von ehemaliger Autor K. » 15.07.2014, 14:19
Warum gibt es heilige Kriege?
Seit es menschliche Gemeinschaften gibt, besiedeln sie feste Territorien. Landbesitz ist wichtig, es verschafft den Stämmen die erforderlichen Ressourcen, um zu leben. Ohne Land gibt es kein Leben. Das Land ist, so glauben die Menschen, ein Geschenk der Götter, es ist heilig. Will man in Australien Land der Aborigines betreten, muss der Besucher die Geister um Erlaubnis bitten und ihnen Geschenke machen. Heute akzeptieren die Geister auch australische Dollar. Sie passen sich der Moderne an.
Land weckt aber auch Begehrlichkeiten, bei denen, die zu wenig davon haben oder deren Gebiete nichts hergeben. Doch es lohnt sich, um Land zu kämpfen, notfalls dafür das eigene Leben zu opfern.
Wir merken uns: Kriege um Land sind früher stets heilige Kriege gewesen. Land, Götter und Menschen bilden eine Einheit. Reste dieser Vorstellung haben wir behalten. Wir kämpfen „Für Gott und Vaterland“, das Heimatland hat bis heute seinen sakralen Wert behalten.
Aber auch Eroberungskriege um Land sind heilig. Gott verspricht im Alten Testament Moses und Josua das gelobte Land. Nur leider wohnen dort schon andere Völker. Doch Jahwe weiß Abhilfe. Völker, die ihr Land nicht verteidigen können, sind es nicht wert zu leben. Er befiehlt Moses einen rücksichtslosen Ausrottungskrieg:
„Rüstet unter Euch Leute zum Kampf gegen die Midianiter, die die Rache des HERRN an den Midianitern vollstrecken ..." Und sie zogen aus zum Kampf gegen die Midianiter, wie der HERR es Mose geboten hatte, und töteten alles, was männlich war ... Und die Israeliten nahmen gefangen die Frauen der Midianiter und ihre Kinder; all ihr Vieh, alle ihre Habe und alle ihre Güter raubten sie und verbrannten mit Feuer alle ihre Städte, wo sie wohnten, und alle ihre Zeltdörfer ...
Und Mose wurde zornig über die Hauptleute des Heeres ... und sprach zu ihnen: "Warum habt ihr alle Frauen leben lassen? ... So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch. " (4. Mose 31, 3.7.9-10.14-15.17-18)
Wir merken uns: Kriege sind heilig, um Land zu verteidigen. Kriege sind aber auch heilig, wenn man Land erobert und die Götter einem dabei helfen. Zahlreiche heilige Kriege finden in den Hochkulturen des Alten Orients oder im antiken Griechenland statt.
Langsam werden die Gesellschaften komplexer. Die Arbeitsproduktivität nimmt zu, Arbeitsteilung entsteht zwischen gesellschaftlichen Gruppen. Es bilden sich Bauern, Handwerker, Händler, Priester, vor allem aber entsteht eine Arbeitsteilung zwischen einer bewaffneten Adelskaste und einer unbewaffneten Zivilbevölkerung. Die Kriegerkaste ist gierig auf Landbesitz. Mehr Land bedeutet mehr Einnahmen, also feudale Grundrenten, mehr Ansehen in der Gesellschaft, mehr Macht, ein höherer Rang in der Statushierarchie. Kriege werden nun zur Angelegenheit einer spezialisierten Gruppe, die große Mehrheit der Bevölkerung hat weiter zu arbeiten, um die Herrenschicht zu ernähren und deren Kriegsführung überhaupt zu ermöglichen.
„Heilige Kriege“ sind Kriege des Adels um mehr Land, Kreuzritter ziehen in den Nahen Osten, später aber auch in den europäischen Osten, um die Slawen zu unterwerfen. Ein „Heiliger Krieg“ ist auch die Rückeroberung Spaniens von den Mauren. Der „Heilige Jakobus“ begraben in Santiago de Compostela ist der große Maurentöter, für den die Spanier noch zurzeit von Franco eine Sondersteuer zu entrichten hatten. Mit den „Heiligen Kriegen“ hat die Mehrheit der Europäer aber nichts zu tun, sie sind eine Aufgabe der Könige und der Ritterorden.
