedürftig war. In Berlin und Wien glaubten die führenden Politiker und Militärs, Österreich könne mit einem begrenzten Krieg, der eher als Strafaktion gedacht war, Serbien in seine Schranken weisen. Die von dir angeführte Randbemerkung des letzten deutschen Kaisers ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Sie zeugt nicht von politischer Klugheit, aber ist keineswegs ein Beleg für die vorsätzliche Absicht Deutschlands, einen Weltkrieg anzuzetteln.
„Die Entscheidungen, die den Krieg herbeiführten, entwickelten sich unterdessen im Dreieck Berlin, Wie und Petersburg“, schrieb der Historiker Michael Stürmer (Michael Stürmer, Das ruhelose Reich, Deutschland 1866-1918, Berlin 1998, S. 368).
Die dritte Größe in der Sommerkrise war Russland. Die voreilige Mobilmachung des russischen Heeres verschärfte die Krise.
Marek schrieb:
„Und wie war das mit der Diagonale? Einen Frieden ohne Annexionen stellten sie sich jedenfalls nicht vor...“
Die Politik der Diagonale, so bezeichnete Bethmann-Hollweg in seinen Memoiren seinen Versuch, im Reichstag von Fall zu Fall Mehrheiten zu gewinnen. Die Reichstagwahlen hatten 1912 zu einer Sitzverteilung geführt, in der die liberal-konservative Politik des Reichskanzlers nur mit Zugeständnissen an alle Seiten des Hohen Hauses möglich wurde. Einige Historiker werten diese Tatsache bereits als Ansatz zu einer Parlamentarisierung des Reiches, aber das ist in der deutschen Geschichtswissenschaft eine Mindermeinung.
[b]Mit dem Ausbruch des Krieges, unserem Thema, hat das nichts zu tun. [/b]Der Reichstag spielte im Juli 1914 überhaupt keine Rolle. Das Problem der Annexionen ebenfalls nicht. Viele Deutsche, auch große Teile der SPD, teilten die Meinung der Reichsleitung, dass Deutschland einen Verteidigungskrieg führen müsse.
Marek schrieb:
„Wieso dann in allerwelt erklärten sie ihn? Ein Verzicht auf einen Angriff Österreich-Ungarns auf Serbien hätte genügt. Das serbische Volk wurde ohnehin durch Massaker in Sarajevo an dortigen Serben bestraft. Ganz in der später wieder aufgegriffenen Tradition von Wehrmacht und SS: 100 Tote Serben für einen Wehrmachtstoten/gefallenen Adligen.“
Aus heutiger Sicht kann man einfach sagen, Österreich - Ungarn hätte Serbien nicht angreifen müssen. Die Ermordung eines Thronfolgers war keine Kleinigkeit. Im Sommer 1914 waren überall Politiker und Monarchen an der Macht, die in anderen Kategorien dachten. Für Österreich war es eine Frage der Ehre; in Deutschland redete man von Nibelungentreue, und in Russland wollte man sich an Habsburg für diplomatische Niederlagen auf dem Balkan retten.
Was die von dir angesprochenen Massaker an den Serben betrifft; das fehlen mir die Informationen. Außerdem geht es in diesem thread um die Frage der Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Auch deine Schlenker zu deutschen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg oder zu Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben nichts mit dem Thema zu tun.
Die Zweibund zwischen Berlin und Wien wurde 1879 geschlossen. Bismarck wollte damit Russland zu einer Annäherung an Deutschland und Österreich-Ungarn bewegen, was vorübergehend auch gelang. Nach 1890 zerfiel das Bismarck'sche Bündnissystem. Möglicherweise wäre ein Politiker vom Format eines Bismarck in der Lage gewesen, im Juli 1914 mäßigend auf Wien einzuwirken. Aber auch in Sankt Petersburg hätten der Zar und seine Berater besonnener reagieren können.
Christopher Clark hat in seinem grandiosen Buch „Die Schlafwandler“ auf die Problematik eines Forschungsansatzes hingewiesen, der in erster Linie an der Schuldfrage interessiert ist (vgl. Christopher Clark, Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, 10. Aufl., Stuttgart 2013, S.715 ff.). Er musste sich ja auch mit dem Vorwurf auseinandersetzen, die Deutschen kämen bei ihm zu gut weg. Dabei kritisiert Clark Fehler der deutschen Außenpolitik.
Ich bleibe bei meinem Standpunkt: Deutschland trägt eine Mitverantwortung. In den entscheidenden Wochen im Juli 1914 erkannte man in Berlin nicht die Brisanz der Krise. Man glaubte, es würde sich um einen lokalen Konflikt handeln.
Aber die Reichsleitung hat das Attentat vom 28. Juni 1914 nicht als Vorwand genutzt, um einen seit langem geplanten Krieg vorsätzlich vom Zaun zu brechen.