Religionen rechtfertigen Kriege, in dem sie diese heilig sprechen, auch monotheistische Religionen haben kein Problem mit „Heiligen Kriegen“. Aber, frühere Religionen waren Stammesreligionen. Die Menschen glaubten, dass auch die Götter der anderen Völker existieren und nahmen diese manchmal in ihr Pantheon mit auf. Die Israeliten als Monotheisten glauben dies nicht. Für sie ist Jahwe der einzige Gott, alle anderen existieren nicht. Nur, Gott hat alle Menschen erschaffen, nicht nur die Juden. Jedoch, die Israeliten sind das auserwählte Volk, sie werden von Jahwe besonders geliebt, ihre Kriege sind heilig und gottgefällig, mit Kriegen hatten die Juden daher kein Problem, dies widersprach ihrer Religion in keiner Weise. Die zehn Gebote gelten für ihre Stammesangehörigen, nicht für den Rest der Menschheit. Freilich, spätestens nach der Eroberung Palästinas durch die Römer war es vorbei mit ihren Kriegen, dafür waren sie zu schwach.
Anders die Christen. Sie sind zunächst nur eine kleine Gruppe. Ein Kampf gegen die überwältigende Übermacht der Römer ist aussichtslos. Jesus rät zur Vorsicht. Als er im Tempel randaliert, wirft man ihn hinaus, eine wichtige Lektion. Als er verhaftet wird, wollen ihn seine Jünger mit dem Schwert verteidigen, aber er erkennt klar die Sinnlosigkeit dieses Tuns und meidet den Konflikt. Doch er ist kein Pazifist. In der Offenbarung des Johannes wird verkündet, dass er als Anführer einer gewaltigen Streitmacht auf die Erde zurückkommen wird, um seine Gegner in einer blutigen Schlacht bei Armageddon vollständig zu vernichten. Jesus greift aber nur an, wenn er militärisch überlegen ist, er ist klug. Vorläufig ist sein „Reich nicht von dieser Welt“.
Solange die Christen eine kleine Gruppe blieben, konnten sie zumindest untereinander vielleicht einige Prinzipien der Bergpredigt beherzigen. Sie glaubten außerdem, der Weltuntergang würde kurz bevorstehen und dann werden ohnehin alle Ungläubigen von dem wiederkehrenden Heiland vernichtet. Leider ließ der auf sich warten und das schuf Probleme.
Wenn Jesus noch nicht wiederkehrt, was soll mit den vielen Heiden geschehen und vor allem mit den Häretikern in der eigenen Bewegung? Als sich die römischen Kaiser im vierten Jahrhundert zum Christentum bekehren, verfügt diese Sekte erstmalig über die Möglichkeit, Politik zu betreiben. Die Kirchenväter empfehlen der Staatsmacht, die christliche Sekte der Donatisten in Nordafrika auszurotten. Ein Bibelspruch findet sich dann auch bei Lukas 14-23 „Coge intrare! Nötige sie hereinzukommen!“ Dies wird so interpretiert: Die Ungläubigen und Ketzer haben nur die Wahl zwischen Konversion und Ausgerottet werden! Auch wenn es sich hier nach Ansicht heutiger Theologen um eine missverständliche Interpretation einer Bibelstelle handelt. In der christlichen Glaubenswelt war dies viele Jahrhunderte hindurch die göttliche Aufforderung zum „Heiligen Krieg“ gegen die Ungläubigen, auf die sich Päpste und Könige beriefen.
Für den Islam wurde der Heilige Krieg zu einem wichtigen Glaubensprinzip, obwohl Mohammed als Kaufmann damit zunächst nichts zu tun hatte und in seiner Phase in Mekka davon zunächst auch nichts erkennbar ist. Aber in Medina wandelt sich der Islam in eine national arabische und vor allem ständisch orientierte Kriegerreligion um. Diejenigen Bekenner, deren Übertritt den Erfolg des Propheten ausmachte, waren Anhänger mächtiger Geschlechter. Der Heilige Krieg galt nicht Bekehrungszwecken, sondern der Eroberung von Gebieten mit andersgläubiger Bevölkerung, die nun Tribute zu zahlen hatten. Ihre Eroberung hatte also einen rein feudalen Charakter, genauso wie die Kriegszüge der christlichen Kriegsherren. Gerede die Frömmsten der ersten Generation waren die reichsten, der durch Kriegsbeute am meisten Bereicherten von allen Genossen. Gott will den Frieden nach innen (Haus des Islam), aber nicht nach außen (Haus des Krieges).
Gott ist ein unbegrenzt machtvoller, aber auch ein gnädiger Herr, dem man relativ leicht gehorchen kann durch Befolgung einfacher Gebote. Die Beseitigung der Privatfehden im Kreis der Gläubigen soll die Kampfkraft nach außen stärken, die Verpönung des Wuchers sowie die Abgaben für die Unterstützung der Verarmten reguliert und entschärft die internen Konflikte. Individuelle Heilssuche und Mystik ist dem Alt Islam fremd. Reichtum, Macht, Ehre sind die ursprünglichen Verheißungen für das Diesseits, Soldatenverheißungen also und ein sinnliches Soldatenparadies im Jenseits.
Die kleinen arabischen Heere erobern schnell riesige Gebiete früherer Hochkulturen in Ägypten, Irak, Persien usw. Die Sieger übernahmen viele Elemente der Unterworfenen und dies hatte Auswirkungen auf das arabische Denken, welches zeitweilig einen hohen Stand erreichte. Als die ersten Niederlagen erfolgen und die Expansion zum Stillstand kommt, verliert der Heilige Krieg an Bedeutung und wandelte sich zu einem Kampf mit sich selbst. In den Städten richtete sich die neue Herrenschicht langsam ein und genoss das Wohlleben.
Doch dies stieß bald auf den Widerstand derjenigen, die zu kurz gekommen waren. Die arabischen Bewohner der kargen Wüsten, aber auch die fremden Völker, die sich zum Islam bekannten, die Berber und die vielen Turkstämme in Asien neideten den Städtern ihren Reichtum und klagten sie der Abkehr vom reinen Islam an und propagierten das einfache und puritanische Leben. Von diesen Unzufriedenen gingen periodisch immer wieder neue heilige Kriege aus, doch stets handelte es sich um eine feudale Kriegerschicht, der es darum ging, Land für sich selbst zu erobern. Heilige Kriege waren auch im Islam immer Kriege um Land. Dies wurde auch bei dem letzten großen Vorstoß der Türken Richtung Europa erneut deutlich, wo es vor allem um die Errichtung großer Agrargüter unter der Kontrolle von türkischen Feudalherren auf dem Balkan ging. Doch der kriegerische Ehrgeiz ist nicht dauerhaft, sind Ziele erreicht oder undurchführbar, schlägt er schnell in Fatalismus um.
Die Geschichte der Menschheit ist bis weit ins 19.Jahrhundert eine Geschichte der Menschen als Beststeller von Grund und Boden gewesen. Heilige Kriege waren daher immer Kriege um Land und Beute gewesen und zwar in der Regel Kriege von adeligen Kriegerschichten. Der Hintergrund war vor allem die Erwartung materieller Erfolge zu Lebzeiten. Religion hat in erster Linie diesseitige Zwecke zu erfüllen, auch wenn spirituelle Gründe vorgeschoben werden. Die große Mehrheit der Bevölkerung waren lediglich Opfer. Dies gilt auch im Fernen Osten für buddhistische und hinduistische Kriegervereinigungen, für schintoistische Samurai und viele andere mehr.
Die Geschichte zeigt: Heilige Kriege waren zumeist Kriege kleiner Gruppen, die Masse der Bewohner hatte damit wenig zu tun. Diese waren hinreichend damit beschäftigt, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gelingt es, die zahlenmäßig meist nicht sehr große Kampfgruppen zu isolieren, kann man solche Kriege verhindern.
Warum gibt es heilige Kriege?
[i]Seit es menschliche Gemeinschaften gibt, besiedeln sie feste Territorien. Landbesitz ist wichtig, es verschafft den Stämmen die erforderlichen Ressourcen, um zu leben. Ohne Land gibt es kein Leben. Das Land ist, so glauben die Menschen, ein Geschenk der Götter, es ist heilig. Will man in Australien Land der Aborigines betreten, muss der Besucher die Geister um Erlaubnis bitten und ihnen Geschenke machen. Heute akzeptieren die Geister auch australische Dollar. Sie passen sich der Moderne an.
Land weckt aber auch Begehrlichkeiten, bei denen, die zu wenig davon haben oder deren Gebiete nichts hergeben. Doch es lohnt sich, um Land zu kämpfen, notfalls dafür das eigene Leben zu opfern.
Wir merken uns: Kriege um Land sind früher stets heilige Kriege gewesen. Land, Götter und Menschen bilden eine Einheit. Reste dieser Vorstellung haben wir behalten. Wir kämpfen „Für Gott und Vaterland“, das Heimatland hat bis heute seinen sakralen Wert behalten.
Aber auch Eroberungskriege um Land sind heilig. Gott verspricht im Alten Testament Moses und Josua das gelobte Land. Nur leider wohnen dort schon andere Völker. Doch Jahwe weiß Abhilfe. Völker, die ihr Land nicht verteidigen können, sind es nicht wert zu leben. Er befiehlt Moses einen rücksichtslosen Ausrottungskrieg: [/i]
„Rüstet unter Euch Leute zum Kampf gegen die Midianiter, die die Rache des HERRN an den Midianitern vollstrecken ..." Und sie zogen aus zum Kampf gegen die Midianiter, wie der HERR es Mose geboten hatte, und töteten alles, was männlich war ... Und die Israeliten nahmen gefangen die Frauen der Midianiter und ihre Kinder; all ihr Vieh, alle ihre Habe und alle ihre Güter raubten sie und verbrannten mit Feuer alle ihre Städte, wo sie wohnten, und alle ihre Zeltdörfer ...
Und Mose wurde zornig über die Hauptleute des Heeres ... und sprach zu ihnen: "Warum habt ihr alle Frauen leben lassen? ... So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch. " (4. Mose 31, 3.7.9-10.14-15.17-18)
[i]Wir merken uns: Kriege sind heilig, um Land zu verteidigen. Kriege sind aber auch heilig, wenn man Land erobert und die Götter einem dabei helfen. Zahlreiche heilige Kriege finden in den Hochkulturen des Alten Orients oder im antiken Griechenland statt.[/i][i]
Langsam werden die Gesellschaften komplexer. Die Arbeitsproduktivität nimmt zu, Arbeitsteilung entsteht zwischen gesellschaftlichen Gruppen. Es bilden sich Bauern, Handwerker, Händler, Priester, vor allem aber entsteht eine Arbeitsteilung zwischen einer bewaffneten Adelskaste und einer unbewaffneten Zivilbevölkerung. Die Kriegerkaste ist gierig auf Landbesitz. Mehr Land bedeutet mehr Einnahmen, also feudale Grundrenten, mehr Ansehen in der Gesellschaft, mehr Macht, ein höherer Rang in der Statushierarchie. Kriege werden nun zur Angelegenheit einer spezialisierten Gruppe, die große Mehrheit der Bevölkerung hat weiter zu arbeiten, um die Herrenschicht zu ernähren und deren Kriegsführung überhaupt zu ermöglichen.
„Heilige Kriege“ sind Kriege des Adels um mehr Land, Kreuzritter ziehen in den Nahen Osten, später aber auch in den europäischen Osten, um die Slawen zu unterwerfen. Ein „Heiliger Krieg“ ist auch die Rückeroberung Spaniens von den Mauren. Der „Heilige Jakobus“ begraben in Santiago de Compostela ist der große Maurentöter, für den die Spanier noch zurzeit von Franco eine Sondersteuer zu entrichten hatten. Mit den „Heiligen Kriegen“ hat die Mehrheit der Europäer aber nichts zu tun, sie sind eine Aufgabe der Könige und der Ritterorden.
Religionen rechtfertigen Kriege, in dem sie diese heilig sprechen, auch monotheistische Religionen haben kein Problem mit „Heiligen Kriegen“. Aber, frühere Religionen waren Stammesreligionen. Die Menschen glaubten, dass auch die Götter der anderen Völker existieren und nahmen diese manchmal in ihr Pantheon mit auf. Die Israeliten als Monotheisten glauben dies nicht. Für sie ist Jahwe der einzige Gott, alle anderen existieren nicht. Nur, Gott hat alle Menschen erschaffen, nicht nur die Juden. Jedoch, die Israeliten sind das auserwählte Volk, sie werden von Jahwe besonders geliebt, ihre Kriege sind heilig und gottgefällig, mit Kriegen hatten die Juden daher kein Problem, dies widersprach ihrer Religion in keiner Weise. Die zehn Gebote gelten für ihre Stammesangehörigen, nicht für den Rest der Menschheit. Freilich, spätestens nach der Eroberung Palästinas durch die Römer war es vorbei mit ihren Kriegen, dafür waren sie zu schwach.
Anders die Christen. Sie sind zunächst nur eine kleine Gruppe. Ein Kampf gegen die überwältigende Übermacht der Römer ist aussichtslos. Jesus rät zur Vorsicht. Als er im Tempel randaliert, wirft man ihn hinaus, eine wichtige Lektion. Als er verhaftet wird, wollen ihn seine Jünger mit dem Schwert verteidigen, aber er erkennt klar die Sinnlosigkeit dieses Tuns und meidet den Konflikt. Doch er ist kein Pazifist. In der Offenbarung des Johannes wird verkündet, dass er als Anführer einer gewaltigen Streitmacht auf die Erde zurückkommen wird, um seine Gegner in einer blutigen Schlacht bei Armageddon vollständig zu vernichten. Jesus greift aber nur an, wenn er militärisch überlegen ist, er ist klug. Vorläufig ist sein „Reich nicht von dieser Welt“.
Solange die Christen eine kleine Gruppe blieben, konnten sie zumindest untereinander vielleicht einige Prinzipien der Bergpredigt beherzigen. Sie glaubten außerdem, der Weltuntergang würde kurz bevorstehen und dann werden ohnehin alle Ungläubigen von dem wiederkehrenden Heiland vernichtet. Leider ließ der auf sich warten und das schuf Probleme.
Wenn Jesus noch nicht wiederkehrt, was soll mit den vielen Heiden geschehen und vor allem mit den Häretikern in der eigenen Bewegung? Als sich die römischen Kaiser im vierten Jahrhundert zum Christentum bekehren, verfügt diese Sekte erstmalig über die Möglichkeit, Politik zu betreiben. Die Kirchenväter empfehlen der Staatsmacht, die christliche Sekte der Donatisten in Nordafrika auszurotten. Ein Bibelspruch findet sich dann auch bei Lukas 14-23 „Coge intrare! Nötige sie hereinzukommen!“ Dies wird so interpretiert: Die Ungläubigen und Ketzer haben nur die Wahl zwischen Konversion und Ausgerottet werden! Auch wenn es sich hier nach Ansicht heutiger Theologen um eine missverständliche Interpretation einer Bibelstelle handelt. In der christlichen Glaubenswelt war dies viele Jahrhunderte hindurch die göttliche Aufforderung zum „Heiligen Krieg“ gegen die Ungläubigen, auf die sich Päpste und Könige beriefen.
Für den Islam wurde der Heilige Krieg zu einem wichtigen Glaubensprinzip, obwohl Mohammed als Kaufmann damit zunächst nichts zu tun hatte und in seiner Phase in Mekka davon zunächst auch nichts erkennbar ist. Aber in Medina wandelt sich der Islam in eine national arabische und vor allem ständisch orientierte Kriegerreligion um. Diejenigen Bekenner, deren Übertritt den Erfolg des Propheten ausmachte, waren Anhänger mächtiger Geschlechter. Der Heilige Krieg galt nicht Bekehrungszwecken, sondern der Eroberung von Gebieten mit andersgläubiger Bevölkerung, die nun Tribute zu zahlen hatten. Ihre Eroberung hatte also einen rein feudalen Charakter, genauso wie die Kriegszüge der christlichen Kriegsherren. Gerede die Frömmsten der ersten Generation waren die reichsten, der durch Kriegsbeute am meisten Bereicherten von allen Genossen. Gott will den Frieden nach innen (Haus des Islam), aber nicht nach außen (Haus des Krieges).
Gott ist ein unbegrenzt machtvoller, aber auch ein gnädiger Herr, dem man relativ leicht gehorchen kann durch Befolgung einfacher Gebote. Die Beseitigung der Privatfehden im Kreis der Gläubigen soll die Kampfkraft nach außen stärken, die Verpönung des Wuchers sowie die Abgaben für die Unterstützung der Verarmten reguliert und entschärft die internen Konflikte. Individuelle Heilssuche und Mystik ist dem Alt Islam fremd. Reichtum, Macht, Ehre sind die ursprünglichen Verheißungen für das Diesseits, Soldatenverheißungen also und ein sinnliches Soldatenparadies im Jenseits.
Die kleinen arabischen Heere erobern schnell riesige Gebiete früherer Hochkulturen in Ägypten, Irak, Persien usw. Die Sieger übernahmen viele Elemente der Unterworfenen und dies hatte Auswirkungen auf das arabische Denken, welches zeitweilig einen hohen Stand erreichte. Als die ersten Niederlagen erfolgen und die Expansion zum Stillstand kommt, verliert der Heilige Krieg an Bedeutung und wandelte sich zu einem Kampf mit sich selbst. In den Städten richtete sich die neue Herrenschicht langsam ein und genoss das Wohlleben.
Doch dies stieß bald auf den Widerstand derjenigen, die zu kurz gekommen waren. Die arabischen Bewohner der kargen Wüsten, aber auch die fremden Völker, die sich zum Islam bekannten, die Berber und die vielen Turkstämme in Asien neideten den Städtern ihren Reichtum und klagten sie der Abkehr vom reinen Islam an und propagierten das einfache und puritanische Leben. Von diesen Unzufriedenen gingen periodisch immer wieder neue heilige Kriege aus, doch stets handelte es sich um eine feudale Kriegerschicht, der es darum ging, Land für sich selbst zu erobern. Heilige Kriege waren auch im Islam immer Kriege um Land. Dies wurde auch bei dem letzten großen Vorstoß der Türken Richtung Europa erneut deutlich, wo es vor allem um die Errichtung großer Agrargüter unter der Kontrolle von türkischen Feudalherren auf dem Balkan ging. Doch der kriegerische Ehrgeiz ist nicht dauerhaft, sind Ziele erreicht oder undurchführbar, schlägt er schnell in Fatalismus um.
Die Geschichte der Menschheit ist bis weit ins 19.Jahrhundert eine Geschichte der Menschen als Beststeller von Grund und Boden gewesen. Heilige Kriege waren daher immer Kriege um Land und Beute gewesen und zwar in der Regel Kriege von adeligen Kriegerschichten. Der Hintergrund war vor allem die Erwartung materieller Erfolge zu Lebzeiten. Religion hat in erster Linie diesseitige Zwecke zu erfüllen, auch wenn spirituelle Gründe vorgeschoben werden. Die große Mehrheit der Bevölkerung waren lediglich Opfer. Dies gilt auch im Fernen Osten für buddhistische und hinduistische Kriegervereinigungen, für schintoistische Samurai und viele andere mehr.
Die Geschichte zeigt: Heilige Kriege waren zumeist Kriege kleiner Gruppen, die Masse der Bewohner hatte damit wenig zu tun. Diese waren hinreichend damit beschäftigt, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gelingt es, die zahlenmäßig meist nicht sehr große Kampfgruppen zu isolieren, kann man solche Kriege verhindern.
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